Mehr als drei Jahre begleitet uns der Epic Games Store nun schon und am Wochenende habe ich nun tatsächlich das erste Spiel im Epic Games Launcher beendet: Shadow Complex Remastered. Es war der Grund, warum ich den Client seit 2015 überhaupt installiert habe. Quasi der allererste Titel, den Epic Games jemals darüber verschenkt hat. Lange, bevor der heutige Shop existierte.
Okay, ich geb’s zu: Technisch gesehen war Shadow Complex Remastered nicht mein erster durchgespielter Titel auf der Plattform. Diese Ehre gebührt eigentlich der ersten Staffel von 3 Out of 10 aus dem Jahre 2020, ein durch Epic Games finanziertes Experiment von Terrible Posture Games (MOTHERGUNSHIP). Weiß gar nicht, wie viele überhaupt die Existenz von dem Ding mitbekommen haben. Dabei war es fünf Wochen lang auf der Startseite des Clients zu sehen, weil jeden Donnerstag eine Episode veröffentlicht wurde. Auf Xbox und Nintendo Switch kam es ebenfalls raus. Aber das Machwerk als Spiel zu bezeichnen ist schon sehr weit hergeholt. Da hat selbst ein Walking Simulator mehr zu bieten. Andererseits war wohl genau das der Ansatz: Es sollte eine interaktive Sitcom werden.
Langweiliges Gag-Feuerwerk
In 3 Out of 10 geht es um den Spieleentwickler Shovelworks. Der hat, wie der Name schon andeutet, noch nie ein Spiel entwickelt, welches von den Kritikern mehr als 3/10 Punkten bekommen hat. Mit ihrem neusten Werk, Surfing with Sharks, soll sich das aber nun endlich ändern. Die Geschichte beginnt aus Sicht von Midge Potter, die einen Job sucht. Praktischerweise ist der Lead Animator von Shovelworks gerade… unpässlich. Also wird sie schnurstracks eingestellt und nun Teil dieser chaotischen Gruppe voller bunter Charaktere – wie es vermutlich die Entwickler beschreiben würden. Im Laufe des Spiels schlüpft ihr auch selbst in die Rolle des einen oder anderen Mitarbeiters.
Jede Episode dauert rund 20-30 Minuten und die Interaktivität besteht hauptsächlich darin, dass ihr durch die Locations lauft, Sachen anklickt und mit den Leuten redet, um die Geschichte voran zu bringen. In jeder Episode gibt es außerdem noch 1-2 zum Glück optionale Minispiele, die eher nerven als spielerisch gelungen sind. Leider ist inhaltlich ebenfalls nicht viel zu holen. Alle Charaktere sind buchstäblich wandelnde Klischees und der Humor geht über 90iger Jahre IT-Witze (“Die Programmierer leben im dunklen Keller und fressen Volontäre” HAHAHAHA…) nicht hinaus. Die übergeordnete Geschichte (Midge wurde ins Studio eingeschleust) kommt zumindest in den ersten fünf Episoden ebenfalls nicht wirklich in Fahrt. Unterm Strich wird der Titel seinem Namen also gerecht: 3/10 bzw.
Es hat mich entsprechend nicht weiter überrascht, dass Anfang 2021 die zweite Staffel am Stück und ohne großes Tamtam veröffentlicht wurde. Okay, mich hat überrascht, dass überhaupt eine zweite Staffel in Entwicklung war, aber gut. Davon habe ich mir dann noch die erste Episode gegeben in der Hoffnung, dass sich irgendetwas verbessert hat. Aber nein: Immer noch nicht mein Humor und auch sonst das Niveau absolut unterirdisch. Schade.
Das andere Spiel
Zurück zu Shadow Complex Remastered. Das Original erschien 2009 auf der Xbox 360 (als Xbox Live Arcade-Titel) und kam bei Kritikern und Spielern überraschend gut an. Mit 200.000 verkauften Einheiten allein in der ersten Woche stellte es sogar einen Rekord auf. Aber obwohl sich Entwickler Chair Entertainment anfangs mit einem Nachfolger beschäftigte, kam ihnen irgendwie immer etwas dazwischen (u.a. die Infinity Blade-Trilogie für Apple Smartphones). Stattdessen erschien 2015 eine hauptsächlich grafisch verbesserte Version. Beide Fassungen nutzen die Unreal Engine 3 als Motor, das Remaster aber eine aktuellere Fassung mit mehr Details und mehr Effekten. Spielerisch kam nur die Möglichkeit dazu Gegner auch im Nahkampf zu besiegen.
Abseits davon unterscheidet sich beide Fassungen inhaltlich nicht. Stattdessen erwartet euch hier wie dort ein 2.5D-Metroidvania. 2.5D, weil ihr euch nur seitwärts durch die 3D-Levels bewegt, aber auch auf Gegner im Hintergrund schießen könnt. Ihr schlüpft in die Rolle von Jason Fleming (vertont von Nolan North), der mit seiner neuen Freundin Claire eine Wanderung durch die Berge machen möchte. Dabei stoßen sie auf eine Höhle, sie geht verloren und auf der Suche nach ihr stolpert Jason über einen unterirdischen Militärkomplex voller böser Jungs. Es stellt sich heraus, dass die eine feindliche Machtübernahme der lieben US of A planen und das kann Jason natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Angesiedelt ist die Geschichte wohl parallel zu Orson Scott Cards (Enders Spiel*) Empire* und bereitet die Events vom zweiten Teil, Hidden Empire*, vor. Da ich beide Werke nicht kenne und Hr. Card als Person zudem nicht gerade hoch im Kurs steht, ist das aber nur eine Information am Rande. Auf das Spiel selbst hat es keine Auswirkung, denn die Geschichte ist in sich abgeschlossen – inkl. Bosskampf.
Such’ das Gadget
Donald Mustard, Creative Director von Chair Entertainment, nennt als Hauptinspirationsquelle für Shadow Complex den Nintendo-Klassiker Super Metroid. Und ja: Die Parallelen sind selbst für Nicht-Hardcore-Metroidfans sicht- und spürbar. So startet ihr mit nichts in eurer Hand die Erkundung des Komplexes, findet zügig eine Pistole und stoßt auf die ersten Hindernisse, die ihr noch nicht überwinden könnt – praktischerweise farbcodiert, wenn ihr mit der Taschenlampe darauf leuchtet. Ist es rot, dann braucht ihr eine Rakete, um weiter zu kommen. Für grüne Hindernisse reichen hingegen Granaten. Manchmal ist aber auch einfach die Wand zu hoch, um drüber zu springen ohne die Schubdüsen auf dem Rücken. Also macht ihr euch auf die Suche nach den Upgrades und erkundet dabei fleißig den Komplex von oben bis unten, von links nach rechts und in jede andere beliebige Richtung.
Ja, ausgiebiges Backtracking ist in den rund 5-7 Stunden Spielzeit inklusive. Vor allem, wenn ihr auch wirklich alle Upgrades finden und einsammeln wollt. Praktischerweise habt ihr jederzeit Zugriff auf eine Karte. So könnt ihr nicht nur eure Wege planen bzw. bekommt den zum aktuellen Ziel sogar angezeigt, Fragezeichen markieren zudem die Positionen der Upgrades. Insofern ist abseits einiger ganz fiesen Sachen (z.B. hinter Kisten versteckte Öffnungen) immer klar, wo es was zu holen gibt. Nur das drankommen, das ist meist die spannende Frage und “später wiederkommen” gerne die Antwort .
Spielerisch geht das Rennen, Springen, Klettern und Ballern sehr gut von der Hand. Die Geschichte an sich ist zwar eher vernachlässigbar und bietet höchstens eine einzige Überraschung gegen Ende, aber das Erkunden der Basis macht tatsächlich Laune. Vor allem, wenn man dann mal den Großteil der Upgrades hat und noch akrobatischer durch die Räume flitzt. Doppelsprung, Schubdüsen, Greifhaken, Rennboost – das Repertoire ist erfreulich umfangreich. Waffen gibt es hingegen nur eine (mit unendlich Munition), die ihr im Laufe des Spiels einfach nur gegen eine stärkere Variante ersetzt plus besagte Upgrades wie Granaten, Raketen oder auch Schaum (ja, Schaum). Aber das ist okay. Eine echte Herausforderung ist das Spiel selbst auf höheren Schwierigkeiten nicht wirklich (selbst in den Bosskämpfen) und wenn man doch mal stirbt, ist der letzte Saveroom nicht weit entfernt. Das mag dem ein oder anderen nicht gefallen, hilft aber die Spielgeschwindigkeit angenehm oben zu halten.
Alles in allem ist Shadow Complex Remastered also kein AAA-Blockbuster aber was es macht, macht es größtenteils gut. Es ist ein echt nettes, kleines Spielchen mit dem ich meinen Spaß hatte: . Trotz der veralteten Grafik (=Unreal Engine 3-Braun) immer noch eine Empfehlung.