Lysanda und ich waren vergangenen Freitag mal aus einem anderen Grund als nur Schwimmen aus dem Haus. Und zwar sind wir nach Wiesbaden gefahren, um die Connichi 2024 zu besuchen. Das ist laut eigenen Aussagen die größte ehrenamtlich organisierte Anime- und Manga-Convention (es wurden 40.000 Besucher erwartet) in Deutschland. Die tatsächlich größte Anime-Convention im Land ist hingegen die DoKomi mit mehr als 180.000 Besuchern in Düsseldorf. Zum Vergleich: Auf der Gamescom waren dieses Jahr 335.000 Besucher.
Meine Erwartungshaltung war so in Richtung Buchmesse und/oder Gamescom. Also Messehallen voll mit Publishern/Künstlern, die ihre neusten Werke zur Schau stellen/Leseprobe anbieten und ein bisschen kostenloses Merchandise verteilen. Die Realität war tatsächlich völlig anders. Die einzigen Werbemitteln, die wir eingesackt haben, waren der My-Nintendo-Checkin-Bonus (eine Mario-Tasche, ein paar Postkarten, ein Beutel Blumensamen mit Pikmin-Branding und zwei Blätter mit Mario-Stickern) am Nintendo-Stand und eine Manga-Leseprobe bei altraverse. Beide direkt im Foyer nach dem Haupteingang zu finden. Ansonsten gab es vor allem eins: Viele Möglichkeiten Sachen zu kaufen.
Haltet euren Geldbeutel fest!
Ein Drittel der Halle Nord war vom Kreativ-Markt belegt. Seite an Seite, Reihe an Reihe hatten es sich dort rund 130 Künstler und Bastler eingerichtet, um ihre Anime- und Manga-inspirierten Werke anzubieten. Normalerweise würde man jetzt irgendwas schreiben von wegen “vom Feuerzeug bis zum Auto gab es alles”. Dominiert wurden die Stände jedoch neben klein- bis großformatigen Illustrationen vor allem von Pins, Buttons, Stickern und ähnlichem Kleinkram. Hier und da mal ein Häkelfreund oder ein Stand mit selbstgemachten (Mode-)Schmuck. Aber insgesamt waren sich gefühlt alle ziemlich einig in ihrem Angebot. Das ist nicht negativ gemeint. Ich kann es schließlich verstehen, dass solcher Krimskrams leichter zu produzieren ist für Kleinstanbieter. Immerhin war alles erwartungsgemäß extrem unterschiedlich gestaltet. Keine zwei Pikachus sahen gleich aus. Ja, mit dem Thema “Copyright” war es auf diesem Kreativmarkt wie auf jedem Hobbymarkt. Das ist aber nicht mein Problem . Auch sehr auffällig: Wirklich sehr viele Katzenmotive. Sehr, sehr viele. Am Ende haben wir zwei Pins (einer aus Holz mit Luchsmotiv und ein Gatomon aus Metall), zwei Tassen mit japanischen Fabelwesen und einen Schlüsselanhänger (Motiv Angewomon) gekauft.
Halle Süd wurde hingegen von den großen Ausstellern belegt. Square Enix z.B. hat auf einem Stand Werbung für Final Fantasy XIV Online gemacht. Bei CHIBI AKIHABARA konnte man tonnenweise Statuen und Figuren zu teils astronomischen Preisen kaufen (wobei so manche 500 EUR-Statue schon richtig cool aussah). Bei der Sammlerecke stapelten sich die Mangas fast buchstäblich bis unter die Decke und warteten nur darauf von Interessierten gekauft zu werden. Abgerundet wurde das Bild von Ständen, die japanisches Geschirr oder einfach nur Klamotten angeboten haben. Bei so einem Stand haben wir uns hinreißen lassen drei T-Shirts, einen Hoodie und fünf Untersetzer mit verschiedenen Katzenmotiven zu erstehen. Also absolut nichts, was auch nur entfernt mit Anime oder Manga zu tun gehabt hätte. Die große Sailor-Moon-Kuscheldecke für 90 EUR und das dazugehörige XXL-Mousepad haben wir hingegen nicht eingesackt, obwohl Lysanda definitiv hin und hergerissen war .
Im 1. Obergeschoss gab es dann noch ein Zimmer für anrüchige Sachen, in das man nur nach Vorlage des Personalausweises reindurfte. Da saßen dann erneut eng gepackt ein paar Hobbykünstler und Ab-18-Modells, die ihre Waren angepriesen haben. Hatte ich ehrlich gesagt irgendwie mehr erwartet. Also mehr Anime und Manga (bzw. Hentai), die man sich hier hätte anschauen und kaufen können. War aber faktisch nur ein einziger Stand dieser Art dort drin zu finden.
Das Rahmenprogramm
Wie es sich für eine Convention gehört, gab es zusätzlich das gesamte Wochenende über ein umfangreiches Rahmenprogramm. So waren einige unter Anime- und Mangafans sicherlich prominente Gäste geladen, von denen ich aber exakt nur einen kannte: Kaho Shibuya, ehemalige japanische Pornodarstellerin und jetzt YouTuberin/Streamerin. In der Ausstellerhalle habe ich sie sogar kurz im Vorbeigehen gesehen.
Es gab Signierstunden und Fan-Meetups aber auch zahlreiche Workshops mit den unterschiedlichsten Themen. Von “Alles über Copic Marker” über “3D-Druck für dein Cosplay” und “Autistisch in Japan” bis hin zu “Lustgrotten und Liebesspeere 2.0” gab es sicherlich für jede Interessensgruppe etwas. Dazu Video- und Brettspielzimmer sowie ein Karaokeraum in denen man seine Zeit verbringen konnte und, wie es sich gehört, waren in einem Saal Fotoecken für die zahlreichen Cosplayer aufgebaut. Und ja, wir haben trotz fehlendem Cosplay ebenfalls 2-3 Fotos dort gemacht. Wenn man schließlich schon da ist . 90% der Cosplay-Charaktere, die uns an diesem Tag begegnet sind, kannte ich wenig überraschend nicht. Aber so einige Zeldas und Links in ihren diversen Inkarnationen haben wir getroffen sowie einen Obelix – sogar inkl. Hinkelstein. Und das meiste war durchaus schick und/oder beeindruckend anzusehen. Okay, der Typ im blauen Kleid (sollte vermutlich Navi darstellen) war… etwas sehr kreativ. Zumindest in den Hallen war der Anteil der “normal” angezogenen aber definitiv höher als der der Cosplayer. Vermutlich haben die sich woanders rumgetrieben und/oder kamen erst am Samstag/Sonntag in vollem Umfang heraus.
Noch mehr zu tun
Abgerundet wurde das Angebot zum einen durch ein paar Showacts im großen Festsaal. Wir haben uns beispielsweise das Klavierkonzert von Junihuhn angehört. Zu Spielszenen auf der großen Leinwand hat er ein paar Stücke des Soundtracks von NieR: Automata und NieR: Replicant ver.1.22474487139… gespielt und das Ganze in eine kleine Geschichte eingebettet. Die 45 Minuten waren ganz nett und das nicht nur, weil unsere Füße zu dem Zeitpunkt schon etwas qualmten und die Erholung entsprechend genossen.
Zum anderen fand außerhalb der Hallen ein kleines Matsuri (=japanisches Festival) statt. Klingt aber größer als es tatsächlich ist. Auf der einen Hallenseite waren ein paar Stände mit japanischen Volksfestspielen und auf der anderen eine Reihe von Essensständen mit asiatischen Gerichten. Wir haben uns sechs Takoyaki für 10 EUR gegönnt. Das sind Teigbällchen mit Oktopusfüllung mit einer speziellen Soße und Mayonnaise garniert. Schmeckten gut, waren aber den Preis definitiv nicht wert. Mit Messebesuchern kann man es halt machen.
Unser Tag
Wir waren am Freitag rund sechs Stunden auf der Convention und haben dafür zusammen rund 64 EUR bezahlt (Spätbucherpreis). Wir sind kurz nach 14 Uhr mit dem Auto aufgeschlagen und haben sogar noch einen Parkplatz in der Tiefgarage bekommen (die Anzeige der verfügbaren Plätze stand bei “3”). Die vier Schlangen am Haupteingang sahen länger aus, als sie es am Ende tatsächlich waren. Zumal die Organisatoren dann doch mal auf die zusätzlichen Seiteneingänge hinwiesen und sich ein Teil der Meute entsprechend vom Haupteingang verzog. Kurze Taschenkontrolle, einmal Scannen des Tickets und schon waren wir drin. Geblieben sind wir anschließend, bis die Aussteller- und Kreativmarkt-Hallen um 20 Uhr geschlossen wurden (Rest geht bis 22 Uhr). Danach kurz noch an den Essensständen vorbeigeschaut und gegen 20:30 Uhr waren wir nach dem Bezahlen des 12 EUR-Parktickets auch schon wieder im Auto und auf dem Nachhauseweg.
In der Zeit hatten wir einen kompletten Rundgang durch das RheinMain CongressCenter selbst gemacht sowie durch die beiden Hallen. Bei den Workshops und dem restlichen Rahmenprogramm war jetzt abseits des Konzerts nichts dabei, was uns brennend interessiert hat. Insofern hat uns die Zeit vollkommen ausgereicht, um alles in Ruhe zu sehen. Und ja, am Samstag taten uns vor allem die Füße weh .
Fazit
Wie war es also auf der Connichi 2024? Ganz nett aber, dass wir 2025 wieder hinfahren, ist äußerst unwahrscheinlich. Da müsste schon ein wirklich interessanter Gast, ein toller Workshop oder ein genialer Showact dabei sein. Bei der Messe selbst hatte ich wie gesagt definitiv eine andere Erwartungshaltung. Wenn schon nicht beim Kreativmarkt, dann wenigstens in der Ausstellerhalle. Aber es war halt echt nur “Kauft, kauft, kauft unseren Kram, der vielleicht entfernt irgendwas mit Japan, Anime oder Manga zu tun hat!”. Und dafür ist der Eintrittspreis zu hoch. Oder anders ausgedrückt: Lysanda und ich waren wohl nicht so wirklich die Zielgruppe der Veranstaltung. Insofern war es zwar ganz nett es mal gesehen zu haben, aber eine Wiederholung unter gleichen Bedingungen brauchen wir definitiv nicht. Da gehen wir lieber z.B. in eine Thalia-Filiale, um neue Mangas zu entdecken.