Ich bin dem Journalisten Jason Schreier (noch) nie begegnet. Er ist erst 2010 in die Videospielebranche eingestiegen und selbst danach bezweifle ich, dass er jemals auf einer gamescom war. Auf Basis seiner Internetpräsenzen (allein dieses Schwarz/Weiß-Profilfoto…) und seines Schreibstils halte ich ihn jedoch für einen äußerst unsympathischen, extrem arroganten und eingebildeten Fatzke, dem sein Erfolg ganz klar zu Kopf gestiegen ist. Möglicherweise ist er persönlich anders drauf. Aber so ist zumindest aktuell mein Bild von ihm.

Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass er sich über die Jahre einen gewissen Ruf als Investigativjournalist und damit ein ganz schön großes Netzwerk im Bereich der Videospieleindustrie aufgebaut hat. Er kommt entsprechend an Geschichten ran, die nicht unbedingt jeder zu Tage fördern könnte. Und da ich abseits des Lesens seiner Texte mit ihm nicht interagieren muss, ist es auch ziemlich egal was ich persönlich von ihm halte :smile: .

In der Zwischenzeit ist er aber nicht mehr nur in der digitalen Welt unterwegs, sondern hat sogar drei Bücher zum Thema auf den Markt gebracht (und darf sich nun als “Bestsellerautor” bezeichnen). Das Allererste habe ich nun endlich geschafft mal zu lesen:

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Blood, Sweat, and Pixels: The Triumphant, Turbulent Stories Behind How Video Games Are Made* (2017, 277 Seiten) – Schreier erzählt basierend auf eigenen Interviews, Vorträgen der Entwickler und anderen Quellen grob die Entwicklungsgeschichten von 10 Spielen wie Obsidians Pillars of Eternity, Ensamble Studios Halo Wars und Bungies Destiny bzw. im Falle von Diablo III geht es explizit nur um die Zeit nach der Veröffentlichung bis hin zum großen Umsturz mit Patch 2.0 und Diablo III: Reaper of Souls (immer noch ein bescheuerter Name). Das große Kaufargument für das Buch ist jedoch vermutlich – wie in jedem guten YouTube-Video – ganz am Ende versteckt: Star Wars 1313. Es ist nicht viel, was Schreier dazu zu Tage fördern oder zumindest auf ca. 20 Seiten unterbringen konnte. Aber es gibt doch einen kleinen Einblick in die letzten Jahre des alten LucasArts vor dem Aufkauf durch Disney und die anschließende Schließung.

Als Leser erfährt man mehr darüber wie viele Probleme Bioware mit DICEs Frostbite-Engine hatte und wie die Resonanz auf Dragon Age II den radikalen Shift zur riesigen, offenen Welt in Dragon Age: Inquisition bedingte. Wie sehr Bungie eigentlich keinen Bock mehr auf Halo und Shooter hatte und am Ende trotzdem Destiny rauskam (wieder ein SciFi-Shooter). Und wie sehr sie Ensamble Studio dafür hassten, dass diese an Halo Wars arbeiteten. Wie konnten diese Fuzzies nur “ihre” Marke missbrauchen (weil beide sowie Halo zu Microsoft gehörten…). Auch von Indieentwicklern, die ihre Karriere, ihre Gesundheit und ihr Privatleben für ihre Vision aufs Spiel setzten wird erzählt (Stardew Valley & Shovel Knight).

Der Stil ist normaler, gut geschriebener und nicht sonderlich komplizierter Fließtext mit ein paar Fußnoten und zahlreichen, eingearbeiteten Zitaten in zeitlicher Reihenfolge der Ereignisse. Als Veteran der Spieleindustrie fühlte ich mich hier und zwar etwas zu sehr an die Hand genommen. Aber vermutlich sollte die Zielgruppe des Buchs etwas breiter sein. Wobei ich ehrlich gesagt nicht wüsste, wer außerhalb von Spieleinteressierten damit wirklich etwas anfangen kann. Es ist schließlich extrem spezifisch und vermutlich gleichzeitig doch zu oberflächlich, um daraus irgendwelche Lehren zu ziehen. Zumal zumindest eine gewisse Grundkenntnis von den erwähnten Spielen definitiv zum Verständnis nicht verkehrt ist.

Beim Christoph meint: Von mir gibt es 4 von 5 Sics. Es ist insgesamt ein informatives und kurzweiliges Werk aber tatsächlich ist es mir hier und da viel zu kurz. Maximal 30 Seiten pro Titel werden bei einigen der gesamten Entwicklungsgeschichte nicht wirklich gerecht. Zu viele Informationen, die Schreier entweder nicht kannte (unwahrscheinlich) oder aufgrund von Platzmangel nicht unterbringen konnte (wahrscheinlicher). Da hätte ich mir gewünscht, dass er lieber dedizierte Bücher zu den einzelnen Werken gemacht hätte. Aber ungeachtet dessen ist das Buch für alle, die sich etwas mehr dafür interessieren wie die “Wurst” hergestellt wird, eine klare Leseempfehlung. Eine deutsche Übersetzung fehlt allerdings und wird vermutlich auch nicht mehr kommen nach all der Zeit.

(Cover)

Die Versandkosten aus Amerika sind mittlerweile echt total abartig hoch. Mittlerweile bezahlt man den Warenwert oder sogar darüber nur für den Versand – die möglicherweise noch anfallenden Zollgebühren gar nicht erst dazu gerechnet. Deswegen habe ich auch schweren Herzens die Tage meine Unterstützung zum 8-Bit Theater 20th Anniversary Book zurückgezogen. Wenn ihr das Webcomic nicht kennt, dann wird es unbedingt mal Zeit das nachzuholen! Sind doch „nur” 1.225 Seiten. Und Final Fantasy-Wissen ist zwar von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich!

Das Buch ist endlich fertig (die Kampagne war 2021) und der Versand steht kurz bevor. Zum Glück für Autor Brian Clevinger, hat er die Versandkosten damals nicht direkt eingezogen, sondern tut es jetzt erst zu den aktuellen Preisen. Zum Pech für uns 191 internationale Unterstützer, sind die Kosten in den letzten drei Jahren einfach nur explodiert (so viel zur Globalisierung…). Mit den vermutlich zusätzlich anfallenden Zollgebühren hätte ich am Ende fast das Dreifache vom eigentlichen Warenwert bezahlen müssen. Das war mir dann doch zu viel des Guten. Das wusste auch Brian und hat uns anstandslos eine Rückerstattung angeboten – die ich dann in Anspruch genommen habe. Irgendwo habe ich schließlich selbst ich meine Limits.

Eine (seltene) gute Seite

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Ich hatte allerdings vor kurzem auch einen Fall, da haben mich die hohen Versandkosten tatsächlich vor einem Fehlkauf gerettet. Und zwar lässt es sich derzeit The Art of Psychonauts 2 für knapp 50 EUR bei iam8bit vorbestellen. Das war ursprünglich Teil der Crowdfunding-Kampagne, aber ich wusste ehrlich gesagt nicht mehr, ob ich es auf meinem Unterstützerlevel bekommen würde. Häufig sind die nur in den wesentlich teureren Stufen enthalten wie z.B. bei EVERSPACE 2.

Nachschauen konnte ich das aber nicht mehr, denn Fig an sich gibt es mittlerweile (die Kampagne war 2016) nicht mehr so wirklich und die entsprechenden Crowdfunding-Seiten und Accounts wurden gelöscht. Also liebäugelte ich mit dem Kauf des Kunstbuchs, wurde aber dann von den abartigen Versandkosten (knapp 40 EUR) abgeschreckt. Zum Glück, wie sich herausstellte, denn einige Zeit später kam eine Mail von Fangamer mit der Ankündigung, dass meine Kopie demnächst verschickt wird. Und mittlerweile ist sie angekommen – sogar ganz ohne zusätzliche Zollgebühren. Und meine Güte hat es das Ding in sich!

Das Kunstbuch

The Art of Psychonauts 2 besteht aus 400 Hochglanz-Seiten im übergroßen Hochformat und Hardcover. Wenn einem das auf den Tisch fällt, dann macht es mächtig „Bumms”! Im Inneren erwarten euch haufenweise Skizzen, Storyboards, Konzeptzeichnungen und Renderbilder. Sortiert nach Charakteren, Levels und dem Rest und begleitet sowohl von Kommentaren der Entwickler als auch informativen Beschreibungen. Zusammengestellt hat das Ganze die Autorin und Moderatorin Ashley Esqueda. Wer die Dokumentaiton Double Fine PsychOdyssey gesehen hat (warum hast du es noch nicht?!), dem wir das ein oder andere bekannt vorkommen. Aber das Buch geht noch weit darüber hinaus. Schließlich konzentriert es sich wirklich ausschließlich auf das Design und das Aussehen des Spiels. Und da blieb doch bisher noch sehr viel unerzählt – und vor allem ungezeigt.

Eine Konzeptzeichnung zu Tastys Sensorium

Ich hab‘ mittlerweile so einige Artbooks und Making-Of-Bücher im Regal stehen. Aber ich muss ganz klar sagen, dass keines davon mit der Qualität dieses dicken Brechers mithalten kann. Ja, selbst The Art of Gothic 3 nicht – eins meiner bisherigen Vorzeigebeispiele. The Art of Psychonauts 2 ist umfangreich, hochwertig verarbeitet und gleichzeitig äußerst informativ. Weil es eben nicht nur viele Bilder enthält, sondern auch sehr viele und vor allem informative Erklärungen dazu. Ich sage es jedes Mal wieder, aber Kunstbücher ohne jedweden Text sind einfach nur langweilige Kataloge, mit denen ich nichts anfangen kann. Insofern ist das Buch also grundsätzlich eine absolute Kaufempfehlung und für Psychonauts-Fans faktisch Pflicht – so hart es klingt :smile: .

Ob es das Werk allerdings wert ist wegen den Versandkosten den doppelten Preis dafür zu bezahlen? Nun, jetzt wo ich es in der Hand halte, bin ich schon echt froh es zu haben. Der Post dafür jedoch so viel Geld in Rachen zu werfen, würde ich weiterhin nicht einsehen. So schade es auch ist. Aber vielleicht landet ja mal eine etwas billigere Kopie bei eBay oder so. Dann unbedingt zuschlagen!

Zum Schluss noch ein paar Highlights aus dem Buch:

The Art of EVERSPACE 2

Es ist mal wieder ein interessantes Paket eingetroffen – allerdings dieses Mal tatsächlich nicht zu einem Kickstarter. Ich hatte zwar die Crowdfunding-Kampagne zum deutschen Weltraumspiel EVERSPACE 2* damals unterstützt. Und das auch mit relativ viel Geld, weil ich unbedingt eine physische Box fürs Regal haben wollte. Aber selbst ich habe meine Limits. Entsprechend habe ich damals nicht noch weitere 75 EUR investiert, um eine Soundtrack-CD, ein 52-seitiges Hardcover-Artbook und eine Sternenkarte zu erhalten.

In der Zwischenzeit wurde aus dem kleinen Hardcover-Kunstbuch allerdings ein großes Hardcover-Kunstbuch. Insofern wurde ich schon ein wenig neidisch auf die, die es bekommen würden. Entsprechend freudig vernahm ich die Nachricht, dass sie es auch regulär in den Handel bringen würden. Und genau das ist nun eingetroffen: Meine Kopie bestellt auf Amazon*. Derzeit zu haben für 39 EUR. Ich war wohl zu schnell dran mit dem Bestellen und musste für den Import aus Amerika noch 46,74 EUR bezahlen (und entsprechend länger warten) :sad: . Ja, das Spiel stammt von Rockfish Games aus Hamburg aber die Extras kommen aus dem Ausland. So ist das halt.

Das Buch

Wie es sich für so ein Kunstbuch gehört, kommt es im großen Querformat daher. 30 x 2,5 x 20cm misst es und passt deshalb nicht ganz in ein Billy-Regal – die haben nämlich nur 28cm Tiefe. Das stößt Lysanda etwas sauer auf. Ihr wäre ein Hochkantformat lieber gewesen. Aber Videospiele sind heutzutage nun einmal im 16:9-Format. Entsprechend ist das Querformat perfekt für die wunderschönen Illustrationen der Spielwelt. Insgesamt sind es etwas mehr als 280 Seiten aus hochwertigem Papier (=matt und relativ dick, kräftige Farben), die ihr durchblättern könnt. Darauf findet ihr sehr viele Skizzen, Illustrationen, Storyboards und Rendergrafiken zum Spiel. Unterstützt werden diese hier und da mit etwas (englischsprachigem) Text.

So breit, dass ich es fast nicht fotografiert bekomme.

Dieser Text erklärt weniger die Hintergründe aus Entwicklungssicht, sondern gibt hauptsächlich In-Universe-Erläuterungen zu den, was man dort sieht. Also z.B. eine Charakterbiographie oder den Einsatzzweck eines Schiffes. Ich hätte mir etwas mehr zur Entwicklung gewünscht, aber es trotzdem ganz nett. Zumal Texte in Kunstbüchern ja eine Sache ist, die mir besonders wichtig ist. Schließlich liefern sie zu dem, was ich dort sehe, im Minimum den Kontext und geben – wenn das Buch besonders gut gemacht ist – Einblicke in die Gedanken des Designers/die Entwicklung des Spiels. Artbooks, in denen nur die Bilder ohne jedwede Erklärung enthalten sind, finde ich einfach nur doof. Genauso die Bücher, die nur A5 oder Scheckheft groß sind, weil dort die Bilder nicht zur Geltung kommen können. Die sind aus meiner Sicht totale Papierverschwendung.

Aufgeteilt ist das Buch in drei Hauptkapitel, die dann jeweils nochmal weiter aufgesplittet sind. Auf den ersten 110 Seiten geht es um die Fraktionen, dann kommen die Spielerschiffe und ihre Ausrüstung und die letzten 120 Seiten dreht sich alles um die Charaktere, die Geschichte und das Spieluniversum an sich. Es gibt tatsächlich nichts, was ich vermissen würde. Im Gegenteil werden viele Objekte sogar sehr detailliert (von der initialen Skizze bis zum fertigen Render) gezeigt. Sehr cool. Genauso wie die Auswahl an wirklich großformatigen Bildern, die teilweise über beide Seiten hinweg gehen.

Fazit

Für Fans des Spiels oder Artbook-Sammler mit SciFi-Faible definitiv eine schicke Sache und der Preis ist für das, was ihr bekommt, absolut okay. Hier jetzt noch ein paar meiner persönlichen Highlights aus dem Buch:

Über id Software und ihre Gründerväter wurde bereits sehr viel gesagt und noch mehr geschrieben – auch von mir. Vor allem Masters of DOOM* ist immer noch die absolute Pflichtlektüre in der Hinsicht. Doch trotz der vermeintlichen Informationsfülle, weiß man doch teilweise erstaunlich wenig darüber, was wirklich hinter den Kulissen passiert ist. Vieles basiert auf einzelnen Sichtweisen oder sind schlicht Vermutungen, die über die Jahre zu (falschen) Fakten mutiert sind. Unter anderem das Verhältnis zwischen John Romero und John Carmack wird gerne als bis heute absolut vergiftet dargestellt. Dabei waren und sind die beiden weiterhin gute Freunde und tauschen sich häufig aus.

Entsprechend hellhörig wurden Fans und Videospiele-Historiker als John Romero seine Autobiographie ankündigte. Und zwar nicht nur, weil er logischerweise von Anfang an mit dabei war und speziell zu den Geschehnissen bei seinem nächsten Stopp, Ion Storm, bis heute vieles im Dunkeln liegt. Sondern auch, weil Romero unter dem Phänomen Highly Superior Autobiographical Memory “leidet” (er selbst sieht es als Vorteil und nicht als Fluch) – früher Hyperthymesie genannt. Solche Menschen können sich an jeden einzelnen Tag ihres Lebens ab einem bestimmten Alter erinnern. Als jemand, der den Großteil seiner Kindheit faktisch vergessen (oder verdrängt) hat und sich oftmals nicht einmal daran erinnern kann, was er gestern zum Mittagessen hatte, absolut unvorstellbar. Aber für Historiker natürlich eine geniale Sache. Der ultimative Zeitzeuge quasi.

Seit Juli 2023 ist das Buch nun auf dem Markt und ich habe es endlich geschafft meine vom Autor höchstpersönlich signierte (*angeb*) Ausgabe zu lesen:

(Cover)

Doom Guy: Life in First Person* (2023, 370 Seiten) – Aufgeteilt in vier Episoden (=eine Hommage an DOOM) und 28 Kapitel, geht es von Romeros Kindheit bis kurz vor Entwicklungsbeginn von SIGIL II. Wobei – nachvollziehbar – eine ungeleiche Gewichtung herrscht. So nimmt id Software fast die Hälfte des Buches ein. Während die Zeit nach dem Zerfall von Ion Storm (2001-2022) auf nur 45 Seiten abgehandelt wird. Letzteres finde ich ein wenig schade, denn faktisch war John Romero aus Sicht der Öffentlichkeit in der Zeit wie vom Erdboden verschluckt. Dabei hat er sich definitiv nicht in die Ecke gestellt und sich für Daikatana geschämt, sondern hat daraus gelernt und ist ein weiteres Mal weitergezogen. So gehörte er mit seiner Firma Monkeystone Games zu einen der ersten, die Spiele für Smartphones gebastelt haben. Zusammen mit seiner dritten und derzeitigen Ehefrau, Brenda Romero, hat er anschließend Loot Drop gegründet und ist in den Markt der “Facebook”-Spiele eingestiegen, bevor Meta durch das Verbot der (echt nervigen) Posts à la “Pommesbude1987 hat 100 Erdbeeren in Farmville gepfückt” dem Markt faktisch den Geldhahn zudrehte. Immerhin erfahren Fans auf 10 Seiten ausführlich alles über seinen vor ein paar Jahren gescheiterten Versuch mit Blackroom wieder ins Land der Ego-Shooter zurückzukehren – inkl. einer textuellen Beschreibung der Pitchdemo, mit der sie damals hinter verschlossenen Türen auf der E3 waren. Aber z.B. über Empire of Sin* wird so gut wie kein Wort verloren.

Ich verstehe aber auch, dass ein Großteil der Leser das Buch nur aus einem einzigen Grund kauft: Um mehr Details über id Software und Ion Storm zu erfahren. Und Romero war sich dessen ebenfalls bewusst und erwähnt es (mehrfach). Für jemanden wie mich, der das Werk tatsächlich von vorne bis hinten gelesen hat, ergeben sich dadurch so einige – ja, ehrlich gesagt nervige Wiederholungen. Aus meiner Sicht hat er hier ein wenig zu sehr Rücksicht auf seine potenzielle Leserschaft genommen. Aber gut: Immerhin wird die Erwartungshaltung voll erfüllt. Man erfährt so zahlreiche Details, die dabei helfen viel diskutierte Themen wie z.B. die angespannte Situation bei der Entwicklung von QUAKE endlich ins rechte Licht zu rücken. Und mir ist verständlicher, was damals bei Ion Storm los war und wie Romeros wohl größter Fehltritt (die Werbeanzeige “John Romero’s about to make you his bitch.”) entstanden ist. Zugegeben: Es ist am Ende des Tages immer noch nur ein Blickpunkt auf die Ereignisse, obwohl sich Romero während des Schreibens mit vielen alten Wegbegleitern unterhalten hat. Aber er fügt sich nahtlos in die bekannten Augenzeugenberichte ein und schärft/korrigiert diese maßgeblich.

Gleichzeitig – und das ist mir sehr wichtig zu erwähnen -, erfährt man auch sehr viel über Romero selbst. Sohn eines Alkoholikers, der seine Familie von heute auf morgen für eine andere Frau verließ. Aufgewachsen in armen Verhältnissen, wo die Mutter täglich um das Essen auf dem Tisch kämpfen musste. Aber auch in einer Gemeinschaft, in der sich alle unterstützen und im Zweifel die Oma ihn durchfütterte. Anschließend gelitten unter einem buchstäblich militanten Stiefvater, der seinen Wissensdurst auf der einen Seite förderte, aber auf der anderen ihn auch einfach hochkant aus dem Haus auf die Straße warf, weil er mal Mädchenbesuch hatte. Von seiner frühen Begeisterung für Videospiele und das Programmieren und wie ihm die Hyperthymesie bis heute dabei hilft. Wie sehr Carmack und er vom ersten Tag an auf einer Wellenlänge waren (und immer noch sind). Was er aus seinen Rückschlägen und Erfolgen gelernt hat und was er heute anders machen würde. Und so weiter und so fort. Wie gesagt: Das Buch ist vollgepackt mit Infos und es ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend und informativ.

Beim Christoph meint: Trotz der kleinen Mängel (Neuzeit kommt etwas zu kurz, leichte Wiederholungen von vorherigen Kapiteln) eine absolute Pflichtlektüre und damit volle 5 von 5 Sics. Wer sich auch nur ein bisschen für die Geschichte der Ego-Shooter im Allgemeinen, die ersten Jahre von id Software und John Romero im Speziellen interessiert, kommt um dieses Werk faktisch nicht herum. Es ist (fast) alles drin und dran, was man erwarten würde. Und es gewährt dem Leser viele neue und tiefe Einblicke in eine sehr interessante Zeit in der Spieleindustrie von einem der ganz großen, der sich zudem an jedes Detail genau erinnern kann.

Nach dem Lesen bleibe ich faktisch nur mit dem Bedürfnis zurück mal wieder in die Tasten zu hauen, um 1-2 Portraits zu schreiben (über John Romero und Ion Storm). Mal schauen, ob ich irgendwann mal die Zeit dazu finde.

PS: Wenn ihr mal fünf Stunden Zeit habt, solltet ihr euch unbedingt Lex Fridmans Interview mit John Carmack anhören. Extrem interessant und informativ (wie so viele von Fridmans Podcasts). Bitte? Das ist euch zu lang?! *kopfschüttel* Carmacks QuakeCon-Vorträge dauerten auch häufig mehr als drei Stunden. Stellt euch also nicht so an!

Mass Effect: The Complete Comics (Cover)

Elf Jahre ist es mittlerweile her, seit ich das letzte Mal einen Mass Effect-Titel gestartet habe (damals kam der Extended Cut zu Mass Effect 3 raus). Ja, Mass Effect Andromeda* sowie die Mass Effect Legendary Edition* stehen zwar im (digitalen) Regal aber angefasst habe ich beide bislang noch nicht. “Traue” mich vermutlich aktuell nicht sowas episches anzufangen :smile: . Was ich aber gemacht habe, ist endlich mal die Comic-Ableger von Dark Horse Comics zur Serie zu lesen. Die gibt es seit einiger Zeit gesammelt als Mass Effect: The Complete Comics* in Taschenbuchform.

Letzteres ist etwas… ungünstig, denn es sind insgesamt 800 Seiten. Und ein Taschenbuch im Format 260x170mm mit so viel Umfang ist absolut unhandlich. Da fallen einem die Arme ab, wenn man versucht das z.B. im Bett zu lesen. Aber gut: Irgendwie habe ich es ohne dauerhafte Schäden hinbekommen. Inhaltlich erwarten euch hauptsächlich Geschichten, die vor Mass Effect 2 angesiedelt sind. Ihr wisst schon: Die Suche nach Shephards Leiche und was so eure späteren, potentiellen Crewmitglieder in ihrem vergangenen Leben getrieben haben. Der Shadowbroker, Cerberus und Omega-Station sind die am häufigsten wiederkehrenden Akteure. Das letzte Heft beschäftigt sich hingegen mit der Vorgeschichte von Mass Effect Andromeda.

Der Inhalt

Der Stil der Comics ist typisch Amerikanisch. Wer also schon einmal einen moderneren Superheldencomic von Marvel oder DC gelesen hat, weiß was ihn erwartet. Ich persönlich bin nicht der ganz große Fan davon (mir ist der Stil zu hart und grimmig) aber objektiv betrachtet sind die Zeichnungen detailliert, sprich die Charaktere und ihre Emotionen kommen gut zur Geltung und auch die Action ist ansprechend in Szene gesetzt. Nur selten musste ich genauer hinschauen, um zu verstehen, was eigentlich gerade passiert ist.

Mein größtes Problem mit dem Mammutwerk ist deshalb ein anderes: Es erwartet faktisch, dass ihr im Minimum Mass Effect 2 gespielt habt. Das macht insofern Sinn, dass es sich ja technisch gesehen um Begleitmaterial für Fans handelt. Da mein Durchlauf aber mittlerweile 13 Jahre her ist, fehlen mir dann doch so einige Zusammenhänge. Natürlich ist mir bei den wichtigsten Charakteren wie Miranda, Cerberus oder Liara T’Soni noch ein bisschen was im Kopf. Aber eben nicht so ganz die tiefen Details. Und bei allem anderen wird es noch schwammiger von wegen “sollte ich den kennen”? Und auch dazugehörige Situationen, auf denen die Geschichten aufbauen, sind mir nicht mehr ganz so präsent. Sprich, die Erzählungen haben durchaus das Problem auf eigenen Beinen zu stehen. Zwar braucht es für Blasto: Eternity is Forever nur die Grundkenntnis darüber, was ein Hanar ist, um es lustig zu finden einen als Pseudo-James-Bond zu erleben. Aber, wenn es beispielsweise in Foundation um die Hintergrundgeschichten der Begleiter geht, fehlte mir nach all der Zeit durchaus einiges an Zusammenhang, um wirklich reinzukommen.

Insofern: Für Fans, deren Erinnerung an die Serie noch frisch ist, sicherlich eine geile Sache, um noch tiefer in das Universum einzutauchen. Ich hingegen muss wohl erstmal wieder die Spiele spielen, bevor ich ein abschließendes Urteil über die Comics fällen kann. Ein schlimmes Los, ich weiß…

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