September 2023 waren Lysanda und ich mit dem Konsum von „Old Trek” fertig. Im verlinkten Eintrag schrieb ich damals vollmundig folgenden Satz:
Star Trek VI: Das unentdeckte Land* – Für mich der zweitbeste Star-Trek-Film aller Zeiten (nach Star Trek: Der erste Kontakt*) […]
Nun flimmerte der Abspann von Star Trek: Nemesis* über den Fernseher und ich bin in einer leichten Sinnkrise. Also schon davor, aber jetzt wo ich aktiv diesen Eintrag tippe, muss ich mich ihr endgültig stellen und sie lösen. Es hat mir glaube ich schon lange kein Eintrag mehr so viele Schwierigkeiten bereitet ihn aufs Papier zu bringen…
Nein, keine Angst: Ich stelle mich hier jetzt nicht hin und behaupte Star Trek: Nemesis wäre der beste Film der Picard-Ära. Aber ich muss ehrlich sagen, dass Star Trek: Der erste Kontakt nicht mehr mein absoluter Liebling ist und ich Star Trek VI: Das unentdeckte Land stattdessen auf Position 1 der Gesamtliste sehe. Schlimmer noch: Meine komplette Top 3 der ersten zehn Star-Trek-Kinofilme ist mittlerweile belegt von Kirks Crew. Und nein, Nr. 8 kommt auch nicht auf Platz 4. Ihr versteht also, wo mein Dilemma ist – und es wird noch schlimmer.
Die 90s Trek-Filme
Werfen wir einmal einen Blick auf die Werke mit der neuen Enterprise. Erneut nicht in der chronologischen Reihenfolge, sondern in meinem persönlichen Ranking. Und ja, ich bin mir bewusst, dass ich mir mit der folgenden Auflistung bei dem ein oder anderen ganz schön in die Nesseln setze . Geschaut haben wir die Blu-ray-Fassungen aus der alten Stardate Collection* mit deutscher Tonspur. Aber im Gegensatz zu den Kirk-Filmen, gibt es in der Picard-Ära sowieso keine Director’s Cut-Fassungen. Und der deutsche Übersetzungsfehler in Star Trek: Der Aufstand wurde auch nie gefixt.
1. Star Trek: Der Aufstand* – Ich glaube für keinen Star-Trek-Film gibt es so viele „Was wäre gewesen, wenn”-Szenarien, wie für dieses Machwerk. Unzählige Ideen wurden durchgeackert, bevor wir bei der illegalen Umsiedelungsaktion der Ba’ku durch die Son’a gelandet sind. Darunter auch eine Variante mit einem Klon von Picard – das haben sie dann für Teil 10 aus der Schublade gezogen. Das Ergebnis könnte man inhaltlich mehr als eine Doppelfolge der Serie ansehen und ist nicht sonderlich bombastisch. Aber ich glaube das ist der Hauptgrund, warum er mir (überraschenderweise) so gefällt. Es gibt keine riesige Bedrohung, sondern einfach nur ein lokaler Konflikt bei dem unsere Crew die Helden spielen und die Ideale der Föderation verteidigen kann. Ist er perfekt? Absolut nicht. Und länger drüber nachdenken darf man ebenfalls nicht (vor allem der Twist… ). Aber er ist unterm Strich ein besonnener, leicht amüsanter Film, der etwas Romantik und eine Prise Action zu bieten hat – das reicht für unterhaltsame 100 Minuten.
2. Star Trek: Der erste Kontakt* – Ich hab‘ mich echt schwergetan. Und so richtig glücklich bin ich mit dem Ergebnis immer noch nicht. So stand er im ersten Entwurf sogar an 3. Stelle hinter dem 7. Film. Vielleicht gehört er da sogar weiter hin und ich habe ihn nur aus schlechtem Gewissen heraus vorgezogen? Fakt ist: Ich muss einfach eingestehen, dass mir der (auch von mir) vielgelobte 8. Film dieses Mal nicht mehr so gut gefallen hat.
Dabei ist glaube ich ein großer Faktor, dass meine Beziehung zu Sir Patrick Stewart sich gewandelt hat und ich ihn und seine Arbeit bei Star Trek mittlerweile in einem etwas anderen Licht sehe. Er ist für mich weiterhin ein hervorragender Schauspieler, keine Frage. Aber mit seinem Verständnis davon wer Captain Picard ist, konnte ich mit fortschreitendem Konsum sowohl der Serie und Filme, als auch den Sachen, die hinter den Kulissen passiert sind, irgendwie immer weniger anfangen. Ja, ein guter Schauspieler kennt seinen Charakter, prägt ihn, macht ihn sich zu eigen. Wenn ich jedoch eins durch die Recherche für meine Star-Trek-Einträge gelernt habe, dann das speziell unser Liebling schon während der Serie anfing ziemlich von sich überzeugt zu sein. Von wegen „Ich bin der Einzige, der weiß wer Picard ist”. Und Stewarts Einfluss ist hier ganz klar spürbar mit einem Picard, der durch und durch einem Action-Helden entspricht statt unserem liebgewonnenen Captain. Dass er von der Erfahrung mal Borg gewesen zu sein heftig traumatisiert ist und vielleicht sogar auf Rache sinnt? Geschenkt. Aber die Umsetzung finde ich nicht so recht gelungen und schon gar nicht glaubwürdig.
Dann wäre da natürlich die ganze Sache mit der Borgkönigin. Ich verstehe es ja, dass es einfacher ist einen Feind als Person auf der großen Leinwand zu zeigen statt ein unmenschliches Konstrukts als das ultimative Böse darzustellen. Aber für mich hat diese Entwicklung trotz Alice Kriges hervorragender Darstellung einfach einen faden Beigeschmack. Ihre komische Sonderbehandlung für Data ist da nur das unrühmliche Tüpfelchen auf dem i, wie man so schön sagt. Immerhin waren sie bei Star Trek: Voyager so konsequent diesen komischen Aspekt beizubehalten. Für Star Trek: Der erste Kontakt ist mein Fazit hingegen: Actionreich, optisch ansprechend (vor allem natürlich die schnittige Enterprise E) und der ein oder andere Fanservice – inkl. tatsächlichen Auswirkungen auf die weitere Zeitlinie. Aber inhaltlich irgendwie ziemlich leer mit einem für mich leider echt unsympathischen Hauptcharakter.
3. Star Trek: Treffen der Generationen* – Leonard Nimoy wurde angeboten sowohl in den Regiestuhl zurückzukehren als auch mit zu spielen (wie alle alten Charaktere – die meisten lehnten aber ab vor allem, weil Nimoy nicht wollte). Aber er ihm passte (verständlicherweise) das Drehbuch einfach nicht. Beispielsweise fand er, dass die ganze Sache mit Data und seinem Emotionschip nicht wirklich in die Geschichte integriert war. Wo ich ihm definitiv zustimme. Und auch sonst ließ er kein gutes Haar am Werk. Er stellte sogar Shatners Star Trek V: Am Rande des Universums über dieses Machwerk. Aber aufgrund von Zeitdruck (leider nichts Neues bei Star Trek in den 90igern) waren Änderungen angeblich nicht mehr möglich. Die Produktion hatte einen festen Beginn, weil anschließend die Sets für Star Trek: Voyager gebaut werden mussten. Und so wichtig war Paramount Nimoys Beteiligung scheinbar nicht. Gleichzeitig war das Budget vergleichsweise übersichtlich und die Produktion startete sofort nach dem Ende der Serie. Insofern verwundert es nicht, dass auch dieser Film mehr wie eine Doppelfolge wirkt – in diesem Fall sogar optisch. Außer, dass alles irgendwie dunkler ist und wir eine neue Lokation an Bord der Enterprise D sehen (quasi die Vorstufe von 7 of 9s astrometrisches Labor), ist doch das meiste auf Niveau der Serie.
Und ja, die Geschichte rund um Soran (Malcom McDowell, der wie immer seine Rolle gut macht) und den Nexus hat so viele Löcher und unlogische Entscheidungen, dass einem Vulkanier vermutlich der Kopf explodiert. Wie ich aber schon im Eintrag zur letzten Voyager-Staffel geschrieben hatte: Für mich war der Film tatsächlich das richtige Ende der Serie – trotz komischer Zeit-/Dimensionsreisen. Quasi nochmal ein großes Abenteuer der alten Schule für die alte Dame namens Enterprise D, bevor sie in den endgültigen Ruhestand geschickt wird – und mit ihr quasi auch in gewisser Art und Weise die bekannte Seriencrew (siehe den 8. Film).
4. Star Trek: Nemesis* – Der Film vom Regisseur, der sich damit rühmte noch nie Star Trek gesehen zu haben. Wobei das Drehbuch jetzt ebenfalls nicht so der Brüller war. Zwar ist es nicht weiter abwegig, dass die Romulaner einen Klon von Picard züchten. Und endlich mal diese Seite der Galaxie in den Fokus zu stellen war auf dem Papier ebenfalls eine coole Sache. Aber daraus dann eine pseudo-philosophische Abhandlung von wegen „wie sehr prägen uns unsere Erfahrungen”? Ja, ne dat hat ned so rescht gefunzt. Tom Hardy tut einem echt leid. Zum Glück hat es seiner Karriere nicht geschadet. Und die ganze Sache mit B-4 ist ähnlich bescheuert. Aber ich weiß: Man brauchte ja ein Backup von Data für später.
Das Ergebnis hat entsprechend nur vereinzelt ein paar gute Momente wie die Senatsszene zu Beginn sowie die aus meiner Sicht beste Raumschlacht von allen Star Trek-Filmen. Aber der Rest ist größtenteils einfach nur absoluter Mist – vor allem, weil Star Trek draufsteht. Der misslungene Versuch Tom Hardy als einen jüngeren Sir Patrick Stewart zu verkaufen (inkl. Widersprüchen zur Serie). Die Buggy-Fahrt, die die oberste Direktive vollumfänglich verletzt. Der Nottransporter, von dem es warum auch immer nur einen gibt. Die bescheuerte und völlig sinnfreie, geistige Vergewaltigung von Troi. Datas nicht wirklich heroisch inszenierter Tod. Dr. Crushers große Abstinenz. Ja, man muss sich echt nicht wundern, dass der an den Kassen floppte und damit erstmal jede Star-Trek-Kinozukunft gestorben war.
Die Gesamtübersicht
Im Vergleich zu den ersten sechs Star-Trek-Filmen, fehlt mir zusammengefasst bei 7-10 glaube ich einfach das Herz. Kirks Crew war in der Serie relativ blass. In den Filmen hingegen blühten vor allem Kirk, Spock und McCoy so richtig auf. Sie wurden sympathischer und menschlicher und die Geschichten so interessanter und mitreißender. Bei der nächsten Generation hingegen? Übertrieben gesagt dreht sich alles nur um Picard. Die anderen sind nebensächlich. Und unser Captain selbst entwickelt sich in der Zeit nur immer weiter zu einem action-besessenen Haudrauf. Weg von seinen besonnenen, Diplomatie-orientierten Handeln im Sinne der Menschheit. Und das ist irgendwie… doof. Dass die Geschichten selbst nicht so der Brüller sind, macht es logischerweise nicht besser.
Meine Gesamtrangliste der „alten” Star-Trek-Filme sieht entsprechend so aus:
Platz 1: Star Trek VI: Das unentdeckte Land*
Platz 2: Star Trek II: Der Zorn des Khan*
Platz 3: Star Trek III: Die Suche nach Spock*
Platz 4: Star Trek: Der Aufstand*
Platz 6: Star Trek: Der erste Kontakt*
Platz 5: Star Trek: Treffen der Generationen*
Platz 7: Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart*
Platz 8: Star Trek: Nemesis*
Platz 9: Star Trek: Der Film*
Platz 10: Star Trek V: Am Rande des Universums*
Jetzt ist es aber mal genug mit 90s Trek. Als nächstes geht es ins nächste Jahrtausend mit Star Trek: Enterprise – allerdings mit einer längeren Pause dazwischen. Neben Anime (Die Königin der tausend Jahre*), haben sich vor allem so einige interessante Filme (John Wick: Kapitel 4*, Dune*) im Regal gestapelt, die wir zu Gunsten von Star Trek erst einmal ignoriert haben. Wird also mal Zeit die nachzuholen, bevor es wieder weitergeht in den unendlichen Weiten des Weltraums.