The Witcher

 

(Version 1.1)

 

Angespielt
Diskussion - Screenshots

Definitiv aus meiner Sicht das Rollenspiel des Jahres 2007. Das "Warum" wird klar, wenn man sich das Spiel etwas genauer anschaut. Zuerst aber noch der Hinweis, dass ich Geralt vorher nicht kannte (es gibt den kompletten Zyklus leider immer noch nicht komplett auf Deutsch oder Englisch).

Bringen wir am besten gleich die negativen Aspekte hinter uns, die auch gleichzeitig die Gründe sind, warum ich momentan auf Patch 1.2 warte bevor ich weiterspiele: Die Ladezeiten sind schlimmer als in Battlefield 2 und Battlefield 2142 zusammen. Die Ladezeiten an sich sind schon lang aber es kommt noch mehr dazu. So wird nach jeder Ladesequenz erst noch gespeichert (was auch ewig dauert) und es besonders in Städten quasi ständig geladen. Da das Spiel auf der Aurora-Engine (Neverwinter Nights) aufbaut, zählt nämlich schon jedes Haus als eigener Level, egal wie groß es ist. Wenn also nun eine Erkundungstour einer größeren Stadt ansteht, vergeht einem spätestens nach dem dritten Haus schon irgendwie die Lust darauf jede Ecke zu erkunden. Mit 1.2 soll dies aber besser werden und vor allem soll es dann die Möglichkeit geben das Autosave am Ende des Ladens abzuschalten.

Auch ein Problem, dass mit 1.2 zumindest verbessert werden soll, ist die miese Performance speziell in Zwischensequenzen und die gelegentlichen Framedrops. Die Ansprüche des Spiels sind in sich, trotz der sehr guten und ansehnlichen Grafik, eher moderat. Dennoch gehen die Bilder pro Sekunde, insbesondere in Zwischensequenzen unerklärlicherweise tief nach unten.

Der letzte große Negativpunkt, der aber wohl nicht behoben wird, ist das Interface. Speziell im Inventar sind die Symbole der Items viel zu klein. Dadurch lässt sich nicht auf Anhieb erkennen, was das eigentlich für ein Item sein soll und man ist immer auf den Tooltip angewiesen. Auch sonst ist der Spieler ohne Shotcuts doch etwas verloren weil das entsprechende Icon erst einmal gesucht und genau angeklickt werden möchte.

Sieht man über diese technischen Probleme hinweg - und wir sind im Rollenspielgenre ja wesentlich schlimmeres gewohnt - findet man allerdings ein herausragendes Spiel vor. Die sehr gute Grafik hatte ich ja bereits erwähnt aber auch die Animationen der Charaktere und Monster sind sehr gut gelungen. Zwar hat das Titten-Wackel-System ab und zu ein paar Aussetzer, die bei den leicht bekleideten Frauen dann ein eher amüsantes Bild hervorrufen aber im Großen und Ganzen gibt es dank der vielen Details nichts daran auszusetzen.

Aber auch inhaltlich glänzt der Titel dank des vorhandenen Universums mit interessanten Charakteren mit Tiefe und einer spannenden Geschichte. Leider gibt es aber hier doch noch einen Kritikpunkt: die Dialoge in allen internationalen Versionen wurden drastisch zusammengekürzt. Nur die, von CD Projekt, selbst eingespielten polnischen Dialoge sind komplett und dementsprechend auch viel tiefgreifender. Es ist echt schade, dass ATARI hier nicht bereit war die Vorlage wirklich 1:1 umzusetzen.

Jemand, der der polnischen Sprache mächtig ist, sollte deshalb zur Originalfassung greifen. Allen anderen sei die englische Version (nicht die amerikanische - die ist geschnitten!) ans Herz gelegt. Die deutsche Synchronisation ist nicht gerade herausragend aber zum Glück sind alle europäischen Versionen mehrsprachig.

Trotz dieses Details, von dem die meisten sowieso nichts bemerken werden, stimmt die Atmosphäre und diese steht der Gothic-Serie in nichts nach. Die ganze Welt ist äußerst lebendig und die Anwesenheit von Geralt hat zu jeder Zeit sichtbare Auswirkungen. Zusätzlich gibt es auch noch amüsante Minispiele wie Kampftrinken oder Glücksspiel.

Ingesamt ist auch sehr positiv hervorzuheben, dass sich The Witcher sehr erwachsen gibt. Das ist nicht nur auf die Möglichkeit mit über 20 Frauen im Spielverlauf ins Bett zu steigen bezogen sondern auf die ganze Welt. Diese kommt äußerst rau daher und ist auch dadurch sehr viel glaubwürdiger. Es gibt einfach nicht die schöne Prinzessin, die vom bösen Drachen versklavt wird. Stattdessen gibt es die Hure an der Ecke, die emanzipierte Magierin und das unschuldige Bauerntöchterchen. Auch Geralt ist nicht einfach nur der strahlende Held sondern hält sich, wie alles in der Welt, im grauen Bereich der Moral auf. Und der Aufbau der Städte und der Umgebung fühlt sich richtig an für das 13. Jahrhundert. Auch die offensichtlichen Fantasy-Elemente passen sich wunderbar in diesen Gebilde ein und wirken zu keiner Zeit überzogen und unrealistisch. Natürlich ist dies alles mehr dem Autor Andrzej Sapkowski und seiner Vorlage zu verdanken aber CD Projekt Red hat diese erfolgreich umgesetzt und dieser Welt ein ansprechendes und glaubwürdiges Gesicht verpasst.

Das Gameplay weiß auch zu gefallen. Natürlich verbringt man die meiste Zeit damit Monster zu erschlagen, Quests zu erfüllen und aufzuleveln aber die Möglichkeiten im Kampf sind enorm. Zwar erschlägt einen der Skilltree zu Beginn aber die Kämpfe an sich sind dank der Reaktionscombos erfrischend anders und kein langweiliges Dauergeklicke, Maustaste-gedrückt-halten oder Autoattack-anschalten. Natürlich bedarf es etwas Eingewöhnungszeit und die richtig fetten Kombos gibt es verständlicherweise erst auf höheren Leveln aber die Belohnung dafür sind die am besten animierten Schwertkämpfe seit langem. Zauber, sogenannte Zeichen, gibt es zwar auch aber der Fokus des Spiels liegt definitiv auf dem Schwertkampf.

Aber allein dank der vielen verschiedenen Skilltrees gibt es unzählige Möglichkeiten Geralt auszubauen. Wirft man dann noch die Alchemie (ein wichtiger Bestandteil der Welt) mit ins Boot, findet sicher jeder Spieler "seinen" Geralt.

Als Fazit ist also festzuhalten, dass jemand der Gothic mochte, an The Witcher absolut nicht vorbei kommt. Ich selbst bezeichne The Witcher, seit ich es spiele, nur noch als Gothic für ab 18jährige und das ist als riesiges Kompliment zu verstehen. Es hat natürlich noch die erwähnten technischen Macken aber inhaltlich ist es ein wahres Freudenfest und ich bin hier aufgrund des eingeschränkten Platzes nur auf einen geringen Teil des Spiels eingegangen. Die Sache mit den Entscheidungen, die sich erst später im Spiel richtig auswirken habe ich zum Beispiel nun überhaupt nicht angesprochen.[CH]

(Veröffentlicht am 22.11.2007)