Ich bin nicht wirklich tief im Thema “Musik” drin. Entsprechend überrascht war ich, als vor einigen Wochen die Marketingkampagne für das neue Album der Punk-Rocker von The Offspring startete und mir vor allem auf YouTube erste Teaser eingespielt wurden. Schließlich sind “erst” drei Jahre seit ihrer letzten CD, Let the Bad Times Roll, vergangen. Aber dann habe ich mich wieder dran erinnert, dass die neun Jahre Pause davor (Days Go By kam 2012) definitiv sehr ungewöhnlich waren für die Band.

Hatte angesichts der nahenden Veröffentlichung dann mal den Fehler gemacht auf Reddit r/TheOffspring beizutreten. Bin sehr zügig wieder raus… “Echte” Fans sind echt nicht zu gebrauchen. Nur am Meckern, Schimpfen und Rumheulen (obwohl das Album noch nicht einmal erschienen war!). Anscheinend ist das Werk total “overproduced” und Dexters Stimme könnte man sich absolut nicht anhören. Und schuld ist natürlich Produzent Bob Rock – ungeachtet dessen, dass es jetzt schon sein 4. Album mit der Band ist. Möglicherweise haben sie ja auch recht und das Mixing der CD ist unter aller Sau. Aber als jemand, der immer noch 128kbit/s-MP3s hört, kann ich eh nicht mitreden. Und ja, das ist mein voller Ernst! Nein, ich geh’ mich nicht in die Ecke stellen und schämen. Reden wir stattdessen über das neuste Werk der Kalifornier, denn seit 11.10. ist es erhältlich und ich habe selbstverständlich sofort zum Geldbeutel gegriffen.

(Cover)

SUPERCHARGED

Band: The Offspring
Umfang: 00:32:15 (10 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: Amazon* oder die offizielle YouTube-Playlist

Der Titel des 11. Studioalbums ist Programm. Anders als Let the Bad Times Roll steckt es voller Energie und haut vom ersten bis zum letzten Takt richtig rein. Keine sinnlose Platzverschwendung wie das fragwürdige Cover von In the Hall of the Mountain King, sondern durch und durch der gewohnt abwechslungsreiche und rockige The Offspring-Sound. Teilweise vielleicht sogar “zu” gewohnt. Egal ob Light It Up, Get Some, oder Truth In Fiction – als Kenner der Band hört man in so einigen Lieder sehr viele musikalische Parallelen und (vermeintlich) identische Motive aus ihren älteren Werken. Das klingt aber negativer als es tatsächlich ist. Wir reden hier schließlich nicht von AC/DC, deren gesamte Diskographie exakt gleich klingt :wink: .

Nein, SUPERCHARGED ist stattdessen ganz klar eine gelungene Rückkehr zu alter Form. Es ist kein Lied dabei, das mich zur “Überspringen”-Taste schnellen lässt. Stattdessen vergehen die 32 Minuten wie im Fluge und ich fange sofort wieder von vorne an (mittlerweile mindestens schon ein Dutzend Mal von vorne bis hinten durchgehört). Harte, schnelle Tracks, die übliche Ballade (Ok, But This Is The Last Time) und der ein oder andere fröhlichere Song – es ist ein ausgewogener Mix aus allem, was die Band in den letzten 35 Jahren so rausgehauen hat, ohne aber in irgendwelche (aus meiner Sicht) nervige Extreme zu gehen. Selbst Come To Brazil, der vielleicht grenzwertigste Song auf der Platte, kann sich hören lassen. Definitiv ein sehr gelungenes Album und ein Werk, das verdient den Namen The Offspring trägt.

Persönliches Lieblingslied: You Can’t Get There From Here [03:54]

So sehr ich die richtig harten, punk-rockingen The Offspring-Songs verehre – irgendwie habe ich doch einen Softspot für Dexters etwas melodischeren und nachdenklicheren Werke wie diese. Also nicht ganz Ballade aber eben auch nicht richtig schredder-punkig. Und auf diesem Album ist es dieser Track, der es mir in dieser Hinsicht angetan hat. Es geht um die Stimme in unserem Kopf, die einem immer das Schlimmste vermittelt und so alle Träume und Hoffnungen zerstört. Der buchstäbliche Palast des Selbsthasses. Es ist kein fröhliches Lied. Kein Happy End, das am Ende wartet. Aber vielleicht nimmt es mich gerade deshalb so mit.

PS: Für alle, die es interessiert (also vermutlich nur Daiah :wink: ), hier mein aktuelles The Offspring-Ranking:

Thomas Bergersen und Nick Phoenix gehen seit Anfang April getrennte Wege. Damit ist nach 18 Jahren Schluss mit Two Steps From Hell. Angefangen haben sie damals damit Musik für Trailer und Werbespots zu komponieren – mit viel Erfolg. Zahlreiche bekannte Franchise wie J. J. Abrams Star Trek, Pirates of the Caribbean oder Harry Potter nutzten ihre Werke, um bombastisch/episch klingende Trailer auf die Leinwand zu zaubern.

So weit, so uninteressant. Sie waren jedoch das erste Produktionsstudio dieser Art, welches seine Werke dann auch auf CD brannte und so erstmals der Öffentlichkeit zugänglich machte (außerhalb von schlechten YouTube-Rips). Invincible* (2010) und Archangel* (2011) waren damals ihre ersten, sehr erfolgreichen Veröffentlichungen. Mit SkyWorld* (2012) erschien dann die erste Platte mit komplett neuer Musik, die nicht ursächlich für Trailer geschrieben worden war. Da sie damit ebenfalls einen großen Erfolg hatten, wurden die Arbeiten für die Film- und Fernsehbranche anschließend immer weniger. Stattdessen brachte das Duo über die Jahre fleißig weitere Alben heraus und veranstaltete sogar Konzerte – bis jetzt. Myth* (2022) ist dann wohl das letzte gemeinsame Album der beiden. Solo-Alben hatten sie schon davor rausgebracht.

Die Konkurrenz

Doch obwohl Two Steps From Hell dem Trailer-Musik-Markt schon vor langer Zeit den Rücken zukehrte, ist der Bedarf immer noch vorhanden. Entsprechend sind andere Firmen in ihre Fußstapfen getreten. Eine davon ist Phantom Power. Das Geniale an denen ist, dass die ihre Musik tatsächlich kostenlos zur Verfügung stellen und man sie sogar in nicht-gewerblichen, nicht-monetarisierten YouTube-Videos verwenden darf (mit Namensnennung und ein paar Links). Nur die darüber hinausgehende Nutzung ist lizenz- und damit kostenpflichtig. Seit ich die kennen gelernt habe flattert entsprechend jetzt immer mal wieder eine E-Mail mit einem WeTransfer-Link in mein Postfach. Der Inhalt ist das jeweils neuste Machwerk inkl. zusätzlichen Mixes und das alles im Audio Interchange File Format (=sehr hohe Qualität). Ihr neustes Album ist das hier:

(Cover)

Rhythm Labs Vol. 2 (2024)

Komponist: Phantom Power
Umfang: 00:41:02 (20 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: WeTransfer (Link funktioniert nur bis Juli 2024; kostenlos)

(Extrem) hartes Schlagzeug und Trommeln verfeinert mit viel Elektronik erwarten den Hörer auf diesem Album – mit einem kleinen Twist. Und zwar ist der Name eines Liedes quasi Programm. Das Motiv von Overcharged klingt beispielsweise wie ein aktiver Taser oder eine elektrische Leitung, die Funken schlägt. In Mechanical Disruption gibt es hingegen harte Pausen und der Rhythmus gleicht einer schwer arbeitenden Maschine, die unnachgiebig ihrer Funktion nachgeht. Und in Seven Samurai ertönen Schwertklingen. “Foley” ist das – neben der durchgängig schweren Klänge – Stichwort. Dank dieser teils eingestreuten, teils nachgeahmten Geräusche ergibt sich ein äußerst interessantes und abwechslungsreiches Hörerlebnis. Dabei sind die Tracks an sich eigentlich ziemlich gleichförmig. So dominierten harte und schwere Klänge (wie ich jetzt schon zum 3. Mal erwähne – aber es ist halt so :smile: ) und man kann durchaus die ein oder andere thematische Wiederholung heraushört. Dennoch ist es ein gelungener Hörgenuss. Allerdings definitiv eine Sammlung, die man eher beim Gewichtheben als vor dem Schlafen gehen hören sollte.

Persönliches Lieblingslied: Track 12 – Abolish [01:53]

Das aus meiner Sicht ungewöhnlichste Lied auf der (virtuellen) CD. Es nutzt sehr viele unterschiedliche Geräusche, die im ersten Moment scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Doch spätestens ab der Hälfte des Stücks dämmert es dem Zuhörer, dass er es hier mit einer Bombe zu tun hat. Ob der Entschärfungsversuch der Dame am Ende zum Erfolg führt, wird nicht deutlich (es ist schließlich Trailer-Musik). Aber das Stück nimmt mich trotzdem jedes Mal wieder mit auf eine sehr hart klingende und emotionale Reise.

Wusstet ihr eigentlich, dass (nicht nur) auf Steam mehrere Dutzend Spielesoundtracks für Umme verfügbar sind? Bitte? Ja, da ist auch das ein oder andere nicht so gelungene Werk dabei. Aber das kann einem bei einem bezahlten Soundtrack ebenfalls passieren. Insofern ist das kein Argument :smile: .

Finden könnt ihr die ganz einfach: Lasst das Suchfeld auf der Steamstartseite leer, setzt auf der nächsten Seite in der Kategorie “Ausgewählte Typen anzeigen” ein Häkchen bei “Soundtracks” und sortiert die Liste dann nach “Niedrigstem Preis”. Alternativ klickt einfach diesen Link. Und voila: Haufenweise kostenlose Musik, die ihr eurer Bibliothek hinzufügen und anschließend lauschend könnt. Passenderweise fällt meine heutige Empfehlung ebenfalls in diese Kategorie:

(Cover)

ICEY (2016)

Komponist: FantaBlade (feat. Ziqi Liu & Chris Chen)
Umfang: 00:24:28 (12 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Steam (kostenlos)

Abwechslung ist das große Stichwort von FantaBlades Werk. Beim Titellied (ICEY) denkt der Zuhörer noch, es würde ihn ein sonores, leicht episches Werk aus klassischer Musik erwarten. Und selbst sobald sich im nächsten Track, Lost Woods, erste elektronische Töne mit einfließen bleibt dieser Eindruck noch bestehen. Doch man realisiert relativ schnell: Es erwartet in den (leider nur) 25 Minuten ein richtig cooler Mix aus Klassik, langsamen Synthwave und etwas schnellem House/Techno (vermutlich passend zu den Bosskämpfen im Spiel).

Zwar wird der Hörer mitunter vom Kontrast etwas erschlagen – erst ein langsames, einlullendes Lied und dann zertrümmert einem (übertrieben gesagt) im nächsten der Bass die Ohren – aber das auch ein bisschen den zusätzlichen Reiz dieses kurzen Albums aus. Die 12 Tracks sind allesamt klanglich interessant und trotz der Eingängigkeit vor allem der langsameren Stücke ein tolles Hörerlebnis.

Persönliches Lieblingslied: Track 01 – ICEY [03:08] (Anhören)

Ja, ich bin echt langweilig, ich weiß. Statt “interessanter” klingenden Liedern wie Tower Bridge oder Clock Tower, gebe ich dem “langweiligsten” und klassischsten Track des Albums den Vorzug. Aber ich kann halt nicht anders. Ich finde das simple Klavier-Motiv irgendwie nett, die leichte Steigerung hin zur Mitte ansprechend (das Grundmotiv hier kommt mir auch irgendwie bekannt vor) und die sanfte Auflösung zum Schluss mit den zurückhaltenden Geigenklängen und etwas Gesang beruhigend. Insofern sicherlich vom Hör-Anspruch her nichts besonderes aber mir gefällts – und am Ende ist nur das Wichtig für diesen Abschnitt :tongue: .

Zwölf für die Einkaufsliste, Fünf für die Ohren – ich hatte schon immer die Tendenz zu Monstereinträgen und umfangreichen Serien auf dieser Seite. Kein Wunder: Lange hatte ich die Zeit dafür mich teils mehrere Tage hinzusetzen und einen Eintrag zu schreiben. Mittlerweile ist das etwas schwieriger geworden. Gut, Zwölf für die Einkaufsliste ist auch gestorben, weil mich brandaktuelle Titel größtenteils nur noch wegen ihren Koop-Eigenschaften interessieren (für Co-Optimus). Aber ihr versteht, was ich meine.

Und in Bezug auf Musik stört es mich schon lange, dass ich es nicht häufiger hinbekomme einen entsprechenden Eintrag zu verfassen. Was vor allem daran liegt, dass ich mich in der Serie auf fünf Alben mit entsprechendem Aufwand committet habe, wie es so schön neudeutsch heißt. Dabei gibt es doch so viel Kram, den ich euch gerne vorstellen würde (und die Liste wächst stetig weiter an). Versuchen wir es also mit einer Konzeptänderung: Nur noch ein Album pro Eintrag, und zwar dann, wenn ich es sowieso gerade hoch und runter höre – es also frisch im Gedächtnis ist. Den Anfang macht dahingehend folgendes Werk:

(Cover)

Rustler (2021)

Komponist: Paweł Czerwiński (Chervinsky)
Umfang: 01:05:50 (21 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Steam (4 EUR)

Rustler selbst ist eine Grand Theft Auto-Parodie – und zwar explizit von den 2D-Teilen der Serie (lang, lang ist es her). Da Rockstars Serie allerdings schon selbst eine Parodie auf speziell die amerikanische Kultur ist, haben die Entwickler von Justsu Games die Geschichte kurzerhand ins Mittelalter versetzt (=Grand Theft Horse). Und damit kommen wir nun endlich zum Soundtrack von Chervinsky, der sich grob unter dem Begriff “instrumentaler Mittelalter-Hip-Hop” zusammenfassen lässt. Das klingt tatsächlich so absurd, wie es sich liest. Hauptsächlich mit Laute, Flöte und Tamburin zaubert der Komponist eine durchgängig launige und eingängige Klangkulisse, die wie das Spiel selbst eine Parodie der großen Vorbilder darstellt. Zumindest bilde ich mir ein das ein oder andere Motiv schonmal ähnlich in Radio & Fernsehen gehört zu haben.

Die Lieder sind zwar melodisch eher auf der simplen Seite mit vergleichsweise einfachen Elementen und vielen Wiederholungen (Hip-Hop halt?) aber sie versprühen sehr viel Charme und klingen durchweg humorvoll. Entsprechend macht es mir sehr viel Spaß dem Soundtrack zu lauschen. Dabei vermisse ich zu keiner Zeit irgendeinen Gesang – im Gegenteil sind die paar Tracks damit keine meiner Favoriten. Stattdessen wippt mein Kopf vom ersten Takt an mit und genießt das virtuelle Gangsterdasein im Mittelalter.

Persönliches Lieblingslied: Track 01 – Thug Life Poor Life [03:28] (Anhören)

Stichwort “Simpel”: Die 3 1/2 Minuten bestehen fast nur aus leichten Variationen des Hauptmotivs. Und doch kann ich mich von diesem Track einfach nicht lösen. Der Titel hält, was er verspricht, und weckt irgendwie den “totalen Gängsta” in mir. Mein Körper fängt vollautomatisch an irgendwelche komischen Bewegungen zu machen, die total cool und lässig aussehen sollen – wie man es halt so aus den typischen Hip-Hop- und Rap-Videos kennt. Dass die Realität vermutlich eher in Richtung “hat der grad einen Anfall?!” geht, ist mir dabei ziemlich egal. Also zumindest, solange mich keiner dabei beobachtet. Und nein, die Katzen zählen (zum Glück) nicht.

Vor mehr als fünf Jahren hatte ich euch an dieser Stelle fünf Bands vorgestellt. Diese Bands hatten alle gemein, dass ich sie erst durch Lysanda kennen gelernt habe und eine Frau als Lead Singer hatten. Vor ein paar Tagen bin ich nun mal wieder meinen mp3-Ordner durchgegangen. Das mache ich ab und zu, um zu schauen ob es mal wieder ein neues Album von den Jungs und Mädels gibt. Bekomme das meist anders nicht mit. Dabei ist mir eingefallen, dass ich schon lange vor der Zeit vor Lysanda einige Bands mit weiblichen Stimmen entdeckt und für gut befunden hatte. Also habe ich mir gedacht: Tu‘ doch mal wieder etwas für die Bildung deiner Leser und stelle ihnen fünf davon vor.

(Cover)

Alanis Morissette (seit 1986 aktiv)

Genre: Alternativer Rock (meistens)
(ausgewählte) Studioalben: Jagged Little Pill* (1995), Flavors of Entaglement* (2008), Havoc and Bright Lights* (2012)

Okay, die Kanadierin ist bereits 36 Jahre im Geschäft und definitiv keine Unbekannte. Insofern dürften die meisten unter euch schon von ihr gehört haben. Nicht nur ihr Megahit Ironic vom Erfolgsalbum Jagged Little Pill ist selbst heute noch regelmäßig im Radio zu hören – ihre Alben schaffen es auch immer noch bis fast ganz oben in den Charts.

Völlig verdient wie ich finde. Bei jeder neuen Veröffentlichung weiß man nicht so recht, was einen musikalisch erwartet (Alternative Rock, Post-Grunge, Elektronik, Indie Pop – gibt so einiges, was sie schon ausprobiert hat). Ihr neustes Werk, the storm before the calm*, ist sogar einfach nur ein Meditationsalbum. Worauf man sich aber verlassen kann ist, dass man Lieder zu hören bekommt, die von Herzen kommen. Ehrlich, unverblümt und mit einer emotional starken Stimme, nimmt sie mich jedes Mal mit auf eine sehr besondere musikalische Reise an deren Ende ich mich fühle, als hätte ich wieder ein bisschen mehr über mich selbst erfahren. Klingt total abgehoben aber ich wüsste nicht, wie ich es sonst beschreiben könnte. Definitiv eine besondere Sängerin/Songwriterin.

Persönliches Lieblingslied Such Pretty Forks In The Road – Track 01 – Smiling [04:17] (Anhören)

Keine Frage: Fast jedes Lied von Jagged Little Pill haut selbst heute noch rein. Kein Wunder also, dass diese noch so oft im Radio gespielt werden. Aber mir geht ihre mittlerweile erfahrenere und auch irgendwie rauere Stimme mit den dazugehörigen eher melancholischen Texten und der zurückhaltenden Begleitmusik viel mehr unter die Haut. Und Smiling ist für mich das beste Beispiel dafür. Langsam, nachdenklich und wehklagend besingt sie hier ihre innere Resignation, die sie nach außen niemals zeigen kann. Ein Gemütszustand mit dem sicherlich so einige unter uns mitfühlen können (leider).

 

(Cover)

Cœur de Pirate (seit 2007 aktiv)

Genre: Indie-Pop
(ausgewählte) Studioalben: Cœur de Pirate (2008), Blonde (2011), En cas de tempête, ce jardin sera fermé (2018)

Child of Light hat mich bekannt gemacht mit dieser – ebenfalls kanadischen – Künstlerin. Ihre Stimme ist auf dem Soundtrack nur im finalen Track (Off To Sleep) zu hören. Aber in ihren Bann gezogen hatte sie mich bereits bei den ersten (Klavier-)Tönen des Titelsongs Pilgrims On A Long Journey. Einer dieser Tracks, die mich immer wieder fast zum Heulen bringen.

Doch es geht an dieser Stelle nicht um den Gewinner von drei Bagdadsoftware NOCAs (2014), sondern um das Piratenherz (=Übersetzung ihres Namens) selbst. Ein Multitalent (Pianistin, Sängerin, Songwriterin) mit einer herzerweichenden süßen Stimme. Sie singt aus Überzeugung hauptsächlich auf Französisch und das liegt ihr auch definitiv am besten. Die englischen Lieder auf ihrem Album Roses* gefallen mir nicht einmal ansatzweise so gut.

Indie-Pop/Folk-Pop ist ihre Musikrichtung und ein Klavier, auf dem sie selbst in die Tasten greift, muss immer irgendwie dabei sein. Ihre Texte sind sehr lyrisch, teilweise schon poetisch und passen perfekt zu diesem (vermeintlich) zarten Stimmchen. Sie lullt einen beim Zuhören quasi mit ihrem Singsang ein. Ihr Repertoire besteht zwar bei weitem nicht nur aus langsamem “Geklimpere” (Adieu ist z.B. durchaus fetzig) aber ich muss ehrlich zugeben, dass mir genau diese Lieder am besten gefallen. Ihre Stimme unterstützt von einem Klavier und ich bin im siebten Himmel.

Persönliches Lieblingslied Blonde – Track 08 – Place De La République [04:11] (Anhören)

Eins dieser besagten “hauptsächlich ihre Stimme mit einem Klavier“-Lieder. Das Klagelied einer unglücklich Verliebten. Die Erinnerung an einen unvergesslichen Abend in Paris (auf dem Platz der Republik), die Bitterkeit der Trennung am nächsten Morgen und der schmerzliche Gedanke nach dem Überqueren der Seine (der Fluss mitten durch Paris), dass der andere sich sowieso nicht an sie erinnern wird. Langsam, eindringlich und doch irgendwie hoffnungsvoll gesungen. Ein sehr schöner Song.

 

(Cover)

Heather Nova (seit 1990 aktiv)

Genre: Alternativer Rock
(ausgewählte) Studioalben: South* (2001), Redbird* (2005), 300 Days at Sea* (2011)

Nein, nicht noch eine Kanadierin. Sie kommt stattdessen aus Bermuda. Passend dazu kann ich absolut nicht mehr daran erinnern wo ich die Dame ursprünglich entdeckt habe. Und wer diesen Witz jetzt nicht verstanden hat, dem kann ich nicht weiterhelfen. Ich weiß nur, dass das Zünglein an der Waage weg von “ganz nett zum ab und zu mal reinhören“ hin zu “läuft tagelang hoch und runter“ für mich erst ihr sechstes Album Redbird (2005) war. Es vereint die Stärken all ihrer vorherigen Alben und ist von vorne bis hinten ein vorzüglicher und abwechslungsreicher Hörgenuss.

“Abwechslungsreich“ ist aber auch sonst bei ihr ein gutes Stichwort. Ist das eine Album klassisch rockig, singt sie auf einem anderen nur alleine mit ihrer Akustikgitarre. Und selbst in den Liedern erwarten den Zuhörer viele Überraschungen. Während andere eher auf Gleichförmigkeit setzen, ist für sie die Musik genauso wie ihr Gesang flexibel, formbar und der Erzählung klar untergeordnet. Häufige Tempi- und Tonhöhenwechsel, klassische Instrumente vermischt mit E-Gitarren, Bass und Schlagzeug sowie den Mut eben wie erwähnt auch einfach mal nur mit der Akustikgitarre da zu sitzen. Jedes Mittel ist recht, um jedes Lied zu einer emotionalen Geschichte mit einem Spannungsbogen aus Traurigkeit und Hoffnung zu formen. Und ja: Ihre Stimme macht das alles problemlos mit. Ob hoch oder tief, melancholisch oder freudig, eindringlich oder zurückhaltend – sie ist die perfekte Erzählerin. In einem Rollenspiel wäre sie vermutlich der Barde in der Taverne.

Persönliches Lieblingslied: Redbird – Track 01 – Welcome [4:18] (Anhören)

Der Name des Lieds passt wie die Faust auf das Auge. Was für ein fulminanter Einstieg in ein Album. Es ist als würde Nova uns, den Zuhörer, freudig strahlend zu sich einladen. Ihr Angebot: 51 Minuten lang in ihre Welt abzutauchen, ein Gefühl von Freiheit zu erleben und etwas von ihr zu lernen. Und wer kann diesem Angebot bei diesem fetzigen Rhythmus und dem eindringlichen aber liebevollen Gesang widerstehen? Ich zumindest nicht. Wenn ich „Heather Nova“ in meine Winamp-Suche (ja, ich benutze es immer noch) eingebe, lande ich quasi immer zuerst bei diesem Track. So eingängig und genial.

 

(Cover)

K’s Choice (seit 1994 mit Pause aktiv)

Genre: Alternativer Rock / Post-Grunge
(ausgewählte) Studioalben: Paradise in Me* (1996), Almost Happy* (2000), Love = Music* (2018)

Gleich vorweg: Bei der Recherche für diesen Eintrag habe ich gelernt, dass Sänger Sam Bettens 2019 sein Coming-out hatte. Die Band hat also keine Frontfrau. Aber gute Musik ist gute Musik egal wer am Mikrofon steht, insofern passt das schon.

Mit diesem Punkt aus dem Weg: Eine dieser Bands mit denen ich dank Don Quichotte in meiner Kindheit/Jugend Bekanntschaft geschlossen habe. Und wie es sich für viele der Bands gehört, die DQ früher gehört hat (zumindest aus meiner Sicht), sind auch die Belgier klanglich ein wenig „komisch“ (Post-Grunge halt – verzerrte Gitarren und sowas) und ich habe sie erst später wirklich zu schätzen gelernt. Vermutlich ist es Sams leichte „Raucher“-Stimme, die mich am Ende überzeugt hat gepaart mit den eher nachdenklicheren und oftmals sehr melancholischen Texten – die aber auf häufig eine sehr gegensätzliche Art und Weise erzählt werden. Da kriegt man als Zuhörer mitunter ein ganz schönes Schleudertrauma. Etwas gewöhnungsbedürftig aber sobald man sich darauf eingelassen hat eine wirklich geniale Band mit einem überraschend breiten musikalischen Repertoire.

Persönliches Lieblingslied Paradise in Me – Track 13 – Old Woman [01:55] (Anhören)

Was für ein Kontrast. Ein schneller und fröhlicher Sound von dem man sich sofort mitreißen lässt. Und dann stellt man im dritten Vers fest, dass es um den Suizid-Versuch einer alten Frau geht, die wieder mit ihrem Mann vereint werden möchte. Viel zu kurz kurz aber ein starker Text mit einem nachdenklich stimmenden Ende und ein richtig gutes Hörerlebnis.

 

(Cover)

The Naked and Famous (seit 2007 aktiv)

Genre: Elektropop
(ausgewählte) Studioalben: Passive Me, Aggressive You* (2010), Simple Forms* (2016), Recover* (2020)

Ich bin zwar schon ein alter Sack aber ihre Hymne an die Jugendliebe Young Blood hat mich sofort mitgerissen als ich sie in SSX (2012) erstmals gehört habe. Mir gefiel der Song so gut (und er passt so perfekt zum Spielgefühl), dass ich die Rennen immer solange neu gestartet habe bis er abgespielt wurde. Also blieb mir nichts anderes übrig als mir die Band mal genauer anzuschauen. Und was soll ich sagen? Ich habe eine sehr interessantes Hörerlebnis entdeckt, das Frontfrau Alisa Xayalith (mit häufiger Unterstützung von Thom Powers) und ihre Band bieten.

“Sphärisch”, “Verträumt”, “in die Leere hinausrufen” – das wären ein paar Wörter mit denen ich die Werke von The Naked and Famous umschreiben würde (wobei die Tracks auf dem neusten Album, Recover, überraschend “normal” sind). Der eingängige Gesang ist häufig so gemixt, dass er wie aus der Ferne kommend klingt und zusammen mit den (teils sehr hart) verzerrten (Elektronik-)Klänge eine fast schon außerweltliche Erfahrung erzeugt. Auch inhaltlich weichen die Lieder eher von der Norm ab und brauchen mitunter etwas mehr Gehirnschmalz, um den Sinn dahinter zu verstehen. Das tut dem Hörgenuss freilich keinen Abbruch. Stattdessen habe ich relativ schnell das Bedürfnis mich irgendwie zum Rhythmus bewegen zu müssen.

Persönliches Lieblingslied Passive Me, Aggressive You – Track 02 – Punching In A Dream [03:58] (Anhören)

Ein sehr rockiger und poppiger Sound, der trotz seiner starken elektronischen Verzerrung eher Fröhlichkeit und Aufschwung vermittelt. Dabei singt Alisa (mit Unterstützung von Thom) keine freudige Ballade über das Leben, sondern von den vielen Widerständen gegen die man scheinbar nicht ankommt (=wie Boxen in einem Traum). Ein cooler Gegensatz der extrem gut klingt und meinen Körper sofort in Bewegung bringt.

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