Das war vielleicht ein Krampf dieses Jahr mit meinem Bildungsurlaub. Ursprünglich hatte ich mir für 2021 einen PHP-Lehrgang rausgesucht, da Rondrer nur noch bedingt eine Hilfe für die Webseite ist (schon zu lange raus aus dem Geschäft). Der fand aber am Ende nicht statt. Doof aber soweit (noch) nicht schlimm, schließlich kann man einmalig ins nächste Jahr verschieben (Wichtig: Vorgesetzten schriftlich und aktiv darüber informieren, dass ihr den Bildungsurlaub mitnehmt!). Also für 2022 entsprechend zwei Bildungsurlaube geplant… und kein einziger davon fand stand. Egal was ich machen wollte (z.B. einen zu Adobe Photoshop, einen zu Fotos machen und bearbeiten und sowas in der Richtung) – erst wurden sie verschoben, dann aus diversen Gründen (zu wenige Teilnehmer, Trainer krank) mehr oder weniger kurzfristig abgesagt. Galt auch für die Ersatzkurse, die ich mir raussuchte. Was ein Mist. Und nein, zwei Wochen nach 2023 zu verschieben geht nicht. Mindestens einen musste ich heuer noch machen, um den Anspruch nicht verfallen zu lassen.
Mein letzter Versuch (Adobe Creative Suite Kombo-Kurs) sollte Anfang November stattfinden, bevor er abgesagt wurde. Entsprechend waren nicht mehr viele Möglichkeiten übrig, um noch irgendwie zumindest eine Woche unterzubringen (vor allem Arbeitstechnisch). In Folge musste ich mein Netz etwas weiter spannen. Sowohl in Bezug auf die Lokation als auch die Art des Angebots. Zum Glück gibt es mittlerweile dank Corona immer mehr Bildungsurlaube, die Online stattfinden und trotzdem von den Ländern anerkannt werden. So bin ich am Ende beim Freien Bildungswerk Bochum gelandet und dem Kurs Nach Hause kommen ….zu mir – Kraftquellen im Ungewissen! unter der Leitung von Cornelia Budde.
Überhaupt nicht die Richtung, die ich eigentlich gehen wollte aber klang immerhin halbwegs interessant und sinnvoller als z.B. Linux für Ein- und Umsteiger, der vermutlich ebenfalls am Ende mangels Teilnehmer nicht stattgefunden hat. Scheinbar sind nur die Gesundheits- und Sprachkurse wirklich gut besucht. Keine Ahnung warum. Hoffentlich klappt es 2023 besser. Habe mich bereits für zwei Schreib- und Rhetorikkurse angemeldet.
Materialschlacht
Zwei Wochen vor Beginn des Kurses ein Schock: Die Kursleiterin schickte eine lange Liste an notwendiger Ausstattung (Computer, Kamera, Mikro, etc.) und bereit zu haltendem Material. Da hat selbst Lysanda mit den Ohren geschlackert und wir haben uns gefragt, was das werden soll. Unsere Bereitschaft so viel für einen Bildungsurlaub einzukaufen mit der hohen Wahrscheinlichkeit, dass am Ende haufenweise davon übrigbleiben wird, war eher gering. Ein Beispiel: Je ein Esslöffel helles (z.B. Ölivenöl) und dunkles Speiseöl (Kürbiskernöl). Olivenöl ist unser “Daily Driver” aber was anderes haben und brauchen wir nicht im Haus. Wegen einem Esslöffel kaufe ich also bestimmt nicht noch eine Flasche anderes Öl (egal wie groß), nur damit es dann rumsteht.
Wir waren zwar doch mal kurz im Bastelladen und haben 2-3 Sachen gekauft aber nur Dinge, die Lysanda auch gebrauchen kann. Für alles andere haben wir Lösungen aus unserem bestehenden Fundus genommen. Beispielsweise für die vier Bögen schwarzes DIN A2 Tonpapier: Das gab es nicht einmal im Laden. Stattdessen hatten wir noch einen Stapel DIN A4 hier herumliegen, den wir im Zweifel zu DIN A2 zusammengeklebt hätten. Mussten wir am Ende nicht tun, denn – Spoiler – es kam nur ein Bruchteil des geforderten Materials tatsächlich zum Einsatz. Zum einen, weil die Zeit nicht ausreichte, um alle geplanten Gestaltungsaufgaben (so nannte sie die Kreativpausen) durchzuführen und zum anderen, weil für die Übungen nicht zwingend das geforderte Material notwendig war. Schwarzes Tonpapier habe ich z.B. am Ende ein einziges verbraucht – in DIN A3. Und von der Rolle 1mx5m Packpapier, die wir extra gekauft haben? Maximal ein Meter… Der angeforderte Ton? Nicht mal drüber gesprochen.
Und ja, den anderen Teilnehmern erging es ähnlich (dürfte keiner alles gekauft haben) mit entsprechenden, unschönen Diskussionen mit der Kursleiterin. Nene. Sowas ist schon in der Schule scheiße. Wie viel Kram wird am Anfang des Jahres gekauft, den das Kind dann gar nicht oder nur einmal braucht (ich schaue in deine Richtung, lieber Kunstunterricht!). Da sollte ich mir bei einer Erwachsenenbildung noch mehr Gedanken in Bezug auf Nachhaltigkeit und die Machbarkeit bei den Teilnehmern machen. Oder, wenn ich zwingend etwas an Material voraussetze, ein Paket für jeden schnüren. Ich bezahle lieber 20€ mehr, wenn ich dafür das Material gestellt und zugesandt bekomme als diesen ganzen Stress mit dem Beschaffen zu haben. Der ein oder andere meinte auch, dass er sich definitiv gegen den Bildungsurlaub entschieden hätte, wäre in der Beschreibung die Materialliste bereits mit dabei gewesen.
Aber gut: Als Kind habe ich keine andere Wahl. Erwachsenenbildung ist zum Glück anders – vor allem, wenn er online stattfindet. Kann mich keiner zwingen irgendwas zu tun und die Kontrolle über die Webcam liegt bei mir, nicht beim Kursleiter .
Moderne Technik
Webcam-Kontrolle ist aber tatsächlich ein sehr großer Vorteil eines Onlinekurses vor allem für die Schüchternen unter uns (=ich). Es gab viele Bewegungseinheiten mit Musik dazu – man könnte es auch als “Ungezwungenes Tanzen” bezeichnen. Vor Ort wäre ich vermutlich vor Scham im Boden versunken da mitzumachen. Hier konnte ich mich hingegen entweder außerhalb des Sichtbereichs bewegen oder eben die Webcam mal ganz ausschalten. Zu wissen, dass die restlichen 17 Teilnehmer (war eine relativ große Runde) einen nicht sehen können, erleichtert doch ungemein das Loslassen und die geforderte Leichtigkeit und Unbekümmertheit in die Bewegung zu bringen. Und, wenn ich mal keinen Bock hatte, konnte ich auch einfach nicht mitmachen.
Aus technischer Sicht kam zoom zum Einsatz und hat echt wunderbar funktioniert. Die Kursleiterin war jetzt nicht die versierteste was Technik angeht aber sie hat es trotzdem wunderbar hinbekommen uns auf Knopfdruck für Gruppenarbeiten in separate Räume zu schicken und wieder zurückholen, auf einem Whiteboard zusammenarbeiten zu lassen, ein paar Bilder/Folien zu zeigen – wirklich alles überraschend super gelaufen und eine geniale Sache. Fast schon besser als in der Realität wo man sich immer erst zusammenfinden und das Material zusammensuchen muss.
Zu sich finden
Ziel des Kurses war es somatische Achtsamkeit und ihre Bedeutung zu vermitteln auf Basis der Body-Mind Centering-Methode von Bonnie Bainbridge Cohen. Ich würde es im Prinzip so zusammenfassen: Es geht darum zu lernen seinen Körper auf psychischer und physischer Ebene zu verstehen und ihm zuzuhören. Der Bildungsurlaub war dazu thematisch aufgeteilt in einzelne Bereiche wie das Atemsystem, der Herzkreislauf oder die Haut. Zu jedem Themengebiet gab es dann drei Schwerpunkte: Theorie, Bewegung und Gestaltung.
In den Theorieanteilen wurden Zusammenhänge und biologische Grundlagen über die einzelnen Körperregionen vermittelt. Logischerweise viel Bekanntes dabei aber auch der ein oder andere neue Denkansatz. In den Bewegungseinheiten und Meditationen ging es dann darum ein besseres Gefühl für die jeweilige Region zu bekommen. Beim Atmen beispielsweise das, was alle Asthmatiker kennen, die schonmal auf Reha waren: “Bring den Sauerstoff bewusst an bestimmte Stellen im Körper”. Insgesamt aber einfach viel ungezwungenes Bewegen zu bestimmter Musik. Für mich waren die Theorie und die Bewegung ehrlich gesagt aber nicht so der Brüller. Das lag nur bedingt am Thema auch, wenn gefühlt in jedem Gesundheitskurs das Gleiche erzählt wird. Sondern eher an meiner eigenen Unfähigkeit mich trotz ausgeschalteter Webcam richtig darauf einzulassen. Bin einfach (noch) nicht so gut darin los zu lassen.
Aber es gab noch einen dritten Part und dieser war der Grund für die lange Materialliste: Kreativ sein und dabei neue Erfahrungen machen. Insgesamt waren es leider nur ein paar Einheiten in den fünf Tagen. Die zudem teilweise viel zu kurz waren. In diesem Sinne war es sogar von Vorteil, dass ich keine DIN A2 Blätter hatte – die hätte ich in 20 Minuten sowieso nicht voll bekommen. Am ersten Tag haben wir uns mit Sand und einem Blasrohr beschäftigt und damit Bilder erzeugt. Es ging schließlich um das Thema Atmen. Bei den Körperflüssigkeiten hingegen kamen am nächsten Tag die Öle, Wasser und Spüli zum Einsatz. Wir sollten damit spielen und schauen wie sie sich verhalten und so kleine Kunstwerke auf einem Teller/in einer Schüssel erschaffen. Wir haben außerdem noch das Herzkreislaufsystem sowie unseren Darm auf verschiedene Arten von Papier gebracht, uns mit Farbe vollgemalt und mit Hilfe von Tesafilm dann die Hautstruktur auf ein Blatt geklebt und mit drei Paar Socken sowie Häkelgarn den Zusammenhang zwischen Kopf, Herz und Bauch dargestellt. Und so weiter. Nicht jede Einheit hat mir gefallen oder war wirklich Neu für mich in Bezug auf das “Materialexperiment” aber dennoch muss ich rückblickend sagen, waren sie meine Highlights der Woche. Dank Lysanda male ich zwar mittlerweile mehr als noch vor 10 Jahren. Doch so viel Abwechslung in Sachen Kreativität habe ich im Alltag definitiv nicht. Entsprechend ist es schön dahingehend wieder etwas gemacht zu haben.
Fazit
Sagen wir, wie es ist: Der Kurs war nicht meine erste Wahl und ich werde ihn nicht noch einmal machen. Das lag hauptsächlich an mir würde ich sagen (weil die Bewegungseinheiten und die Theorie mich nicht so angemacht haben) und weniger am Kurs an sich. Es war definitiv nicht der schlechteste Gesundheitskurs, den ich bislang in sieben Jahren Bildungsurlaub mitgemacht habe. Es war aber mein erster Onlinekurs und ich bin definitiv positiv überrascht, wie gut das geklappt hat und wie angenehm es insgesamt war. Natürlich hat Präsenz auch seine Vorteile. Manchmal ist es gut und hilfreich aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen zu werden. Aber für z.B. die ursprünglich geplanten Programmier- und Softwarekurse bräuchte ich jetzt nicht zwingend durch die Gegend tingeln. Das ginge auch online und hätte sogar den Vorteil, dass ich direkt auf meinem System arbeiten kann.