Ein Spiel in den eigenen vier Wänden zu produzieren ist heutzutage wieder so einfach wie zu Zeiten von BASIC & Co., wenn nicht sogar noch einfacher. Musstet ihr damals erst noch einen dicken Wälzer verdauen, der euch beibrachte wie ihr auf unterschiedliche Art und Weise ein “Hello World” auf den Bildschirm zaubert bevor euer erstes billiges Text-Adventure mit zehntausend Go-To-Befehlen “programmieren” konntet, reichen heutzutage ein paar Klicks und schon ist die erste Szene eures Adventures, Rollenspiels, Shooters oder was auch immer im Kasten dank der mächtigen und doch relativ einfach verständlichen Modding-Tools eines StarCraft 2 oder Divinity: Original Sin, die meist sogar von den Entwicklern genutzt wurden. Und dank Valve und dem Steam Workshop verschwinden eure Kreationen nicht einfach in den Tiefen des Internets wo sie keiner findet, sondern potentiell Millionen von Spielern haben mit einem Klick Zugriff auf eure Kreationen. Teilweise bezahlen sie sogar Geld dafür! Gerade so, als wären wir wieder in den 90igern zu den Zeiten von DOOM und Quake als der Markt nur so mit unoffiziellen Levelpacks überschwemmt wurde!
Dedizierte Programm wie das Adventure Game Studio (unter anderem The Blackwell Legacy), der RPG Maker (unter anderem Moon Child) oder das Visionaire Studio (unter anderem Das Schwarze Auge: Memoria) geben dem angehenden Spieledesigner in euch sogar noch mehr Möglichkeiten mit nur einem Funken Kreativität, etwas Ausdauer und einer bereitliegenden Kreditkarte (für die zusätzlichen Assets) ohne großartige Kenntnisse unglaubliche Welten zu erschaffen. Und wenn euch das immer noch nicht genug Kontrolle ist oder wenn ihr nicht auf die immer gleiche 16 oder 8-Bit-Optik steht, dann lizensiert euch doch kurzerhand für vergleichsweise wenig Geld eine Unreal Engine 4 (19 Euro/Monat plus 5% von euren Einnahmen) oder CryEngine (9,90 Euro/Monat) mitsamt all ihren dazugehörigen Tools, Middleware und mehr oder weniger direktem Kontakt zu den Entwicklern.
Sehr schön!
Eine erfreuliche Entwicklung, wenn man bedenkt, dass nach den erwähnten Hochzeiten in den 90igern — in denen vor allem dank Leuten wie John Carmack Modding nicht nur geduldet, sondern aktiv erwünscht war — im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends vor allem viele Publisher sogar versuchten euch aktiv daran zu hindern ihr Spiel auch nur in irgendeiner Art und Weise zu verändern. Natürlich sind so Skandale wie der berühmte Hot Coffee mod für Grand Theft Auto: San Andreas (2004) schuld an gewesen an dieser Einstellung. Schließlich warten bestimmte Gruppierungen wie die Regenbogenpresse oder sensationsgeile Politiker/Anwälte nur auf solche Vorlagen, um ihre negative Berichterstattung bringen zu können. Es gab aber auch einige, die hatten grundsätzlich Angst davor Nutzern zu viele Freiheiten zu geben. Zum einen aus rechtlichen Gründen. Sie könnten ja angeblich ihr Copyright verlieren beispielsweise. Zum anderen auch das übliche “wir machen es damit doch nur den Raubkopierern einfacher”-Gerede.
Mittlerweile haben aber viele eingesehen, dass die Vorteile die möglichen negativen Folgen ganz klar aufwiegen. Schon allein der Punkt der erweiterten Langlebigkeit und/oder Wiederbelebung eines Titels ist immens. Wir erinnern uns an ein Counter-Strike als Mod zu Half-Life. An ein DayZ als Mod zu ArmA II oder alles was mit den The Elder Scrolls-Spielen oder GTA IV (das trotz des Nachfolgers immer noch nicht tot zu kriegen ist) zu tun hat. Oder wenn man sich alleine anschaut was Valve alles so macht. Team Fortress 2, Dota 2 und Counter-Strike: Global Offensive leben massiv von ihren von der Community produzierten Hüten, Skins und Karten. Was würde dem Publisher da für Einnahmen entgehen, wenn er weiterhin alles Rigide abblocken und sogar rechtlich verfolgen würde?
Billige Hilfskräfte
Mittlerweile geht es ja sogar schon so weit, dass Entwickler sich im Vorfeld von den Leuten Assets für das finale Spiel produzieren lassen! Richard Garriott ist da mit seinem Shroud of the Avatar derzeit das glänzende Vorbild. Neben den üblichen Wettbewerben, bei denen ihr bestimmte Boni gewinnen könnt (zum Beispiel ein Haus im Spiel, das normalerweise 100 Dollar kosten würde oder vergleichbares) im Austausch eurer Kreation, sucht er sogar hin und wieder aktiv bestimmte Assets, pickt sich dann das Beste raus und bezahlt den Ersteller dafür…wesentlich weniger als er seinen Leuten geben müsste versteht sich. Entsprechend natürlich keine Tätigkeit mit der sich der jeweilige die monatliche Rente leisten könnte, auch wenn es bei Valves Titeln tatsächlich 2-3 Leute gibt, die mit dem verdienten Geld leben können. Aber für den Hobbisten, dem es sowieso mehr um die Anerkennung geht (“Schaut her, der Brunnen da, der ist von mir!”), ist das genial.
Und das ist nicht der einzige Vorteil: Sie fördern mit dieser etwas großzügigeren Einstellung auch ihren eigenen Nachwuchs. Den neuen Kollegen, der schon seit Jahren privat mit der Unreal Engine arbeitet brauche ich nicht mehr großartig einzuweisen. Er kann stattdessen fast sofort loslegen. Das spart wieder einen Haufen Kohle. Gleichzeitig ist für den HR-Manager einfacher die Fähigkeiten eines Kandidaten einzuschätzen, wenn er ein Portfolio vor sich hat, dass mit Inhouse-Produkten erstellt wurde. Auch hier war id Software mal wieder ganz vorne mit dabei. Die haben schon nach bei DOOM fleißig die Communities durchkämt, die besten Modder rausgepickt und für sich arbeiten lassen (beziehungsweise sie kurzerhand eingestellt).
Die Indie-Ecke
Aber jetzt reden wir die ganze Zeit vom Publisher. Der wohl größte Vorteil des aktuellen Trends ist schließlich, dass er maßgeblich zum Aufblühen der Indieszene beigetragen hat. Wo wären wir heute, wenn es Unity (auch wenn es die derzeit im Vergleich teuerste Engine auf dem Markt ist) nie gegeben hätte? Wie sähe der Adventure-Markt heute ohne das Adventure Game Studio aus? Die wenigsten Entwickler programmieren heutzutage noch ihre Engine selbst. Warum auch? Geht doch auch so. Und wenn nicht, dann heißt es getreu dem inoffiziellen Smartphone-Motto: Gibt’s ein Plugin oder Assetdatenbank für!
Wir leben entsprechend in einer Zeit, in der im Prinzip nur die eigene Faulheit euch davon abhält der nächste Notch zu werden. Selbst ein Mangel an Kreativität und Talent hält euch wie früher nicht davon ab ein Spiel rauszubringen. Die unzähligen extrem schlechten RPG-Maker-Rollenspiele (meist mit zig Nachfolgern) auf Steam sind der beste Beweis dafür. Die einfache Art und Weise wie man heutzutage sein Werk unter den Mann bringen kann ist definitiv nicht nur ein Vorteil, sondern auch ein Nachteil der ganzen Geschichte (inklusive der Tatsache, dass es nicht viele Programme gibt, mit denen man Gameplay dieser Spiele aufzeichnen kann). Wer suchet, der findet jedoch sehr viele gelungene Spieleperlen. Wie beispielsweise das anfangs erwähnte Rollenspiel Moonchild von Aldorlea Games, das es sogar in den stationären Handel geschafft hat. Ganz zu schweigen von all den erfolgreich finanzierten Kickstartern, die mit dem Programm produziert werden. Ernsthaft: Ich kann RPG-Maker-Spiele und ihre extrem kleine Auflösung schon fast nicht mehr sehen mittlerweile dabei habe ich noch gar nicht so viele gespielt.
Epilog
Was will ich euch also mit dem heutigen Eintrag sagen? Wenn ihr schon den ganzen Tag vor dem Computer sitzt, dann macht endlich mal was Anständiges mit eurer Zeit statt immer nur sinnlos im Internet zu surfen und Katzenvideos anzuschauen. Bitte? Ich soll das erst einmal selbst machen? Das geht doch nicht. Es muss doch jemand eure Werke testen und dann hier beim Christoph in Grund und Boden stampfen.
Da kann ich doch nicht noch nebenbei mein episches Rollenspiel/Adventure/Shooter-Meisterwerk Kessy & Yssek: Die fantastischen Abenteuer einer Knuddelgöttin produzieren, in dem ihr euch in der Rolle von Kessy auf den Weg macht die mehrere tausend Hektar große Gothic-Dark-Fantasy-Steampunk-Spielwelt, natürlich gerendert in der fotorealistischsten Grafik aller Zeiten, vor dem bösen Hundemonster Yssek zu retten. Kessy ist selbstverständlich vollständig individuell anpassbar sowohl in ihrem Aussehen bis hin zur Farbe ihrer inneren Organe als auch was ihre Talente, Attribute, Skills, Fähigkeiten und Bewaffnung (Dual Claws!) betrifft. Auf eurer Reise würden euch unter anderem tiefgründige und voll vertonte Multiple-Choice-Dialoge erwarten, die nicht nur den weiteren Spielverlauf, sondern euer ganzes Leben verändern würden. Dazu CGI-Zwischensequenzen, die selbst Blizzards Werke in den Schatten stellen und spannende und extrem fordernde Shooter-Einlagen, in denen die Waffen anständig Rums haben und Gegner physikalisch korrekt umfallen. Und natürlich würde euch am Ende der absolute Twist erwarten, denn das Hundemonster ward ihr natürlich selbst. Gleichzeitig verdoppelt sich automatisch die Spielzeit während ihr euch nun rückwärts durch das komplette Spiel arbeitet, um euch wieder mit Kessy zu vereinigen – und dann in New Game+ den ganzen Mist bis zu 100mal wieder von vorne zu starten, um das ultimative Achievement zu erhalten “Zuviel Zeit oda wad?!”.
Mir ist klar, dass ich mit dem Titel über Nacht die komplette Spielebranche revolutionieren würde. Aber es gibt Situationen im Leben, da muss man auch mal seine eigenen Bedürfnisse zurückstellen und stattdessen sich für andere aufopfern indem ich eure Werke teste.
Bis Donnerstag!
WIR SIND WELTMEISTER !!!!!