Staffel 2* von Raumschiff Enterprise* liegt hinter uns. Und es war definitiv ein spürbarer Unterschied zur 1. Staffel. Schon während der ersten Folge ist mir aufgefallen, dass alles plötzlich irgendwie dynamischer wirkt. Zum einen in Bezug auf die Kamera, die nicht mehr durchgängig nur an einem Platz verharrt, sondern sich auch mal bewegt. Zum anderen das Zusammenspiel der Charaktere. In Staffel 1 hat gefühlt 90% der Zeit nur Captain Kirk den Mund aufgemacht und eine Persönlichkeit gezeigt. Jetzt endlich dürfen andere Charaktere wie Spock, McCoy oder Chekov (jetzt neu dabei – inkl. dem Dauergag “alles wurde in Russland erfunden”) ebenfalls mal miteinander agieren und natürlichere Unterhaltungen führen. Gut, einiges davon fällt leider immer noch in die Kategorie “Lasst uns ein bisschen Spock mobben” aber man kann ja nicht alles haben.
Eine Zeitreise gefällig?
Inhaltlich geht es grundsätzlich ebenfalls aufwärts, was dazu führt, dass die 26 Folgen bei weitem erträglicher sind als noch Staffel 1. Aber kommen wir zuerst zum negativen: Es gibt sie immer noch, die vielen unlogischen Entscheidungen und Geschichten, die nur passieren können, weil der Autor mal wieder vergessen hat, dass es ein Raumschiff aus dem 23. Jahrhundert ist. Die Tatsache, dass es überall nur Humanoide gibt, die “zufälligerweise” auch noch in irgendeiner Epoche (Römer, Nazi-Deutschland, Amerika der 20iger und 60iger, etc.) der Erdgeschichte stecken, ist ebenfalls unausweichlich – schließlich ist nichts einfacher zum Geldsparen als die vorhandenen Sets auf dem Paramount-Gelände zu nutzen. Und wenn es mal nicht passt, wird es einfach passend gemacht indem man irgendeinen Grund für eine Zeitreise erfindet.
Das ist vor allem in der letzten Folge, Ein Planet, genannt Erde so ein absoluter Schwachsinn. In quasi zwei Sätzen wird direkt im Intro erwähnt, dass man plötzlich gezielt in die Vergangenheit reisen kann. Das kommt NIE wieder in der gesamten Geschichte von Star Trek auf diese Art und Weise vor… und dann wird es auch noch für einen völlig schwachsinnigen Grund gemacht. Naja, immerhin hat die Folge eine hübsche schwarze Katze (die hoffentlich während der Dreharbeiten nicht zu sehr gequält wurde).
Ein Kritikpunkt an der deutschen Sprachausgabe ist hingegen die Aussprache der ein oder anderen Rasse. Speziell Klingonen (“Klingon” – aber auf Deutsch gesagt)) und Romulaner (ich kanns nicht mal aufschreiben, wie komisch die Synchronsprecher es aussprechen aber es geht in Richtung “Remulade”) klingen völlig bescheuert. Da waren die Regieanweisungen wohl damals noch nicht auf dem höchsten Niveau.
Spannung, Humor und tolle Charaktere
Auf der positiven Seite steht neben der neuen Dynamik (und etwas mehr Humor), dass hier noch viel mehr Grundlagen für später gelegt werden als noch in der 1. Staffel. Wir erfahren erstmals vom Paarungszyklus der Vulkanier (Weltraumfieber), lernen in Reise nach Babel Spocks Eltern kennen, Ein Parallel-Universum gibt en ersten Einblick in das Spiegeluniversum voller Bösewichte und die erste Direktive (misch dich nicht in andere Völker ein) – dir hier noch nicht so heißt – spielt eine größere Rolle (wird aber trotzdem laufend missachtet). Und selbstverständlich darf die Kultfolge Kennen Sie Tribbles? nicht unerwähnt bleiben. Übrigens eine coole Sache auf der Blu-ray: Neben der eigentlichen Folge sind auch alle Tribble-Folgen aus den anderen Serien mit auf der Scheibe drauf. Haben wir uns an der Stelle zwar nicht angeschaut, da wir ja noch regulär dort hinkommen. Fand ich aber eine super Idee.
Und selbst ziemlich blödsinnige Folgen wie Epigonen oder Der Wolf im Schafspelz versprühen irgendwie mehr Charme als vergleichbares in der 1. Staffel. Vermutlich, weil alle Beteiligten dazu gelernt haben. Ebenfalls positiv: Es ist mehr los im Weltraum. Mehr Szenen der Enterprise und anderen Schiffen (oder UFOs), die in der Remastered-Fassung freilich noch besser zur Geltung kommen als im Original.
Da war noch was
Zwei weitere Sachen, die mir in der zweiten Staffel aufgefallen sind: Sie haben ein Set (vermutlich von einem Western, der auf dem Paramount-Gelände gedreht wurde) gut ein halbes Dutzend Mal in unterschiedlichen Folgen wiederverwendet. Es wird zwar versucht es durch eine andere Kameraeinstellung zu kaschieren. Aber mir ist immer wieder aufgefallen von wegen “den Pfeiler kenne ich doch” oder “die exakt gleiche Tür war schon in der anderen Folge”. Ist an sich natürlich nichts Schlimmes. Fand es nur amüsant.
Die zweite auffällige Sache ist, dass größtenteils nur Humanoide vorkamen sowie ein stärkerer Fokus auf Computer. Das war in der ersten Staffel anders. Da wurde mehr versucht wirklich außerirdisches zu zeigen. Ja, der Erfolg hielt sich in Grenzen (beispielsweise das “Pizzamonster” aus Horta rettet ihre Kinder). Ich kann deshalb die Änderung nachvollziehen und weiß den dadurch entstandenen Qualitätssprung bei den Geschichten in der zweiten Staffel zu schätzen. Schade ist es aber trotzdem. Schließlich befinden wir uns doch in den unendlichen Weiten des Weltalls und an Orten, die angeblich noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat – was total gelogen ist, denn in vielen Folgen war schon einmal ein anderes Raumschiff vor der Enterprise da und hat alles verbockt .
Fazit
Alles in allem fällt es mir tatsächlich leichter einem Star-Trek-Fan die zweite Staffel von Raumschiff Enterprise ans Herz zu legen als noch die erste. Es ist freilich weiterhin 60iger-Jahre-SciFi mit einem begrenzten Budget (jeder Kampf ist mit dem gleichen Musikstück hinterlegt…) und Shatner-Overacting. Aber der Anteil der guten oder zumindest interessanten Folgen (=man erfährt mehr über das Universum und/oder es wird später wieder aufgegriffen) ist ganz klar höher als noch bei Staffel 1.
Bleibt noch die 3. Staffel übrig, bevor wir zu den Filmen kommen. Die ist selbst für mich Neuland aber die erste Hürde haben wir bereits genommen: Spocks Gehirn. Und was soll ich sagen? Ja, sie ist völlig und absolut bescheuert. Von der Prämisse bis hin zur Umsetzung ist sie total absurd und einfach nur schlecht. Und dann wird die Geschichte nur zum Teil aufgelöst (Was passiert jetzt mit den beiden Völkern?! Warum war ein Herrscher notwendig? Was ist mit dem vorherigen passiert?). Das kann man allerdings auch von der ein oder anderen Folge der 1. Staffel behaupten. Insofern muss ich ganz klar sagen: Meine “Furcht” vor diesem Machwerk war mehr als unbegründet. Da hat mich der Ruf im Internet zu sehr beeinflusst. Muss man sie gesehen haben? Höchstens um sich tot zu lachen. Aber man kann den Anblick überleben. Und mit der Folge aus dem Weg: Schauen wir mal, was der Rest der Serie noch so bringt.