Das Anschauungsmaterial

September 2023 waren Lysanda und ich mit dem Konsum von „Old Trek” fertig. Im verlinkten Eintrag schrieb ich damals vollmundig folgenden Satz:

Star Trek VI: Das unentdeckte Land* – Für mich der zweitbeste Star-Trek-Film aller Zeiten (nach Star Trek: Der erste Kontakt*) […]

Nun flimmerte der Abspann von Star Trek: Nemesis* über den Fernseher und ich bin in einer leichten Sinnkrise. Also schon davor, aber jetzt wo ich aktiv diesen Eintrag tippe, muss ich mich ihr endgültig stellen und sie lösen. Es hat mir glaube ich schon lange kein Eintrag mehr so viele Schwierigkeiten bereitet ihn aufs Papier zu bringen…

Nein, keine Angst: Ich stelle mich hier jetzt nicht hin und behaupte Star Trek: Nemesis wäre der beste Film der Picard-Ära. Aber ich muss ehrlich sagen, dass Star Trek: Der erste Kontakt nicht mehr mein absoluter Liebling ist und ich Star Trek VI: Das unentdeckte Land stattdessen auf Position 1 der Gesamtliste sehe. Schlimmer noch: Meine komplette Top 3 der ersten zehn Star-Trek-Kinofilme ist mittlerweile belegt von Kirks Crew. Und nein, Nr. 8 kommt auch nicht auf Platz 4. Ihr versteht also, wo mein Dilemma ist – und es wird noch schlimmer.

Die 90s Trek-Filme

Werfen wir einmal einen Blick auf die Werke mit der neuen Enterprise. Erneut nicht in der chronologischen Reihenfolge, sondern in meinem persönlichen Ranking. Und ja, ich bin mir bewusst, dass ich mir mit der folgenden Auflistung bei dem ein oder anderen ganz schön in die Nesseln setze :wink: . Geschaut haben wir die Blu-ray-Fassungen aus der alten Stardate Collection* mit deutscher Tonspur. Aber im Gegensatz zu den Kirk-Filmen, gibt es in der Picard-Ära sowieso keine Director’s Cut-Fassungen. Und der deutsche Übersetzungsfehler in Star Trek: Der Aufstand wurde auch nie gefixt.

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1. Star Trek: Der Aufstand* – Ich glaube für keinen Star-Trek-Film gibt es so viele „Was wäre gewesen, wenn”-Szenarien, wie für dieses Machwerk. Unzählige Ideen wurden durchgeackert, bevor wir bei der illegalen Umsiedelungsaktion der Ba’ku durch die Son’a gelandet sind. Darunter auch eine Variante mit einem Klon von Picard – das haben sie dann für Teil 10 aus der Schublade gezogen. Das Ergebnis könnte man inhaltlich mehr als eine Doppelfolge der Serie ansehen und ist nicht sonderlich bombastisch. Aber ich glaube das ist der Hauptgrund, warum er mir (überraschenderweise) so gefällt. Es gibt keine riesige Bedrohung, sondern einfach nur ein lokaler Konflikt bei dem unsere Crew die Helden spielen und die Ideale der Föderation verteidigen kann. Ist er perfekt? Absolut nicht. Und länger drüber nachdenken darf man ebenfalls nicht (vor allem der Twist… :roll: ). Aber er ist unterm Strich ein besonnener, leicht amüsanter Film, der etwas Romantik und eine Prise Action zu bieten hat – das reicht für unterhaltsame 100 Minuten.

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2. Star Trek: Der erste Kontakt* – Ich hab‘ mich echt schwergetan. Und so richtig glücklich bin ich mit dem Ergebnis immer noch nicht. So stand er im ersten Entwurf sogar an 3. Stelle hinter dem 7. Film. Vielleicht gehört er da sogar weiter hin und ich habe ihn nur aus schlechtem Gewissen heraus vorgezogen? Fakt ist: Ich muss einfach eingestehen, dass mir der (auch von mir) vielgelobte 8. Film dieses Mal nicht mehr so gut gefallen hat.

Dabei ist glaube ich ein großer Faktor, dass meine Beziehung zu Sir Patrick Stewart sich gewandelt hat und ich ihn und seine Arbeit bei Star Trek mittlerweile in einem etwas anderen Licht sehe. Er ist für mich weiterhin ein hervorragender Schauspieler, keine Frage. Aber mit seinem Verständnis davon wer Captain Picard ist, konnte ich mit fortschreitendem Konsum sowohl der Serie und Filme, als auch den Sachen, die hinter den Kulissen passiert sind, irgendwie immer weniger anfangen. Ja, ein guter Schauspieler kennt seinen Charakter, prägt ihn, macht ihn sich zu eigen. Wenn ich jedoch eins durch die Recherche für meine Star-Trek-Einträge gelernt habe, dann das speziell unser Liebling schon während der Serie anfing ziemlich von sich überzeugt zu sein. Von wegen „Ich bin der Einzige, der weiß wer Picard ist”. Und Stewarts Einfluss ist hier ganz klar spürbar mit einem Picard, der durch und durch einem Action-Helden entspricht statt unserem liebgewonnenen Captain. Dass er von der Erfahrung mal Borg gewesen zu sein heftig traumatisiert ist und vielleicht sogar auf Rache sinnt? Geschenkt. Aber die Umsetzung finde ich nicht so recht gelungen und schon gar nicht glaubwürdig.

Dann wäre da natürlich die ganze Sache mit der Borgkönigin. Ich verstehe es ja, dass es einfacher ist einen Feind als Person auf der großen Leinwand zu zeigen statt ein unmenschliches Konstrukts als das ultimative Böse darzustellen. Aber für mich hat diese Entwicklung trotz Alice Kriges hervorragender Darstellung einfach einen faden Beigeschmack. Ihre komische Sonderbehandlung für Data ist da nur das unrühmliche Tüpfelchen auf dem i, wie man so schön sagt. Immerhin waren sie bei Star Trek: Voyager so konsequent diesen komischen Aspekt beizubehalten. Für Star Trek: Der erste Kontakt ist mein Fazit hingegen: Actionreich, optisch ansprechend (vor allem natürlich die schnittige Enterprise E) und der ein oder andere Fanservice – inkl. tatsächlichen Auswirkungen auf die weitere Zeitlinie. Aber inhaltlich irgendwie ziemlich leer mit einem für mich leider echt unsympathischen Hauptcharakter.

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3. Star Trek: Treffen der Generationen* – Leonard Nimoy wurde angeboten sowohl in den Regiestuhl zurückzukehren als auch mit zu spielen (wie alle alten Charaktere – die meisten lehnten aber ab vor allem, weil Nimoy nicht wollte). Aber er ihm passte (verständlicherweise) das Drehbuch einfach nicht. Beispielsweise fand er, dass die ganze Sache mit Data und seinem Emotionschip nicht wirklich in die Geschichte integriert war. Wo ich ihm definitiv zustimme. Und auch sonst ließ er kein gutes Haar am Werk. Er stellte sogar Shatners Star Trek V: Am Rande des Universums über dieses Machwerk. Aber aufgrund von Zeitdruck (leider nichts Neues bei Star Trek in den 90igern) waren Änderungen angeblich nicht mehr möglich. Die Produktion hatte einen festen Beginn, weil anschließend die Sets für Star Trek: Voyager gebaut werden mussten. Und so wichtig war Paramount Nimoys Beteiligung scheinbar nicht. Gleichzeitig war das Budget vergleichsweise übersichtlich und die Produktion startete sofort nach dem Ende der Serie. Insofern verwundert es nicht, dass auch dieser Film mehr wie eine Doppelfolge wirkt – in diesem Fall sogar optisch. Außer, dass alles irgendwie dunkler ist und wir eine neue Lokation an Bord der Enterprise D sehen (quasi die Vorstufe von 7 of 9s astrometrisches Labor), ist doch das meiste auf Niveau der Serie.

Und ja, die Geschichte rund um Soran (Malcom McDowell, der wie immer seine Rolle gut macht) und den Nexus hat so viele Löcher und unlogische Entscheidungen, dass einem Vulkanier vermutlich der Kopf explodiert. Wie ich aber schon im Eintrag zur letzten Voyager-Staffel geschrieben hatte: Für mich war der Film tatsächlich das richtige Ende der Serie – trotz komischer Zeit-/Dimensionsreisen. Quasi nochmal ein großes Abenteuer der alten Schule für die alte Dame namens Enterprise D, bevor sie in den endgültigen Ruhestand geschickt wird – und mit ihr quasi auch in gewisser Art und Weise die bekannte Seriencrew (siehe den 8. Film).

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4. Star Trek: Nemesis* – Der Film vom Regisseur, der sich damit rühmte noch nie Star Trek gesehen zu haben. Wobei das Drehbuch jetzt ebenfalls nicht so der Brüller war. Zwar ist es nicht weiter abwegig, dass die Romulaner einen Klon von Picard züchten. Und endlich mal diese Seite der Galaxie in den Fokus zu stellen war auf dem Papier ebenfalls eine coole Sache. Aber daraus dann eine pseudo-philosophische Abhandlung von wegen „wie sehr prägen uns unsere Erfahrungen”? Ja, ne dat hat ned so rescht gefunzt. Tom Hardy tut einem echt leid. Zum Glück hat es seiner Karriere nicht geschadet. Und die ganze Sache mit B-4 ist ähnlich bescheuert. Aber ich weiß: Man brauchte ja ein Backup von Data für später.

Das Ergebnis hat entsprechend nur vereinzelt ein paar gute Momente wie die Senatsszene zu Beginn sowie die aus meiner Sicht beste Raumschlacht von allen Star Trek-Filmen. Aber der Rest ist größtenteils einfach nur absoluter Mist – vor allem, weil Star Trek draufsteht. Der misslungene Versuch Tom Hardy als einen jüngeren Sir Patrick Stewart zu verkaufen (inkl. Widersprüchen zur Serie). Die Buggy-Fahrt, die die oberste Direktive vollumfänglich verletzt. Der Nottransporter, von dem es warum auch immer nur einen gibt. Die bescheuerte und völlig sinnfreie, geistige Vergewaltigung von Troi. Datas nicht wirklich heroisch inszenierter Tod. Dr. Crushers große Abstinenz. Ja, man muss sich echt nicht wundern, dass der an den Kassen floppte und damit erstmal jede Star-Trek-Kinozukunft gestorben war.

Die Gesamtübersicht

Im Vergleich zu den ersten sechs Star-Trek-Filmen, fehlt mir zusammengefasst bei 7-10 glaube ich einfach das Herz. Kirks Crew war in der Serie relativ blass. In den Filmen hingegen blühten vor allem Kirk, Spock und McCoy so richtig auf. Sie wurden sympathischer und menschlicher und die Geschichten so interessanter und mitreißender. Bei der nächsten Generation hingegen? Übertrieben gesagt dreht sich alles nur um Picard. Die anderen sind nebensächlich. Und unser Captain selbst entwickelt sich in der Zeit nur immer weiter zu einem action-besessenen Haudrauf. Weg von seinen besonnenen, Diplomatie-orientierten Handeln im Sinne der Menschheit. Und das ist irgendwie… doof. Dass die Geschichten selbst nicht so der Brüller sind, macht es logischerweise nicht besser.

Meine Gesamtrangliste der „alten” Star-Trek-Filme sieht entsprechend so aus:

Platz 1: Star Trek VI: Das unentdeckte Land*
Platz 2: Star Trek II: Der Zorn des Khan*
Platz 3: Star Trek III: Die Suche nach Spock*
Platz 4: Star Trek: Der Aufstand*
Platz 6: Star Trek: Der erste Kontakt*
Platz 5: Star Trek: Treffen der Generationen*
Platz 7: Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart*
Platz 8: Star Trek: Nemesis*
Platz 9: Star Trek: Der Film*
Platz 10: Star Trek V: Am Rande des Universums*

Jetzt ist es aber mal genug mit 90s Trek. Als nächstes geht es ins nächste Jahrtausend mit Star Trek: Enterprise – allerdings mit einer längeren Pause dazwischen. Neben Anime (Die Königin der tausend Jahre*), haben sich vor allem so einige interessante Filme (John Wick: Kapitel 4*, Dune*) im Regal gestapelt, die wir zu Gunsten von Star Trek erst einmal ignoriert haben. Wird also mal Zeit die nachzuholen, bevor es wieder weitergeht in den unendlichen Weiten des Weltraums.

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Das war’s also. Ein letztes Mal flimmerte der Abspann über unseren Fernseher und 172 Folgen Star Trek: Voyager* liegen hinter Lysanda und mir. Hat keine sechs Monate gedauert. Ging also zügiger als bei Sisko und Picard. Aber tatsächlich nicht, weil wir die Serie so schnell wie möglich hinter uns bringen wollten. Im Gegenteil: Die Abenteuer von Janeway und ihrer Crew im Delta-Quadranten blieben bis zum Ende hin überraschend kurzweilig. Keine Anime-Pause oder ähnliches nötig gewesen (die kommt jetzt erst). Allerdings ist das dann auch schon das erste Fazit für die gesamte Serie: Unterhaltsam, aber insgesamt ziemlich vergesslich. Gab nur wenige Sachen, wo ich dachte “ah ja, das ist die Folge!”. Und echte Höhepunkte – vor allem solche, die an die besten Folgen von Star Trek: Deep Space Nine und Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert rankommen – gab es aus meiner Sicht ebenfalls nur sehr sehr wenige.

Überraschungen

Gleichzeitig muss ich der Serie aber auch zugestehen, dass ich sie definitiv falsch in Erinnerung hatte. Ich weiß nicht, ob der (in diesem Fall negative) Einfluss des Internets der Grund war oder ich einfach in den letzten 15 Jahren reifer geworden bin – vermutlich ist es ein Mix aus beidem. Viele Sachen, die ich zu Beginn der Reise extrem negativ im Kopf hatte, traten auf jeden Fall am Ende faktisch so nicht ein. Nehmen wir beispielsweise die Sache mit den Borg. In meinem Kopf hatte die Voyager ab Staffel 4 quasi ständig mit ihnen zu tun und sie waren am Ende total ausgelutscht. Tatsächlich waren es überraschend wenige Folgen und ich bin nicht mit einem Gefühl des Überdrusses zurückgeblieben. Also zumindest was die Menge angeht. Die Behandlung der Borg im Finale… da kommen wir noch dazu.

Auch Neelix und Kes waren bei mir mit äußerst negativen Emotionen belegt. Bei Neelix hat sich diese Einstellung schon nach der ersten Staffel angefangen zu ändern. Jetzt nach dem Ende bin ich zwar immer noch kein absoluter Fan von ihm (speziell der ganze Eifersuchtskram zu Beginn war meist einfach nur dämlich). Aber unterm Strich war er definitiv ein brauchbarer Charakter – der jetzt im Delta-Quadranten hockt und sich wundert, warum 7 of 9 ihn nicht mehr zurückruft. Zumindest scheint es nicht so, als hätte ihm irgendjemand Bescheid gesagt? Unwichtige Details, ich weiß :smile: .

Kes hingegen hätte einen bessern Abschluss verdient und ihre kurzzeitige Rückkehr in Voller Wut war einfach nur bescheuert. Aber sie und ihre telepathischen Fähigkeiten wurden definitiv im Laufe der drei Staffeln besser eingesetzt als es bei Deanna Troi jemals der Fall war. Nein, ich freue mich nicht auf den Teil von Star Trek: Nemesis. Ich hoffe in Star Trek: Picard wird sie nicht auch noch irgendwie geistig vergewaltigt. Und vor allem war Kes ein gelungener und wichtiger Partner für den Doktor, der seinen Charakter große Schritte voran gebracht hat.

Die letzte Staffel

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Die Kernprobleme der Serie blieben indes bis zum Schluss vorhanden. Größtenteils zweidimensionale Charaktere, die hinter ihrem Potential zurückblieben und mich dementsprechend ziemlich kalt lassen und die große Konsequenzlosigkeit von fast allem was passiert, weil wir trotz “wir wollen eigentlich nach Hause” nur im Einzelepisodenmodus unterwegs sind.

Immerhin: Die Autoren haben in Staffel 7 versucht ein paar Stränge aufzugreifen und abzuschließen. Der Abschied von Neelix in Eine Heimstätte ist beispielsweise grundsätzlich gelungen – wenn man mal von dem ganzen Entfernungsthema absieht. Gefühlt ist der Delta-Quadrant echt nur ein paar Quadratmeter groß. Die Doppelfolge Fleisch und Blut ist hingegen zum einen eine starke Episode zum Thema “Wie real sind Hologramme?”, zum anderen aber auch ein schöner Einblick in die möglichen Konsequenzen, die das Teilen von Technologie haben kann und warum die oberste Direktive so wichtig ist. Friendship One bläst dahingehend in das gleiche Horn.

Apropos Hologramme: Mit Die Veröffentlichung wollten die Autoren ganz klar in die Fußstapfen von Wem gehört Data? treten. In diesem Fall ging es um die rechtliche Einstufung des Doktors – also einem Hologramm und kein Androide. Leider ist dieser Part der Geschichte dazu verdammt die B-Story zu sein. Stattdessen liegt der Fokus hauptsächlich darauf zu zeigen wie absurd/amüsant der Holoroman ist. Das ist zwar ganz nett, aber halt nichts Tiefgründiges – was man ebenfalls zur letzten Q-Folge, Q2, sagen kann. Deswegen erwähne ich lieber noch ein paar Highlights der Staffel:

  • Die Leere – An sich eine vorhersehbare Folge. Die Voyager landet buchstäblich im Nirgendwo, trifft auf jemanden der sich später als feindlich rausstellt und am Ende schaffen sie es zu entkommen. Aber wie Janeway hier die Ideale der Föderation vertritt und ad-hoc quasi einen Ableger gründet, ist durch und durch Star Trek und wirklich gut umgesetzt.
  • Reue – Diese Folge hat speziell Lysanda beschäftigt. Bei der NeuroGraphik geht es schließlich darum Verbindungen im Gehirn neu zu ordnen und so aus alten Zwängen auszubrechen. Entsprechend war die Verwandlung des Nygeaners, dessen Gehirn dank 7 of 9s Nanosonden repariert wird, ein sehr interessantes Thema. Aber auch sonst ist die Folge grundsätzlich gelungen und hält unserer Gesellschaft mal wieder den Spiegel vor, ohne gleich die Moralkeule zu schwingen oder eine richtige Lösung zu präsentieren.
  • Arbeiterschaft – Lysanda stellt die Frage, ob das was der Voyager-Crew da passiert ist eigentlich wirklich so schlimm war. Janeway tut natürlich ohne zu zögern ab, dass es ihr nicht doch ein wenig gefallen hat. Ganz der Captain versteht sich, der auf immer und ewig allein sein muss. Aber offensichtlich ging es der Crew ganz gut und sie war glücklich. Insofern lassen sich zwar moralisch und ethisch die Aktionen des bösen Doktors nicht verteidigen. Aber es bleibt im Hinterkopf doch der Gedanke, ob das wirklich alles so schlimm war.
  • Der Renaissancemensch – Der Doktor in Höchstform. Endlich mal, könnte man sogar sagen. Er nutzt sein volles Potential als Hologramm aus (=verwandelt sich in verschiedene Crewmitglieder) und tut damit das einzige, was für ihn wichtig ist: Das Wohl der Voyager und ihres Captains sicherstellen. Dass seine Aktionen dahingehend etwas fehlgeleitet sind… geschenkt. Immerhin war es amüsant.

Das Finale

Kommen wir jetzt noch zum Abschluss der Serie – genannt Endspiel. Die hochgelobte letzte Folge von Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert hat mir bekanntlich nicht ganz so gut gefallen. Für mich ist der Abschluss der Serie tatsächlich Star Trek: Treffen der Generationen. Und obwohl es klar besser war, schaffte selbst das Finale von Star Trek: Deep Space Nine nicht die volle Punktlandung. Das Ende von Star Trek: Voyager hingegen schießt zwar nicht ganz so stark den Vogel ab wie das von Star Trek: Enterprise. Aber wirklich gelungen war es für mich ebenfalls nicht. Das hat unter anderem folgende Gründe:

  • Völlig überraschend – Das Ende kommt aus dem Nichts. Keine wirkliche Vorbereitung in den vorherigen Folgen darauf, sondern einfach “Nebel da, schon Zuhause”. Oder ganz übertrieben gesagt: Wäre es die zweite Folge der Serie gewesen, es hätte keinen Unterschied gemacht.
  • Deus Ex Machina – Die Voyager kommt dank einer Zeitreise nach Hause. Wie lahm ist das denn? Und natürlich klappt alles perfekt. Sowohl die Borg werden dezimiert als auch das Transwarptunnelsystem zerstört und die Voyager kommt unversehrt daheim an. Ja sind wir denn bei “Wünsch dir was”?! Sie hätten stattdessen den Fürsorger wieder rausholen sollen, das wäre wenigstens glaubwürdig und passend zur Serie gewesen.
  • 7 of 9 und Chakotay – Warum? WARUM? Ja, es ist Janeways fragwürdige Motivation in die Vergangenheit zu reisen. Aber warum muss man krampfhaft die zwei noch versuchen zu verkuppeln? So absolut dämlich und fremdschämend umgesetzt. Dass sie es in den vorherigen Folgen zumindest ansatzweise versucht haben vorzubereiten, machte es nicht besser.
  • Die Borg – In der Folge sind mehr Unstimmigkeiten als in einen Eintrag passen. Transwarptunnel? Okay, kennen wir. Transwarptunnel, die buchstäblich bis zur Haustüre im Alphaquadranten gehen?! Wie bitte? Da wäre die Menschheit doch schon 10mal assimiliert worden. Und ja, wir machen einen Zeitsprung von zwei Jahrzehnten, aber plötzlich hat die Föderation magische Rüstungen und Wundertorpedos, welche die Borg völlig ohne Gegenwehr ausschalten? Und dann noch dieser Fakeout wo sich die Voyager im Borgschiff versteckt. Da komme ich echt nicht mehr aus dem Kopfschütteln raus.
  • Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

    Captain Janeway – Das Gegenspiel von alter und neuer Janeway ist wirklich gelungen. Aber das Verhalten der alten Janeway macht echt vorne und hinten keinerlei Sinn. Nur wegen 7 of 9 verstößt sie massiv gegen die temporären Regeln und zerstört die (offensichtlich glücklichen) Leben von vielen, vielen Leuten (inkl. ihrer Crew)? Ne, das hat halbwegs zu Kim gepasst. Aber der hatte das ja schon hinter sich. Bei Janeway hingegen? Ziemlich unglaubwürdig.

  • Kein Abschluss – Ja, wir sehen am Anfang die Voyager über die Golden-Gate-Brücke fliegen und bekommen einen kleinen Einblick in die mögliche Zukunft der Crew. Aber sie ist halt genau das: Nur eine mögliche Zukunft. Ein richtiges Ende? Gibt es nicht. Nach der Aktion kommt innerhalb von buchstäblich einer Minute der Abspann. Kein Fuß wird auf die Erde gesetzt. Kein echter Abschied von den Crewmitgliedern. “Da krisch Plack!”, wie es Neudeutsch heißt!

Ja, ich stimme unserem Azzkickr voll zu: Ich verstehe nicht, wie die Episode so hohe Bewertungen bekommen hat. Dass die Voyager nach Hause kommt war klar und ist gut – aber die Art und Weise war echt schlecht umgesetzt. Da hätte man lieber ein paar Episoden Vorbereitungen treffen, dann einen fetten Cliffhanger setzen und dann einen Film als echtes Finale hinterherschieben sollen.

Epilog

Bleibt mir zum Abschluss nur übrig noch kurz das Wort an Lysanda abzugeben:

Ich persönlich konnte mit Janeway als Captain immer noch am meisten anfangen. Weder Picard noch Sisko waren so wirklich mein Fall – das gilt auch für die Serie an sich. Sie war besser als alles, was wir bislang an Star Trek geschaut haben, was ganz klar an der Crew lag. Allein schon der höhere Frauenanteil, die zudem tatsächlich Verantwortung trugen. Ein weiterer Faktor ist aber auch, dass ich von Star Trek: Voyager in meiner Jugend geprägt worden bin. Quasi wie bei Azzkickr, der ja ebenfalls ein spezielles Verhältnis zu Picard und seiner Crew deswegen hat. Ansonsten war der Doktor definitiv der beste Charakter und man hätte noch mehr aus ihm machen können – vor allem mal ein Backup! 

Als nächstes steht jetzt Star Trek: Nemesis an – inkl. meinem anschließenden Eintrag über alle Filme mit der Picard-Crew. So viel schon einmal vorweg: Auch hier hat sich meine Meinung stark verändert.

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Was soll’s – bringen wir es einfach gleich hinter uns. Hat ja keinen Sinn es künstlich hinaus zu zögern. Okay, das klang jetzt etwas negativer als ich es gemeint habe :smile: . Ich beziehe mich damit auf die aktuelle Realität hier auf Beim Christoph – besser bekannt als ein weiterer deutscher Star-Trek-Watch-A-Long-Blog (Working Title).

Seit bald zwei Jahren arbeite ich mich mittlerweile schon zusammen mit Lysanda durch die Serien und berichte euch ziemlich ausführlich darüber. Nein, das war anfangs definitiv nicht so geplant. Aber wie so oft bei meinen Texten, hat es sich halt so ergeben und jetzt ziehen wir das bis zum bitteren Ende durch! :tongue: Mit dem Ergebnis, dass es relativ häufig Einträge dazu gibt.

Ich habe hier und da versucht sie etwas zu strecken, also sie möglichst nicht direkt hintereinander zu bringen. Aber da wir trotzdem immer noch fast täglich eine Folge schauen, haben sich gerne meine Erinnerungen an die letzte mit der aktuellen Staffel vermischt. Das war dann jedes Mal einiges an Aufwand das in meinem Gehirn wieder auseinander zu puzzeln. Deswegen reden wir – ohne jedwede Rücksicht auf eure Gefühle! – heute einfach direkt über die 6. Staffel von Star Trek: Voyager*. Schließlich flimmerte zum Verfassungszeitpunkt bereits der Einstieg zur 7. und letzten Staffel über unseren Fernseher. Mal schauen, ob ich etwas positiver gestimmt bin als noch bei der 5. Staffel

Back to the Roots

Bevor ich irgendetwas positives schreiben kann, muss ich allerdings erst einmal das gefühlt nutzloseste Stück Dialog in der gesamten Serie erwähnen. Und zwar geht es um die Folge Die Zähne des Drachen. Die Voyager erweckt eine alte Kriegerrasse aus der Stasis und es steht ein Kampf mit einer anderen Spezies bevor. Janeway und Chakotay stehen irgendwann in einer Höhle voller Kampfschiffe und Chakotay sagt aus dem Nichts:

“Dragon’s teeth.” (CinemaSins würde jetzt hier ein *ding* einfügen)
Janeway: “Dragon’s teeth?”
Chakotay: “An old Greek myth. After a dragon was killed in a war, its teeth were spread out over the battlefield. They took root and warriors sprung from the ground to continue the fighting.”

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Wad? Also ich verstehe die Worte und was sich der Autor dabei gedacht hat. Aber es kommt so absolut aus dem Nichts und ist so völlig belanglos, dass ich erstmal irritiert pausiert und Lysanda und ich uns für einen Moment fragend angeschaut haben. Das hat was von “ich hab‘ einen neues Wort gelernt und muss es unbedingt gleich einsetzen”. Bei solchen Texten verwundert es nicht, dass Robert Beltran mal in einem Interview sagte ” I’d rather not say anything than spew forth some of the stuff they do write”.

Aber gut: Unabhängig dieses Emmy-verdächtigen Gesprächs fallen vor allem zwei Sachen in der 6. Staffel auf. Zum einen, dass ein gewisser Dwayne “The Rock” Johnson die Ehre hatte in (einer Folge mit Star-Trek-Gaststar-Multitalent Jeffrey Combs (man hätte echt eine eigene Serie ähnlich Orphan Black mit ihm machen sollen!) aufzutreten. Und ja, er hat selbstverständlich seinen Kampf mit 7of9 gewonnen. Zum anderen, dass die Autoren mit dieser Staffel irgendwie wieder zurück zu den Anfängen der Serie gekehrt sind. So besteht sie fast ausschließlich aus komplett für sich stehenden Folgen. Das mit dem “nach Hause kommen” tritt stark in den Hintergrund. Gleichzeitig sehen wir wieder viele neue Aliens und die Rückkehr von ein paar alten Bekannten. Zum Beispiel der Vidiianer inklusive eines (doppelten) Gastauftritts von Kes in der Folge Voller Wut. Übrigens eine recht action-reiche aber sehr flache Folge. Das Verhalten von Kes macht so überhaupt absolut keinen Sinn…

Gute Seiten

Ich wollte aber mal ein bisschen mehr positives schreiben. Dass ich die meisten Holodeck-Folgen (hier jetzt Fair Haven) doof finde, hatte ich zum Glück ja schon im letzten Eintrag erwähnt. Also kann ich das heute überspringen. Und über Alice, in der Tom Paris von einem fremden Raumschiff verführt wird, will ich mich eigentlich auch nicht auslassen. Kommen wir also zu ein paar meiner Highlights der Staffel:

  • Dame, Doktor, As, Spion – Nein, den Zusammenhang zum Namensgeber kann ich nicht so recht erkennen. Eine sehr unterhaltsame Doktor-Folge ist es trotzdem. Schon die Prämisse klingt ziemlich bescheuert: Ein Hologramm mit Tagträumen, die von einem Spion ausgelesen und entsprechend falsch interpretiert werden. Und das Ergebnis erfüllt diese Erwartungen vollumfänglich. Eine amüsant bizarre Situation folgt der nächsten.
  • Rätsel – Tuvok darf mal wieder aus seiner Vulkanier-Haut schlüpfen und jemand anderes sein – dieses Mal ein Vulkanier mit normalen Emotionen. Und natürlich wird am Ende unweigerlich wieder der Restknopf gedrückt, was so schade wie verständlich ist. Aber der Weg dahin ist wirklich gut – oder besser gesagt schön – umgesetzt. Eine der wenigen Episoden bei denen man mal mit Tuvok mitfühlt/mitfiebert.
  • Die Voyager-Konspiration – Leider mal wieder eine dieser Folgen, die heute noch aktueller sind als damals. 7of9 kriegt zu viele Daten, verknüpft diese falsch und unterliegt am Ende ihrer eigenen völlig konvoluten Verschwörungstheorien. Sie zeigt sehr deutlich und eindrucksvoll wie man selbst mit Fakten zu den falschen Schlüssen kommen kann. Absolute Empfehlung!
  • Das Pfadfinder-Projekt – Ich bin immer noch nicht der größte Fan von Reginald Barclay. Dieses erzwungen tollpatschige Verhalten ist eigentlich nicht so meins, aber es funktioniert auf seine Art und Weise. Deanna Troi hätte es zwar nicht gebraucht, aber sie ist ein brauchbarer Anker und es war nett sie mal wieder zu sehen. Hatte ich gar nicht mehr im Kopf, dass sie vor Star Trek: Nemesis nochmal auftaucht. Angeblich gab es damals im Vorfeld einen richtigen Hype um diese Folge speziell deswegen. Schade für die Fans, die dann ernüchtert zurückblieben.
  • Es geschah in einem Augenblick – Planeten, die irgendwie in einer anderen Zeit oder Dimension festhängen hatten wir ja schon öfters. Dieses Mal eben ein Planet, wo die Zeit hundertmal schneller vergeht als im Orbit auf der Voyager. Diese wird hingegen anfangs als Gott verehrt, weil sie (unbeabsichtigt) Erdbeben verursacht. Durch und durch Star Trek und eine richtig gelungene Folge.
  • Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

    Asche zu Asche – Ja, oberflächlich ist es wieder eine dieser blöden “Harry Kim verliebt sich in die falsche”-Folge. Aber das Konzept einer Spezies, die Leichname von alten Völkern recycelt und diese dann manchmal ihre alte Erinnerung zurückerhalten, fand ich trotzdem interessant und hat mich erfolgreich von meinem Handy ferngehalten :smile: .

  • Lebe flott und in Frieden – Ein paar Betrüger geben sich als die Voyager-Crew aus und treiben damit Unsinn. Wenn man zu sehr über die Folge nachdenkt, wird man so viele Ungereimtheiten und Lücken finden, dass der komplette Delta-Quadrant reinpassen würde. Aber ich fand sie ungeachtet dessen sehr unterhaltsam und hätte mir vor allem noch mehr Interaktionen zwischen Tuvok und dem falschen Tuvok gewünscht.
  • Der Rettungsanker – Was ist besser als ein Robert Picardo? Zwei Stück versteht sich. In diesem Fall der verbitterte, alte Erfinder des Holodocs, Lewis Zimmermann, gegen den aus seiner Sicht völlig veralteten Doktor. Eine wirklich vorzügliche Folge, die wirklich einzig und allein von Picardo lebt. Ja, Reginald Barclay und Daeanna Troi kommen auch drin vor. Aber das Budget hätte man sich (böse gesagt) schenken können.

Epilog

Zusammengefasst kann ich sagen: Obwohl die 6. Staffel wieder mehr aus unzusammenhängenden Einzelepisoden bestanden hat, hat sie mir trotzdem oder gerade deshalb unterm Strich wesentlich besser gefallen als die wirklich öde 5. Staffel. Klar, die Grundprobleme sind unverändert aber die Anzahl an wirklich unterhaltsamen Folgen war dafür einfach angenehm hoch. Meine Motivation ist entsprechend in die 7. Staffel etwas höher. Mal schauen, ob ich darüber dann auch wieder positiv berichten kann – vielleicht ja auch über das Finale (unwahrscheinlich).

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Staffel 4 war vermutlich auch deshalb so gut, weil wir mit 7of9 endlich einen Charakter bekommen haben, von dem wir irgendwas erfahren und der sich weiterentwickelt. Mit dem wir mitfühlen können. Dessen Geschichte tatsächlich interessant ist. Nach dem Genuss der 5. Staffel* von Star Trek: Voyager ist mir nämlich erstmals das vielleicht noch größere Problem der Serie abseits der fehlenden Kontinuität bewusst geworden: Abseits des Doktors sind die Hauptcharaktere selbst nach fünf Staffeln flacher als ein Blatt Papier und (fast) völlig austauschbar.

Name? Rang? Und sonst?

Das absolute Extrembeispiel für einen blassen Charakter dürfte Chakotay sein. Wäre er nicht an Bord, es würde absolut keinen Unterschied machen. Wir erfahren faktisch über die gesamte Serie hinweg so gut wie überhaupt nichts über ihn. Selbst den ganzen (idiotisch umgesetzten) Indianerkram haben sie (glücklicherweise) schnell hinter sich gelassen. Und zu tun hat er ebenfalls wenig. B’Elana Torres? Anfangs ein bisschen stürmische Klingonin, mittlerweile irgendwie nur noch vereinzelt anwesend. Harry Kim? Selten mehr als die Zielscheibe eines Witzes und schlechter Loverboy. Tom Paris? Wenn man halt jemanden braucht, der irgendwie jung, wild, stürmisch, rebellisch oder sowas sein soll. Wie es halt grade ins Drehbuch passt. Meist einfach nur praktisch, weil er das 20. Jahrhundert in und auswendig kennt. Tiefgang? Bloß nicht, da würde er nur ersaufen.

Und unsere geliebte Anführerin Captain Kathryn Janeway? Im Zusammenspiel mit 7of9 blüht sie auf – was amüsant ist, da Schauspielerin Kate Mulgrew und Jeri Ryan sich wohl damals gar nicht so gut verstanden haben. Mulgrew war absolut nicht mit dem Charakter einverstanden und ließ das wohl an Ryan aus. Nach all den Jahren hat sich die Animosität aber wohl gelegt und sie kommen ganz gut miteinander aus :smile: . Aber ohne 7of9? Aus meiner Sicht ebenfalls recht wenig Persönlichkeit und Tiefgang. Vermutlich mehr als die anderen schon allein, weil sie als Kapitän eine Dauerpräsenz hat. Aber dennoch.

Zusammengefasst also viel Raum für unterhaltsame Geschichten, weil die Charaktere nur wenig Eigenständigkeit haben und wenig Wachstum erfahren, somit keine wirkliche Rücksicht auf Kontinuität gelegt werden muss und man einfach einen der Charaktere hernimmt, der halbwegs den Slot füllt, den die Geschichte vorgibt. Bei 7of9 ist das anders. Sie bot den Autoren eine Leinwand für Entwicklung, die sie auch größtenteils genutzt haben. Wobei: Vielleicht sogar zu viel. Zumindest beschwerten sich die anderen Schauspieler ab Staffel 5, dass sie irgendwie nur noch Teil der “Janeway- und 7of9-Show” wären. Und ja, es ist auch Sicht des Zuschauers eindeutig, dass der Fokus der Autoren ab Staffel 4 stark auf beide gerichtet war. Allerdings (siehe vorherige Absätze) sehe ich das tatsächlich nicht ganz so negativ :smile: .

Die 5. Staffel

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Um das Fazit dieses Mal direkt am Anfang zu bringen: Die 5. Staffel ist im direkten Vergleich zur vorherigen für mich ein spürbarer Qualitätsverlust. Ich blieb nach gefühlt vielen Folgen ziemlich unzufrieden und/oder gelangweilt zurück. Das fängt schon mit dem bescheuerten Holodeckprogramm Captain Proton an, das direkt in der ersten Folge eingeführt. Keine Ahnung, warum die Autoren so verbissen versucht haben Tom Paris und das Holodeck zu einem Ding zu machen. Ja, theoretisch bietet das Holodeck durchaus die Möglichkeit für ein paar gelungene Folgen. Und es wird sicherlich viel Betrieb erfahren auf so einem Schiff – entsprechend arschig ist es, dass Toms Programme teilweise ununterbrochen laufen… (die Voyager hat nur zwei Holodecks – für eine Mannschaft von 150) Aber die Bar, das Ressort, Captain Proton, Fair Haven – nichts hat mich davon in irgendeiner Weise angemacht oder aus meiner Sicht gute Geschichten hervorgebracht.

Trotz Captain Proton, ist die 5. Staffel aber definitiv etwas düsterer. Nein, damit meine ich (nicht) nur die Einstiegsfolge Nacht. Unsere Crew erfährt so einige Momente der Krise. Janeway hadert (weil sie sich nicht mehr davon ablenken kann) mit ihrer Entscheidung die Phalanx des Fürsorgers zerstört zu haben. Der Doktor wird von Selbstvorwürfen gequält – übrigens eine Folge, die anfangs an Beweise aus Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert erinnert. Nur halt umgekehrt. Dort war Data der Einzige, der die Wahrheit wusste. Hier ist es die Crew. Der Twist ist entsprechend durchaus überraschend – solange man am Ende der Folge nicht länger drüber nachdenkt. Aber das ist ja öfters so bei Star Trek-Folgen :wink: .

Tom Paris wird hingegen degradiert auch, wenn es überhaupt keine Auswirkungen hat und die dazugehörige Folge irgendwie inhaltlich ziemlich mau ist. 7of9 macht in einer Doppelfolge erstmals Kontakt mit der Borgkönigin und wird so mal wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert bzw. ihre Zugehörigkeit in Frage gestellt. Und unsere B’Elanna? Entwickelt plötzlich Überlebensschuld wegen ihrer Maquis-Freunde. An sich ein gutes Thema, das sogar ein wenig seit Beginn der Staffel vorbereitet wurde. Aber die Verpackung ist einfach dämlich. Der Bau des Delta Flyers (der nur diese Folge dauert… scheint ja echt einfach zu sein sowas), ein komisches Wettrennen mit der dämlichen Müllentsorgerrasse Malon und natürlich rettet sie am Ende den Tag. Wie oft ich schon zu Lysanda gesagt habe, dass die Voyager dringend einen Psychologen bräuchte? Ich kann schon gar nicht mehr mitzählen.

Epilog

Ja, irgendwie habe ich wenig wirklich Gutes zur 5. Staffel zu sagen. Klar, wer so lange durchgehalten hat, geht jetzt noch bis zum Schluss mit – komme was wolle. Aber in Sachen Vergesslichkeit steht diese Staffel definitiv weit oben. Kann mich schon selbst nur noch an wenige Highlights erinnern und muss stattdessen eher ständig den Kopf schütteln über Folgen wie Der Fight (mit Chakotay in der Hauptrolle), Das Vinculum oder 23:59. Vielleicht kommt auch noch dazu, dass so langsam das “könnte mal vorbei sein”-Gefühl anfängt in mir hochzukommen. Denke mittlerweile schon häufig an das was danach kommt (Star Trek: Nemesis und Star Trek: Enterprise).

Aber damit wir nicht ganz so negativ enden: Kontrapunkt mit den militanten/misstrauischen Devore, welche die Voyager gängeln, ist eine wirklich gelungene Janeway-Folge (mit wenig 7of9). Das Staffelfinale Equinox Teil 1 würde ich jetzt nicht so in den Himmel loben wie andere, weil halt von Anfang klar ist, dass die was ausgefressen haben. Aber es ist trotzdem ein ganz guter Abschluss. Und Die Denkfabrik lebt zwar viel von Jason Alexanders schauspielerische Leistung als Kurros. Aber es ist trotzdem immer wieder unterhaltsam mit anzusehen, wenn Sternenflotten-Kapitäne solchen hinterhältigen Burschen ein Schnippchen schlagen.

Ansonsten geht es fleißig weiter mit der 6. Staffel. Ja, das unbefriedigende Ende der Serie rückt näher :smile: .

(Cover)

Die 4. Staffel* von Star Trek: Voyager wird allgemein als die beste der Serie angesehen. Und ja, wie man schon zwischen den Zeilen des letzten Eintrags herauslesen konnte, stimme ich dieser Ansicht grundsätzlich durchaus zu. Liegt es daran, dass sie tatsächlich irgendeins der Grundprobleme der Serie löst? Also vor allem die Punkte “fehlende Konsequenzen und “Zusammenhanglosigkeit”?

Die Antwort ist nicht so eindeutig. Denn ja, es gibt in der dieser Staffel mehr Zusammenhang als in allen vorherigen zusammen und die Grundsteine, die gegen Ende der 3. Staffel gelegt wurden, werden konsequent weiter ausgebaut. Der Resetknopf ist aber immer noch ein ständiger und ärgerlicher Begleiter, der mich hier umso schmerzlicher mit einem “verschenktes Potential” im Kopf zurücklässt. Von dem ein oder anderen charakterlichen Widerspruch, der dadurch entsteht, mal ganz abgesehen. Ein Punkt, der mir vor allem bei Tom Paris und Tuvok häufig auffällt. Keine Ahnung, ob die Autoren mit den beiden nichts anzufangen wussten oder es kein “so ist seine aktuelle Persönlichkeit”-Dossier gab.

Die Personalveränderung(en)

Dafür bekamen die Autoren im (äußerst gelungenen) Staffeleinstieg ein neues Spielzeug und nutzten dieses nicht nur in der vierten, sondern auch allen nachfolgenden Staffeln ausgiebig. Die Rede ist freilich von unserer aller Lieblings-Ex-Borg Seven of Nine. Wie schon Worf drüben bei Star Trek: Deep Space Nine, sollte sie frischen Wind in die Sache bringen und dank ihrer zwei besonders hervorstechenden Eigenschaften – wie Spock und Odo ein neutraler Blick auf die Menschheit und zusätzlich ein ehemaliger Todfeind als Teil der Crew – (was dachtet ihr denn?!) ein breiteres, männliches Publikum erfreuen. Mit Erfolg wohlgemerkt: Die Ratings in der der damals so wichtigen Gruppe der 16- bis 24-Jährigen gingen steil nach oben. Heute würden sie 7of9s Outfit vermutlich beinfrei und mit Ausschnitt machen… Zum Glück wussten die Autoren mit ihr wesentlich mehr anzufangen als sie nur als “Eyecandy” in jede Szene zu stellen. Sie und ihre fortlaufende Entwicklung, inklusive den dazugehörigen Konflikten mit der restlichen Crew, sind mit der größte Grund, warum Staffel 4 so viel besser anzusehen ist.

Wie bei Staffel 3 schon erwähnt, drehte sich aber auch das Personalkarussell im Hintergrund. Miterfinder und ehemaliger Showrunner (=Chef der Autoren) Michael Piller war schon damals gegangen und Jeri Taylor fuhr ihre Verantwortung in der 4. Staffel zurück, bevor sie die Crew dann endgültig verließ. Stattdessen durfte der Star-Trek-Veteran Brannon Braga ran und übernahm ab der 5. Staffel komplett die Zügel. Und ja, aus meiner Sicht hat er viel zur Qualitätssteigerung beigetragen. Bei den besten Folgen der 4. Staffel steht sein Name mit auf dem Drehbuch.

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Es gab allerdings gleichzeitig einen überraschenden Verlust: Bereits in der 2. Folge wurde Kes aus der Serie herausgeschrieben (abseits eines Gastauftritts in Staffel 6). So wenig die Dame auf der Voyager zu tun hatte, so überraschend kam dieser Ausstieg und so komisch ist er inszeniert. Über die realen Gründe gibt es komischerweise widersprüchliche Aussagen. Die eine Seite behauptet, dass sie Platz für 7of9 machen mussten und die Autoren eh nichts mit ihr anfangen konnten. Deshalb wurde sie rausgeschrieben und ihr Vertrag nicht verlängert. Andere Quellen sprechen davon, dass Schauspielerin Jennifer Lien unter persönlichen Problemen litt, die negativen Einfluss auf die Arbeiten am Set hatten. Da sie nicht drüber reden wollte und sich auch keine Hilfe suchte, wurde ihr Vertrag entsprechend widerwillig aufgelöst. Wir werden vermutlich nie erfahren, was tatsächlich passiert ist. Aber bei allen Problemen mit dem Charakter: Immerhin haben sie ihr irgendeine Art von Abschiedsfolge gegeben. Ist ihr Abschluss gelungen? Nein. Aber es ist zumindest halbwegs plausibel und baut auf der bisherigen, wenngleich wenigen Charakterentwicklung auf.

Äction

Was aber bei der 4. Staffel besonders (positiv) auffällt: Sie ist wesentlich action-reicher als die vorherigen Staffeln und scheinbar hatte man mittlerweile so viel Vertrauen in CGI bzw. es war mittlerweile billig genug, dass man es häufiger einsetzen konnte. Damit meine ich, dass man sehr viele Ansichten von außerhalb der Voyager zu sehen bekommt inkl. zahlreichen Raumschlachten und neuen Schiffstypen. Das gibt dem ganzen zum einen nochmal zusätzlich Tempo und zum anderen eben mehr den Eindruck, dass es in dieser Galaxie eben nicht nur 2-3 Völker gibt.

Aber auch innerhalb des Schiffs ist einiges los, wobei das klare Highlight die Doppelfolge Das Tötungsspiel ist. Wirklich schade, dass die Jäger-Rasse namens Hirogen abseits dieser kleinen Episodenreihe (beginnend mit dem ersten richtigen Kontakt zum Alpha-Quadranten in Flaschenpost) nicht noch häufiger genutzt wurden. Andererseits: Ihre Geschichte war erzählt und die Voyager wieder zurück auf ihrem Weg. Insofern war es nur konsequent hier aufzuhören und nicht erneut so einen Blödsinn daraus zu machen wie bei den Kazon, die gefühlt mehrere Millionen Lichtjahre die Voyager begleiteten.

So nah und doch so fern

Die andere Doppelfolge, Ein Jahr Hölle, ist hingegen grundsätzlich ebenfalls richtig gut gelungen. Endlich mal eine Zeitreisefolge, die das Format zum einen nutzt, um tatsächlich etwas zu sagen (die ganze Sache mit Annorax Verlust seiner Familie – fantastisch gespielt von Kurtwood Smith). Und zum anderen auch zeigt, wie eine andere Version der Serie hätte aussehen können. Eine, in der die Voyager eben nicht nach jeder Folge wieder auf Hochglanz poliert ist, sondern tatsächlich Konsequenzen vorhanden sind. Wie genial hätte es werden können, wenn sie dem Jahr der Hölle tatsächlich eine ganze Staffel gewidmet hätten? Ich darf gar nicht drüber nachdenken…

So gut die Folge allerdings ist, umso mehr schmerzen mich die Details. Da hatte man die geilste Idee aller Zeiten, veröffentlichte in der 3. Staffel mit Temporale Sprünge quasi einen vollen Spoiler auf die Ereignisse und dann… ja, nutzt man die Vorlage faktisch überhaupt nicht. Und jetzt kommt mir nicht mit Zeitsprüngen oder dem Einfluss des Krenim-Schiffs und seiner Zeitmanipulationen: Aus meiner Sicht sehen wir in Ein Jahr Hölle die gleiche Voyager und Crew, denen Kes alles erzählt hat. Ja, Kes war nicht mehr da, dafür 7of9. Aber die Zeitlinie wurde definitiv in der Zwischenzeit nicht so grundlegend geändert, dass sich plötzlich überhaupt keiner mehr daran erinnert. Und das ist schade. So eine geniale Ausgangssituation und dann wird sie überhaupt nicht genutzt. Heißt ja nicht, dass der Ausgang für die Voyager großartig anders hätte sein müssen (Annorax hatte ja immer noch sein Zeitschiff). Ein deutlicher Rückbezug zumindest beim ersten Aufeinandertreffen wäre aber trotzdem so viel cooler gewesen.

Weitere Highlights

Es gibt aber noch ein paar weitere Folgen der 4. Staffel, die ich kurz hervorheben möchte:

  • Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

    Der Zeitzeuge“Die Geschichte wird vom Gewinner geschrieben” in Reinform. Die Autoren zeigen sehr gelungen, wie schnell auf Basis einiger vermeintlichen Fakten ein völlig falsches Bild entstehen kann – selbst, wenn man gute Absichten verfolgt. Ein Problem, mit dem unsere Wissenschaft ebenfalls bis heute kämpft. Die Folge hat zwar eine riesige Logiklücke (der Doktor hat plötzlich ein vollständiges Backup?!). Aber Janeway als sadistische Chefin zu erleben entschädigt für dieses Detail :smile: .

  • Leben nach dem Tod – Neelix stirbt und wird dank 7of9s Nanobots wieder ins Leben zurückgeholt, was ihn in eine absolute Glaubenskrise stürzt. Schließlich war er ja tot und es ist nicht so gewesen, wie in den Erzählungen. Das stürzt ihn in eine (nachvollziehbare) Sinnkrise. Und so kitschig die Auflösung ist – so real dürfte sie tatsächlich sein.
  • Eine – Die perfekte Folge für 7of9. Noch kein Jahr aus dem Kollektiv heraus und sowieso schon unsicher was ihre Existenz als Individuum angeht, wird sie eine Situation gestürzt (völlige Isolation), die normale Menschen bereits nach wenigen Tagen den Verstand raubt. Was macht das erst mit jemandem, der sein ganzes Leben nur Stimmen im Kopf hatte?
  • Die Omega Direktive – Okay, die ganze Sache mit dem Omega-Molekül kommt völlig aus dem Nichts. Andererseits: Wer weiß welche gefährlichen Stoffe vor uns geheim gehalten werden. Eine wirklich starke Folge, in der vor allem Janeway glänzt.
  • Im Rückblick – Wie dermaßen gemein ist es dieser Geschichte keinen eindeutigen Abschluss zu geben? Das fand Lysanda mal wieder überhaupt nicht gut. War er es jetzt, oder nicht? Wir werden es nie erfahren. Aber es ist ein interessantes und vermutlich für so einige Menschen reales Dilemma in dem 7of9 und der Holodoc da stecken. Er ist sicherlich nicht der erste Arzt, der einem Patienten eine Krankheit einredet. Mal abgesehen von den ganzen Schnellschüssen, die bei vor allem dieser Art von Verbrechen gerne passieren und zu lebensvernichtenden Vorverurteilungen führen können.

Fazit

Zum Abschluss kann ich nur nochmal wiederholen: Die 4. Staffel von Star Trek: Voyager ist wirklich extrem gut gelungen. Wie immer gibt es Abzüge in der B-Note. Verpasste Chancen, zahlreiche Logiklücken und 2-3 etwas schwächere Episoden (Dämon z.B.). Aber insgesamt ist es eine durchweg unterhaltsame (nicht nur wegen des erhöhten Actionanteils) Staffel, die überaus erfolgreich ein neues Mitglied in die Crew integriert und… ja, es fast schon zum eigentlichen Star der Serie macht.
Schade, dass Staffel 5 (Spoiler) dieses neue Niveau nicht ganz halten kann. Aber dazu kommen wir logischerweise im nächsten Eintrag. Haben schließlich zum Verfassungszeitpunkt noch neun Folgen vor uns.

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