Ich werde echt alt. Warum? Weil mir immer häufiger (negativ) auffällt, dass extrem viele Spiele eine zu große und vor allem nicht planbare Zeitinvestition pro Session erfordern. Das fängt bei Zwischensequenzen und Dialogen an, die warum auch immer nicht pausiert werden können (Anm. d. Red.: Hier obligatorisch Metal Gear Solid erwähnen). Etwas, dass ich einfach nicht verstehe. Was ist so schwer daran es dem Spieler zu erlauben z.B. jederzeit per “ESC” das Hauptmenü aufrufen zu lassen und dann im Hintergrund alles zu pausieren? Natürlich nur in Einzelspielerspielen. Im Mehrspieler wäre es zwar ebenfalls nützlich aber ich glaube, da würde ich mir keine Freunde machen.
Stattdessen läuft die Sequenz einfach stur durch (oder bricht bei einmaligem “ESC”-Druck komplett ab…) mit dem Ergebnis, dass ich die Hälfte nicht mitkriege, wenn bspw. Lysanda mich nebenbei anspricht und ich als vorbildlicher Ehemann ihr natürlich meine gesa…mindestens 87,6% Aufmerksamkeit schenke. Bitte? Ich könnte ihr auch einfach sagen, sie soll das Maul halten? Gut, dass ich nicht mit dir verheiratet bin…
Lasst mich hier raus!
Die nächste Stufe sind Spiele, die einen viel zu großen und vor allem unvorhersehbaren Abstand zwischen den Speicherpunkten haben (oder sogar gar keine wie es vor allem Rogue-Likes gerne machen). Da wird aus einem “ich muss nur noch das Level fertig machen, dann komme ich” schnell mal eine Stunde oder mehr. Jetzt gibt es natürlich Leute, die sagen werden: “Dann pausier‘ das Spiel halt und zock nachher weiter!” und ja, das mache ich bei wirklich kurzzeitigen Unterbrechungen selbstverständlich. Aber es ist halt häufig keine kleine Abwesenheit und im Gegensatz zu manch‘ anderem lasse ich meinen Rechner/Konsole ungern mehrere Tage an und schon gar nicht während im Hintergrund noch ein Spiel offen ist. Das tut der Hardware nicht gut und ist totale Stromverschwendung.
Was hat mich beispielsweise in Diablo III das Schlachtfeld aufgeregt. So ein elendig großes Gebiet und der rettende Wegpunkt gefühlt erst komplett auf der anderen Seite. Das hat echt keinen Spaß gemacht – selbst ohne, dass mich dazwischen das reale Leben gerufen hätte. Ja, es ist sicherlich mitunter schwierig den Absprung zu erlauben. Um bei Diablo zu bleiben: Die Position zu speichern und sicherzustellen, dass während dem Ladevorgang euch keine Monster abschlachten ist Aufwand. Ich verlange ja auch nicht zwingend wieder an der exakt gleichen Stelle aufzuerstehen. Ein bisschen “Bestrafung” darf ruhig sein. Aber eben nicht “wiederhole bitte die komplette letzte Stunde nur, weil du dich verschätzt und nicht genug Zeit eingeplant hast”. Das bringt mich eher dazu einen Titel längere Zeit zur Seite zu legen als alles andere.
Es gibt aus meiner Sicht wenige gute Gründe das nicht zu ermöglichen. Selbst in The Binding of Isaac: Rebirth könnt ihr mittendrin das Spiel beenden und den gleichen Seed später fortsetzen. Dazu braucht es nicht einmal freies, sondern einfach nur ein temporäres Speichern beim Beenden – oder eben häufigere Checkpoints. Das kann weder großartig schwer sein noch die Vision des angeblichen Meisterwerks zerstören. Im Gegenteil leidet selbst ein ansonsten gelungenes Werk darunter – womit wir bei dem Titel angekommen sind, den ich euch heute vorstellen möchte:
SUPERHOT: MIND CONTROL DELETE (2020; PC, Mac, Linux, XONE, PS4) – Teil 1 ist bereits 2016 erschienen, ich hatte ihn Anfang 2017 (durch-)gespielt und es hat mir extrem gut gefallen. Mitte 2017 folgte dann noch SUPERHOT VR bevor Ende 2017 die Early Access-Phase von SUPERHOT: MIND CONTROL DELETE startete. Ja, das Ding war drei Jahre in Early Access. Aber immerhin ist es Mitte Juli dann doch endlich mal erschienen. Im Gegensatz zu manch anderem Early Access-Kram, der seit fünf Jahren oder mehr in diesem Status festhängt (und ein Großteil davon vermutlich niemals fertig wird). Nett: Wer bis zum Release den Vorgänger gekauft hatte, bekam den Nachfolger kostenlos. So kann man auch auf einen Schlag gut zwei Millionen Spieler gewinnen.
Ausdauer statt Gehirnschmalz
Die minimalistische Grafik und das grundsätzliches Gameplay sind unverändert: Die Zeit läuft nur, wenn ihr euch bewegt. Okay, nicht ganz. Es läuft alles in extremer Zeitlupe ab solange ihr Still steht. Genug Raum, um den nächsten Schritt zu planen. Je schneller ihr euch bewegt, desto normaler ist der Ablauf um euch herum. Ihr werdet in kleines, vordefiniertes Areal teleportiert und müsst mit dieser Fähigkeit die Feinde besiegen. Jeder hält nur einen Treffer aus, es gibt ein paar Schießprügel mit begrenzter Munition, ein paar Nahkampfwaffen und viele Gegenstände aus der Umgebung lassen sich werfen. Während jedoch Teil 1 diese Mechanik nutzte, um euch mit handgefertigten Levels herauszufordern (quasi ein Ego-Shooter-Puzzle), ist der Nachfolger durch und durch ein Rogue-lite. So ist es nicht mehr euer Ziel alles und jeden zu töten, sondern nur eine bestimmte Anzahl der unendlich und zufällig aus den vielen Portalen im Level erscheinenden rotglühenden Feinde. Anschließend geht es direkt weiter zum nächsten Level des aktuellen Pakets – hin und wieder unterbrochen von der Möglichkeit euch ein Upgrade zu installieren.
So könnt ihr beispielsweise später im Spiel euer Katana zurückrufen, habt mehr Herzen (sterbt also nicht direkt beim ersten Treffer) oder startet jedes Level mit einer zufälligen Waffe in der Hand. Diese Upgrades schaltet ihr nach und nach frei aber der Zufall bestimmt zwischen welchen zweien ihr bei jedem Haltpunkt wählen dürft. Habt ihr ein Paket an Levels geschafft, verliert ihr alle Upgrades und fangt beim nächsten wieder bei null an. Außerdem gibt es noch die sogenannten Cores. Einmal freigeschaltet, wählt ihr zu Beginn eines Levelpakets einen davon aus und habt dann z.B. die bekannte Hotswitch-Fähigkeit (=ihr wechselt in den Körper eines Feindes) zur Verfügung.
Besagte Levelpakete bestehen aus einer zufällig generierten Ansammlung von Levels. Sterbt ihr während eines Levelpakets, wird ein neues generiert und ihr müsst wieder von vorne anfangen. Obwohl also ein Level für sich maximal 1-2 Minuten dauert, kann ein Paket gegen Ende durchaus viel Zeit in Anspruch nehmen, wenn sie anfangen aus 10, 20 oder sogar mehr Levels zu bestehen. Und nein, ihr könnt dabei das Spiel nicht einfach mal kurz verlassen und später weitermachen (siehe Thema aus der Einleitung). Spätestens hier wird die Sache dann mehr zu einer Fleißarbeit als zu echtem Spaß. Zumal es zwar eine relativ große Anzahl an Arealen gibt, ihr an einem zufälligen Startpunkt loslegt und natürlich auch die Gegner und ihre Zusammensetzung immer anders ist. Mal haben sie unterschiedliche Waffen, mal explodieren sie im Kugelhagel oder nur bestimmte Körperteile können überhaupt Schaden nehmen. Es gibt sogar ein paar unbesiegbare Bossgegner, denen ihr ausweichen müsst. Aber im Kern macht ihr halt doch immer und immer wieder das gleiche: Orientieren, Waffe suchen, Ausweichen, Töten, nächste Gefahr analysieren – und das für rund 15 Spielstunden (Teil 1 hatte die Kampagne um die vier).
Hä? Wad?
Die Geschichte zieht euch während der gesamten Spielzeit so überhaupt nicht im Bann. Im Gegenteil nervt das bisschen, das vorhanden ist einfach nur. Wie Teil 1 sind die Entwickler auf der Meta-Ebene unterwegs. Während sie damals aber gekonnt damit gespielt haben und es auch einige sehr coole Sequenzen gab (speziell die Chats), steht dieses Mal einfach nur alles unter der Überschrift “MEHR”. “Ihr wollt mehr spielen? Wirklich? Na dann, ihr habt es so gewollt!”. Sie tun quasi alles dafür, euch klar zu machen, dass ihr bescheuert seid dieses Spiel zu spielen. Euch diese Message zu vermitteln war den Entwicklern sogar so wichtig, dass in der Original-Releaseversion die Credits-Sequenz acht Echtzeitstunden (!) gedauert hat. Nein, ihr könnt die nicht umgehen. Das Spiel muss die gesamte Zeit offen sein. Es kann nicht die Zeit vorgestellt werden, gar nichts. Schlimmer noch: Beendet ihr es vor Ablauf, fängt die Zeit wieder von vorne an. Erst wenn dieser stupide Timer abgelaufen ist, bekommt ihr Zugriff zu den finalen Levels bzw. könnt im Endlosmodus weiterzocken.
Ich weiß nicht, welcher Designer da im Team diese glorreiche Idee hatte und warum ihm niemand widersprochen hat. Das Steam-Forum war auf jeden Fall in hellem Aufruhr als die ersten das Ende erreichten. Zu Recht. Acht Stunden Strom verschwenden und den Steam-Spielzeitzähler nutzlos in die Höhe treiben, nur um dem Spieler seine Moral aufs Auge zu drücken. Mittlerweile wurde – vermutlich aufgrund des Aufschreis – die Sache etwas entschärft. Statt acht Stunden sind es jetzt “nur” noch zweieinhalb Stunden. Immer noch viel zu viel, solange man gezwungen ist das Spiel offen zu lassen. Aber immerhin.
Beim Christoph meint: Das grundsätzliche Spielprinzip ist immer noch sehr innovativ und funktioniert tadellos. Die Zufälligkeit verstärkt sogar den Spielspaß und die Herausforderung noch einmal, da ihr nie wisst, was als nächstes passieren wird. Da fühlt man sich noch mehr wie John Wick, wenn man trotz Slow-Motion-Effekt faktisch in sekundenbruchteilen entscheiden muss welchen Schritt man als nächstes unternimmt ohne zu wissen, was danach passieren wird. Leider ist SUPERHOT: MIND CONTROL DELETE tatsächlich schlicht zu viel des Guten. Diese Erkenntnis ist zwar scheinbar im Sinne der Entwickler, aber ich habe es genau deshalb trotz bereits sieben Stunden Spielzeit noch nicht zu Ende gespielt und aktuell sogar zur Seite gelegt.
Am Anfang ist es ja noch okay, wenn man ein Paket aus fünf Level mehrfach neu starten muss. Aber mittlerweile sind es so elendig viele pro Paket und der Schwierigkeitsgrad logischerweise auch wesentlich höher geworden, da macht es keinen Bock wieder neu starten zu müssen nur weil im vorletzten Level irgendwas schief gegangen ist. Dafür sind das Spielprinzip und die dazugehörigen Bauteile auf Dauer dann doch zu eintönig.
Zusammengefasst hat mir Teil 1 signifikant mehr Spaß gemacht. Die Geschichte war besser erzählt, die Puzzle boten ihre eigene Art von Herausforderung und das Spiel hatte genau die richtige Länge. Teil 2 hat mich hingegen zwar nichts gekostet – der finanzielle Schmerz hält sich entsprechend in Grenzen. Aber eine Empfehlung kann ich trotzdem nicht aussprechen. Dafür hat es sich für mich schlicht in die völlig falsche Richtung entwickelt. Aber da die Entwickler offensichtlich ebenfalls nicht wollen, dass ihr den Titel zockt, braucht ihr ihnen auch nicht euer Geld zu geben.
So viel also zu diesem enttäuschenden Machwerk. Es war aber nicht alleine schuld an der obigen Einleitung. Nein, ich zocke aktuell nämlich Wolfenstein: Youngblood. Ihr wisst schon: Das Koop-Spin-Off und das zweite Experiment von Bethesda neben dem VR-Titel Wolfenstein: Cyberpilot. Das hat ebenfalls ein Problem mit zu langen Levels ohne Speichermöglichkeiten. Aber dazu vermutlich kommenden Montag mehr. Bis dahin habe ich es dann auch durchgespielt.
Zum Thema Rogue-like, fehlende Speichermöglichkeiten und lange Spielsitzungen möchte ich mal ausdrücklich Darkest Dungeon empfehlen. Da habe ich vor einigen Tagen – nach sagenhaften 86h Spielzeit – das Ende erreicht (auf dem niedrigsten der drei Schwierigkeiten…).
Das schöne daran: die Sessions sind angenehm kurz. Gibt drei Levellängen (ca. 5min, ca. 15min, ca. 30min). So kann man sich seine Session immer schön zusammenstellen.
Generell ein sehr empfehlenswertes Spiel!