Sicarius

Die ursprüngliche Sternenreise

Star Trek: Picard (Paramount-Promoposter)

Der Hype um die 3. Staffel von Star Trek: Picard* mit der Rückkehr vieler bekannter Gesichter (und einem noch bekannterem Raumschiff) auf den Fernsehbildschirm hat zugebenermaßen auch mich mitgerissen und das Trek-Fieber in mir neu entfacht. Tatsächlich habe ich nämlich abseits des einen oder anderen Ausschnitts bislang keine einzige der neueren Serien gesehen (also alles ab Star Trek: Discovery*). Keine Ahnung warum. Hat mich einfach nicht mehr so richtig interessiert abseits von “schau ich mir irgendwann mal an, wenn alle Staffeln auf Blu-ray verfügbar sind”. Möglicherweise war ich von den J. J. Abrams-Filmen* massiv desillusioniert oder (wahrscheinlicher) meine Interessen mittlerweile woanders.

Komplett das Gegenteil quasi zu 2001-2005 bei Star Trek: Enterprise*, wo ich – natürlich auf völlig legale Art und Weise *hust* – die neuen Folgen direkt am Veröffentlichungstag im amerikanischen Fernsehen verschlungen und sogar das ein oder andere Review dazu im mittlerweile nicht mehr existenten Forum von AreaDVD gepostet hatte. Ja, es gibt tatsächlich Inhalte von mir, die ihren Weg nie auf diese Webseite geschafft haben. Im Nachhinein betrachtet ein wenig schade. Allerdings bezweifle ich, dass meine Reviews sonderlich tiefgreifend waren :smile: . Während der Vor-Produktion der Serie habe ich damals sogar auf unserem alten Nadeldrucker die neusten Neuigkeiten ausgedruckt und Maverick zum Lesen in die Schule mitgebracht. Ja, wir waren damals noch richtig heiß auf eine neue Serie. Und ich finde es auch heute noch eine Sauerei, dass sie keine fünfte Staffel bekam (ab Staffel 3 war eine super Entwicklung erkennbar) und mit der finalen Folge sogar zusätzlich noch ihr Erbe mit Füßen getreten wurde. Aber gut, das ist ein Thema für einen anderen Eintrag.

Wissenslücken

Meine aktuelle Sammlung an Star-Trek-Serien und -Filmen

Den neuen Kram kenne ich also nicht. Tatsächlich fehlt mir aber selbst in Bezug auf das Original immer noch ein bisschen Basiswissen. So habe ich zwar damals (erschienen ab 2002) einen Haufen Geld (jeweils 100 EUR pro Staffel!) für die Star-Trek-DVD-Boxen ausgegeben aber tatsächlich nicht alles geschaut. Die Vorstellung mir Spocks Gehirn antun zu müssen, hat mich so traumatisiert, dass ich die komplette dritte Staffel von Raumschiff Enterprise* damals einfach übersprungen habe. Und auch die Zeichentrickserie, Die Enterprise*, steht noch ungeschaut im Regal. Lysanda hingegen kennt hauptsächlich Star Trek: Raumschiff Voyager* und ist entsprechend Janeway-Fan. Darüber hinaus ist ihr Wissen in Bezug auf die unendlichen Weiten des Weltraums jedoch nicht so detailliert.

Perfekte Voraussetzung also für den ultimativen Star Trek-Marathon in der Casa Lysanda. Die Rahmenbedingungen? Alle (abgeschlossenen) Serien und Filme in Ausstrahlungsreihenfolge mit deutscher Tonspur und im Falle von Star Trek: The Original Series* und Star Trek: The Next Generation* die HD-Remastered-Fassungen u.a. mit überarbeiteten Spezialeffekten. Nein, ich habe nicht genau ausgerechnet wie lange das dauern wird. Aber allein die Original-Serie umfasst fast drei Tage reine Laufzeit, nur damit ihr eine grobe Vorstellung bekommt. Klingt in der heutigen Zeit des Bingewatchings nach nicht viel, ich rechne aber trotzdem nicht damit, dass wir bis Jahresende mit allem fertig werden :smile: .

Die erste Staffel

(Cover)

Mittlerweile sind wir fast am Ende (noch drei Folgen) der ersten Staffel von Star Trek: The Original Series angekommen. Erste Erkenntnis: 19 Jahre später kann ich mich an fast keine Folge mehr erinnern. Nur hier und da Bruchstücke wie Kirks (unfreiwillig komischer) Kampf mit dem Gorn, das erste Auftauchen der Romulaner (wie dämlich sie um das Steuerpult rumstehen…), der Ursprung von Khan Noonien Singh und die Doppelfolge in der der ursprüngliche Pilotfilm verwurstet wurde. Aber ansonsten herrscht tatsächlich ziemliche Leere in meinem Kopf was die Serie angeht. Liegt vermutlich auch mit daran, dass viele der Folgen echt vergesslich und teilweise sogar ziemlich dämlich sind. Selbst, wenn man die durcheinander gewürfelte Ausstrahlungsreihenfolge mit in Betracht zieht (Folge 1 hat eigentlich Produktionsnummer 5), passt vieles echt überhaupt nicht zusammen bzw. ist total unlogisch. Bevor ich aber dazu komme, ein paar Worte zur Technik:

Auf der Blu-ray sind sowohl die restaurierten Originalfolgen, die ich bereits von der DVD-Veröffentlichung kenne, als auch die neuen Fassungen mit den überarbeiteten Spezialeffekten. Man kann sogar wie in so manchem Videospiel-Remaster per Knopfdruck zwischen beiden Spuren nahtlos wechseln. Sehr coole Sache – die man einmal macht und dann nie wieder, denn die überarbeitete Fassung ist ganz klar die bessere. Zwar sieht man den Raumschiffen mehr als deutlich an, dass sie aus dem Computer stammen (es fehlt der Detailgrad und die Licht/Schatteneffekte einer Enterprise E). Aber das fällt einem nur so lange auf bis man sich nochmal ins Gedächtnis ruft, wie scheiße eigentlich die Modelle im Original aussahen :smile: . Alles andere fügt sich wirklich nahtlos in das vorhandene und gestochen scharfe Filmmaterial ein. Es gibt auch keine Diskrepanz zwischen den Detailgrad z.B. eines Planeten auf dem Computerbildschirm und der “Buntes Pappmaché”-Realität auf dem Boden. Es fühlt sich stattdessen stimmig an und verbessert insgesamt das Serien-Erlebnis sogar.

Deutsche Stimmen

Star Trek: The Original Series (Paramount-Promobild)

Wir schauen die Folgen auf Deutsch, weil Lysandas Englisch nicht so gut ist. Definitiv eine neue Erfahrung für mich. Bislang kannte ich in der Hinsicht höchstens ein paar Ausschnitte – zum Glück, muss ich leider sagen. Die deutsche Synchronisation ist… nun, sie haben sich Mühe gegeben könnte man sagen. Man gewöhnt sich dran, dass Bones auf Deutsch “Pille” gerufen wird, mehr Stille herrscht (Hintergrundgeräusche werden gerne während den Dialogen komplett ausgeblendet) und die Emotionen mitunter nicht ganz so passen (William Shatners Kirk war halt sehr überdreht – das hat der dt. Synchronsprecher nicht wirklich übernommen). Was aber definitiv auffällt ist, dass selbst innerhalb einer Folge mitunter der Synchronsprecher wechselt.

Zum Hintergrund: Bei den Erstausstrahlungen im ZDF und auf SAT.1 liefen gekürzte Fassungen. Für die DVD-Veröffentlichung (bzw. teilweise schon für die VHS-Fassung) hat man diesen Fehler damals (erfreulicherweise) korrigiert, die ganzen Folgen draufgepackt und eine Neusynchronisation vorgenommen – allerdings nur von den fehlenden Szenen. Und da der ein oder andere Synchronsprecher nicht mehr am Leben war, musste man auf “ähnlich klingende” Personen ausweichen. Die machen zwar grundsätzlich einen echt guten Job, aber es fällt doch extrem auf. Hätte man die komplette Folge neu synchronisiert wäre es sicherlich okay gewesen. Aber wenn plötzlich zwischen einer Szene und der nächsten ein Wechsel stattfindet, reagiert unser Gehirn da doch sehr stark drauf. Und keine Ahnung, was bei Falsche Paradiese passiert ist, aber die Audiospur passte so überhaupt nicht mit der Videospur zusammen…

Ein Erzähldesaster

Vor- und Nachteil die Serie zusammen mit Lysanda zu schauen ist, dass sie den Blödsinn laut ausspricht, den sie auf dem Bildschirm sieht :smile: . Und ja, Star Trek: The Original Series hat echt viele Probleme – selbst wenn man nicht ganz so genau hinschaut. Ein Punkt, den Lysanda als Arbeitsstress-Coach besonders stört, ist beispielsweise das “freundliche Geplänkel” zwischen Bone…Pille, Kirk und Mr. Spock, was faktisch häufig einfach nur Mobbing von Mr. Spock ist. “Haha, er hat keine Emotionen und ist so logisch, haha”… Da kommt einem das 23. Jahrhundert gleich nicht mehr ganz so fortschrittlich vor. Wie Frauen in der Serie behandelt werden – trotz so bahnbrechenden Rollen wie Lt. Uhura -…, nun es waren halt die 60iger. Es ist aber schon zum Totlachen, wenn das “Liebesthema” eingespielt wird, nur weil plötzlich ein „Weibchen“ die Szene betritt und sofort einer der Hauptcharaktere nur noch mit der Hose denkt. Und dann noch diese komische Nahansicht mit den ausgeleuchteten Augen. Da darf man echt nicht länger drüber nachdenken, was das eigentlich für ein totaler Blödsinn ist. Und so sehr immer über die armen “Red Shirts” gelacht wird: Wie viele Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn Kirk ein gescheites Kommando geführt hätte? Stattdessen werden fröhlich Gruppen aufgeteilt und Leute einzeln losgeschickt (O-Ton Lysanda: “Schon im Kindergarten lernt man zu zweit unterwegs zu sein und aufeinander aufzupassen!”) sowie Autoritäten untergraben und Befehle ignoriert/nicht ausgeführt. Es scheint überhaupt keine richtige Kommandostruktur zu existieren. Und warum steht Pille eigentlich ständig auf der Brücke rum? Was hat der als Arzt da verloren? Hat er auf einem Schiff mit 400 Mann Besatzung nichts zu tun? Sowieso: Warum können so viele Besucher einfach auf die Brücke stapfen und rumnerven? Und wieso gibt man unbekannten Leuten uneingeschränkten Zugriff auf die Schiffsdatenbank und das gesamte Schiff?

Star Trek: The Original Series (Paramount-Promobild)

Dann noch die ganzen Logikfehler. Wie viele Folgen funktionieren nur, weil der Drehbuchautor entweder grundsätzlich vergessen hat, dass es ein Raumschiff im 23. Jahrhundert ist oder sogar Funktionen in früheren Folgen bereits genutzt wurden. So wird bei Star Trek: Voyager ja gerne drüber gescherzt wie viele Shuttles sie im Laufe der Serie verbraten, weil der Teleporter nicht funktioniert. Im Original haben sie hingegen die meiste Zeit komplett vergessen, dass sie überhaupt zwei Shuttles an Bord haben. Geht der Transporter nicht, sterben also gleich mal wieder ein paar Mannschaftmitglieder obwohl man sie einfach abholen könnte. Kirk unter Anklage konnte hingegen nur stattfinden, weil es scheinbar auf so einem hochmodernen Schiff keine internen Sensoren gibt? Und dann die Auflösung mit dem bekloppten “wir hören die Herzschläge aller Personen auf dem Schiff”. Für was braucht man so eine Funktion auf einem Raumschiff?! Und nur dank eines Schachspiels findet man heraus, dass der Computer umprogrammiert wurde? Das Geld für Wartungsklappen war ebenfalls nicht im Budget. Stattdessen muss man ewig lange die Wand aufschweißen.

Selbst der Aufbau der Enterprise an sich ist nicht konsequent. Gefühlt ist der Maschinenraum in jeder Folge anders – je nachdem, wie viel Platz man gerade braucht. Und einmal muss eine ganze Mannschaft beteiligt werden, um die Phaser abzuschießen und ein anderes Mal kann es Sulu per Knopfdruck. Entfernung sind ebenfalls eher Richtlinien als festgelegt. In einer Folge sind sie innerhalb von Sekunden im Maschinenraum, mal dauert es eine halbe Ewigkeit – halt gerade so, wie es die Geschichte verlangt.

Ja, Star Trek: The Original Series ist teilweise echt schwer zu ertragen. Und das weniger, weil es eine SciFi-Serie aus den 60igern mit kleinem Budget ist. Sondern eher, weil man beim Einschalten seines Gehirns selbst in den richtig guten Folgen sehr viele Ungereimtheiten feststellt. Man könnte natürlich auch sagen, dass es einen Teil des Charmes der Serie ausmacht. Aber das ist nur eine faule Ausrede. Man darf leider schlicht und einfach nicht zu viel drüber nachdenken. Immerhin haben Lysanda und ich so immer Gesprächsstoff während und nach jeder Folge. Unterm Strich also ein guter Start in unseren Marathon. :smile:

2 Kommentare

Psst, Enterprise hatte vier Staffeln :wink: Aber ich stimme dir absolut zu, dass es wirklich skandalös ist, dass man die Serie nicht fortgeführt hat. Die war (wie so oft bei Star Trek) ab der 3ten Staffel richtig, richtig gut.

Ansonsten verfolge ich ja seit geraumer Zeit ein ähnliches Projekt: alles von TNG bis Enterprise nochmal/erstmals schauen.

Mit TNG bin ich jetzt durch und gestern lief auch der Abspann der letzten Folge der 1ten Staffel von DS9.

TOS werde ich mir wohl nicht mehr antun. Vielleicht tue ich der Serie unrecht, aber ich denke, die ist einfach zu alt, als dass sich da noch eine Faszination bei mir aufbauen könnte. Auch die ersten zwei Staffeln von TNG waren da teilweise noch echt schmerzhaft. Überraschenderweise ist die erste Staffel von DS9 meiner Meinung nach qualitativ schlechter als die letzten Staffeln von TNG. Ich hätte erwartet, dass man da eher direkt anschließt. Aber wie gesagt: es gehört ja bei Star Trek zum guten Ton, dass die Serien erst ab der 3ten Staffel gut werden :wink:

So, Staffel 1 durch. Es ist streckenweise definitiv anstrengend, keine Frage und ja, uneingeschränkt zu empfehlen ist sie definitiv nicht. Aber beim DVD-Release habe ich mir damals gefühlt schwerer getan als jetzt. Vermutlich eine Kombination aus “an was kann ich mich eigentlich noch erinnern”, “welche Sachen hatten Rückblickend auch Auswirkungen auf die anderen Serien” sowie Lysandas (nicht durchgängige) Kommentarspur :smile: .

Im Minimum würde ich sagen, sollte man Folgen wie Balance of Terror (Romulanerdebüt) oder Space Seed (Khan) mal gesehen haben. Einfach wegen dem Kontext. Die Zeitreisefolgen wie The City on the Edge of Forever oder Tomorrow is Yesterday haben sich auch halbwegs gut gehalten, finde ich. Aber alles? Ja, ne braucht es nicht wirklich.

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