Mafia

 

Review

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"Wir Starken aber, wir sollen die Gebrechen der Schwachen ertragen und nicht nach unserem Gefallen leben." Römer 15,1

Nein, ich möchte keine Nachhilfestunde in Religion halten, mit diesem Zitat aus der Heiligen Schrift (auch genannt: Die Bibel :) ) beginnt eines der besten SinglePlayer-Games die ich je in meinem Leben gespielt habe. Von was ich rede? Dem momentan beliebtesten Game im Handel: Mafia

Absteigender Aufsteiger?

In vielen Action-Titeln wie z.B. in GTA 3 ist zwar eine Story vorhanden aber wirklich viel bekommt man davon nicht mit. In Mafia ist das anders: Man spielt die Story!

Fangen wir von ganz vorne an:

Wir schreiben das Jahr 1938, Ort: Lost Heaven. Dort gab es einmal einen Mafiosi dem das Geschäft mit dem Tod ziemlich zum Hals raushing. Deshalb verabredete er sich mit - nein nicht einem Psychologen - einem Detektiv seines Vertrauens in einem Restaurant und erzählt ihm seine Geschichte. Dies tut er nicht ganz uneigennützig, er will ins polizeiliche Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden (jeder kennt das spätestens seit dem Film 'Eraser'), da er um sein Leben, das seiner Frau und das seines Kindes fürchtet.

'Warum?', werden nun viele fragen. Ja, das 'Warum' ist das Herzstück von Mafia. Dafür spielt man die Geschichte des Mafiosis Tommy in einer Art Rückblende nach. So erfährt man alles über die erste Begegnung von Tommy mit der Mafia über seinen rasanten Aufstieg innerhalb der 'Familie' bis zu besagtem Tag im Restaurant.

Soviel zur Hintergrundgeschichte. Wo soll man aber nun anfangen Mafia näher zu beschreiben? Sehr schwierig, wo es doch soviel über Mafia zu erzählen gibt...

Bin ich hier in einem Film?

Schon das Intro fängt spektakulär mit einem Flug über das Meer in die Stadt hinein an und macht mit einer kleinen 'Sight-Seeing'-Tour durch die Stadt weiter während nebenher die Haupt-Credits des Spiels vorbeilaufen. Nach gut 2 Minuten gelangt man dann zum Dreh- und Angelpunkt des Spiels, dem Restaurant. Nach einer kleinen Ladepause wird von den anfänglichen, gerenderten Szenen in die Spielgrafik gewechselt in der ab sofort alle Zwischensequenzen gestaltet sind. Schon jetzt wird klar: die Grafik haut vom Hocker! Nach einem kleineren Epilog in besagtem Restaurant beginnt Tommy seine Geschichte zu erzählen und der Spieler wird direkt ins Spiel geschmissen. 1930 ist Tommy noch ein ganz normaler Taxifahrer und macht gerade eine kleine Pause als plötzlich ein dunkler Wagen um die Ecke biegt und eine Laterne voll erwischt. Ehe unser Noch-nicht-so-ganz-Held realisiert, was passiert ist, hat er schon eine Pistole an der Schläfe und wird gezwungen die zwei Mafiosis zum Hauptsitz ihrer Familie zu fahren: Salieris Bar. Dass die zwei natürlich nicht ohne Gründ flüchten merkt Tommy spätestens, wenn die Cops im Rückspiegel auftauchen. Jetzt ist der Spieler gefragt. Die Kamera wechselt in die Verfolgerperspektive und man sieht Tommy´s Taxi vor sich. Mit den Cursor-Tasten steuert man nun das Gefährt durch die Straßen Lost Heaven´s. Mit 100 Sachen brettert man also um nächtliche Zeit durch die belebte Stadt, immer das Sirenengeheul der Polizei im Nacken. Das man mit 100 natürlich ohne quietschende Reifen nicht um die Kurve kommt und dabei manchmal bedauerlicherweise ein paar Passanten drauf gehen, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben, ist ja wohl selbstverständlich :). Nebenher schießen die Fahrgäste kräftig aus allen Rohren auf die Verfolger, wobei im günstigsten Falle die Insassen oder die Reifen getroffen werden. Hat man die Verfolger nun abgehängt oder 'vernichtet' und ist an Saleris Bar angekommen, folgt eine weitere der etlichen Zwischensequenzen.

Und wie geht's weiter?

Mindestens zwei Zwischensequenzen gibt es pro Auftrag von denen es 20 gibt die allerdings immer in mehrere Untermissionen unterteilt sind. Im großen und ganzen gilt es diese Aufträge linear abzuarbeiten wobei es vorallem am Ende jedes Hauptauftrages im späteren Spiel noch die Möglichkeit gibt eine Nebenmission zu spielen bei der man bei bestehen durch ein neues, schickes Auto belohnt wird. Gespeichert wird hierbei immer nach einem Ladevorgang. Was bei Mafia nicht negativ zu sehen ist da die Zeitspanne dazwischen meist nicht sehr lang ist und man dadurch nie wirklich weit hinten anfangen muss.

Hat man nun die Zwischensequenz genüsslich angeschaut, darf man zunächst erst einmal ein wenig Bekanntschaft mit der über 16 Kilometer (laut Tacho) großen Stadt machen indem man ein paar Taxi-Missionen wie man sie z.B. aus GTA 3 kennt absolviert. Sollte man sich dennoch noch verirren hilft die Karte im Spiel, die man jederzeit mit der Tab-Taste aufrufen kann weiter auf der alle relevanten Örtlichkeiten eingezeichnet sind (Spielwichtige Orte wie Saleri's Bar und so, Tankstellen...).

Moment...sagte ich 'Tankstellen'? Ja sagte ich, denn in Mafia kann man nicht ewig mit einem Auto durch die Gegend fahren den wie auch im echten Leben geht der Zeiger der Tankuhr immer weiter nach rechts bis man irgendwann mitten auf der Straße steht, was vor allem bei wilden Verfolgungsjagden nicht gerade witzig ist. Um dem vorzubeugen kann man eine der verstreuten Tankstellen anfahren und sein Gefährt vom Tankwart für lau auftanken lassen. Geld spielt im Hauptspiel sowieso keine große Rolle. Ob Strafzettel oder Tanken alles wird zwar bezahlt aber dem virtuellen Geldbeutel von Tommy schadet es kein bisschen.

Polizei - Dein Feind und Nervtöter

Wo wir auch schon beim nächsten Thema wären: die Polizei von Lost Heaven. In GTA 3 muss man eine bestimmte Anzahl von Straftaten begangen haben damit die Polizei hinter einem her ist...nicht so in Mafia. Hier wird jede Geschwindigkeitsüberschreitung, jeder Unfall, jeder Besitz und Gebrauch einer Waffe, jeder Autodiebstahl und jede überfahrene, rote Ampel geahndet, sofern es ein Polizist sieht eben frei nach dem Motto "Was ich nicht weiß macht mich nicht heiß!". Hat ein Polizist den Spieler bei einer Straftat erwischt leuchtet zu erst ein kleiner Zettel mit der Aufschrift "Bußgeld" in der Mitte des Bildschirms auf (nicht beim Gebrauch einer Waffe) d.h. das man nun (wenn man will) stehen bleiben muss, auf den Polizisten wartet dann aussteigt und seinen Strafzettel entgegennimmt. Dann kann man normal weiterfahren. Macht man es nun allerdings auf die harte Tour und fährt einfach weiter verfolgt einen die Polizei. Was bei Streifenpolizisten noch einfach ist wird bei einem Polizeiwagen schon schwieriger. Diese versucht hartnäckig sie zum Anhalten zu bewegen. Treibt man dieses Spiel nun noch weiter wechselt das Icon von einem Blatt zu einem paar Handschellen. Dies passiert übrigens auch wenn man zwar fleißig seine Strafzettel bezahlt aber schon 3 Stück davon bezahlen musste. Ab dann ist es oberste Pflicht die Polizei um jeden Preis abzuhängen da der Auftrag als verloren gilt wenn man sich festnehmen lässt oder erschossen wird. Schafft man es nun nicht die Polizei abzuhängen oder greift man zu härteren Maßnahmen erscheint noch ein zusätzlicher 'Gesucht'-Balken. Dieser zeigt an das man nun von jedem Polizisten in der Stadt gesucht wird. Und als endgültiger Bonus kann man noch anfangen auf die Polizei zu schießen wodurch das Icon von den Handschellen zu einer Pistole wechselt. Von nun an schießen dann die Polizisten bei jeder Gelegenheit fleißig auf den Spieler.

Sobald man nun aus der Sichweite der nächsten Polizeieinheit gefahren oder gelaufen ist wird das Icon in der Mitte blasser. Schafft man es nun sich noch etwas längere Zeit sich aus den Blicken der Polizei zu entfernen verschwindet das Icon oder der 'Gesucht'-Balken wird langsam weniger bis auch er verschwindet. Um es dem Spieler noch ein wenig einfacher zu machen kann man die Polizei auch ein wenig 'Verarschen'. Ist man z.B. zu schnell gefahren und fährt der Polizei ein wenig davon und steigt dann aus dem Auto aus und läuft weiter oder wechselt das Auto (ohne das es natürlich die Polizei sieht) wechselt das Icon auf einen Polizisten mit vielen Fragezeichen über dem Kopf. Das heißt das man, solange man nicht wieder zurück in das Auto geht mit dem man die Straftat begangen hat oder man nicht aus einem Auto aussteigt (falls man zu Fuß etwas getan hat) die Polizei zwar jemanden sucht aber nicht weiß wen. Lässt man sich nun erstmal nichts mehr zu schulden kommen kann man seelenruhig von dannen fahren/laufen und nach kurzer Zeit verschwindet das Icon und man ist wieder Straffrei. Sobald das Icon dann weg ist, beginnt das ganze Spielchen beim nächsten Vergehen von vorne. Die maximal Geschwindigkeit beträgt übrigens inner- und außerorts läppische 60 was logischerweise schnell überschritten ist aber dank eines Tempomatten den man auf Wunsch hinzuschalten kann gefriert die Nadel bei 60 und die Polizei bekommt einen nicht wegen zu schnellen Fahrens dran (Tipp: Klaut man ein Polizeiauto kann man so schnell fahren wie man will).

Warum in der Überschrift nun noch 'Nervtöter' steht ist leicht zu erklären. Hat man einen Auftrag den man unter Zeitdruck erledigen muss kann man logischerweise nicht die 60er Bremse aktivieren und so kann es schnell passieren das einem en Polizeiauto im Nacken hängt und einem die komplette Mission versaut weils einen von der Straße drängt und einfach nicht abhaut.

Dumm wie Stroh?

Was uns auch schon zur KI von Freund und Feind bringt. Die Polizei verfolgt einen wie erwähnt sehr hartnäckig, versucht den Spieler vom Straßen zu drängen, weicht Attacken des Spielers meist aus, versteckt sich hinter dem Auto bei Feuergefechten oder geht in die Hocke uvm. Dies gilt natürlich auch für die feindlichen 'Kollegen' wobei diese meiste treffsicherer sind als die Bullen da die einfach die besseren Waffen haben und um einiges aggressiver Auto fahren. Auch die eigenen Kollegen verhalten sich meist recht intelligent und suchen Schutz hinter Kisten und ähnlichem. Aber dennoch gibt es einige Stellen an denen sich die KI nicht gerade klug verhält. So bleibt der ein oder andere schon mal hängen oder rennt mit einem Gegner zusammen. Die KI der Fußgänger und anderen Autofahrer sieht da schon anders aus:

Versucht man sie umzufahren springen sie zur Seite und rufen Schimpfworte das war es allerdings auch schon. Es kommt nicht nur einmal vor das ein Fußgänger in die falsche Richtung flüchtet oder sich zu früh wieder in Sicherheit wiegt. Mit den Autofahrer ist es auch nicht besser...hupt man machen sie freundlich Platz (auch Polizei und Fußgänger gehen aus dem Weg), sie halten alle an roten Ampeln an und fahren nie mehr als ihre 60 Km/h. Kommt es zu einem Unfall oder werden sie anders von der Straße gedrängt versuchen sie verzweifelt wieder zurück auf die Fahrbahn zu kommen.

Abwechslung?

Wie weiter vorne erwähnt teilt sich das Spiel in 20 Aufträge. Diese sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Es gibt quasi keine Mission in der man nur von A nach B fahren muss um irgendetwas abzuliefern. Immer gibt es entweder Feuergefechte oder Verfolgungsjagden auch Köpfchen ist in vielen Mission gefragt. Auch innerhalb der Missionen wird einem garantiert nie langweilig.

Hat man nun das Spiel durch und das geniale Outro genossen ist allerdings, trotz fehlendem Multiplayer-Modus, das Spiel noch nicht vorbei, denn weitere 19 Minimissionen wollen noch geschafft werden und noch gut die hälfte der Autos wollen freigeschaltet werden. Dies kann man in den Modi 'Freie Fahrt' und 'Freie Fahrt (extrem)' erledigen. In 'Freie Fahrt (extrem)' gilt es im gesamten Stadtgebiet wild winkende Menschen zu finden die einem eine von 19 Missionen geben. Z.B. gilt es einen brennend Typ in Unterhosen zu überfahren bevor er sich ins Wasser stürzt ('Speedy Gonzales') als Belohnung gibt es dann weitere Autos. In 'Freie Fahrt' hingegen ist man komplett auf sich alleine gestellt und muss Geld verdienen um sich bessere Waffen zu kaufen und ähnliches. Geld verdient man indem man Autos zerstört, Gangster umbringt, Taxi fährt und vieles mehr. Zu Beginn hat man übrigens 'Freie Fahrt (extrem)' noch nicht zur Auswahl und die Einstellungsmöglichkeiten bei 'Freie Fahrt' sind noch begrenzt. Je weiter man allerdings im Hauptspiel kommt desto mehr wird freigeschaltet (auch die Autos die man im Spiel findet stehen dann zur Verfügung).

Ich kam, sah und war entzückt!

Grafisch ist Mafia mehr als ansehnlich. Die Autos und Häuser sind detailreich, die Straßen voll von Autos, Straßenbahnen und Fußgängern und auch die Bäumen und das Gras brauchen sich nicht zu verstecken. Man sieht in den Autos die Menschen drinsitzen, auf dem Boden fliegen Blätter durch die Gegend, fährt man einen Hydranten um spritzt meterhoch das Wasser heraus, die Waffen sehen sehr gut aus und das Mündungsfeuer das sich an den Wänden widerspiegelt sieht einfach nur genial aus. Meckern kann man allenfalls bei den Animationen der Protagonisten die etwas abgehackt wirken oder bei manchen Komischwirkenden Szenen wenn z.B. die Polizei einen 'virtuellen' Strafzettel ausstellt wo keiner ist :). Allerdings sind die Hardwarevorrausetzungen entsprechend hoch. Um Mafia auf 1024x768 flüssig spielen zu können braucht's mindestens einen 1Ghz mit GF 3 und selbst dann muss man die Details und die Sichtweite (die voll aufgedreht übrigens beeindruckend hoch ist) auf die Hälfte herunterzuregeln.

Der Sound ist auch von hoher Qualität wenn auch etwas spärlicher gesät. Er taucht dezent auf und verschwindet auch so schnell wie er kam wieder ist aber passend zum Spiel und stimmig wenngleich er sich schon früh im Spiel wiederholt.

Fingerkrampf?

Das Steuern von Tommy und den Autos gestaltet sich auch ganz einfach und unkompliziert mit der üblichen Kombination Maus + Tastatur. Viele werden vielleicht beim Auto fahren auf das Gamepad zurückgreifen aber ich kann das leider nicht empfehlen da man oft gleichzeitig die Maus bedienen muss (zum aus dem Wagen schießen) während man fährt. Ansonsten gibt es die üblichen Tasten wie Feuern, Strafen, Springen....Nutzt man die Möglichkeit für Auto und laufen 2 verschiedene Tastenbelegungen auszuwählen (jede Taste ist frei definierbar) kommt man auf gut 12 Tasten die man aber nie gleichzeitig brauchen wird.

Ansonsten ist noch die umfangreiche 'Autoenzyklopädie' zu erwähnen die es erlaubt in einer Art Museum alle im Spiel vorkommenden Autos anzuschauen und die Werte nachzuschlagen.

Fazit

Mafia ist für mich momentan das absolute 'Spiel des Jahres'. In diesem Spiel stimmt einfach alles. Man fühlt sich richtig in einen guten Mafia-Film wie 'GoodFellas' oder 'Der Pate' unterstützt was in der dt. Version noch durch die Syncronsprecher von Marlon Brando, Joe Pesci und einigen anderen verstärkt wird. Ich kann Mafia jedem nur wärmstens ans Herz legen den so sieht ein nahezu perfektes Spiel aus das auch für Genrefremde sehr interessant sein kann. Allerdings muss man schon mindestens die ersten 4 Aufträge gespielt haben um sich wirklich eine Meinung bilden zu können da einige vielleicht die ersten Missionen (Taxi fahren und Autos zerstören) nicht gerade fesselnd finden. [CH]

5/5 Punkte

(Veröffentlicht 2002 bei mthN.de)