Ich war und bin nicht der größte Fan von Star Trek: The Original Series und der Crew rund um Donjuanist James T. Kirk. Die wirklich guten Folgen, die tatsächlich für knapp 60 Minuten unterhaltsam sind oder zumindest einen tieferen Sinn haben, liegen weit auseinander und sind extrem schlecht gealtert. Staffel 3 steht bei mir sogar auf gleicher Stufe mit Staffel 8 von 24 in Bezug auf die Tatsache, dass ich mich bis heute nicht überwinden konnte sie komplett fertig zu schauen. Spock’s Brain ist schlicht die grottigste Folge einer TV-Serie aller Zeiten. Aber selbst bei den restlichen Folgen verspüre ich kein großes Bedürfnis sie noch einmal zu erleben. Das gilt auch für Star Trek: The Motion Picture (von Star Trek V: The Final Frontier brauchen wir bekanntlich nicht zu reden). Bevor ich mir den noch einmal antue, lege ich dann doch lieber gleich 2001: A Space Odyssey ein, den ich gleichermaßen für ein völlig überbewertetes Kubrick-Werk halte.
Mein erster Kontakt mit Leonard Nimoy dürfte entsprechend weniger durch Wiederholungen von Raumschiff Enterprise im ZDF stattgefunden haben als durch Wiederholungen von Kobra, übernehmen Sie! (Mission: Impossible) bei der ARD sowie seinem Gastauftritt bei Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert (eine der besten Doppelfolgen der Serie!) beim ZDF. Ja, damals Ende der 80iger und Anfang der 90iger waren die öffentlich-rechtlichen Sender noch zu gebrauchen. Können sich die Jüngeren unter uns vermutlich gar nicht mehr vorstellen, dass man mal freiwillig das erste oder zweite Programm eingeschaltet hat. Ich kann es auch nicht mehr glauben, obwohl ich live dabei war! Aber ich schweife ab. Ich wollte schließlich noch die (leider wenigen) guten Star Trek-Videospiele wie die beiden Adventure Star Trek: Judgment Rites (1993) und Star Trek: 25th Anniversary (1992) erwähnen, in denen seine Stimme zu hören ist und die ich in meinen prägenden Kinderjahren gespielt habe.
Sein Vermächtnis
Entsprechend war mir lange Zeit nicht wirklich bewusst (und ist es wahrscheinlich bis heute nicht in vollem Umfang), welche Auswirkungen Nimoy auf das Franchise hatte. Seine Entscheidung aus dem “Guggt mal, wir haben ein stereotypisches Alien in unserer Crew”-Wegwerfcharakter Spock eine interessante und facettenreiche Person zu machen, mit der sich Millionen von Menschen identifizieren können, war sicherlich nicht so geplant (angeblich ist es spontan passiert als er in einem Take “Faszinierend!” sagen sollte und es dabei quasi “klick” machte). Es lässt sich aber nicht leugnen, dass Spocks Tod am Ende von Star Trek II: The Wrath of Khan selbst härtesten Männern die Tränen kommen lässt und nur dank seines Darstellers daraus eine der besten Filmtrilogien (Teil 2 sowie Star Trek III: The Search for Spock und Star Trek IV: The Voyage Home, bei denen er Regie führte) aller Zeiten wurde.
Von daher lehne ich mich gerne aus dem Fenster und behaupte, dass Spock beziehungsweise sein reales Ich einen großen Anteil daran hatte, dass Star Trek überhaupt zu einem Franchise wurde, geschweige denn überhaupt erst eine dritte Staffel der The Original Series produziert worden war. Gleichzeitig war er für mich nie einfach nur der Typ in der blauen Uniform und den lustigen Ohren, eben weil mein Kontakt mit dem Original lange Zeit nicht großartig vorhanden war. Mir bleibt er stattdessen vor allem als ein Mann in Erinnerung, der den Eindruck machte als würde er ewig leben. Natürlich bekam sein Gesicht immer mehr Falten und seine beruhigende Stimme wurde kratziger (allerdings dadurch noch wesentlich “cooler”). Aber er wurde 83, hatte ein erfülltes Leben und war entsprechend bis zuletzt omnipräsent in allen Medien.
Die Stimme
Für mich war Nimoy somit auf gewisse Art vor allem der weise Mann, der auf dem Berg in einer Höhle sitzt und seine Prophezeiungen verkündet. Doch anders als beim stereotypischen Ende-der-Welt-Verkünder, habe ich ihm seine wohlbedachten, besonnen Worte abgenommen, die er mit ruhiger und fast schon monotoner Stimme vorbrachte oder über seine Gedichte verbreitete. Er hatte schlicht etwas zu sagen im Gegensatz zu beispielsweise einem William Shatner (schaut euch unbedingt mal Mind Meld: Secrets Behind the Voyage of a Lifetime an, um den direkten Kontrast zwischen beiden engen Freunden zu sehen). Somit steckte in ihm am Ende doch mehr Spock, als er sich anfangs zugestand (seine erste Biographie aus dem Jahre 1977 trug den Titel I Am Not Spock, seine zweite anno 1995 dann I Am Spock). Und er hauchte damit im Laufe seines Wirkens auch vielen anderen Charakteren Leben ein.
Ich könnte mir beispielsweise die ältere Version (versucht erst gar nicht das zu verstehen. Kingdom Hearts hat extrem viel mit Zeitreisen und Quasi-Widergeburten zu tun) von Xehanort, dem Hauptbösewicht der Serie, ohne Nimoy schlicht nicht vorstellen. Diese verquere, pseudo-philosophische Gelaber von der Kraft der Herzen würde aus jedem anderen Mund vermutlich lachhaft klingen (und tut es auch bei dem einen oder anderen Charakter der Serie). Von daher hoffe ich inständig, dass er vor seinem Tod noch alle Zeilen für Kingdom Hearts III aufzeichnen konnte, um die Geschichte des Charakters anständig zu Ende zu bringen (Teil 3 soll der finale Showdown zwischen Sora und Xehanort sein). Tragisches Detail: Der japanische Synchronsprecher des Charakters, Chikao Ōtsuka, ist bereits im Januar gestorben. Er wurde 85.
Reise in die Unendlichkeit
Es klingt sicherlich schnuzlig, aber es gibt nur wenige mir nicht persönlich bekannten Menschen, die ich dennoch tatsächlich vermissen werde. Leonard Nimoy gehört definitiv dazu. Ich weiß nicht auf welche Art und Weise er mich in den letzten 20-25 Jahren geprägt hat. Aber das spielt auch keine Rolle. Wichtig ist nur das Wissen, dass er und seine Charaktere einen noch so kleinen Einfluss auf mein Leben hatten. Und dafür bin ich ihm auf immer und ewig dankbar.
Live long and prosper, Leonard Simon Nimoy.
Ich schließe mich dem Kommentar größtenteils an. Schade um eine großartige Persönlichkeit. Aber immerhin hatte er ein erfülltes und langes Leben. RIP.