Steam - Ein Wort, das zu Beginn oft nur Schrecken und Abscheu in die Gesichter der Spielergemeinde zauberte. Aber mehr als vier Jahre nach seiner ersten, wirklichen Bewährungsprobe in Form der Veröffentlichung von Half-Life 2 am 16.11.2004, ist Valve Softwares Distributionssoftware mit über 16 Millionen aktiven Accounts und mehr als 550 unterstützten Spielen (Stand Mitte Januar 2009) zu einer wahren Erfolgsgeschichte geworden. Nicht nur Indieentwickler, auch immer mehr etablierte Publisher nutzen es um alte Klassiker und brandaktuelle Titel an den Mann zu bringen.
Dabei spielt für sie aber nicht nur die einfache Erreichbarkeit ihres Klientel eine wichtige Rolle, sondern auch das Steam einen eingebauten und bis heute sehr erfolgreichen Kopierschutz mitbringt. Selbstverständlich wurde er geknackt und so gut wie alle Spiele sind auch in eingeschlagenen Tauschbörsen verfügbar, sie lassen aber oft Funktionalitäten wie den Zugang zu den Multiplayerservern vermissen. Außerdem empfinden die meisten Kunden Steam nicht als störenden Kopierschutz, sondern tatsächlich als ein äußerst nützliches System.
Zentralisierung
Nicht nur vereint es alle Spiele unter einem Dach, sie sind auch ohne DVD/CD im Laufwerk spielbar und nach der einmaligen Onlineaktivierung sogar ohne Internetverbindung nutzbar (abgesehen von Multiplayer natürlich). Zwar muss trotzdem immer noch Steam gestartet werden, aber abgesehen davon gibt es keinen Kopierschutz. Außerdem bietet Steam dafür ein umfangreiches Arsenal an Communityfeatures wie eine Freundesliste, Gruppenbildung, einen integrierter Chat und ähnliche Dinge die sich bestenfalls sogar während des Spielens nutzen lassen. Selbst Titel, die nicht offiziell von Steam unterstützt werden, lassen sich auf Wunsch einbinden, verwenden dann aber weiterhin ihre eigenen Kopierschutzmaßnahmen.
Die wichtigsten Pluspunkte sind aber wohl die einfache Handhabung und die Möglichkeit jederzeit von überall auf seine Spielesammlung zugreifen zu können. Auf einem anderen Rechner muss nur Steam installiert und die eigenen Benutzerdaten eingegeben werden und schon stehen die aktivierten Spiele zum Download bereit - unbegrenzt und größtenteils mit guter Downloadgeschwindigkeit. Bei neueren Titeln werden sogar die eigenen Einstellungen auf dem Server gespeichert. Dieser Service soll später sogar Savegames einschließen. Dank integriertem Onlineshop ist der Nutzer zusätzlich immer nur wenige Klicks vom Kauf eines neuen Titels entfernt. Ein Shoppingparadies also für alle, die auf eine Schachtel verzichten können.
Wie so oft liegen aber auch bei Steam die Probleme im Detail. Zwar wurden die anfänglichen Kinderkrankheiten wie schlechte Erreichbarkeit der Server und Verbindungsabbrüche mittlerweile größtenteils abgeschafft, aber besonders die Preisgestaltung und vor allem die regionalen Unterschiede verprellen immer noch viele Kunden.
Die dunkle Seite
Besonders die Preise der Spiele von Drittanbietern sind weit davon entfernt wirklich attraktiv zu sein. In den meisten Fällen entspricht er der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers und ist deshalb oft sogar höher als der tatsächliche Ladenpreis. Bei uns in Europa ist es mittlerweile sogar noch schlimmer geworden, seitdem Steam auf die regionalen Währungen umgestellt wurde. Da die Verantwortlichen dabei zum größten Teil nur das Dollarzeichen durch ein Eurozeichen ersetzt haben, ist ein Großteil der Angebote über Nacht noch unattraktiver geworden. Die Zeiten in denen man zumindest bei einem niedrigen Dollarkurs noch ein Schnäppchen machen konnte sind auf jeden Fall endgültig vorbei.
Damit hören die regionalen Unterschiede aber noch nicht auf. Vor allem in Deutschland haben die Nutzer noch mit einem wesentlich größerem Problem zu kämpfen: den Jugendschutzmaßnahmen
Bevormundung
Anstatt dem Nutzer die Wahl zu lassen, beschränkt sich Valve darauf einfach Angebote zu sperren oder nur die geschnittene Version anzubieten. Bestes Beispiel ist das "id Super Pack", das den gesamten Spielekatalog von id Software enthält. Anstatt hier nur die zwei heiklen und bei uns wegen verfassungsrechtlicher Zeichen verbotenen Spiele auszuklammern, ist das gesamte Angebot in Deutschland nicht verfügbar. Nur Commander Keen, als einziges, nicht indiziertes Spiel der Firma, kann sich der deutsche Fan zulegen.
Die Krone setzt dem Ganzen jedoch aktuell der Titel Saints Row 2 auf.
Selbst wenn die schnittfreie, aber indizierte PEGI- oder US-Version im Laden erworben wurde, lässt sich diese mit einem Steamaccount mit deutscher IP nicht freischalten. Abhilfe schafft hier nur die rechtliche Grauzone auf einen VPN-Anbieter zuzugreifen um Steam eine ausländische IP vorzugaukeln.
Und selbst wenn ein ab 18-Titel nicht indiziert ist, steht dem geneigten Käufer trotzdem nur die geschnittene Version zum Download bereit. Das geht sogar soweit, dass in einigen Fällen selbst beim Kauf einer ungeschnittenen Importversion vom Händler seines Vertrauens am Ende nur die deutsche, geschnittene Version von Steam freigeschaltet wird.
Das in solchen Fällen dann auch weder der Publisher ("Wir sind nur für die deutsche Version zuständig!") oder der Steamsupport ("Contact the publisher!") Hilfestellung leisten können oder wollen, macht den Kunden nicht glücklicher.
Warum?
Da stellt sich die berechtigte Frage warum diese ganze Hickhack überhaupt veranstaltet wird. Warum entmündigt Steam den Käufer, selbst wenn er das Spiel im Laden gekauft hat? Warum wird stattdessen nicht einfach ein ordentliches Alterverifikationssystem gebaut?
Hinzukommt, dass Steam derzeit als Zahlungsmethoden sowieso nur Kreditkarten oder PayPal-Account zulässt. Beide Systeme bieten bereits von Haus aus ihren Kunden die Möglichkeit das Alter des Kunden durch PostIdent-Verfahren und ähnliche Methoden korrekt zu überprüfen.
Aber stattdessen schieben sich Valve und die einzelnen Publisher die Schuld gegenseitig zu. Valve behauptet die Publisher wollten es so und die Publisher sagen das Valve es nicht will. Aber egal wer am Ende Recht hat, die Leidtragenden sind die zahlungswilligen Kunden. Und solange sich daran nichts ändert, wird es Steam trotz seiner vielen Vorteile besonders in Deutschland weiterhin sehr schwer haben sich als die ultimative Distributionsplattform zu etablieren.[CH]
(Veröffentlicht am 05.02.2009)