“Ist doch egal was du isst – schmeckt doch eh alles gleich!”, “Nimm nicht so viel, das ist ungesund!”, “Willst du noch etwas Fleisch zu deinem Salz?!” – ja, in meiner Kindheit und Jugend musste ich mir vor allem von der lieben Verwandtschaft extrem viel anhören was meinen Speisesalzkonsum anging. Am Ende war ich sogar soweit, dass ich vor allem bei Restaurantbesuchen das Essen einfach so wie es kam konsumiert habe obwohl es mir ohne das zusätzliche Salz gar nicht wirklich schmeckte, nur damit die anwesenden Personen keinen Grund hatten schon wieder ihr Maul aufzureißen. Will gar nicht wissen was für Neurosen ich alleine dadurch so bekommen habe.
Symptom ist nicht gleich Ursache
Heute ist es zum Glück anders mit der Salzgängelei. Gut, die liebe Verwandtschaft denkt sich vermutlich immer noch ihren Teil. Aber Lysanda hat mir ausschließlich die Fertiggewürzmischungen (wegen dem Geschmacksverstärker Glutamat) abgewöhnt und lässt mich ansonsten so viel Salz, Pfeffer, eigene Gewürzmischung draufkippen wie ich will. Zumal sie ebenso einen höheren Salzkonsum hat, als die Gesellschaft vermutlich als “Normal” ansieht. Und dann trinken wir neben dem “vielen” Salz auf dem Essen auch noch etwas Salzwasser. Eigentlich müssten wir schon tot sein, wenn es nach unseren Eltern ginge.
Aber woher kommt diese Ansicht eigentlich, dass Salz das ultimative Böse wäre und man bloß so wenig wie möglich zu sich nehmen sollte? Nun, weil man irgendwann in den 70igern festgestellt hat, dass Salz den Blutdruck erhöht. Das ist auch soweit richtig, denn Salz bindet (wie wir alle wissen) Wasser und macht dadurch natürlich das Blut dickflüssiger. Was dabei aber vergessen wird: Salz unterstützt zwar Bluthochdruck, ist aber nicht die Ursache davon. Denn zu wenig Salz führt tatsächlich im Gegenzug zu einem zu niedrigen Blutdruck (Kreislaufprobleme). Würde man die verstopften Arterien reinigen, hätte das Salz (bis zu einer gewissen Menge – zur Überdosis kommen wir noch) wesentlich weniger Auswirkungen. Bestes Beispiel: Ich nehme wie gesagt aus der Sicht anderer viel zu viel sichtbares Salz zu mir (zum unsichtbaren kommen wir auch noch) habe aber trotzdem einen etwas zu niedrigen Blutdruck (110/70).
Die Logik
Betrachten wir die Sache aber doch mal genauer, um es vielleicht besser zu verstehen, was das Problem sein könnte: Grundsätzlich braucht unser Körper Salz zum Überleben. Die Menge ist je nach Individuum und auch Gesundheitszustand (wenn ihr viel Schwitzt, verliert ihr viel Salz) anders. Außerdem reguliert euer Körper jederzeit die Menge an Salz über bestimmte Hormone, um nur genau so viel in sich zu tragen wie er wirklich haben möchte. Man redet von 150 bis 300g, die durchschnittlich in uns drin sind.
Wenn wir mehr haben, möchte es der Körper loswerden. Und was haben wir in den vielen Körpertuning-Einträgen gelernt? Dass überflüssiges Zeugs größtenteils über Schweiß oder Urin nach draußen geht – sprich durch einen Wasserverlust. Das ist der Grund, warum ihr bei einem zu hohen Salzkonsum plötzlich Durst bekommt. Der Körper möchte den Wasserverlust durch die Salzabstoßung ausgleichen. Das geht allerdings tatsächlich genauso anders herum: Wenn ihr zu wenig Salz intus habt, dann versucht der Körper unbedingt das bisschen Salz was er hat in sich zu halten. Ihr bekommt entsprechend keinen Durst und könntet schlimmstenfalls Austrocknen.
Eigentlich völlig paradox, wenn man darüber nachdenkt. Aber es zeigt, dass es mit “Lass das Salz weg!” eben nicht getan ist. Stattdessen erfüllt das Salz wichtige Funktionen wie zum Beispiel Entgiftung (es bindet neben Wasser auch Giftstoffe an sich).
Das Mengenthema
Wir haben festgestellt, dass wir Salz brauchen und unser Körper seinen Salzgehalt selbstständig regulieren kann. Nun stellt sich die Frage wie viel wir jeden Tag reinstopfen müssen, damit er arbeiten kann. Ein Otto-Normal-Mensch verliert täglich einfach so nebenbei 1-3g Salz über den Schweiß – die Menge im Urin ist da noch gar nicht mitberücksichtigt. Menschen, die beispielsweise an HPU leiden (eine Stoffwechselstörung auf die ich in einem anderen Eintrag eingehen werde) brauchen deshalb sogar grundsätzlich mehr Salz, weil durch diese Störung mehr vom Körper ausgeschieden wird als er eigentlich rausschmeißen will – und ja, dieses Problem habe ich laut einem Labortest. Es gibt wohl Untersuchungen, da haben die Leute bis zu 20g pro Tag durch starkes Schwitzen und diverse Krankheiten verloren. Und bei der Menge, die ich teilweise schon bei vergleichsweise einfachen Aktivitäten schwitze, bin ich da vermutlich auch ganz gut dabei.
Das bedeutet aber jetzt nicht, dass ihr einfach ungehemmt Salz in euch reinschaufeln solltet. Ich wollte euch erst einmal nur aufzeigen, dass es nicht zielführend ist einfach nur darauf rumzuhacken und es erst gar nicht im Haushalt vorrätig zu haben (40kg wie bei uns müssen es aber auch nicht sein ). Man sollte schon auf seinen Salzkonsum achten aber es eben nicht übertreiben und stattdessen – wie immer – auf seinen Körper hören. Schlimm ist es nur, wenn ihr eben das nicht tut oder eine exorbitante Menge auf einmal zu euch nehmt. Zum Beispiel sind 32g pures Salz auf einen Zug tödlich. Ich weiß aber nicht wie man das schafft so viel pur runterzubringen.
Die Normwerte
Es heißt, der Mensch braucht mindestens 3-6g und höchstens 16 bis 20g Salz am Tag. Daraus hat die WHO dann eine Empfehlung von 5g pro Tag gemacht. Studien zufolge liegt der Durchschnittsverbrauch in Deutschland derzeit bei 12g pro Tag (und trotzdem leben noch alle…). Früher lag er mal bei 22 bis 25g weil es bekanntlich auch als Konservierungsmittel benutzt wird (bspw. für Fleisch). Und da sind wir schon beim eigentlich kritischen Thema: Das Problem ist normalerweise nicht das Salz welches ihr manuell auf euer Essen streut. Damit auf 5g zu kommen schaffe nicht einmal ich. Anders als behauptet wurde, sind meine Geschmacknerven ja nicht außer Betrieb und auch ich finde zu viel Salz auf dem Essen unangenehm und ungenießbar.
Nein, es ist bekanntlich das versteckte Salz, was uns zu Grunde bringt. Zwar nicht so schnell wie gerne behauptet wird aber ja, es ist nicht ohne. Es ist das Salz, welches wie erwähnt als Konservierungsmittel benutzt oder beim Kochen hinzugepackt wird. Zum einen schmeckt ihr hier die erhöhte Salzmenge nicht unbedingt (anders als beim Nachsalzen) und zum anderen wisst ihr überhaupt nicht wie viel tatsächlich drin ist. Selbst wenn ihr euer eigenes Essen zubereitet werdet ihr wohl kaum nachwiegen wie viel Salz ihr gerade in den Nudeltopf gepackt habt. Und bei den ganzen Fertigprodukten steht zwar Salz als Inhaltsstoff drauf aber wer achtet da schon drauf – dabei ist die (wieder Stichwort Konservierungsmittel) teilweise echt extrem hoch (100g Salamipizza von Dr. Oetker enthalten 1,8g Salz) und es handelt sich auch noch um das Schlechteste aller Salze: Industriesalz.
Die Salzarten
Grundsätzlich können wir zwischen groben und feinem Salz unterscheiden. Der Inhalt ist zwar der gleiche aber grobes Salz schmeckt manchmal intensiver, weil es sich bspw. im Brotteig nicht vollständig auflöst und so früher auf der Zunge ankommt. Das gilt genauso für das Nachsalzen mit feinem Salz. Netter Nebeneffekt: Dadurch müsst ihr weniger verstecktes Salz verwenden, weil durch das offene Salz es dem Körper vom Geschmack her schon ausreicht. Interessanter ist aber selbstverständlich aus was das grobe bzw. feine Salz eigentlich besteht:
Industriesalz ist, wie der Name schon verrät, raffiniertes und damit komplett gereinigtes Salz. Das heißt im Normalfall wirklich 100% Natriumchlorid ohne irgendeinen Rest an Spurenelementen oder Mineralien. Natürlich kann man argumentieren, dass selbst bei Himalayasalz (technisch gesehen aus den Khewra-Bergen in Pakistan) mit seinen 2-3% nur eine verschwindend geringe Menge an zusätzlichen Mineralien drin ist. Auch wenn ich die Meinung vertrete, dass wenig immer noch besser ist als gar nicht: An sich ist das reine Industriesalz genauso wie das reine Kochsalz also erst einmal nicht schädlich. Aber ich finde es schmeckt dadurch extrem langweilig.
Problematischer sind hingegen die versetzten Salze. Quasi die Regel sind beispielsweise die Rieselhilfen. Sie verhindern, dass das Salz klumpt. Das kann man zwar genauso mit ein paar Reiskörnern im Steuer verhindern, es ist aber verständlicherweise praktischer, wenn es schon von Haus aus nicht passiert. Mit der Rieselhilfe ist es aber leider wie mit allen Zusatzstoffen: Will ich die wirklich alle drin haben? Vor allem wenn es sich um so lustige Dinge wie Aluminiumoxid handelt.
Nette Zusatzstoffe?
Dann gibt es noch das Jodsalz. Wie der Name schon sagt, ist es mit 15 bis 25mg Jod pro kg versetzt. Das klingt erst einmal natürlich nicht schlecht. Ich muss wegen der HPU beispielsweise auch Jod noch zusätzlich nehmen. Aber leider enthält Salz nur Jodid und kein elementares Jod. Der Körper braucht beide Formen. Bekommt er nur eine, braucht er immer noch die andere. Außerdem kann man die Menge nur als prophylaktisch bezeichnen (0,125mg bei 5g Salz). Wenn man wirklich etwas bewirken wollen würde damit, dann müsste man da wesentlich mehr reinpacken. Es ist also nicht schädlich aber eben auch nicht sonderlich nützlich. Seit der sogenannten “Zwangsjodierung” gibt es nur noch selten eine Kropfbildung wie früher aber es gibt immer noch sehr viele Schilddrüsenunterfunktionen, für die Jod sehr wichtig wäre.
Problematisch ist hingegen Fluorid. Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Das ist doch gut für die Zähne. Und ja, es schützt diese tatsächlich. Wir haben es aber trotzdem aus unserer Zahnpasta verbannt, denn gleichzeitig sind die Fluoride auch giftige Substanzen. Sie sind zwar nicht ganz so toxisch wie pures Fluor aber trotzdem werden sie mit so einigen netten Krankheiten wie Arthritis, Diabetes, Schilddrüsenprobleme und Nierenleiden in Verbindung gebracht. Schlimmer noch: Man kann es als Rattengift verwenden. Und wenn ich mir mit Rattengift schon nicht die Zähne putzen will, dann will ich es erst recht nicht runterschlucken. Mit 250mg pro kg ist davon zudem noch zehnmal mehr drin im Salz als Jod. Natürlich ist die Menge auf 5g mit 1,25mg technisch gesehen trotzdem immer noch nicht ganz so hoch. Aber wir nehmen es ja dann nicht nur einmal, sondern täglich zu uns und erzeugen so eine dauerhafte, völlig unnötige Belastung in unserem Körper.
Natürliches Salz
Aber Meersalz, das ist doch super duper toll und so natürlich und alles. Nur bedingt. Zwar schmeckt es tatsächlich ganz gut. Aber es enthält wieder nur relativ wenig Mineralien und dafür bis zu 5% Restfeuchte. Außerdem wird es bekanntlich durch Vertrocknung gewonnen. Sprich der ganze Dreck, der mittlerweile im Meerwasser ist, hängt auch am Salz dran – darunter nachgewiesenermaßen Mikroplastikpartikel. Die wurden zwar aufgrund der geringen Menge als unschädlich deklariert aber da sind wir wieder beim Thema: Muss ich das wirklich freiwillig zu mir nehmen? Aus meiner Sicht nicht. Deswegen greifen wir ausschließlich zu Steinsalzen. Davon gibt es zig verschiedene Variationen je nachdem in welchem Gestein es sich gebildet hat. Aber außer Details im Geschmack gibt es keinen großen Unterschied zwischen beispielsweise schwarzem, rotem oder rosa Salz.
Wir sind beim Himalaya-Salz (rosa Salz) hängen geblieben, weil es im Großhandel vergleichsweise wenig kostet, es hübsch aussieht, es sehr gut schmeckt und als kleiner Bonus noch 2-3% Spurenelemente drin sind (Eisen, Magnesium, Schwefel, Calcium, Phosphor).
Fazit
Wenn ihr also das nächste Mal jemanden aus eurer Sicht zu viel Speisesalz auf sein Essen packen seht, dann lasst ihn einfach machen. Der eigene Salzbedarf ist nicht nur sehr individuell, die Panik vor dem Salz ist auch absolut nicht sinnvoll. Salz komplett zu verbannen ist die absolut falsche Herangehensweise. Ja, man muss vor allem auf die versteckten Salze achten (deswegen lieber selbst kochen), weil man sie mitunter nicht schmeckt und in vielen Produkten tatsächlich sehr viel davon drin ist. Aber selbst dann einfach auf den Körper hören (Stichwort trinken) und alles ist wieder gut.
Gleichzeitig lieber auf Stein-/Halitsalzarten setzen statt auf das industrielle Zeug mit seinen fragwürdigen Zusatzstoffen. Das mag global-galaktisch (abseits vom Fluorid) zwar nicht die spürbarsten Auswirkungen haben. Aber glaubt mir: Man schmeckt wirklich den Unterschied zwischen 08/15-Kochsalz und einem Steinsalz.