Hallo liebe Bagdadsoftware-Leserschaft,
Auch wenn es verspätet ist wünsche ich euch der guten Manieren wegen, einen erfolgreichen Start in das Jahr zwei Tausend und Elf. Wie jedes Jahr wird es vielen wie mir gegangen sein. Das alljährliche große ‘Event’ egal, ob man es zelebriert oder nicht, war lange Zeit im Hinterkopf und dann vergeht die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr doch wie im Flug. Auch wenn ich nicht im klassischen Sinne feiere, ergeht es mir jedes Jahr zumindest so. Ich stelle am Neujahrsmorgen unbefriedigt fest, dass mir etwas fehlt. Dass ich etwas ganz Essentielles nicht mitgenommen habe aus der Zeit zwischen den Jahren.
Ich will jetzt nicht zu genau ins Detail gehen und mit dem Thema ‘Zeit der Besinnung’ irgendjemanden peinlich berühren, aber die ganzen Rückblicke veranlassen mich zum Reflektieren. Viele Weihnachtslieder, die man (leider) mitbekommt, tun das auch mitunter. Rondrer drückte es sehr gut in den Kommentaren zum Bagdadsoftware Jahresrückblick aus. Ich lasse mich dann auch immer sehr schnell dazu hinreißen zu überlegen, wie denn die Zeit so verbracht wurde und ich denke, dass das Vielen sehr ähnlich geht. Um aber wieder an die Weihnachtslieder anzuknüpfen, so kommt kommt natürlich auch niemand um den Song „Last Christmas“ von Wham! herum. Leider! Hoffentlich werde ich jetzt nicht vor die Wand gestellt, weil ich diese Erinnerung hervorgerufen habe. Worum ICH selbst jedes Jahr auf jeden Fall aber nicht herum komme ist das Lied von John Lennon „So This is Christmas…“ Mittlerweile ist das natürlich auch so ein Titel, den man an Weihnachten am Liebsten direkt ausblenden möchte, aber die Botschaft in den ersten Zeilen hebe ich für mich besonders stark hervor. Die Zeilen bewegten mich die vergangenen Jahre immer zum Nachdenken.
„…and what have you done?“, die Frage stelle ich mir selbst zuerst immer unter beruflichen Aspekten. Wie mehrfach deutlich gemacht bin ich ja mehr auf der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz, als auf der Selbstfindung. Weil wir hier aber auf Bagdadsoftware sind, überlege ich auch, was ich aus spielerischer Sicht getan habe. Was habe ich denn so getan? Eine schwere Frage. Natürlich kann ich jetzt Titel A in Kategorie B mit dem Gütesiegel C aufzählen und das, wie jedes Jahr verspätet, versteht sich. Aber nein, das möchte ich ganz und gar nicht tun. Ich stelle für mich selbst nach und nach fest, dass ich mich eigentlich schämen müsste. Schämen darüber kein klassischer „Gamer“ zu sein. In der Vergangenheit habe ich mich immer geweigert, mein Spielverhalten in eine Nische stecken zu lassen, weil es an sich viel zu unbeständig ist. Weil ich selbst in dem Bezug auch zu sprunghaft bin. Selbst für die Unbestimmtheit hingegen spiele ich nicht konstant. Aber in letzter Zeit wird mir mehr und mehr deutlich, dass ich mit dem Spielen auch nicht mehr meine wahre Freude habe. Timo, uns allen bekannt als Azzkickr der Schreckliche, aus der Blutlinie des Barbarens mit Namen Conan, stellte im Laberpod im Herbst vergangen Jahres deutlich die Frage: Bin ich zu alt zum Spielen?
Zu alt für Spiele? Die Fragestellung an sich habe ich mit formuliert und wurde im Vorfeld bereits zu einem Thema debattiert. Ich will jetzt auch auf die gesamte Diskussion gar nicht mehr eingehen, es sei denn, es bestünde Bedarf. Dafür will ich aber meine Erkenntnis hierzu benennen: Gemeinsames Spielen. Warum geht es bei mir nicht mehr „ohne“. Nicht erst seit den Coop-Runden mit Sicarius bei Titeln wie Lego: Star Wars oder Shadowgrounds bin ich eher der Freund etwas gemeinsames zu Unternehmen, sondern schon eigentlich seit dem Anfang meiner „Gamerlaufbahn“. Was will ich sagen? Bei dem Super Nintendo habe ich auch lieber Titel gehabt, die man bereits zu zweit spielen konnte. Secret of Mana war für mich da der Dauerbrenner. Nicht nur des Titels selbst wegen, sondern weil man sogar zu dritt (!) an der gleichen Konsole spielen konnte. Das war nicht nur neu, sondern auch der Grundstein für mich selbst Strategien zu entwickeln, um als TEAM noch effektiver zu sein. Ich kann nicht davon reden im wirklichen Leben besonders umgänglich zu sein, geschweige denn Freundschaften ohne regelmäßigen Kontakt aufrecht zu erhalten. Ich besitze auch nicht annähernd genügend Ehrgeiz um mich messen zu wollen. High Score Listen, so schön sie auch sind, sind auch nicht meine Welt. Für mich ist das gemeinsame „Erkunden“, aber vor allem Lernen das Ziel. Auch hier habe ich einen leichten Komplex, den eher männliche Spieler haben: In einer Gruppe, so kooperativ sie auch sein mag, will ich hervorstechen ganz klar. Wahrscheinlich beschreibe ich für euch gerade nur das typische Suchtverhalten, wie es tausende von World-of-Warcraft Spieler vorher schon in unzähligen Foren hinterlassen haben, aber ich bin einmal so dreist und stelle mich auch hier hervor:
Ich denke, ich bin einfach nicht konstant genug dafür um richtig süchtig zu sein. Ich will genauso auch Items oder Archievements sammeln. Aber ich ziehe daraus keine Langzeitmotivation. Ich ziehe die Motivation aus der festen Gruppe, die ich mittlerweile habe und ich bin froh um jede Gestalt, die ich dazu bewegen kann, sich nach und nach in dieses Gefüge mit einzureihen und auch mit zu prägen. Das Schwierige ist nur auch Menschen zu finden, die genauso mündig und ehrgeizig sind, Zeit in diese Spielerunden zu investieren. Das richtige Spiel ist da auch so eine Entscheidungshilfe. Was hat das nun mit der Aussage zu tun, dass ich mich doch schämen müsse? Das ist relativ leicht: Ein Spiel muss doch auch weiterhin Spaß machen, wenn man nicht mehr in dieser Gruppe ist und trotzdem vorher alle Spielelemente die Gruppe zusammen hielten. Ich kann das bei mir nicht behaupten. Mit einem Schlag habe ich gerade vor Kurzem meinen gesamten Ehrgeiz bei einem mehrfach hervor gehobenen Titel verloren. Nein, ich habe keine Game Design Lücken übersehen, weil ich ‘Freundschaften’ geschlossen habe, die waren mir vorher und nachher bekannt. Sie fielen auch nicht schwerer ins Gewicht, nach dem Prozess. Aber der Spielspaß, der fehlt. Die Freude am Spielen selbst, seit langer Zeit nun auch.
Wie ihr bemerkt haben werdet, lautet der Titel dieses Eintrags: Entzaubert. Dies ist eine einfache Bezeichnung dafür um auszudrücken, wie ich mich fühle. Dieses Mysterium des Spielens ist weg, nicht aber das Interesse um das Medium. Wie eh und je interessiert mich der Schaffensprozess bei der Spielentwicklung fast schon mehr, als das eigentliche Spiel, doch auch hier muss ich Abstriche machen. Gerade gestern war ich mit Christoph erneut bei der Games Academy. Wir haben gesehen, was die verschiedenen Semester geschaffen haben und wie die ‘neuen’ Spielideen der Jungens und Mädels da funktionieren oder eben nicht. Mehr zu diesem Thema wird euch der Webmaster mit Sicherheit noch präsentieren. Sei es nun hier oder auf GamersGlobal. Natürlich war der Besuch etwas Besonderes und es wird für mich auch etwas Besonderes bleiben. Doch mein Schreiben generiert direkt ein „Aber“. Während ich im vergangenen Jahr nach dem Besuch mit mir Kämpfen musste und letzten Endes Stück für Stück meinen Traum aufgab, stellte ich dieses Jahr fest: Es ist mir gelungen! Fast schon erschreckend gut gelungen, obwohl ich – wie gesagt – sehr mit mir selbst kämpfen musste. Ich will diese Anspannung einfach hervorheben. Warum ich den Traum aufgab? Ersteinmal der finanzielle Faktor. Klar. Man kann eben als frisch gebackener Ausbildungssuchender kein Bruttoeinkommen eines Mehrverdiener- Haushalts einfach so für eine Ausbildung mit einem dicken Fragezeichen dahinter aufbringen. Ob man nun nach den zwei bis drei Jahren wirklich in der Spielebranche direkt einen Platz findet, hängt dann doch größtenteils vom Zufall ab. Kontakte knüpfen, Talent, auf Talent aufbauen sind für mich zum Teil eben mit zufallsbestimmt, weswegen ich ganz eindeutig sage, dass mein eine gehörige Portion Glück haben muss. Zum Zweiten natürlich ganz klar das Talent. Ich will mich nicht klein reden, noch will ich mich aufbauschen, ich sage einfach mal, ich bin ein Durchschnittstyp und bleibe durchschnittlich. Ich kann mich in alles hinein versetzen und für alles interessieren, wenn die Umstände es erfordern. Aber es langt eben nicht durchschnittlich zu sein. Es langt auch nicht, sich in etwas hinein zu steigern und zu üben üben üben. Es langt (meistens) nicht. Ein Mensch mit Metzgerhänden kann noch soviel Lernen und machen und tun, der „amerikanische“ Traum in Kombination mit diesem 180 Grad Trend, den gibt es meines Erachtens nur in extremen Einzelfällen. Und diese sind die starke Ausnahme. Zu guter Letzt als Drittes spricht für mich natürlich auch mein Elan dagegen. Denn ähnlich sprunghaft, wie beim „Zocken“ bin ich überall. Christoph wird das mehr als nur bestätigen können, sondern auch leidvoll erfahren. Ich setze an vielen Punkten an und springe dann von Baustelle zu Baustelle. Genauso schreibe ich auch, wie ihr sicherlich merkt. Es wird am Ende immer alles fertig. Die Frage ist nur, ob das nicht geschickter ginge. Ich kann das auf jeden Fall nicht abstellen, ich musste in der jüngsten Zeit feststellen: Ich bin so.
Das ist also alles eine Entzauberung in vierfacher Ausfertigung:
Ich bin mehr am Schaffensprozess, als am Spielen interessiert und wenn schon Spielen, dann wohl nur in einem Gruppen-orientierten Rahmen. Der Schaffensprozess wird niemals mein Heimathafen werden, obwohl ich mich danach sehne, aber ich habe damit abgeschlossen. Ich stehe mir selbst grundsätzlich im Weg, kann aber nicht aufhören ich zu sein, um auch selbst persönlich zufrieden zu sein. Das Alles erinnert mich ein bisschen mit auf die „bittere“ Wahrheit, die Sicarius auch für seinen Beruf kennt: Er wird in seinem Traumberuf niemals so selbstständig und gefestigt sein, wie das vor zwanzig Jahren mal der Fall war. Es wird auf jeden Fall mehr als nur schwierig sein und die Erkenntnis, dass die Realität eben so ist, ist wenig tröstend. Genauso auch, wie das Wissen darum, dass man mit dem Weitermachen muss, was man hat.
Dies ist somit mein Schlusswort und versuche jetzt gleich mal etwas Pseudo-Interaktives zu generieren: Welche großen Träume und Vorhaben habt ihr verfolgt, werdet ihr weiterverfolgen und wo wurdet ihr dabei schon vergleichsweise „entzaubert“ ?
Liebe Grüße
–daniel / jks


Kommen wir nun zu den harten aber hochinteressanten Zahlen, die sich dank 