Kane & Lynch: Dead Men

 

Durchgespielt

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Mikroruckler alle drei Sekunden wegen einer Tastatur mit Zusatztasten und Abstürze am laufenden Band. Kane & Lynch: Dead Men machte es mir nicht einfach es endlich durchzuspielen. Da der Patch, der seit dem Release im November 2007 immer wieder angekündigt wurde, nie erschienen ist, habe ich mich nun endlich durch gequält.

Gut, die Mikroruckler wurden zwischenzeitlich durch ein Update von Games for Windows Live behoben, aber das Problem unter Zugzwang einen Level so schnell wie möglich zu beenden, nur damit ich dem Absturz zuvorkomme, war dennoch weiterhin vorhanden.

Oberflächlich betrachtet ist das Spiel auch nur ein solider 3rd-Person-Shooter. Man rennt mit Kane durch die Gegend und erschießt alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist (also alles). Zwar hat er die meiste Zeit zumindest Lynch an der Seite und kann ihm Befehle geben, aber das macht wegen der KI keinen wirklichen Spaß. Auf beiden Seiten gibt es nicht gerade viel Hirn und das einzige, was die gegnerische KI kann ist gut zu zielen. Das Problem der eigenen KI ist etwas anders. Befiehlt man den eigenen Mannen einen Gegner anzugreifen, tun sie das auch fleißig bis er tot ist. Leider gibt es in dieser Situation dann zwei ungünstige Szenarien: Entweder stürmen sie blind auf den Gegner zu um ihm im Nahkampf flachzulegen, oder sie stehen hinter einem undurchlässigem Objekt, durch das sie zwar den Gegner sehen aber nicht treffen können. So schießen sie wie die Wilden darauf ohne etwas zu bewirken. Ich habe deshalb nur für das entsprechende Achievement einen Level komplett mein Team die Drecksarbeit machen lassen.

Noch mehr negatives

Auch technisch ist besonders die Grafik nicht gerade auf der Höhe der Zeit und sieht in vielen Situationen schlechter aus als Hitman: Blood Money - welches mehr als ein Jahr zuvorher erschienen ist und die gleiche Grafikengine nutzt. Besonders schlimm fand ich die undetaillierten Texturen und der generell sehr kantige Aufbau der Level. Objektiv betrachtet spricht also nicht wirklich viel für den Titel - außer der Koop-Kampagne (Xbox 360-Gamepad vorausgesetzt) und dem doch etwas innovativen Multiplayermodus "Fragile Alliance". Dort ist allerdings derzeit niemand mehr anzutreffen.

Dafür glänzt der Titel meiner Meinung nach aber bei der Story und den Charakteren. Auch wenn vor allem die deutschen Magazine wieder das Schild "Moral?" hochgehalten haben und der Meinung waren, das Spiel wäre schlecht, da man sich ja nicht mit zwei "abgrundtief bösen" Charakteren identifizieren kann. Jetzt wo ich das Spiel durch habe, frage ich mich da aber schon ob die entsprechenden Redakteure überhaupt den Titel gespielt haben. Oder sie wollten einfach, wie so oft, den Eindruck von "Wir heißen offiziell solche Art von Gewalt nicht gut!" erwecken.

You're crazy Kane!

Dabei ist besonders Kane eine geradezu tragische Figur mit wohl dem ehrenswertesten aller Motive: Er will seine Familie beschützen. Selbst Lynch, der überall als medikamentenabhängiger Psychopath dargestellt wird, steht besonders gegen Ende der vierzehn Kapitel in einem ganz anderen Licht. Wenn Lynch zu Beginn in der Bank vollkommen außer Kontrolle alle Besucher niedermetzelt, bekommt der Spieler selbstverständlich zuerst den Eindruck von einem unsympathischen Arschloch. Aber wenn er dann während der Verfolgungsjagd im Auto zusammenbricht, ist der folgende Dialog ein ganz wichtiges Element, um aufzuzeigen, das hinter der Oberfläche nicht das steckt, was man zu glauben scheint. Vor allem versuchen die Story Writer bei IO Interactive hier nicht fadenscheinig Lynchs Handeln zu beschönigen oder runterzuspielen, sondern geben ihm einfach nur eine menschliche Seite.

Kane wandelt sich im Laufe der Geschichte da eher schon zum Gestörten, der ohne Rücksicht auf Verluste sein Ziel verfolgt. Und das erste von zwei möglichen Enden hat mich in der Hinsicht auch durchaus schockiert zurückgelassen. Nicht weil es besonders brutal oder so wäre, sondern wegen der (verständlichen) Reaktionen der Beteiligten auf Kanes Handlungen. Hier wird genau das ausgesprochen, was der Spieler denkt. Das die Entwickler an diesem Punkt zusätzlich dem Spieler die Wahl lassen selbst zu entscheiden was Kane als nächstes tun soll, ist ein wahrer Geniestreich. Aber auch das zweite Ende ist wahrlich kein Happy End. Eigentlich ist es für Kane sogar noch wesentlich schlimmer. Aber für den Spieler ist es dennoch eine Art Befreiung. Es ist der Gedanke einmal im Spiel etwas Richtiges, schon fast etwas Gutes, getan zu haben.

Und genau das sind die Dinge, die mich die Abstürze, teilweise im Minutentakt, ertragen ließen. Am Ende war ich nur etwas enttäuscht, dass Lynch sich nicht ganz so frei entfalten konnte, wie ich es gern gesehen hätte. Besonders aus der Geschichte mit den Medikamenten hätte man durchaus noch mehr holen können. Der Fokus lag stattdessen die ganze Zeit voll auf Kane und Lynchs Probleme wurden nur nebensächlich angesprochen. Auch insgesamt war der Titel einfach viel zu kurz.

Fazit

Ich hoffe, dass es einmal einen zweiten Teil geben wird. Ja, der Titel hat mit teils massiven Problemen zu kämpfen. Aber wenn man es schafft diese auszublenden, oder einer der glücklichen ist, der die schlimmsten davon nicht hat, dann erwartet einen ein wirklich tiefgründiges Spiel. Als abschließende Wertung gebe ich ihm deshalb 3 von 5 Sics - ohne die Abstürze wären es wahrscheinlich ein ordentliches Review und vier Sics geworden.[CH]

(Veröffentlicht am 28.08.2008)