Sicarius

Chaos auf der Raumschiffbrücke

William Shatner’s Chaos on the Bridge (Cover)

Apropos Star Trek: Ich habe vor kurzem auch endlich mal die Dokumentation William Shatner’s Chaos on the Bridge* (2014) geschaut. Darin geht es um die Entstehung der ersten drei Staffeln von Star Trek: Das nächste Jahrhundert*. Also die Zeit, in der Gene Roddenberry noch seine Finger im Spiel hatte. Gehört, gesehen und gelesen hat man als Fan über die Jahre ja schon sehr viel aber so einen offenen Einblick, wie ihn diese Dokumentation gibt, kannte zumindest ich bislang noch nicht.

Machtkampf

Am Ende der (viel, viel zu kurzen!) 58 Minuten bleibe ich mit der Erkenntnis zurück, dass es schon fast an ein Wunder grenzt, dass trotz des ganzen Geschacher und Sabotieren am Ende eine brauchbare Serie produziert werden konnte. Und es erklärt sich für mich sehr viel, warum die ersten drei Staffeln so sind wie sie sind. Das hat man in meiner Blase gefühlt immer nur Roddenberry in die Schuhe geschoben, weil seine „keine Konflikte zwischen den Menschen auf dem Schiff”-Doktrin die Autoren in den Wahnsinn trieb und er sogar Skripte von anderen Autoren einfach mal so umschrieb und seinen Namen draufpackte. Doch die Realität ist (wie so oft) komplizierter. Allein schon, dass Skripte von Roddenberrys Anwalt (ohne sein Wissen!) umgeschrieben wurden, lässt mir die Haare zu Berge stehen. Dass es da Haufenweise Zoff innerhalb der Crew gab, ist kein Wunder.

Erzählt wird die Geschichte im typischen Doku-Format mit durch Shatner narrierten Einspielern und zahlreichen Interviews, die er mit den noch lebenden Beteiligten geführt hat. Darunter bekannte Namen wie Patrick Stewart oder Rick Berman aber auch Leute wie z.B. D. C. Fontana (war schon beim Original als Drehbuchautorin dabei) und Susan Sackett (Genes Sekretärin). Man bekommt also durchaus einen relativ objektiven Einblick in die damalige Situation, denn tatsächlich waren nicht alle unzufrieden. Es fehlen aber natürlich wichtige Stimmen, wie z.B. Gene Roddenberry selbst. Und Kapitän James T. Kirk himself kommt ebenfalls nur ab und zu eher widerwillig zu Wort und hält sich stattdessen mit seiner Sicht der Dinge für meinen Geschmack etwas zu sehr zurück. Dabei war auch er damals wohl überhaupt nicht gut auf Star Trek: Das nächste Jahrhundert zu sprechen. Quasi „Wie könnt ihr eine neue Serie ohne MICH machen?!”. Hat wohl unter anderem den jungen Wil Wheaton mal zur Sau gemacht, als er damals in einer Drehpause das Set von Star Trek V: Am Rande des Universums* besuchte, um seine Idole persönlich zu treffen.

Beim Christoph meint: Für mich eine hochinteressante Dokumentation, die aber massiv darunter leidet, dass sie nur 58 Minuten lang ist. Wenn wenigstens die Blu-ray zum Ausgleich mit haufenweise Bonusfeatures (z.B. die Langfassungen der Interviews) vollgepackt wäre. Aber Pustekuchen. Gibt nichts dergleichen. Deswegen Abzüge in der B-Note und damit nur 4 von 5 Sics. Aber für Star Trek-Fans, die sich dafür interessieren was damals im Hintergrund los war, eine klare Empfehlung. Wie geschrieben: So einen erfrischend ungeschminkten Einblick auf die Vorgänge hinter den Kulissen von Star Trek: Das nächste Jahrhundert habe ich bislang noch nicht gesehen. Auf den DVDs der Filme und Serien findet sich leider (nicht nur bei Star Trek) oft nur die übliche Beweihräucherung („Wir hatten uns alle Lieb und es gab‘ keine echten Probleme”) bzw. es kommen außer den Schauspielern und Produzenten keine anderen Crewmitglieder zu Wort. Da würde ich mir definitiv mehr Transparenz und echten Mut zur ehrlichen Prozessdokumemtation wünschen.

3 Kommentare

Ich hab hier sogar das komplette Doku-Set von Shatner mit den insgesamt vier Dokus. Irgendwann, wenn ich mit meinem Marathon durch bin, schau ich da auch mal rein :tongue:

Aber bzgl. TNG: ich habe ja auch die große Sammelbox mit dem umfangreichen Bonusmaterial. Da hat man schon auch nen ziemlich guten Eindruck von den äußerst widrigen Umständen erhalten. Normale Making-Ofs schau ich mir ja nicht an, weil da immer nur geschwärmt wird, wie super duper toll alles war und wie unglaublich talentiert der Kollege X und die Kollegin Y war. Aber hier bei der TNG-Box ist das schon etwas anders, da sie ja 25 Jahre nach der Erstausstrahlung produziert wurde. Man merkt deutlich, dass die Beteiligten immerhin ein wenig ehrlicher sind und nicht mehr alles und jeden über den Klee loben…

Das ist schön zu hören. Die Making-ofs auf den alten DVD-Veröffentlichungen waren zwar aus technischer Hinsicht ganz interessant aber inhaltlich leider größtenteils Lobhudelei abseits der üblichen Stories wie “Patrick Stewart hatte Anfangs einen Stock im Hintern”. Wenn da auf den Blu-rays was handfesteres dabei ist, bin ich schon gespannt (ja, hab’ die DVDs alle verkauft und ersetzt :smlie: ).

Lobhudelei hast du da schon auch noch recht viel. Liegt aber vermutlich auch einfach daran, dass sich zumindest die Schauspieler wohl echt (auch privat) mögen. Da ich mir die “alten” DVD-Making-Ofs (die ja auch auf den BDs enthalten sind) nicht angeschaut habe, kann ich es aber nicht vergleichen.

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