Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, muss ich mal kurz eine Bemerkung zu den (damals billigeren) 2009er DVD-Boxen von Star Trek: Voyager loswerden. Das sind die, deren Cover ich zum Bebildern der Einträge benutze (siehe rechts neben diesem Text). Ich selbst besitze die Hartplastikboxen von 2004. Die haben kein richtiges Cover und sind entsprechend wenig Fotogen. Somit macht es keinen Sinn für mich die zu nehmen. Doch zurück zur 2009er Fassung: Der Designer der Boxen hat sich wie schon bei Star Trek: Deep Space Nine exakt überhaupt keine Mühe gegeben. Es ist immer das identische Bild mit Janeway vorne, einem Planeten hinter ihrer linken Schulter und die Voyager vor einer Lichtexplosion im Hintergrund. Es wird nur Staffel für Staffel die Farbe und der Nebencharakter hinter Janeway geändert. Sehr lieblos. Da hätte man so viel mehr draus machen können und die tatsächliche Staffel auf dem Cover thematisieren können.
Und wenn wir schon in der Rubrik “Beobachtungen rund um die Serie” sind: Das Titellied aus der Feder von Kultkomponist Jerry Goldsmith ist grundsätzlich absolut fantastisch und versprüht so richtig genial das Gefühl von “unterwegs in fremden Welten”, “Hoffnung” und “Entdeckergeist”. Aber dieser aufsteigende Lauf (so der musikalische Fachbegriff dafür), wenn die Voyager auf Warp geht – das geht mir so dermaßen gegen den Strich, das glaubt ihr gar nicht. Freilich soll es genau das Symbolisieren, den Warpsprung, aber für mich klingt das jedes Mal eher nach “ich hab‘ keine Ahnung, wie ich das Lied zu einem anständigen Abschluss bringe”. Und ja, den Part hören wir bei jeder Folge. Der Lesezeichen-Setzer war leider ebenfalls nicht so ganz bei der Sache, als er die Star-Trek-DVDs bearbeitet hat, weshalb häufig das 2. Kapitel nicht ans Ende des Intros gesetzt wurde. Entsprechend spule ich lieber händisch vor, bevor ich zurückspulen muss. “First World Problems” – ich weiß .
Das 3. Jahr
Kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema: Die 3. Staffel von Star Trek: Voyager*. Der Einstieg mit Der Kampf ums Dasein, Teil II ist schonmal nicht sonderlich gelungen. Die Auflösung des Cliffhangers ist ziemlich fad und Seskas Tod einfach nur total lächerlich inszeniert. Wie sie noch in den Bereitschaftsraum zu ihrem Baby krabbelt und dann mit ausgestreckter Hand da wegstirbt… *kopfschüttel*. Aber dafür lassen wir ENDLICH die völlig blödsinnigen Kazon hinter uns. Ja, in der Theorie mag ein weniger entwickeltes Volk, das einen Guerilla-Kampf gegen die Voyager führt, total interessant geklungen haben. Die Umsetzung war aber einfach nie wirklich gut und Seska hat ebenfalls nicht einmal Ansatzweise ihr Potential erreicht.
Ab Folge 13 kommen wir dann in einem komplette neuen und sogar räumlich durch einen Nebel getrennten Teil des Deltaquadranten an. Bitte? Ob es irgendeinen Unterschied macht? Nicht wirklich. Ein Teil des Deltaquadranten ist gefühlt wie der andere. Und räumliche Entfernungen sind für die Schreiberlinge sowieso in der gesamten Serie mehr so Orientierungswerte als echte Vorgaben. Was sind schließlich schon ein paar Lichtjahr – oder gar ein paar tausend.
Schon in Folge 16 (Pon Farr) wird hingegen das nächste Feindbild zum ersten Mal zumindest kurz gezeigt: die Borg. Aber ganz ehrlich: Wie da am Ende mit einer Selbstverständlichkeit zur Kenntnis genommen wird, dass die Borg hinter der Auslöschung des lokalen Volks stecken – ich war erstmal total irritiert. Ja, ein paar Monate zuvor war Star Trek: Der erste Kontakt in die Kinos gekommen und wir hatten ihn ebenfalls zeitlich passend eingeschoben. Aber aus ein paar zerstörten Ruinen und Kommentaren der Einwohner diesen Schluss ziehen bevor wir in der letzten Einstellung tatsächlich den toten Borg sehen? Das war mir irgendwie etwas weit hergeholt. Im Finale lernen wir dann auch gleich den nächsten Antagonisten kennen, der noch schlimmer ist als die Borg: Spezies 8472 (ursprünglich 84729).
100% Fake
Technisch gesehen ist Spezies 8472 nicht die erste volldigitale Star-Trek-Figur. Aber es ist halt doch ein großer Unterschied eine ganze Rasse zu erschaffen statt z.B. nur eine herumfliegende Kugel mit Stacheln (der Makrovirus in Makrokosmos). Laut Ronald B. Moore, seines Zeichens Visual Effects Supervisor der Serie, war Showrunnerin Jeri Taylor speziell vom Makrovirus so beeindruckt, dass sie ihnen das grüne Licht gaben noch mehr zu versuchen.
Brannon Braga, Co-Autor des Staffelfinales Skorpion, Teil 1, wird hingegen als Erfinder der Spezies bezeichnet und definierte sie im 1. Entwurf als “4m hohe, schnelle und wilde Kreatur, die selbst den Borg furcht einflößen würde”. Aus den 4m wurde am Ende nichts – zumindest passt sie aufrecht in einen Standard-Sternenflotten-Korridor. Beeindruckend war sie dennoch für damalige Verhältnisse (1997). Klar: Heute lockt man damit logischerweise keinen mehr hinterm Ofen hervor. Die meisten (nicht alle) Handyspiele haben mittlerweile bessere Grafik. Und das Budgetlimit der Serie sorgte auch dafür, dass man in dem Sinne gar nicht so viel von ihr tatsächlich sieht. Also sowohl in den Folgen, in denen sie vorkommt als auch grundsätzlich in der Serie. Dennoch: Sie brachte etwas frischen Wind in die Serie und machte Janeway & Co. ordentlich Beine. Außerdem führte sie direkt zur Einführung der wirklich gelungenen Hirogen, einer Rasse von Jägern, die aber erst in Staffel 4 eine gewichtige Rolle spielen.
Doch ich Bresche schon wieder vor: Wir sind ja erst in Staffel 3.
Komischer Beigeschmack
Was an der 3. Staffel auffällt: Die Kazon sind kein Thema mehr, aber Borg und Spezies 8472 tauchen erst im Staffelfinale wirklich auf. Insofern gibt es technisch gesehen abseits des bekannten “Wir wollen nach Hause”, keine übergreifende Handlung. Im Ergebnis hat die Staffel zwar sehr viele gelungene Einzelepisoden, aber sie haben doch häufig den Beigeschmack irgendwie nur zum Auffüllen da zu sein. Vor allem im Vergleich zur 4. Staffel, wo die Schreiberlinge eine Granate nach der anderen zünden, wird das sehr deutlich.
Gut, technisch gesehen besteht ein Großteil der Serie nur aus gelungenen Einzelepisoden. Das ist im Prinzip das, was Star Trek: Voyager wirklich drauf hatte. Aber zwischen Staffel 3 und 4 gibt es trotzdem noch einmal einen spürbaren Unterschied. Vielleicht so ausgedrückt: Staffel 3 war unterhaltsamer Stillstand während Staffel 4 ein düsenangetriebener Fortschritt darstellt. Und ja, jetzt rede ich schon wieder über die nächste Staffel. Verdammt. Sie ist aber auch so extrem gut…
Ein Grund dafür dürfte das Personalkarussell im Hintergrund gewesen sein. Die 5. Staffel von Star Trek: Deep Space Nine lief parallel zur 3. Staffel und Star Trek: Der erste Kontakt war ebenfalls in Produktion (und nutzte Voyager-Sets mit). Die Personaldecke war entsprechend ziemlich dünn und der Stressfaktor hoch. Die besten Schreiberlinge wurden drüben gebraucht, um Siskos Geschichte langsam aber sicher zu einem rühmlichen Ende zu führen (denkt dran: Es waren ursprünglich nur 6 Staffeln geplant!). Erst mit der 4. Staffel von Star Trek: Voyager stießen deshalb so einige sehr gute Autoren zur Voyager-Crew dazu (bzw. kamen zurück).
Noch ein paar Highlights
Jetzt ist aber echt mal genug von der 4. Staffel. Sonst habe ich ja nichts mehr für den dazugehörigen Eintrag. Stattdessen hier noch ein paar persönliche Highlights aus der 3. Staffel:
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Temporale Sprünge – Eine der wenigen, wenn nicht sogar die einzige Folge in der Serie in der Kes wirklich funktioniert. Also der Part mit Kindheit und Geburt hätte man sich sparen können – der war totaler Blödsinn. Der Rest der Episode jedoch *Chef’s Kiss*. Schade nur, dass der Grundstein, der hier für die Doppelfolge Ein Jahr Hölle in Staffel 4 gelegt wurde, nicht vollständig aufgegriffen wird. Stattdessen macht das nachfolgende Drehbuch eher den Eindruck, als hätten die Autoren (Jeri Taylor & Brannon Braga) die Folge als Vorbereitung nicht nochmal angeschaut, sondern aus der Erinnerung heraus geschrieben.
- Tuvoks Flashback – Ich finde es immer super, wenn man neue Einblicke in bekannte Situationen bekommt. Siehe Half-Life und seine Erweiterungspakete (die leider alle samt nicht Kanon sind…) oder F.E.A.R. (ebenfalls nicht Kanon). Entsprechend habe ich mich schon ein wenig wie ein Kind gefreut als ich Sulu an Bord der U.S.S. Excelsior erblickte während der Ereignisse von Star Trek VI: Das unentdeckte Land (der bislang beste Star-Trek-Film). Die eigentliche Geschichte, Tuvoks komische Flashbacks, ist zwar bei genauerer Betrachtung ziemlicher Blödsinn. Aber sie ist zumindest spannungsvoll inszeniert und gut umgesetzt.
- Herkunft aus der Ferne – Wieder so eine Folge, wo ich es extrem schade finde, dass nach Minute 44 der Resetknopf gedrückt werden musste. Ich hätte so gerne noch 2-3 Folgen mehr mit den Sauriern verbracht. Aus dem Konflikt hätte man so viel mehr machen können. So bleibt es “nur” bei einer unterhaltsamen und gleichzeitig durchaus tiefgründigen Folge (sie hält einem Teil der damaligen und auch heutigen Gesellschaft einen Spiegel vor).
- Das Wagnis – Neelix war mal Schmuggler? Angesichts der Ereignisse in dieser Episode eher unglaubwürdig. Dennoch: Die Vorbereitungen zum Übertritt vom “bekannten” Teil des Deltaquadranten in den Unbekannten und Neelix‘ Angst davor nutzlos zu werden, ist eine grundsätzlich gelungene Folge, die durchaus mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten kann.
- Das Ritual – Alter Schwede, ist diese Folge genial. Captain Janeway wird einfach mal vorgeführt und mit ihrer Überheblichkeit (und im weitesten Sinne die der Sternenflotte) konfrontiert. Ja, der Weg dahin ist 08/15-Standard-Geplänkel und es gibt an sich keinerlei Risiko (man wusste selbst damals, dass Kes überleben wird). Aber das Ritual an sich ist wirklich fantastisch und hebt die paar Negativpunkte leichtfertig auf.
Fazit
Nicht schon wieder über die 4. Staffel schreiben, Sicarius. Nicht schon wieder über die 4. Staffel schreiben. Die kommt doch erst in einem späteren Eintrag! Äh, ein Fazit zur 3. Staffel also: Grundsätzlich weiterhin ein hohes, unterhaltsames Niveau mit überraschend viel Action. CGI-Effekte scheinen echt billig gewesen zu sein zu der Zeit. Abzüge in der B-Note gibt es nur vereinzelt (z.B. die schreckliche Q-Folge). Gleichzeitig bleibt weiterhin der Beigeschmack, dass das irgendwie alles keine wirkliche Rolle spielt. Ich weiß: Es ist eine Fernsehserie. Die ist globalgalaktisch gedacht sowieso irrelevant. Ihr wisst aber sicherlich was ich meine. Es werden so viele kleine und gelungene Geschichten erzählt aber am Ende bleibt davon meist nichts übrig. Der nächste Autor weiß nichts mehr davon. Verschenktes Potential quasi. Und das trübt halt einfach das Gesamterlebnis ungemein. Vor allem im Vergleich zur 4. Staffel, wo mit Seven of Nine und den Hirogen dann doch noch sowas wie eine zusammenhänge Handlung entsteht. Mist… jetzt reden wir schon wieder darüber. Ich hör jetzt einfach auf, das hat ja offensichtlich keinen Wert mehr mit mir .