Es gibt Spiele, die sind so scheiße, dass man einfach nicht davon loskommt. Obwohl man nicht nur wichtigere, sondern auch bessere Titel zum Zocken hat, schmeißt man die Xbox 360 nur deshalb an. Klar, dass es mal wieder Zeit für einen Angespielt-Bericht wird. Heute zu:
Panzer General Allied Assault (Screenshots) – “Panzer General? Das war doch dieses todlangweilige Rundenstrategiespiel von 1994. Das haben doch nur Senioren gespielt.” Nein, den zweiten Satz kann ich so nicht stehen lassen. Wir alle wissen doch, dass Don Quichottes Hearts of Iron-Sucht mit diesem Spiel begonnen hat. Aber ja, Panzer General war ein äußerst erfolgreiches rundenbasiertes Hexagonal-Strategiespiel. Doch seit Ende 2000 und der Veröffentlichung von Panzer General: Unternehmen Barbarossa ward es sehr still geworden um die Serie. Ich könnte euch jetzt natürlich noch weiter mit meinem sinnlosen Wissen quälen – so existiert SSI eigentlich schon seit 1994 nicht mehr -, aber machen wir es stattdessen kurz: seit März 2001 liegen alle SSI-Marken in der Hand von Ubisoft. Und anlässlich seines 15. Geburtstags wurde nun der Panzer General wieder aus dem Schrank geholt. Verantwortlich für das neue Spiel? Niemand geringeres als Petroglyph Games Inc. (Star Wars: Empire at War). Eins ist somit schon einmal sicher: die Musik aus der Feder von Frank Klepacki ist über jeden Zweifel erhaben. Aber viel mit dem ursprünglichen Panzer General hat das Ergebnis nicht gemein.
Kartenspiele
Und doch hat mich dieses doofe Xbox Live Arcade-Spiel in seinen Bann gezogen. Ich kann es selbst immer noch nicht wirklich fassen. Wir reden hier schließlich von einem Karten-/Brettspielmix. Die “echte” Version kommt gar im Januar in die Regale der Händler. Das Spielprinzip ist dabei recht simpel: Das Spielfeld, meist lose einem realen Schlachtfeld aus dem zweiten Weltkrieg nachgeahmt, ist in 5*6 Quadrate eingeteilt. Jedes der Quadrate besitzt eigene Werte und kann sich positiv oder negativ auf die dort stationierte Einheit auswirken. Nun hat jeder Spieler 10 Karten auf der Hand die für Einheiten, normale Aktionen und Kampfaktionen stehen. Einheiten können nur in Quadraten platziert werden, die bereits von der eigenen Armee erobert wurden. Zudem kostet jedes Ausspielen einer Karte Prestige-Punkte, deren Ausgabe gleichzeitig der einzige Weg ist das eigene Deck nach einer Runde wieder auf 10 Karten zu bringen. Es will also wohl überlegt sein, ob man die Karte für den Luftangriff noch ausspielt, oder sich die Prestige-Punkte – und vor allem die Karte – für die eigentlichen Kämpfe aufhebt. Zudem kann jede Einheit pro Runde sich entweder nur um ein Feld fortbewegen oder einen Angriff starten.
Wadde!
Die Kämpfe laufen rundenbasiert ab und besitzen mehrere Phasen. Zuerst entscheidet das Programm, wer eigentlich anfangen darf. Einige Einheiten wie Infanterie oder Artillerie dürfen sich eingraben und erhalten so den ersten Schuss. Praktisch, wenn ihr vorher die entsprechende Aktions-Karte ausgespielt und diesen Status aufgehoben habt. Danach wird der jeweilige Defensiv- und Offensiv-Wert der Parteien ausgerechnet. Für letztes fallen Details wie eigene Truppen in angrenzenden Gebieten oder Artillerie in Reichweite ins Gewicht. Der Defensiv-Wert errechnet sich hingegen ausschließlich aus den Werten der Einheit, ihrem Status (Lebensenergie, eingegraben etc.) und den Werten des Gebiets, in dem sie sich befindet. Und so langatmig und langweilig das nun geklungen hat, genauso ewig dauert es auch im Spiel bis diese Phase reinen Nichtstun abgeschlossen ist. Fast alle automatischen Animationen sind selbstverständlich nicht überspringbar und mit der größte Grund, warum man selbst für eine Runde zwischendurch etwas Zeit mitbringen sollte.
Wurden alle Werte kalkuliert, geht es endlich rund. Die eigenen Angriffs- bzw. Defensivwerte wollen nach oben und die des Gegners nach unten getrieben werden. Sie sind es, die am Ende über den Erfolg des Angriffs und die Zahl der Verluste entscheiden. Um sie zu verändern stehen besagte Kampfkarten zu Verfügung, deren Einsatz wiederrum Prestige-Punkte verschlingt. Ihr dürft damit jedoch den gesamten Support des Gegners ausschalten, seinen Defensivwert um 3 Punkte senken oder ihm gar einen Punkt Schaden zufügen. Dieses Spielchen geht nun abwechselnd solange, bis beide Spieler passen oder keine Karten mehr ausspielen können. Darauf folgt die allerletzte Chance noch selbst etwas verändern zu können: ihr dürft eine beliebige Karte aus eurer Hand aufopfern und ihren Wert eurem Angriffs-/Defensivwert hinzufügen. Spielt der Gegner hier unerwartet eine starke Karte, kann sich das komplette Ergebnis verändern. Und auch über den darauffolgenden Würfelwurf, der dem Angreifer -3 bis 3 Punkte zum Angriffswert hinzufügt, habe ich mich schon das ein oder andere Mal aufgeregt.
Und weiter?
Ist der Würfel gefallen, wird der Kampf endlich auch in der netten, aber nicht überragenden Spielgrafik ausgefochten – selbstverständlich wieder nicht abbrechbar. Die Entwickler wollen ja nicht, dass wir etwas verpasst. Sollte danach der Gegner noch Lebensenergie über haben, dreht sich der Spieß um und die Rollen werden getauscht. Andererseits erhält der Gewinner einen Punkt Lebensenergie, darf auf das gegnerische Feld vorrücken und erhält entweder Prestige-Punkte oder darf sie seinem Gegner abziehen. Hat der aktive Spieler alle seine Karten ausgespielt, keine Prestige-Punkte mehr oder einfach seine Züge alle gemacht, gibt er ab an den zweiten. Und das ist das gesamte Spiel. Karten ziehen und ausspielen, gegnerische Einheiten ausschalten und bestimmte Gebiete erobern um den Sieg davon zu tragen. Aber halt: es gibt natürlich auch einen Mehrspielermodus. Seid ihr in der gut zehnstündigen Kampagne auf ein vorgegebenes Deck festgelegt, dürft ihr euch hierfür gar ein eigenes zusammenstellen. Zusätzliche Karten verdient ihr euch durch das erfolgreiche Absolvieren der Kampagne und sogar für das Verdienen von Achievements.
Fazit: Nur 10 Euro?
Ich gebe zu, ich hätte mir das Spiel nie gekauft. Das liegt aber überraschend weniger am Spiel selbst, als mehr an der Tatsache, dass es nur auf Konsolen existiert und dort auch nur als Download. Doch im Nachhinein hätte ich durchaus die zehn Euro investiert. So simpel das Spiel auf den ersten Blick auch wirken mag: unter der Haube ist es tatsächlich äußerst anspruchsvoll – vor allem natürlich gegen einen menschlichen Gegner. Hat er noch Karten auf der Hand? Wenn ja, welche? Soll ich noch die eine Ausspielen, oder gewinne ich auch ohne? Und am Ende wird der Erfolg nur dadurch zu Nichte gemacht, dass der dämliche Würfel eine -3 zeigt. Das ist äußerst spannend und funktioniert tatsächlich sehr gut. Die Grafik spielt da gar keine große Rolle und ist vollkommen ausreichend. Dass man sich die ewig gleichen Animationen immer und immer wieder in voller Länge anschauen muss – das nervt hingegen wie Hölle. Trotzdem: wir reden hier von einem Spiel das 800 MS Points kostet (10 Euro) und euch mindestens zehn Stunden beschäftigt. Ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis also für Strategiefans, die kein echtes Panzer General erwarten.