Weihnachten ist die Zeit der Besinnlichkeit und Ruhe – zumindest wird dieses Bild gerne von den Medien propagiert. Und mit Besinnlichkeit und Ruhe verbinde ich durchaus auch sich mal hinzusetzen und ein Buch zu lesen oder Musik zu hören. Womit wir beim heutigen Thema sind: Es wird nämlich mal wieder höchste Zeit euch ein paar hörenswerte Spielesoundtracks zu empfehlen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, brauchen wir zwar trotzdem noch 180 Jahre bis wir meine komplette Sammlung (Stand heute) durchhaben. Aber Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist .
Wie immer gilt: Ich kann nur über die Version des Albums reden, die ich besitze und nicht über diverse Abwandlungen mit ggf. mehr oder weniger Tracks. Vor allem in Zeiten von iTunes ist das echt lästig geworden mit den gefühlt tausend verschiedenen Variationen (wegen bspw. zusätzlichen Exklusivtracks je nach Veröffentlichungsplattform).
Komponist: Jeff van Dyck (Rome: Total War)
Umfang: 00:50:20 (16 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (10 US-Dollar)
In der Welt des Dealers geht es nicht freundlich zu – so viel ist nach dem Anhören dieses Albums eindeutig klar. “Düsternis” ist der Überbegriff für alle Stücke ohne aber gleich in ein monotones “Gott, ist die Welt schlecht”-Thema zu verfallen. Stattdessen bietet Jeff van Dyck ein durchweg abwechslungsreiches Hörerlebnis sowohl was die Spannungskurve betrifft als auch die verwendeten Instrumente. Schnelle und harte Stücke mit vielen Trommeln wechseln sich ab mit mystischer Streicher-Anspannung und der einen oder anderen Erholungsphase mit der Laute. Alles in allem werdet ihr als Hörer sehr gut in dieses Fantasiereich voller Gefahren und Herausforderungen versetzt und geht an der Seite des Helden seinen Weg zur Erlösung.
Persönliches Lieblingslied: Track 03 – Deal Of The Millennia [03:03] (Anhören)
“Waaaah! Jetzt wird es ernst!” ist der Gedanke, der mir bei den ersten Takten durch den Kopf schießt. Und genau das will der Komponist damit auch ausdrücken. Das schnelle und in der Tonhöhe wechselnde Gitarrengrundmotiv versprüht eine unglaubliche Dramatik. Das Stück erschreckt und rüttelt auf. Damit passt es voll in mein Beuteschema .
Hitman 2: Silent Assassin (2002)
Komponist: Jesper Kyd (Assassin’s Creed II
Umfang: 00:64:56 (22 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Amazon (24 Euro inkl. dem Soundtrack für Teil 1)
Mit dem Soundtrack zu Hitman: Codename 47 feierte Jesper Kyd seinen Durchbruch. Wenig verwunderlich, dass er mit diesem Album noch eine große Schippe drauflegte und dieses Mal mit einem großen Orchester plus Chor ins Rennen ging. Schon der Main Title gibt vor wo es langgeht: Theatralisch, episch und ohne Kompromisse – also genau das, was man von einem Schleichspiel eigentlich nicht erwarten würde. Stattdessen setzt Kyd wie schon bei Teil 1 bei der Musikuntermalung voll auf Action und Spannung – zwischendurch vermischt mit etwas lokalen Einflüssen. Bei 47 In St. Petersburg muss man nicht erst den Titel lesen, um zu wissen, dass wir in Russland unterwegs sind. Es ist quasi ein James-Bond-Film zum Anhören. Zwar nicht für ruhige Stunden geeignet aber doch ein erstklassiges Hörerlebnis.
Persönliches Lieblingslied: Track 03 – Action Begins [02:07] (Anhören)
Ich weiß, es wird langsam langweilig. Aber ich mag einfach Stücke, die voller Dramatik sind, die mein Blut in Wallung versetzen, mir Gänsehaut geben und mir das Gefühl geben am Leben zu sein. Das Gegenspiel von Geigen und Blechbläser. Das hohe Tempo durch die Percussion-Einlagen. Es tut sich in diesen zwei Minuten so viel wie bei manchen auf einem ganzen Album.
Komponist: Olivier Deriviere (Alone in the Dark)
Umfang: 00:49:26 (15 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (4 US-Dollar)
Definitiv ein ungewöhnlicher Sound, den Olivier Deriviere hier gewählt hat. Während grundsätzlich vor allem klassisches Orchester zum Einsatz kommt, verwendet er im Laufe des Albums immer stärker und häufiger elektronische Verzerrung als Stilmittel. Am Höhepunkt des Albums, The Zorn, kommen die armen Geiger und Blechbläser schon fast gar nicht mehr klar zu Geltung bevor mit Hope dann die Erlösung kommt und der Spuk (wie im Spiel) ein Ende hat. Insofern ist es durchaus ein gewöhnungsbedürftiges Album und kein ganz so einfacher Hörgenuss. Aber wenn man sich darauf einlässt und die vermeintlichen Misstöne über sich ergehen lässt erwartet einen wie schon bei Alone in the Dark ein außergewöhnliches und vor allem unterhaltsames Klangerlebnis.
Persönliches Lieblingslied: Track 01 – Nilin The Memory Hunter [03:26] (Anhören)
Am Anfang klingt es noch ganz normal. Die Geigen fangen an und verbreiten Hektik, die Blechbläser fangen an sich einzumischen und die Dramatik zu unterstreichen, dann kommt zaghaft etwas Elektronik dazu bevor die Sängerin undeutlich vor sich hinjammert. Aber irgendwas stimmt nicht. Hier und da klingt es etwas komisch. Hängt die Platte? Hat die MP3 einen Bitfehler? Man weiß es nicht so recht. Aber nein: Das soll so sein und wird im Verlauf des Stücks nur noch schlimmer. Es ist quasi der erste moderate Vorgeschmack auf das, was einen auf diesem Album erwartet.
Komponist: Rich Douglas (Lifeless Planet)
Umfang: 00:71:43 (25 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (4 US-Dollar)
Douglas’ Werk verwendet die Grundelemente wie man sie in jedem düsteren Mittelalterfilm oder -spiel findet: Ein Klassik-Orchester mit undeutlichen Chorgesänge (wahrscheinlich auch noch Pseudo-Latein). Aus diesen Zutaten macht er ein vergleichsweise hartes/schroffes und tief bis in den Bauch eindringendes Hörerlebnis, das aber nicht diese martialische Dramatik entwickelt wie beispielsweise der Hau-Drauf-Soundtrack von Warhammer 40.000: Space Marine. Stattdessen bleiben selbst die dramatischen Höhepunkte ungewöhnlich unterschwellig, was das eigene Gefühl der Unsicherheit noch weiter verstärkt. Die extrem schwer und gemächlich klingenden Blechbläser, die oft nur subtil eingesetzt werden aber dann bis unter die Haut gehen sind da nur das i-Tüpfelchen.
Persönliches Lieblingslied: Track 01 – Shadowgate Theme [02:22] (Anhören)
Mystisch und Mittelalterlich. So lässt sich dieser Track wohl am besten umschreiben. Und ja: Auch ein wenig The Elder Scrolls lässt sich heraushören. Der sphärische Chor und die schweren Blechbläser erzeugen eine äußerst unheimliche und dramatische Atmosphäre (passend zum Spiel) bei der man nicht so recht weiß wie einem geschieht. Gänsehautfeeling quasi.
Komponist: Barry Leitch (Top Gear)
Umfang: 01:18:13 (19 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Lieder derzeit nicht legal erhältlich
Für mich ist der Soundtrack zu Silent Hunter 4: Wolves der Inbegriff von “militärischer Seemusik”. Das Gleiche gilt für diesen Soundtrack, der mir wie kein anderer ein Gefühl vom Fliegen und spannenden Dogfights tausende Meter über dem Boden vermittelt. Ausschließlich mit elektronischen Mitteln hat Barry Leitch (mit Unterstützung von Dean Evans und Keith Tinman) ein Werk geschaffen, dass auf der einen Seite äußerst militärisch/martialisch klingt. Auf der anderen Seite aber doch die gewisse Leichtigkeit und Erhabenheit versprüht, die man vom Fliegen erwartet. Die Kombination und die damit verbundene Dramatik lässt einem sowohl die Brust vor Stolz anschwellen als auch sich vor Spannung mit den Fingernägeln am Stuhl festkrallen. Wem beispielsweise bei Battle Theme nicht das Adrenalin bis zum Anschlag durch die Adern pumpt, der hat was grundlegend falsch gemacht .
Persönliches Lieblingslied: Track 01 – Intro [04:10] (Anhören)
F22 to Ground Control. Ready for Startup Sequence. Rudders check. Fuel check. Engines check. Powering up Engines. Engines at full capacity. Requesting permission for takeoff.
Ground Control to F22. Permission granted.
So oder so ähnlich stelle ich mir den Anfang des Liedes vor – und dann geht es ab in die Luft. Barry Leitch gibt einem ab der ersten Note das Gefühl in einem Flugzeug zu sitzen und eskaliert gekonnt hoch. Das bringt den Herzschlag auf Tempo und versetzt mich genau in die richtige Stimmung für den Rest des Albums und/oder Spiel.
Ich wünsche wie immer viel Spaß beim Reinhören und freue mich natürlich über eure eigene Meinung zu den vorgestellten Soundtracks. Und selbstverständlich bin ich immer offen für Vorschläge, was ich mir auch noch unbedingt anhören sollte!