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Familie. Das ist das große Grundthema der vierten Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert*. Wir erfahren mehr privates von unseren Charakteren, sehen mehr Emotionen von ihnen, Wesley existiert nach der ersten Handvoll Folgen faktisch nicht mehr (immerhin war Die letzte Mission ein halbwegs würdiger Abschluss für ihn) und gleichzeitig werden speziell die Stränge “Romulaner” und “Klingonen” mit großen Schritten vorangetrieben – inkl. einem wirklich fulminanten Finale mit Der Kampf um das klingonische Reich Teil I. Definitiv eine der besten Episoden der gesamten Serie. Passenderweise die 100. Folge. Und direkt nach Drehschluss begann die Produktion von Star Trek VI: Das unentdeckte Land. Man könnte fast meinen Drehbuchautor Ronald D. Moore (Episode) hätte sich mit Nicholas Meyer (Film) vorher abgesprochen. Die ursprüngliche Idee für den Film stammt allerdings von Leonard Nimoy und Gene Roddenberry hasste das Drehbuch. Hatte ich schon erwähnt, dass der Typ komisch rüberkommt? Ja? Okay.

Das Personalkarussell

Aber wir sind ja nicht hier, um schon wieder über den besten Star-Trek-Film der Originalcrew zu reden. Kommen wir stattdessen zurück zur vierten Staffel mit Captain Picard. Hinter den Kulissen fand erneut ein Personalumbau statt aber nach den äußerst turbulenten ersten drei Staffeln kehrte nun trotzdem so etwas wie Normalität ein. Statt euch aber mit einer Aufzählung von Namen zu langweilen, mit denen ihr vermutlich eh nichts anfangen könnt, nur die Wichtigsten: Ira Steven Behr verließ wie erwähnt das Autorenteam schon wieder und tauchte erst 1995 drüben bei Star Trek: Deep Space Nine erneut auf. Jeri Taylor hingegen übernahm als Supervising Producer und schrieb auch ein paar Episoden. Sie war die dritte im Bunde, die zusammen mit Rick Berman und Michael Piller später Star Trek: Voyager aus der Taufe hob.

Außerdem stieß Brannon Braga (hier noch als eine Art Azubi) dazu und wurde umgehend von Michael Piller unter seine Fittiche genommen. Zwei Filme (Nr. 7 und 8 – in Zusammenarbeit mit Ronald D. Moore) und 108 Star-Trek-Episoden (Raumschiffe Enterprise – Das nächste Jahrhundert, Star Trek: Voyager und Star Trek: Enterprise) gingen am Ende auf sein Konto. Ach, und es war die letzte Staffel bei der formal noch Gene Roddenberry beteiligt war. Tatsächlich hatte er zu diesem Zeitpunkt schon so gut wie nichts mehr zu sagen. Er starb ein paar Monate nach Ende der Ausstrahlung dieser Staffel.

Außerdem erwähnenswert ist, dass Patrick Stewart das erste von fünf Mal auf dem Regiestuhl Platz nahm. Und zwar in der vorletzten Folge der Staffel, Datas erste Liebe. Leider konnte er hier sein Können mal so gar nicht zur Schau stellen. Trotz der interessanten Thematik (ein Crewmitglied verliebt sich in Data), ist es eine überraschend humorlose und langweilige Folge und die Auflösung des B-Plots (die Enterprise fliegt durch einen Nebel voller Subraumlöcher) klang auf dem Papier besser als die tatsächliche Umsetzung.

Der Inhalt

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Promobild)

Meine leichte Enttäuschung über den Staffeleinstieg mit Angriffsziel Erde hatte ich ja schon kundgetan. Aber es war absolut die richtige Entscheidung als nächstes eine Folge wie Familienbegegnung zu bringen. Nach den Strapazen der Doppelfolge tut sowohl den Charakteren als auch dem Zuschauer die Erholung gut. So sehen wir erstmals Picards Heimat in Frankreich und lernen Worfs Pflegeeltern kennen. Doch es versteht sich von selbst, dass ich trotzdem was auszusetzen habe. Und zwar war mir eine Folge ehrlich gesagt zu wenig. Da kommt wieder meine Beschwerde über den “husch-husch”-Abschluss der Doppelfolge hoch. Picard hat ein höchst traumatisches Erlebnis hinter sich und alles, was es braucht, ist es seinen Bruder in den Matsch zu schupsen und alles ist wieder gut? Ja, ne das war irgendwie mal wieder verschenktes Potential. Ein Satz, der mir im weiteren Verlauf der Serie leider noch öfters über die Lippen kommen wird. Denn obwohl die restlichen Staffeln grundsätzlich auf einem hohen Niveau operieren, macht es genau das noch frustrierender, wenn (aus Zuschauersicht) offensichtliche Chancen nicht genutzt werden und einfach verpuffen.

Was freilich nicht bedeutet, dass es keine Kontinuität gäbe. In Der ungleiche Bruder lernen wir beispielsweise endlich Datas Erschaffer, Dr. Noonien Soong, kennen. Dort gibt es auch ein Wiedersehen mit Lore und das Thema “Emotionschip” kommt auf den Tisch. Ein Punkt, der uns erst so richtig in Star Trek VII: Treffen der Generationen* beschäftigen wird. Worfs Entehrung ist ebenfalls in vielen Folgen der Staffel ein Thema und wie in der Einleitung erwähnt, erreicht endlich die am Ende von Staffel 2 gesäte Romulaner-Saat ihre Reife mit einer Enthüllung, die es absolut in sich hat. Faktisch war damit der Konflikt rund um die Föderation, Klingonen und Romulaner die erste staffelübergreifende Geschichte in einer Star-Trek-Serie. Richtig coole Sache.

Außerdem lernen wir Worfs Sohn Alexander kennen und Chief Miles O’Brien ist nicht nur präsenter, als er es bislang in der gesamten Serie war. Er heiratet (eine äußerst fantastische und humorvolle Folge!) auch und legt somit eine weitere Grundlage für viele wichtige Momente, die noch kommen werden. Und wir lernen unseren ersten Trill kennen auch, wenn Star Trek: Deep Space Nine später noch ein paar Änderungen an der Rasse vornahm (Jadzia Dax hat z.B. keine Probleme mit dem Beamen), die dieser Folge widersprechen. Unsere erste Begegnung mit den Cardassianern entspricht da schon eher dem, wovon wir noch mehr sehen werden.

Bevor ich aber wieder in Versuchung komme fast alle Folgen der Staffel einzeln aufzulisten, weil sie fast alle gelungen sind, nur noch drei absolute Highlights:

  • Die Auflösung – Wusstet ihr, dass die Folge Der Schleudertag von der Kultkinderserie Die Dinos* in den USA in der gleichen Woche (Freitags – Star Trek kam Montags) ausgestrahlt wurde? Interessantes Detail, ich weiß. Gehe aber dann doch von einem reinen Zufall aus. Zur Erinnerung: Bei den Dinos feierte Ethyl ihren 72. Geburtstag und das ist der Tag an dem Dinos von der Klippe in den Tod gestürzt werden. Bei Star Trek sind es nur 60 Lebensjahre bis die Bewohner von Kaelon II die Auflösung feiern. Das Grundthema ist in beiden Serien das gleiche: Ist das tatsächlich richtig, was da passiert? Wobei Star Trek zum einen kein richtiges Happy End bietet und zum anderen (logischerweise) trotz Lwaxana Trois Beteiligung erwachsener damit umgeht indem die Autoren unter anderem die zusätzliche Frage stellen, ob man sich als Außenstehender in diese Angelegenheit einmischen darf.
  • Das Standgericht – Die Folge ist in der Ausführung nicht ganz so gelungen, wie sie es hätte sein können. Picards Widerstand kommt mir dafür irgendwie zu schnell und wirkt zu extrem. Aber es ist trotzdem eine starke und wichtige Episode, die leider bis heute Gültigkeit besitzt. Lysanda war allerdings vom faktisch offenen Ende enttäuscht. Ich fand es gut, dass hier kein Happy End oder sowas erzwungen wurde. Es passt sogar perfekt zum Thema, dass nur diese eine Situation irgendwie aufgelöst wurde aber das Problem damit nicht aus der Welt geschafft ist. Aber Lysanda hätte sich zumindest irgendeine sichtbare Bestrafung für Admiral Nora Satie gewünscht.
  • Die Begegnung im Weltraum – Dass Geordi einfach kein Glück in der Liebe hat, wurde ja schon öfters thematisiert. Aber die Folge behandelt trotzdem ein interessantes und heute dank der Influencer- und Streaming-Kultur noch realeres Problem: Die Idolisierung von Menschen und dass diese imaginäre Erwartungshaltung niemals von ihnen erfüllt werden kann. Die eigentliche aber reichlich unspannende Handlung rund um das Weltraumbaby gerät dabei völlig in den Hintergrund.

Und so weiter und so fort. Die vierte Staffel ist wirklich durchgängig sehr gut gelungen und hat meist nur Abzüge in der B-Note. Wenn ihr mir die Pistole auf die Brust setzt, dann würde ich höchstens Augen in der Dunkelheit als unterdurchschnittlich bezeichnen. Aber das auch nur, weil ich Trois Albtraum-Sequenz echt total bescheuert finde.

Fazit

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Promobild)

Mehr fällt mir zur vierten Staffel tatsächlich nicht mehr ein. Wie gesagt: Staffel 3 hat das Niveau der Serie signifikant gesteigert und ab jetzt wird es konsequent gehalten. Ja, es könnte hier und da wie immer etwas besser sein (Stichwort “Verpasste Chancen”) aber gute Unterhaltung und vorzügliches Star Trek ist es auf jeden Fall.

Vielleicht abschließend noch eine Sache: Ich habe bislang noch kein einziges Mal die Technik erwähnt. Wir schauen schließlich die Remastered-Fassungen auf Blu-ray. Ich habe sie jedoch aus einem bestimmten Grund bislang nicht angesprochen: Ich habe schlicht nichts zu sagen. Zum einen, weil es anders als bei den Blu-rays von Raumschiff Enterprise keine Umschaltefunktion gibt. Ich habe also gar keinen Schimmer mehr, wie das Original überhaupt aussah (hab die Specials noch nicht geschaut – die interessieren Lysanda nicht). Aber zum anderen auch genau dies: Es fällt absolut nicht auf, dass irgendwas getan wurde. Die verbesserten Effekte fügen sich buchstäblich nahtlos ein und die Serie an sich ist so gestochen scharf und klar – man könnte meinen, sie wäre gerade erst produziert worden. Würdet ihr mir also sagen, dass wir eigentlich das Original von 1987 schauen – ich würde es euch glatt glauben. Einzig auffällig ist, dass die Qualität der deutschen Tonspur hier und da schwankt. Sprecherwechsel gab es zwar meines Wissens nicht aber die ein oder andere Folge klingt trotzdem irgendwie komisch.

Jetzt geht es logischerweise weiter mit der fünften Staffel – allerdings doch mit einer kurzen Anime-Pause davor. Ich bin nämlich auf die Serie Undefeated Bahamut Chronicles* gestoßen. Sie hat nur 12 Episoden (á 23 Minuten) und die deutsche Synchronisation lässt ziemlich zu wünschen übrig (“erzwungen cool/hip” würde ich es nennen) aber sie scheint ganz nett zu sein. Bitte? Ich würde sie nur schauen, weil dort junge Mädchen mit großen Brüsten vorkommen, die in Mechs kämpfen? Ääähhh… ich muss dann mal weg.

PS: Die Odan-Folge führte damals zu einem kleinen Aufschrei, da am Ende ja der neue Trill-Wirt weiblich ist und somit eine lesbische Beziehung zwischen Crusher und Odan impliziert wird. Allein dieser Gedanke gefiel (wie so oft) ein paar Vollspacken nicht.

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Neue Uniformen (höherer Schwarzanteil, um die Gesichter mehr zu betonen – und zumindest die Männer bekamen Zweiteiler statt Strampelanzüge), neues Intro (die Enterprise kommt nicht mehr aus unserem Sonnensystem, sondern aus der Milchstraße – quasi, um zu zeigen, wie weit entfernt von der Erde die Crew tätig ist) und die Rückkehr von Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher. Die 3. Staffel Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert* macht von der 1. Szene an klar: Es hat sich was signifikant geändert. Und im Verlauf der wieder 26. Folgen wird mehr als deutlich, dass es hin zum Besseren war. Das war jedoch nur möglich, weil auch im Hintergrund nicht alles beim Alten blieb, sondern der erste größere Personalumbau der Serie stattfand. Der zweite kam dann bei der nächsten Staffel.

Das Szepter wird abgegeben

Der wohl wichtigste Faktor: Gene Roddenberry war gesundheitlich auf dem absteigenden Ast. Ich weiß, dass klingt total scheiße und man soll ja nur Gutes über Verstorbene reden und so. Aber zumindest in Bezug auf Star Trek ist aus meiner persönlichen Zuschauersicht heraus die Realität schlicht und einfach, dass Gene seiner eigenen Kreation von Anfang an im Weg stand. Sicherlich hat er damit immer gute Absichten verfolgt, so ist es nicht. Aber gute Geschichten und damit unterhaltsames Fernsehen lässt sich mit den vielen Einschränkungen, die er auferlegte, nur schwerlich realisieren. Hardcore-Fans von Raumschiff Enterprise dürfen wie immer eine Nummer ziehen und sich in einer geordneten Schlange aufstellen, um mir die Meinung zu geigen.

Und das beste Beispiel dafür, dass ich (und viele andere) mit dieser Ansicht irgendwie Recht haben, ist der massive Qualitätssprung zwischen Staffel 2 und Staffel 3 von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert. Es ist die erste Staffel bei der Rick Berman, nach dem Rausschmiss von Maurice Hurley, vollständig die Zügel in die Hand nahm. Ab diesem Zeitpunkt bestimmte faktisch er die Entwicklung des nächsten Jahrzehnts von Star Trek (mit hier und da etwas Unterstützung) – größtenteils erfolgreich, würde ich sagen. Freilich war Berman nicht perfekt und hat in seiner Zeit ebenfalls so einige fragwürdige Entscheidungen getroffen und Fortschritt verhindert. Über die erste reden wir aber erst in Staffel 5. Ich weiß, ich bin gemein… :tongue:

Eine andere Personalentscheidung, die signifikanten und äußerst positiven Einfluss auf die weitere Entwicklung des Franchises haben würde, war die Einstellung von Michael Piller als oberster Schreiberling. Außerdem erwähnenswert, obwohl er es bei Picards Crew nur eine Staffel aushielt (“Es gab zu viele Regeln und Vorgaben, die meine Kreativität einschränkten.”): Ira Steven Behr, über den wir dann bei Star Trek: Deep Space Nine mehr erfahren werden. Und auch Drehbuchautor Ronald D. Moores Star-Trek-Karriere begann mit der dritten Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert. Außerdem wurde die ein oder andere Beförderung ausgesprochen. Aber keine Angst, wenn euch all die Namen nichts sagen: Relevant ist am Ende des Tages nur, dass dank ihnen (und einigen anderen) in Verbindung mit dem Wegfallen sehr vieler einschränkender Regelungen, die Drehbücher sowie die Produktionsqualität der Serie signifikant besser wurden.

Die Schauspieler

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Screencap)

Doch nicht nur hinter den Kulissen rumorte es, auch die Leute vor der Kamera waren an den Änderungen beteiligt. Schließlich sind sie mittlerweile schon in ihre Rollen reingewachsen. Allen voran Aushängeschild der Serie Sir Patrick Stewart, dem besonders viel Gehör geschenkt wurde. Wäre schließlich fatal gewesen, wenn der Kapitän plötzlich den Hut nehmen würde. Seine Forderungen für Staffel 3 waren angeblich folgende: Neue Uniformen, mehr Action (vor allem für seinen Charakter) und die Rückkehr von Beverly Crusher (inkl. der dazugehörigen Entlassung von Diana Muldaur). Und was soll ich sagen? Alle drei seiner Wünsche wurden vollumfänglich erfüllt und machten Staffel 3 faktisch zu den Abenteuern von Picard. Was ich aber definitiv nicht negativ meine! Mehr Action gab es vorher wohl nicht, weil Roddenberry absolut dagegen war. Scheinbar hat ihn Kirk so versaut, dass er keinen kämpfenden Kapitän mehr haben wollte. Keine Ahnung. Wie gesagt: Von außen betrachtet wirkt der Mann echt in vielerlei Hinsicht sehr komisch…

Außerdem trat Jonathan Frakes in dieser Staffel erstmals hinter die Kamera. Er saß für die 16. Folge, Datas Nachkomme, auf dem Regiestuhl – und hat offensichtlich Gefallen an der Tätigkeit gefunden. Mit großem Erfolg würde ich sagen. Freilich ist ein Regisseur ein Stück weit nur so gut wie das Drehbuch, das er verfilmen soll. Aber unter Frakes sind über die Jahre viele gute Star-Trek-Folgen und -Filme entstanden. Und er war dahingehend ein Vorbild für die anderen Crewmitglieder, die sich dann mitunter auch mal raustrauten und so neue Talente entdeckten. Der fleißigste war dahingehend bislang LeVar Burton, der 28 Folgen über vier Serien hinweg Regie geführt hat. Gefolgt von Frakes, der für 22 Folgen in fünf Serien sowie zwei Kinofilme im Stuhl Platz nahm. Hier gibt es die vollständige Liste zum Thema, falls es euch interessiert.

Etwas Geschimpfe

Jetzt habe ich anderthalb Seiten um das Drumherum geredet. Kommen wir also endlich mal zum eigentlichen Inhalt der dritten Staffel. Und damit ich ihn gleich aus dem Weg habe, hier mein größter Negativpunkt nicht nur dieser Staffel: Die massive Abneigung gegen Doppelfolgen, die damals immer noch im Fernsehen vorherrschte und/oder der Zwang einschneidende Änderungen in den letzten Minuten einer Folge sofort wieder zurückzudrehen. Bestes Beispiel ist für mich genau Frakes Regiedebüt, Datas Nachkomme. Gerade als es wirklich anfängt interessant und spannend zu werden (Lal soll von der Sternenflotte eingesackt werden und bekommt plötzlich Emotionen) wird auf die Uhr geschaut (oder der Drehbuchautor hat Panik bekommen, weil er sich in eine Sackgasse geschrieben hat) und diese ruckzuck wieder zurückgedreht. Und zwar auf eine irgendwie ziemlich dämliche Art und Weise (die angedeutete, misslungene Operation).

Ja, Datas Tochter am Leben zu erhalten wäre sicherlich ein ziemlich schwieriger Spagat gewesen. Entsprechend war ihr Tod unausweichlich. Aber sie hatte bis dahin dennoch noch einiges an Potential, das man total bekloppt abgewürgt hat. Zum einen in Bezug auf die am Ende unbeantwortete Frage nach ihrer Erziehung und vermutlich auch ihrem Bürgerstatus. Zum anderen das Thema mit den plötzlich aufkommenden Emotionen und wie sie ggf. damit lernt umzugehen sowie was das mit Data gemacht hätte. Noch einmal Q ist ein zweites Beispiel für eine Folge, die aus meiner Sicht stark unter dem “45 Minuten inkl. Werbung – mehr nicht!”-Mantra gelitten hat. Das ging mir einfach alles viel zu schnell. Und obwohl es technisch gesehen schon Staffel 4 ist: Angriffsziel Erde, die Auflösung des Finales der 3. Staffel, ist am Ende ebenfalls viel zu “zack-zack alles wieder gut”. Warum wurde beispielsweise plötzlich die Selbstzerstörung des Borg-Kubus aktiviert? Und wieso ist dann Picard von einer Sekunde auf die andere wieder 100% der Alte? Da hätte ich mir entweder noch eine weitere Folge oder zumindest einen kleinen Zeitsprung um z.B. 1-2 Monate gewünscht, um es etwas glaubwürdiger zu machen.

Ach und die Wesley-Folgen wie der Staffeleinstieg Die Macht der Naniten versprühen erneut nur wenig Charme. Kein Wunder, dass Will Wheaton am Ende der Staffel darum bat aus der Serie geschrieben zu werden.

Die guten Seiten

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Screencap)

War Staffel 2 noch ein Mix aus Höhen und (sehr tiefen) Tiefen, hat Staffel 3 aus meiner Sicht keine grottig-schlechte Folge. Ja, die Geburt von Jesus (Wer ist John?) oder das Energiewesen mit Mutterinstinkten (Mutterliebe) sind jetzt nicht die absoluten Höhepunkte aber selbst sie werfen interessante Fragen auf und sind alles in allem gute Unterhaltung. Gleichzeitig gibt es sehr viele wirklich fantastische Episoden, die mitunter sogar den Grundstein für den ein oder anderen roten Faden legen.

So hat Data in Die Macht des Paragraphen seinen ersten diplomatischen Einsatz, der ihn an die Grenzen seines Maschinendenken bringt. Die Romulaner sind endlich präsenter wie z.B. in Auf schmalem Grat. In Die Sünden des Vaters findet Worfs Entehrung statt, die noch bis tief in Star Trek: Deep Space Nine Folgen haben wird und uns nicht nur erstmals den (noch namenlosen) klingonischen Heimatplaneten zeigt, sondern auch mehr von ihrer Kultur. Die alte Enterprise produziert zwar einige Logiklücken (Zeitreisen halt…) ist aber dennoch eine inhaltlich wie optisch gelungene Folge mit entscheidenden Auswirkungen. Und Botschafter Sarek zeigt uns nicht nur wieder eine neue und sehr interessante Seite der Vulkanier, sie bricht auch endlich Roddenberrys Tabu Anteile der ursprünglichen Serie nicht aufzugreifen. Und natürlich darf das Staffelfinale, In den Händen der Borg, nicht unerwähnt bleiben. Es ist zwar nicht so gut, wie ich es in Erinnerung hatte. Vor allem, weil die Borg damals noch etwas anders und langweiliger waren. Aber das schadet dem Unterhaltungswert nur wenig.

Das Drehbuch dafür stammte übrigens von besagtem Michael Piller, der sich seinen Angaben zufolge bewusst in eine massive Sackgasse geschrieben hatte. Deswegen war sie so überraschend und der Cliffhanger so fulminant. Er wusste vor Produktionsbeginn der 4. Staffel angeblich nicht, wie er den aufgelöst bekommt. Und ehrlich gesagt: Ganz gelungen ist es ihm auch nicht. Angriffsziel Erde ist zwar insgesamt eine sehr gute Folge aber den Versprechungen des Staffelfinales wird sie aus meiner Sicht nicht ganz gerecht.

Fazit

In meinem Eintrag zur zweiten Staffel war ich mir noch nicht so sicher, ob die dritte Staffel vollständig würde überzeugen können. Meine Erinnerungen waren zu schwach daran. Jetzt kann ich nur festhalten: Die Bedenken waren völlig unbegründet. Lysanda und ich wurden vorzüglich unterhalten. Ich hätte die Aufzählung der guten, sehenswerten und einflussreichen Folgen im vorherigen Absatz entsprechend noch beliebig fortsetzen können, denn die dritte Staffel ist mit Abzügen in der B-Note durchgängig sehr gute Fernsehunterhaltung, ohne dabei den Kern von Star Trek zu vergessen.

Es werden wieder so einige interessante gesellschaftlich relevante Themen behandelt, alle Charaktere kommen zur Geltung und machen mehr oder weniger Fortschritte, es gibt auch mal lustige Momente/Folgen und der Zuschauer lernt gefühlt in den 26 Folgen sehr viel mehr von diesem Universum kennen als in der gesamten Originalserie. Nur, um mir mal wieder ein paar Feinde zu machen… Das mit der Charakterentwicklung ist übrigens ebenfalls Michael Piller zu verdanken, der zwei Vorgaben für jede Folge machte: “every episode is going to be about a character’s growth. And every episode has to be about something.”. Manchmal braucht es halt nur Leute, die die richtigen Ansagen machen.

Und während ich diese Zeilen schreibe, haben wir schon die erste Blu-ray von Staffel 4 hinter uns. Keine Anime-Pause dieses Mal (und vermutlich bis zum Ende der Serie). Stattdessen bin ich jetzt wirklich endgültig wieder total angefixt und will MEHR UND ZWAR JETZT!!!!!1111elfelf

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Sinn und Zweck eines Streiks ist es das Management unter Druck zu setzen und so seine Forderungen durchzubringen. Dass so ein Streik entsprechend Auswirkungen wie z.B. bei den Lokführern auf den Bahnverkehr hat, ist somit ein bewusst herbeigeführtes Übel. Und auch bei der Produktion von Star Trek-Serien hat über die Jahre der ein oder andere Streik Spuren hinterlassen (selten positive). Die Enterprise war damals davon betroffen und auch die zweite Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert*. 1988 legten nämlich die Angehörigen der Writers Guild of America (WGA) für insgesamt 153 Tage die Arbeit nieder. Das Ergebnis ist eine Staffel, die nur 22 statt 26 Folgen hat und mit Kraft der Träume eines der schlechtesten Werke der Star-Trek-Historie für sich verbuchen kann. Ja, selbst Spock’s Gehirn sehe ich als besser an als diese völlig misslungene Clip-Show. Selbst der verantwortliche Autor, Maurice Hurley, bezeichnete sie im Buch Captain’s Logs: The Complete Trek Voyages* als “Piece of Shit”.

Aber zu Kraft der Träume kommen wir gleich noch detaillierter. Es ist schließlich die letzte Folge der Staffel. Fangen wir stattdessen ganz von vorne an. Und zwar brauchten die Produzenten aufgrund des Streiks von irgendwo her Drehbücher. Entsprechend tief wurde in den Archiven gewühlt und dabei wenig Rücksicht auf die Charaktere genommen. Wenn irgendein etabliertes Verhalten nicht passte, wurde es halt passend gemacht. Scheiß auf irgendeine Kontinuität! Nur wenige der Episoden sind tatsächlich für die neue Crew geschrieben worden. Stattdessen hat man altes Material recycelt. Darunter erneut Drehbücher, die ursprünglich für Raumschiff Enterprise geschrieben aber nie umgesetzt wurden (wie viele hatten die davon?!). Auch Zeug von Star Trek: Phase II wurde aus dem Schrank geholt und verwendet. Das ist die ursprünglich von Gene Roddenberry geplante, zweite Live-Action-Trek-Serie aus der dann Star Trek: Der Film entstand. Das sagt schon einiges über die Qualität aus… Und in genau diese Kategorie gehört die erste Folge der 2. Staffel: Das Kind, was dieses Desaster zumindest zu einem Teil erklärt aber freilich nicht entschuldigt.

Aller Anfang ist… fragwürdig

Ich hatte ja schon bei Staffel 1 erwähnt, dass es Deanna Troi vor allem zu Beginn der Serie echt nicht leicht hatte. Die Rolle der “fühlenden” Beraterin im engen Strampelanzug war ziemlich undankbar und die Schreiberlinge konnten leider nicht viel mit ihr anfangen. Und dann geben sie ihr auch noch die Hauptrolle in dieser Folge, in der sie von einem Energiewesen – ja, sagen wir es ist – vergewaltigt wird und im Ergebnis einen schnell heranwachsenden Sohn zur Welt bringt. Warum? Na, weil eine Folge nur 45 Minuten hat. Ach und, weil er wissen wollte was Menschen sind. *kopfschüttel*

Und als Hebamme an Trois Seite ist die neue an Bord: Dr. Pulaski, die von den Schreiberlingen scheinbar als die Anti-Crusher positioniert werden sollte. Quasi um “interessante” Konflikte auf das Schiff zu bringen. Herausgekommen ist eine arrogante Schnepfe, die sich gleich mal bei der halben Besatzung unbeliebt macht (inkl. Publikumsliebling Data beleidigen) und scheinbar ein Stück weit eine Hommage an McCoy sein sollte. Zumindest interpretiere ich so Sachen wie ihre Angst vor dem Transporter oder ihr schnippisches Verhalten Picard gegenüber dahingehend. Im Laufe der Staffel wird es zwar etwas besser, aber ich bin echt froh, dass sie Gates McFadden dazu überreden konnten wieder zurück zu kommen. Dabei geholfen hat wohl, dass besagter Maurice Hurley am Ende der Staffel entlassen wurde. Er war es nämlich, der McFadden ursprünglich rausgeworfen hatte. “Karma is a bitch!”, wie die Amerikaner sagen.

Es geht aufwärts!?

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Promobild)

In Folge Nr. 2, Illusion oder Wirklichkeit, wird die Enterprise dann zu einer Ratte im Experimentierkäfig einer höheren Macht und ich hätte am liebsten die Blu-ray-Packung aus dem Fenster geschmissen. Schließlich bin ich hier um den Abenteuern der neuen Crew zu folgen und nicht den Restmüll von Raumschiff Enterprise zu erleben. Aber zum Glück konnte ich mich zurückhalten, denn schon mit Folge 3 gibt es endlich einen Lichtblick! Und dann auch noch einen so ein hell leuchtenden!

Die Holodeckfolge Sherlock Data Holmes hat zwar zusammen mit Zeitsprung mit Q (übrigens eine thematisch völlig falsche Übersetzung) den Großteil des Budgets der Staffel aufgefressen – was ebenfalls die Qualität der ein oder anderen Folge erklärt -, aber sie ist einfach nur fantastisch. Und vor allem ist Datas Kampf gegen Sherlock Holmes‘ Nemesis James Moriarty durch und durch Star Trek, beschäftigt sie sich doch wie Wem gehört Data ein paar Episoden später mit dem Thema “Was ist eigentlich Leben?”. Und ja, Wem gehört Data ist ebenfalls eine richtig gute und vor allem einflussreiche Folge. Entsprechend cool ist es, dass sie auf die Blu-ray die erste Schnittfassung mit ca. 15 Minuten mehr Material gepackt haben. 1-2 Szenen sind zwar zu Recht in der finalen Version rausgeflogen (dass Pulaski erneut ein Arschloch zu Data ist, hats definitiv nicht gebraucht), aber die eigentliche Gerichtsverhandlung kommt in dieser Version definitiv mehr zur Geltung und die Reden haben mehr Gewicht.

Kraft des Zeitdrucks

Unterm Strich würde ich sagen sind die Tiefen in der zweiten Staffel tatsächlich tiefer als in der ersten. Folgen wie Die Thronfolgerin oder Hotel Royal kann man getrost vergessen. Gleichzeitig sind die Highlights aber genau das: Fantastische Folgen, die die Serie und ihre Charaktere auch langfristig weitergebracht haben. Der Zuschauer erlebt mehr von der klingonischen Kultur, lernt mehr über die Freizeitaktivitäten der Crewmitglieder (Stichwort: Pokerspiel), es wird ein neues Böses etabliert (die Borg) und man merkt trotz der Unstimmigkeiten in den Drehbüchern den Schauspielern an, dass sie so langsam in ihre jeweilige Rolle hineinfinden. Außerdem hat Riker endlich seinen Bart! Das allein entschädigt schon für so einiges :smile: .

Womit wir wieder bei der letzten Folge sind: Kraft der Träume. Die Prämisse an sich ist bereits ziemlich dämlich, aber für Raumschiff Enterprise-Veteranen (leider) nicht ganz so abwegig. Und zwar hat sich Riker mit irgendwas infiziert, dass seine Nervenbahnen angreift. Er droht zu sterben (was auch sonst). Die Lösung ist – wie sich herausstellt – simpel: Der fremde Organismus reagiert auf die Gefühle seines Wirts und wird schlussendlich ausgelöscht, als Riker ganz viele negative Emotionen durchlebt. Bis es allerdings soweit ist, verbringen wir 45 Minuten mit wenigen neuen Szenen, die wiederum fast ausschließlich auf der Krankenstation stattfinden mit Deanna Troi und Dr. Pulaski in den Hauptrollen. Vermischt sind diese mit reichlich Rückblenden zu Szenen mit Commander Riker aus vorherigen Folgen der zwei Staffeln.

Eine klassische Fillerfolge quasi, wie man sie aus so manchen Serien von damals kennt. Oft begründet damit, dass das Budget für nichts anderes mehr gereicht hat/für eine andere Folge aufgespart wurde. Das war aber mitunter nicht der einzige Hintergrund für die Entstehung solcher Folgen: Sie wurden tatsächlich sogar bewusst produziert. Damals war “Binge-Watching” schließlich noch nicht erfunden und wenn man eine Folge im Fernsehen verpasst hat, hatte man Pech gehabt. Entsprechend dienten solche Clip-Shows nicht nur dazu Geld zu sparen, sondern auch Inhalte aus älteren Episoden Zuschauern in Erinnerung zu rufen bzw. ihnen zu zeigen, was die Serie sonst noch so zu bieten hat und sie so dazu zu bringen nächste Woche wieder einzuschalten.

Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (Promobild)

Wie so oft macht diese Erkenntnis die Folge (und vergleichbare) nicht wirklich besser. Aber selbst unter den Clip-Shows ist Kraft der Träume mit das schlechteste, was ich je gesehen habe. Die zentralen Gründe dafür sind neben dem Drehbuch mal wieder beim Produktionschaos zu suchen, von dem die ersten drei Staffeln der Serie betroffen waren. Ursprünglich sollte Regisseur Rob Bowman fünf Tage für den Dreh zur Verfügung haben – was bereits auf der kürzeren Seite ist (normal waren 6-8 Tage). Tatsächlich bekam er nur drei, um alles abzudrehen. Entsprechend hektisch ging es zu, um alles in den Kasten zu bekommen und erklärt die schauspielerische “Qualität” der Folge (erneut ist die arme Marina Sirtis nicht zu beneiden). Die Clips aus den anderen Episoden wurden sogar erst im Nachgang von einer anderen Person ausgewählt. Bowman wird in Captain’s Logs: The Complete Trek Voyages* (ein wirklich sehr informatives Werk!) damit zitiert, dass er die finale Folge nie zu Gesicht bekommen hat! Was soll man da noch dazu sagen? Außer vielleicht: Einfach überspringen und direkt zur dritten Staffel übergehen. Man verpasst exakt null Komma nichts. Also außer ein paar Szenen mit Chief O’Brien, der hier überraschend viel zu tun hat.

Fazit

Es ist interessant, dass ich über die zweite Staffel mehr zu schimpfen habe als bei der ersten. Dabei ist sie im kollektiven Trekkie-Gedächtnis gefühlt die schlechtere. Hatte ich doch noch die rosarote Brille auf und/oder war einfach nur glücklich darüber endlich die Original-Crew hinter mir zu lassen? Ich denke der Grund liegt woanders. Und zwar war die erste Staffel nach den Startschwierigkeiten größtenteils einfach nur Durchschnitt. Wenige Highlights aber gleichzeitig wenig grottenschlechter Kram. Die zweite Staffel ist hingegen äußerst durchwachsen. Mit Tiefen, die wie geschrieben teilweise sehr tief sind. Und auf der anderen Seite mindestens ein halbes Dutzend Folgen, die ich zu den besten der gesamten Serie zähle. Und das macht sie vermutlich so frustrierend. Alle paar Episoden wird einem gezeigt, wie genial die neue Enterprise sein kann und dann wird man durch einen absoluten Rohrkrepierer wieder zurück in die Realität geholt.

Jetzt bleibe ich gespannt auf die dritte Staffel zurück. Das uns eins der besten Staffelfinalen ev4r erwartet, weiß ich noch. Aber der Rest? Mal schauen. Doch wie schon nach der zweiten Staffel, folgt jetzt erst einmal eine Anime-Pause. Und zwar ist vor kurzem endlich Evangelion: 3.0+1.11 Thrice Upon a Time* auf Blu-ray erschienen. Wem der unnötig komplizierte Titel nichts sagt: Es ist der Abschluss der Rebuild of Evangelion-Reihe. Und da wir die restlichen Filme zuletzt 2016 gesehen haben, “müssen” wir die vorher natürlich nochmal durchziehen, um unsere Erinnerung aufzufrischen. Wird es bei der verworrenen Geschichte irgendwas helfen? Garantiert nicht. Aber hey: Zumindest die ersten beiden waren trotzdem unterhaltsam.

PS: Die Crew Poker spielen zu lassen war übrigens eine produktionstechnische Entscheidung. Das Drehbuch sah ursprünglich vor, dass sie Data das Schwimmen beibringen. Kann ich mir durchaus als lustige Sache vorstellen. Aber allein schon Brent Spiner ein wasserfestes Ganzkörper-Makeup zu verpassen wäre eine echte Herausforderung geworden. Und obwohl sich die Autoren bewusst waren, dass Poker in einer geldlosen Gesellschaft keinen Sinn macht, haben sie sich wohl so sehr darüber amüsiert, dass sie es quasi als Insider-Witz beibehalten haben. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt.

PPS: Bei der Folge Die Iconia Sonde dachte ich zuerst (wegen dem Aussehen und der Funktion des Portals), die Crew wäre auf Überreste des Volks aus Portal in die Vergangenheit gestoßen und war entzückt ob des Rückbezug zur ursprünglichen Serie. Leider haben die Episoden überhaupt nichts mit einander zu tun.

Es ist schon eine Sauerei wie sehr Anime-Fans abgezogen werden. Das war ja früher bei den TV-Serien schon schlimm. Bei der deutschen DVD-Veröffentlichung wurden beispielsweise die Staffeln von JAG* in zwei Teile geteilt – und das nicht zum halben Preis! Deswegen habe ich dann angefangen ins Ausland zu schauen und mir die anständige Staffelbox aus England oder so importiert. War mir damals ja egal, ob da nur englische Sprachausgabe drauf ist. Mit Lysanda im Haus ist aber die Verfügbarkeit von Deutsch auf dem Medium wieder wichtiger geworden. Und damit kommen wir zu den Animes, wo die wenigen deutschen Publisher mitunter so dreist sind einfach nur vier Folgen auf die DVD/Blu-ray zu packen und dann 30€ oder mehr dafür zu verlangen. Von den Preisen für Filme zu Anime-Serien gar nicht erst anzufangen (ebenfalls >25€ aufwärts).

Digimon Adventure* auf Blu-ray hat mich beispielsweise 150€ (!) gekostet, aufgeteilt auf drei Boxen mit insgesamt 54 Folgen. Zum Glück gabs eine Rabatt-Aktion (Kauf 3, bezahl 2) – waren also am Ende “nur” 100€ für die Staffel. Und nein: Auf dem Gebrauchtmarkt ist tote Hose oder die Preise noch schlimmer. Zum einen, weil die deutschen Auflagen gefühlt extrem klein sind und scheinbar niemals etwas nachproduziert wird und zum anderen, weil Anime-Fans eher zum Sammeln neigen. Der Anime zu xxxHolic* ist beispielsweise die erste der drei Boxen der einzigen Staffel noch hin und wieder auf eBay & Co. (schweineteuer) zu bekommen. Aber die zweite? Nirgends! Als hätte es sie nie gegeben. Eine Neuauflage? Nicht in Sicht. In diesem konkreten Fall gibt es sie nicht einmal auf einem Streamingservice. Da braucht es die Lizenzinhaber nicht wirklich zu wundern, wenn man sich stattdessen in den Untergrund begibt. *kopfschüttel*

Aber heute geht es weder um Digimon Adventure noch xxxHolic. Stattdessen haben wir uns wie angekündigt mit magischen Mädchen beschäftigt. Und für alle, die es noch nicht wussten: Das ist sogar ein eigenes Anime-Genre und Sailor Moon ist der international wahrscheinlich bekannteste Vertreter davon.

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Puella Magi Madoka Magica* (2011, 12 Episoden, DV) – Madoka Kaname ist eine normale Schülerin, die auf eine japanische High School geht. Nichts wirklich Überraschendes, was Animes angeht. Allerdings träumt sie eines Tages etwas sehr Komisches (geht in Richtung Weltuntergang) und als sie dann in die Schule geht, wird eine neue Schülerin vorgestellt. Es ist Homura Akemi – die gleiche Person, die sie auch in ihrem Traum gesehen hat. Und um es noch surrealer zu machen, hört sie beim Besuch eines Musikladens nach der Schule zusammen mit ihrer Freundin Sayaka Miki plötzlich jemanden um Hilfe schreien.

Statt es wie ein vorbildlicher Bürger einfach zu ignorieren, gehen Sayaka und Madoka der Sache nach und treffen auf ein Wesen namens Kyubey, das von Homura gejagt wird. Ich bezeichne es immer als Katze, der Hände aus den Ohren wachsen. Das Wesen erzählt ihnen vom Kampf der Magical Girls gegen die Hexen. Die locken ahnungslose Menschen in ihren Bannkreis und…ja, fressen/absorbieren sie oder so. In der realen Welt äußert sich das durch das Verschwinden der Person oder haufenweise Suizide. Kyubey erklärt ihnen außerdem, dass sie mit ihm einen Pakt eingehen können, um einen Wunsch erfüllt zu bekommen. Einziger Knackpunkt: Sie werden dann ebenfalls zu Magical Girls und müssen ab sofort gegen die Hexen kämpfen. Ohne können sie aber auch nicht überleben, denn ihr Kristall oder was das sein soll, wird bei jeder Nutzung ihrer Kräfte immer trüber und nur der sogenannte “Grief Seed” (ein wirklich passend gewählter Name :wink: ) einer getöteten Hexe kann ihn wieder aufklaren. Was passiert, wenn der Kristall schwarz wird? Nun, das verrate ich an dieser Stelle nicht.

Warum auch immer hat die zurückgezogene Einzelkämpferin Homura aber massiv etwas dagegen, dass Madoka zu einem Magical Girl wird und versucht mit aller Macht sie daran zu hindern. Und Sayaka ist ebenfalls nicht Vollends davon überzeugt sich auf den Pakt einzulassen. Aber Sayakas und Madokas Interesse ist geweckt und sie begleiten Mami Tomoe, ein weiteres Magical Girl, bei ihrer nächtlichen Patrouille auf der Suche nach Hexen. Ihr erfahrt im Laufe der zwölf Folgen nicht nur die Wahrheit über die Magical Girls und wie sie damit umgehen, ihr erlebt auch wie die beiden Mädchen mit der Entscheidung hadern, was Homura zu verbergen hat und was das alles mit der besonders mächtigen Hexe namens Walpurgis zu tun hat. Das Finale ist nicht nur optisch bombastisch in Szene gesetzt, es ist absolut überraschend (aber konsequent!) und mehr als nur genial.

Beim Christoph meint: Von mir bekommt die Serie volle 5 von 5 Sics. Das ist der Vorteil von kurzen Staffeln: Es gibt keine Fillerepisoden, sondern jede Folge treibt die extrem spannende Geschichte voran. Es gibt keinen Stillstand und die Charaktere machen eine sichtbare Entwicklung durch. Action gibt es ebenfalls, die ist aber tatsächlich zweitrangig. Es sind die Charaktermomente, die mich auf meinem Stuhl nach vorne rücken lassen. Wie gehen Madoka und Sayaka mit dem um, was sie erleben? Wie ist Homura zu dem geworden, was sie ist. Und was hat es mit dem geheimnisvollen Kyubey auf sich? Anders als Sailor Moon ist Madoka kein verheultes, tollpatschiges Animemädchen und auch die Erzählung an sich ist angenehm erwachsen. Es werden interessante Themen angeschnitten und teils tiefgründige Fragen gestellt.

Und obwohl ich sie jetzt schon zum zweiten Mal geschaut habe, habe ich wieder mitgefiebert, neue Details entdeckt und möglicherweise die ein oder andere Träne vergossen (würde ich natürlich nie zugeben). Der einzige Negativpunkt ist und bleibt die Schriftart, die sie für die Namen der Hexen gewählt haben. Das kann kein Schwein lesen – schon gar nicht in der Millisekunde, in der er oft nur eingeblendet wird. Und Untertitel haben sie irgendwie auch später vergessen.

Erwähnenswert ist ansonsten noch, dass vor allem die Bannkreise der Hexen extrem surreal gestaltet sind (geht in Richtung Terry Gilliam) und der Soundtrack* ist der zweite überhaupt zu einer Anime-Serie, den ich mir geholt habe. Nummer 1 war übrigens Pandora Hearts*.

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Puella Magi Madoka Magica Der Film: Teil 3 – Rebellion* (2013, DV) – Die beiden vorherigen Filme sind nur eine (teils schlecht zusammengeschnittene) Zusammenfassung der ursprünglichen Serie. Es gibt zwar 1-2 Details, die verbessert wurden wie z.B. die Transformationssequenzen der Magical Girls und grundsätzlich die Animationen. Gleichzeitig wurden aber sehr wichtige Szenen (darunter Madokas Traum?!) einfach rausgeschnitten. Insofern: Vergesst, dass sie existieren und gönnt euch lieber die Serie. Mit rund 20 Minuten pro Folge, braucht ihr da auch nicht länger als die 240 Minuten, die die Filme dauern. Teil 3 hingegen setzt direkt an das Finale der Serie an. Hauptfigur ist dieses Mal Homura, die frisch an Madokas Schule ankommt (quasi der Beginn der Serie). Sie und ihre Freundinnen sind hier bereits Magical Girls und Homura ist die Neue im Bunde. Das kommt – trotz aller Zeitreisen – nicht nur dem Zuschauer komisch vor. Auch Homura dämmert nach und nach, dass hier etwas nicht stimmt. Diese Welt fühlt sich falsch an und sie beginnt der Sache auf den Grund zu gehen. Das Ergebnis ist ein fantastischer Twist und die dazugehörige Szene (ihre Konfrontation von Kyubey) ist der absolute Wahnsinn. Nicht so begeistert sind die Fans wohl über das Finale. Und ja, es lässt sich darüber streiten. Aber es passt perfekt zur bisherigen Geschichte und ist gleichzeitig ein guter Cliffhanger für den vierten Film, der nächstes Jahr in die (japanischen) Kinos kommt.

Beim Christoph meint: Auch dieses Machwerk bekommt die vollen 5 von 5 Sics von mir. Es setzt konsequent die Geschichte aus der Serie fort, ist fantastisch in Szene gesetzt (an die Busfahrt werde ich mich noch Jahre lang erinnern) und der Twist inkl. allem was danach kommt ist wie erwähnt absolut genial (inkl. einem erneut fantastischen Soundtrack). Ihn habe ich ebenfalls bereits zum zweiten Mal gesehen und trotzdem hatte er kein bisschen von seinem Reiz verloren. Stattdessen fiebere ich jetzt mehr als noch zuvor dem vierten Teil entgegen.

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Magia Record: Puella Magi Madoka Magica Side Story* (2020-2022, 25 Episoden [3 Staffeln], DV) – Der Vorteil, wenn die eigene Geschichte Zeitreisen enthält ist, dass man relativ gut parallele Erzählungen einbauen kann. Das sieht man auch an den unzähligen Mangas, die es mittlerweile zu Puella Magi Madoka Magica gibt und entweder in einer anderen Zeitepoche oder anderen Zeitlinie angesiedelt sind. Magia Record: Puella Magi Madoka Magica Side Story ist da nicht viel anders. Basierend auf dem gleichnamigen Handy-Rollenspiel (nur in Japan erhältlich), folgt ihr Iroha Tamaki. Sie ist bereits ein Magical Girl und wohnt wie die Protagonisten der ursprünglichen Serie in Mitakihara (eine fiktive, japanische Stadt).

Sie hört von einem Gerücht, dass Magical Girls in Kamihama City ihre Erlösung vom Zyklus finden werden (wer Serie/Filme kennt, weiß was gemeint ist). Gleichzeitig gibt es dort eine ungewöhnliche hohe Ansammlung von Hexen, die zudem auch noch stärker sind als die in Mitakihara während es in ihrer Heimatstadt gleichzeitig immer weniger Hexen gibt. Also macht sie sich dorthin auf und trifft dort auf einen kleinen Kyubey, der nicht sprechen kann. Dank ihm erinnert sie sich jedoch an ihre junge Schwester, die an einer schweren Krankheit litt. Also macht sie sich auf die Suche nach ihr und trifft dabei auf die Magical Girls von Mitakihara mit denen sie sich anfreundet. Geht mit ihnen haufenweisen Gerüchten auf den Grund, hinter denen sich Hexen und anderes verstecken. Kommt dabei einem ominösen Kult auf die Schliche und ja, Walpurgis ist erneut ein wichtiger Schlüssel im Ganzen. Auch die Hauptcharaktere der Serie tauchen auf und machen eine Entwicklung durch, der Fokus liegt aber ganz klar auf Iroha und ihrer vergessenen Schwester. Der ein oder andere wird sich vielleicht bei “Kult” und “Vergessen” seinen Teil denken. Ich dachte ebenfalls sehr schnell in diese Richtung, weil es so offensichtlich schien und ein klassisches Erzählelement ist. Entsprechend überrascht war ich vom Twist und das Finale war ebenfalls wieder gebührend episch.

Beim Christoph meint: Von mir gibt es 4 von 5 Sics. Nach der ersten Staffel hätte ich der Serie maximal drei Sics gegönnt, so langweilig fand ich sie. Zu viele Magical Girls, zu viele absolut langweilige Kämpfe gegen das “Monster der Woche”. Mit Start der zweiten Staffel sind aber endlich alle Schachfiguren an ihrem Platz und es geht erzählerisch steil bergauf. Der größere Fokus auf die Action bleibt zwar (inkl. einer über mehrere Episoden andauernde Schlacht am Ende), aber die Charaktere und ihre Erlebnisse rücken wieder stärker in den Vordergrund. Und spätestens in der dritten Staffel fällt jede Art der Zurückhaltung und es geht ab wie Schmitz Katze.

Unterm Strich hat mich die Erzählung zwar trotzdem nicht so mitgerissen wie Puella Magi Madoka Magica und auf die Hauptserie hat es faktisch keinerlei Einfluss (wäre auch komisch gewesen, wenn). Aber unterhaltend war der Ausflug nach Kamihama City definitiv. Insofern: Kein Pflichtprogramm wie die Hauptserie und der Film aber für Fans trotzdem eine nette Angelegenheit.

Half-Life (Herstellerbild)

Der Ego-Shooter-Meilenstein Half-Life feierte am gestrigen Sonntag seinen 25. Geburtstag. Auch, wenn auf Steam als Veröffentlichungsdatum der 9. November 1998 steht: Der offizielle Verkaufsstart war Donnerstag der 19. November 1998 – zumindest in Nordamerika. In Europa dauerte es noch ein paar Tage bis zum 27. November. In Deutschland wurde es dann im Dezember 1998 prompt indiziert und wir bekamen stattdessen im Laufe des Jahres 1999 die “tolle” Version mit den Robotern und den kopfschüttelnden Wissenschaftlern. Ja, wir sind alt. Ich weiß. Und pünktlich zum Geburtstag hat Valve ein dickes Update sowie eine einstündige Dokumentation rausgehauen. Das Update hat übrigens viele andere Titel, die auf der Gold-Source-Engine basieren (wie z.B. Counter-Strike oder Day of Defeat) und das dazugehörige Engine-Paket auf Steam nutzen, geschrottet. Da hat mal wieder jemand nicht mitgedacht. Immerhin ist die Lösung simpel: Einfach bei Half-Life im Reiter “Beta-Versionen” die Legacy-Fassung aktivieren. Dann ist zwar das Half-Life-Update nicht mehr da aber die Spiele laufen wenigstens.

Och ne…

Passenderweise habe ich letzte Woche eine andere Dokumentation geschaut, in der Half-Life ebenfalls eine etwas größere Rolle spielt. Und zwar: First Person Shooter: The Definitive FPS Documentary. Das ist einer dieser über Kickstarter-finanzierte Retro-Dokumentarfilme, über die ich bislang noch nichts wirklich Positives zu sagen hatte. Spoiler: Auch hier hätte ich mich wieder vom Hype nicht mitreißen und mir das Geld lieber sparen sollen.

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Die Versprechen sind vollmundig. Schon der Titel lehnt sich ja sehr weit aus dem Fenster. Und auf dem Papier hat sie auch einiges zu bieten. Angefangen beim allerersten FPS, Maze War, erwartet euch eine 4 1/2 Stunden andauernde Reise durch die Geschichte des First Person Shooters von damals bis in die “Neuzeit”. In Anführungszeichen, weil faktisch der letzte halbwegs groß Block die Halo-Trilogie ist. Es kommt dann noch ein bisschen was zu den frühen 2000er und ein Mini-Blick auf den heutigen Boomer Shooter-Trend. Aber das ist nicht viel mehr als ein Nebensatz. Von “Definitive” kann also absolut nicht die Rede sein.

Geworben wird mit “über 50 Spiele” und “mehr als 40 Interviewpartner”. Das bedeutet rein rechnerisch wäre für jeden Titel 5 1/2 Minuten Zeit. Das ist schon an sich ziemlich knapp bemessen aber erwartungsgemäß erfolgt eine gewisse Gewichtung. Von Minute 15 bis 51 geht es beispielsweise nur um den Aufstieg von id Software von Hovertank bis DOOM. GoldenEye 007 kommt auf 18 Minuten, über Half-Life wird elf Minuten berichtet und die Halo-Trilogie ist in acht Minuten abgefrühstückt. Dass man da bei vielen Titeln nicht wirklich ins Detail gehen kann, ist absehbar. Und das ist erst einmal okay. Nicht jedes Spiel ist eine tiefgründige Analyse wert.

Wir nehmen, was wir haben

Leider fehlte den Machern der Mut noch mehr Titel weg zu lassen und stattdessen anderen mehr Raum zu geben. Neben dem Versuch dem völlig übertriebenen Titel gerecht zu werden, lag das vermutlich auch an der Auswahl der Interviewpartner. So haben sie beispielsweise Tramell Isaac vor das Mikrofon gezerrt. Keine Angst, wenn euch der Name nichts sagt. Er hat zwar unter anderem bei Interplay als Grafiker an vielen ihrer erfolgreichen isometrischen Rollenspiele mitgearbeitet aber insgesamt – so hart es klingt – ist er ein kleines, unbedeutendes Licht. Aber man hatte ihn halt und deswegen musste man unbedingt auch noch ein 1-2 Minuten über die beiden PlanetSide-Titel einbauen, bei dem er der Art Director war. Infogehalt? Kleiner gleich Null.

Und von der Art sind ein paar Kandidaten zu sehen, wo ich mich ehrlich fragte, was die hier suchen. Der australische YouTuber G-Man Lives ist für mich beispielsweise keine wirkliche Autorität im Bereich der Ego-Shooter und Lauren Bleszinski ist garantiert auch nur mit reingerutscht, weil die Filmemacher sowieso wegen ihrem Ehemann Cliff im Haus waren und sie früher mal ein bisschen professionell Counter-Strike gespielt hat (konnte leider keine nennenswerten Erfolge von ihr finden). Das wiederum kommt aber nicht zur Geltung, weil trotz mehreren eSportlern als Interviewpartnern das Thema in fünf Minuten durch ist. Und tut mir leid aber John St. John (die Stimme von Duke Nukem) hatte ebenfalls überhaupt nichts Interessantes zu irgendwas beizutragen. Randy Pitchford hingegen hat zwar einiges zu erzählen, aber die vier Minuten Marketing für Borderlands sind faktisch nur deshalb noch mit reingerutscht. Ja, ich nenne es Marketing. Denn eine tiefgründige Besprechung oder gar Einordnung findet nicht statt.

FPS: The Definitive FPS Documentary (Promobild)

Die tatsächlich wichtigen Personen sind dagegen entweder erst gar nicht dabei (z.B. von Valve ein Gabe Newell) oder haben einen sehr geringen Redeanteil. So steht John Carmack in der Liste zwar ganz weit oben. Tatsächlich zu sehen ist er nicht einmal eine Minute. Andere werden hingegen gefühlt gezwungen irgendetwas zu einem Titel zu sagen mit dem sie nichts zu tun hatten – somit erneut ohne einen echten Mehrwert. Ja, ne so nicht.

Beim Christoph meint: Von mir gibt’s 2 von 5 Sics. Und den zweiten Sic auch nur, weil die erste Stunde durchaus vielversprechend anfängt. Hier nimmt sich der Film noch die Zeit die Meilensteine halbwegs ausführlich zu besprechen und die richtigen Leute zu Wort kommen zu lassen (die alte id-Garde ist fast vollständig vertreten). Aber ab dann geht es relativ steil bergab. Es erwarten euch oft nur äußerst oberflächliche Betrachtungen der einzelnen Titel und mitunter nicht einmal eine richtige Einordnung, warum gerade dieses Spiel so wichtig/einflussreich war. Stattdessen viel belangloser Kram mit O-Tönen von Leuten, die dazu eigentlich nichts zu sagen haben. Wenn wenigstens auf der Blu-ray die vollständigen Interviews enthalten wären. Aber nein, die bleiben euch vorenthalten.

Am Ende blieb ich durchaus wütend ob der verschwendeten Zeit zurück. Inhaltlich bietet die Dokumentation einfach nur einen sehr geringen Mehrwert und ist weder spannend erzählt noch optisch ansprechend (es werden sogar Spielszenen häufig wiederholt…). Weder für Genre-Veteranen und aus meiner Sicht noch nicht einmal für Neueinsteiger geeignet. Dafür wird gefühlt zu viel Vorwissen vorausgesetzt. Daraus speist sich vermutlich auch der Hype der Retro-Community. Von wegen “geil, mein Lieblingsspiel/mein Lieblingsentwickler ist dabei”. Dass da am Ende nicht viel hinter ist, scheint bei dieser Art von Dokumentation irgendwie aus ihrer Sicht nicht wichtig zu sein. Insofern kann ich nur sagen: Finger weg von diesem Machwerk.

Wollt ihr euch wirklich ernsthaft mit der Geschichte der Ego-Shooter befassen, gibt es weit bessere und fokussiertere Sachen. RetroAhoys fantastisches (wobei alle seine Videos genial sind) Werk zu DOOM beispielsweise oder eben Valves neue Dokumentation zur Entwicklung von Half-Life. Und wenn es Wörter auf toten Bäumen sein sollen, dann wäre beispielsweise die Pflichtlektüre Masters of Doom* von David Kushner oder auch Rocket Jump: Quake and the Golden Age of First-Person-Shooters* zu nennen. Letzteres ist paradoxerweise vom Hauptautor der Dokumentation, David L. Craddock. Er weiß es also theoretisch besser :smile: .

 

Ein wenig Nostalgie

25 Jahre Half-Life also. Ich habe es damals tatsächlich auch relativ früh nach Release gespielt. Fragt mich nicht, woher ich die Raubkopie hatte. Möglicherweise war Maverick der Urheber. Mittlerweile steht selbstverständlich die alte Eurobox im Regal. Und obwohl unser damals schon zwei Jahre alter Intel Pentium 133 Mhz massiv mit dem Titel zu kämpfen hatte (Half-Life: Opposing Force lief dann überhaupt nicht mehr), habe ich ihn trotz durchgängig weniger als 30fps zügig durchgespielt und mich sogar so einige Dutzend Stunden im (Deathmatch-)Multiplayer unter anderem mit Maverick & Co. vergnügt. Noch mehr dann mit den populären Mods wie Counter-Strike oder Day of Defeat. Allerdings nicht Team Fortress Classic. Das ist mir damals wie heute zu kompliziert :tongue: .

Half-Life (Herstellerbild)

Und seitdem habe ich es ebenfalls noch ein paar durchgespielt. Zuletzt meines Wissens 2012, als mich Max Payne 3 ziemlich enttäuscht zurückgelassen hat und ich auf der Suche nach was Anständigem war. Und ja, Valves Meisterwerk ist – zumindest bis es nach Xen geht – bis heute ein richtig guter Shooter. Für mich sogar besser als der “ich schieße mit Plastikknarren”-Nachfolger Half-Life 2. Mittlerweile kann ihn trotzdem nicht mehr sehen :smile: . Zu oft gespielt, zu viel drüber gesehen und gelesen und sowieso schon alles verschlungen, was es an offiziell Spielbarem dazu gibt. Entsprechend habe ich es zwar dank des Updates nochmal kurz installiert und mal wieder Half-Life: Uplink (die Demo) sowie eine halbe Stunde Deathmatch (so chaotisch wie eh und je) gespielt. Aber das war dann auch schon wieder genug Nostalgie für mich. Das ist wohl der Nachteil eines story-lastigen Spiels. Da ist irgendwann einfach mal die Luft raus, wenn man die Geschichte schon so oft erlebt hat und fast schon im Schlaf durch die Level geht. Wobei ich Lands of Lore: The Throne of Chaos immer noch gerne zocke. Liegt also vielleicht doch nur an Half-Life

Aber wenn ihr es bis heute nicht gespielt habt: Unbedingt nachholen! Und wenn ihr es tatsächlich noch nicht besitzt: Es ist anlässlich des Geburtstags mal wieder kostenlos zu haben. Und da es seit 2017 nicht mehr indiziert ist, bekommt ihr sogar die ungeschnittene Version. Zum Verfassungszeitpunkt spielen es mehr als 33.000 Leute auf Steam. Ihr wärt also keineswegs alleine!

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