Wad?! Schon vorbei?! Alter Schwede, ich wusste ja, dass die erste Staffel von Star Trek: Voyager* kürzer ist. Aber nur 15/16 Folgen (je nachdem ob man den Pilot als eine oder zwei zählt) zum Einstieg?! Das hat mich dann doch extrem überrascht. Zumal es kein richtiges Finale oder wenigstens einen Cliffhanger gibt. Stattdessen wurden die letzten vier Episoden, die eigentlich für Staffel 1 gedacht waren, kurzerhand an den Anfang von Staffel 2 gepackt. Damit umfasste dann zumindest sie am Ende die vollen 26 Folgen.
Normalerweise würde ich an dieser Stelle was faseln von wegen “Produktionsbudget war zu knapp” oder sowas. Aber tatsächlich hatte die Kürze einen simpleren Grund: Voyager ist in den USA im Januar statt im September gestartet – also in der Mitte der laufenden Ausstrahlungsphase. Deswegen wurden nur 20 Folgen für die 1. Staffel produziert. Vier davon wurden anschließend nach Staffel 2 verschoben, weil der neue Sender UPN sich von den anderen abheben wollte und die nächste Saison früher starten ließ als es üblich war (Ende August statt Mitte/Ende September).
Amüsanterweise wurden jedoch für Staffel 2 die vollen 26 Folgen bestellt und produziert. Sprich man hatte jetzt theoretisch 30 Folgen zum Ausstrahlen. Also wurden erneut vier Folgen verschoben und kurzerhand in die 3. Staffel gepackt. Und nein, das ging jetzt nicht bis zum Ende der Serie so weiter. Ab Staffel 4 ist wieder alles normal .
Die Serie
Doch wir sind schon wieder viel zu tief drin. Gehen wir zurück zum Anfang: 1993 arbeitete man an der 7. Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert. Es war entsprechend absehbar, dass bald nur noch Star Trek: Deep Space Nine über den Bildschirm flimmern würde. Das fand Paramount aber nicht so prickelnd. Sie wollten weiterhin eine zweite Serie parallel laufen haben. Außerdem arbeiteten sie daran mit UPN (United Paramount Network) einen eigenen Sender aus der Taufe zu heben. Da wäre eine neue Star-Trek-Serie natürlich der perfekte Aufhänger, um ihm gleich richtig Bekanntheit zu geben. Ähnlich wie es Paramount vor ein paar Jahren mit Paramount+ gemacht hat.
Also setzten sich Rick Berman, Michael Piller und – ganz neu – Jeri Taylor an einen Tisch, um eine neue Serie zu erfinden. Taylor war ab der vierten Staffel Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert als Produzentin mit von der Partie, wobei sie bei dem ein oder andern Drehbuch ebenfalls beteiligt war. Sie stieg im Laufe der folgenden Staffeln “im Rang” auf und wurde am Ende nicht nur Showrunner der letzten Staffel von Picard und seiner Crew, sondern eben auch zur Miterfindern von Star Trek: Voyager und deren zeitweiliges Showrunnerin.
Was tun?
Von Anfang an war klar, dass die neue Serie wieder auf einem Raumschiff spielen sollte. Allerdings ohne eine neue Enterprise aus der Tasche zu zaubern. Die Enterprise-D war ja schließlich noch auf dem Weg in die Kinos. Stattdessen sollte es eine Art Anti-Enterprise werden. Sprich es war wichtig a) Konflikte an Bord zu haben (=Crewmitglieder des Maquis) inkl. keiner Möglichkeit einfach nach Haus zu telefonieren und b) möglichst weit weg vom etablierten Universum zu sein, um endlich wieder neue Sachen zu entdecken. Letzteres quasi, um den Urgedanken von Star Trek (“Erforschung neuer Welten und Zivilisationen”) zurück in den Vordergrund zu bringen. Als Inspiration dienten die Q-Folgen, in denen er die Enterprise an einen völlig unbekannten Ort der Galaxie schleuderte. Aber am Ende musste sie natürlich wieder zurück auf den Ausgangspunkt. Warum also nicht mal den Spieß umdrehen und die Rückkehr verweigern?
Das “neu” betraf auch die Charaktere. Sie sollten ebenfalls nicht bekannten Figuren ähneln. Also kein Captain, der wie Picard oder Kirk ist, kein Data, kein Odo und sowas. Und – da kommt ganz klar der Einfluss von Jeri Taylor mit rein – eine Frau am Steuer. Am Ende sah die Liste so aus:
- Captain Kathryn Janeway – die starke Frau an der Spitze und tatsächlich Vorbild für buchstäblich hunderttausende von Mädchen. Man kann Voyager sicherlich viel vorwerfen, aber dem Star-Trek-Anspruch wurde es allein schon durch diese Entscheidung gerecht.
- Tom Eugene Paris – der stürmische Hotshot. Sollte ursprünglich tatsächlich der Charakter Nicholas Locarno aus Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert sein, den Robert Duncan McNeill in Ein missglücktes Manöver gespielt hatte. Man entschied sich dann aber dagegen.
- Chakotay – Maquis und gleichzeitig auch noch ein Indianer. Nicht ganz der Anti-Riker, aber geht definitiv in diese Richtung.
- Harry Kim – Jungspund und ggf. Token-Asiate (wird meines Wissens nie so gespielt, aber es ist schon verdächtig ).
- B’Elanna Torres – Buchstäblich die Anti-Worf. Mag ihre klingonische Seite überhaupt nicht und ist weiblich.
- Neelix – Der Comic Relief. Wobei er zumindest am Anfang tatsächlich nicht so schlimm ist, wie ich ihn in Erinnerung habe. Kommt vielleicht noch.
- Kes – Keine Ahnung. Scheinbar kann man kein Schiff haben ohne irgendjemanden mit telepathischen Fähigkeiten darauf. Ist zum Glück nicht sehr lange dabei.
- Tuvok – Ein echter Vollblut-Vulkanier und dann auch noch schwarz. Ihr könnt euch denken, wie gut das bei manchen ankam.
- Das Medizinisch Holografische Notfallprogramm – Einen Androiden hatten wir schon als Crewmitglied, also warum nicht dieses Mal ein Hologramm? Ein sarkastisches, sehr von sich eingebildetes Hologramm. Ganz klar der beste Charakter der ganzen Serie!
Und dann baute die Serie auch noch auf Elementen auf, die vorher in den anderen eingeführt wurden (Stichwort “Maquis”). Wie geil ist das denn? Gestartet ist die Reise in den USA am 16. Januar 1995. Das Dreigestirn “Frau als Chefin, Indianer als Nr. 1 und schwarzer Vulkanier” führte zwar mal wieder zu absolutem Hass bei einigen sogenannten “Fans” aber ungeachtet dessen konnte die Serie anfangs gute Zuschauerzahlen einfahren.
Das Ergebnis
Ich fand es echt doof, dass Quark als Crossover von Star Trek: Deep Space Nine in der Pilotfolge genutzt wurde. Warum durfte Sisko nicht mit Janeway sprechen? Oder zumindest Kira so von Frau zu Frau? Stattdessen nur eine relativ witzlose Szene in Quarks Bar. Kein guter Einstieg in die Serie muss ich sagen. Und warum musste die Voyager die Phalanx zerstören, bevor sie wieder nach Hause geschleudert werden konnten? Hätte man nicht einfach ein paar Zeitbomben platzieren können? Gehe jetzt nicht davon aus, dass die Kazon sie so schnell gefunden hätten. Aber gut, insgesamt war es ein unterhaltsamer Pilot und eine gelungene Einführung in die neue Crew und das neue Schiff. Man merkt halt doch, dass die Verantwortlichen mittlerweile schon ein bisschen länger dabei sind.
Der Rest der 1. Staffel? Nun, ganz ehrlich kann ich mich schon jetzt nicht mehr an viel erinnern (nähern uns schon dem Ende der 2. Staffel). Aber im Prinzip Kennenlernen der Crewmitglieder, Integration der Maquis-Leute, verzweifelte Versuche eine Abkürzung nach Hause zu finden, Etablierung der Kazon als die Hauptfeinde für die nächste Zeit und ein bisschen “Monster-der-Woche”-Feeling.
Insgesamt ist die Staffel völlig solide und tatsächlich größtenteils kurzweilig (wie gesagt, kam es mir extrem schnell vor) aber halt nichts, worüber es sich groß zu schreiben lohnt im Gegensatz zu den anderen Serien. Einzig erwähnenswert ist vielleicht Der mysteriöse Nebel mit dem Weltraumnebel, der sich als Lebewesen entpuppt. Auch, wen es technisch gesehen durch und durch eine Star-Trek-Folge ist, ist ihr Unterhaltungswert definitiv nicht einmal ansatzweise vorhanden. Würde ich Kaffee trinken, hätte ich danach einen gebraucht, um das zu verdauen. Mein persönliches Highlight war hingegen Das Nadelöhr. Die bislang beste “kommen wir heute vielleicht endlich nach Hause”-Folge und der Twist ist gleichzeitig vorzüglich und extrem deprimierend (sowohl für die Crew als auch den Zuschauer).
PS: Ich habe übrigens bei der Recherche gelernt, dass die Abkürzung für die Serie offiziell wohl nicht “VOY”, sondern “VGR” ist. Total bescheuert. Ich bleibe deshalb bei “VOY”.
Endlich wird es auch für mich mal interessant. Denn die Voyager ist definitiv mein größter Berührungspunkt mit Star Trek überhaupt.
Ja, ich habe damals die Filme nicht geschaut (zumindest kann ich mich nur an IV erinnern). TNG hab ich höchstens mal sporadisch ne Folge gesehen, wenn sie irgendwo lief. Bin mir ziemlich sicher, dass ich durch SiW mehr vom TNG Material gesehen hab, als durch die eigentliche Serie. Bei TOS war es sicher noch weniger und von DS9 habe ich bis heute keine einzige Folge gesehen.
Aber Voyager hab ich tatsächlich über einen längeren Zeitraum sehr aktiv verfolgt, immer schön auf Sat1 die deutsche Erstaustrahlung.
Viel geholfen hat das aber anscheinend trotzdem nicht, kann ich an fast gar nichts mehr erinnern und schon gar nicht die Staffeln auseinanderhalten. Hab die Serie aber zumindest positiv in Erinnerung.
Ich bin mittlerweile auch in der 7. Staffel von VOY angekommen (ja, ich schreibe auch VOY). Genauer gesagt bei Folge 8.
Und mein positiver Ersteindruck hat sich uneingeschränkt bestätigt. Die Serie macht einfach Laune. Und zwar – rein vom Bauchgefühl – auch mehr als TNG und DS9. Das fällt mir durchaus schwer zu sagen, weil ich ja bekanntermaßen sehr an Picard und seiner Crew hänge. Aber es ist einfach so, dass von den bislang gut 150 Folgen, die ich gesehen habe praktisch keine “langweilig”, “albern” oder “zu
Roddenberry-mäßig utopisch” war. Entsprechend hab ich VOY auch viel, viel schneller durchgeschaut als DS9 und vor allem TNG (für letztere habe ich ja gefühlt über ein Jahr gebraucht).
Woran liegt das nun? Das kann ich nicht einmal genau sagen. Wie gesagt, denke ich, dass die durchschnittliche Episodenqualität – oder sagen wir mal lieber: der durchschnittliche Unterhaltungswert – höher liegt als bei TNG und DS9. Das liegt sicher auch an einer spürbar “moderneren” Inszenierung und einem – gefühlt – größerem Fokus auf “Action”. Damit geht natürlich auch einher, dass VOY nicht ganz so philosophisch daherkommt wie vor allem TNG. Das kann man natürlich auch kritisieren. Entsprechend fehlen VOY auch die ganz großen, herausstechenden Folgen, mit denen vor allem TNG glänzen konnte. Demgegenüber hat VOY – wie gesagt – praktisch keine rein albernen Folgen (z.B. Ferengi-Folgen bei DS9) oder völlig utopisch-bizarre Folgen (wie z.B. vor allem Staffeln 1 und 2 von TNG). Und es ist auch nix dabei, was mich persönlich nicht interessiert (z.B. der ganze Bajor-Paargeister-Strang von DS9).
Tendenziell werden die Folgen bei VOY zwar gegen Ende hin immer “humoriger”, teilweise auch stark an der Grenze, was man als “realistisch” und “glaubhaft” bewerten könnte. Aber es geht, anders als TNG und DS9, (bislang) nicht darüber hinaus. Irgendwie hab ich bei S7 aktuell das Gefühl, dass man Mühe hatte, noch Inhalte zu produzieren. Aber vielleicht kommt da ja noch was Großartiges im Endspurt. Ich bleibe jedenfalls gespannt.
Oh, wichtige Ergänzung:
Natürlich ist auch VOY (leider) nicht frei von (zahlreichen!) Logiklücken und Inkonsistenzen in der Erzählung (sie verballern z.B. viel mehr Torpedos, als sie am Anfang der Serie erklärten, zu besitzen). Es ist auch ganz erstaunlich, wie oft es Probleme mit Shuttles gibt. Also eigentlich immer, wenn ein Shuttle in der Folge vorkommt. Und wie super einfach es scheinbar ist, ein Shuttle zu stehlen, die Schleuse zu öffnen und zu fliehen (natürlich geht der Traktorstrahl auch NIE), ist auch ganz erstaunlich.
Aber gut, das gehört ja zu Star Trek dazu. Leider.
Das mit den Ressourcen ist definitiv ein Thema – aber auch nur, weil sie es zu einem gemacht haben. Hätten sie nie die genaue Zahl erwähnt, hatte kein Hahn danach gekräht. Man wäre einfach davon ausgegangen, dass sie die Torpedos replizieren können. Und woher haben die in Staffel 2 plötzlich das neue Shuttlemodel?!
Aber gut, darüber kann man hinwegsehen. Doch nach den ersten zwei Staffeln muss ich auch ganz klar sagen (greife damit meinem Eintrag etwas vorweg), dass es zwar nett ist die Serie zu schauen – also wie du sagst der grundsätzliche Unterhaltungswert da ist – aber irgendwie… fällt mir der Griff zum Handy zu leicht (vergleichbar wie bei TOS).
Glaub der größte Punkt für mich ist, dass sie zwar immer tun als wären die Konsequenzen so massiv und tragisch, aber am Ende passiert halt nichts. Es ist wieder mehr Unfall/Monster/Rasse-der-Woche statt zusammenhängend. Die doppelte Voyager, Tuvix oder die Sache mit Janeway und Chakotay auf dem Planeten sind grundsätzlich gute Folgen, die auch gerne mehr hätten sein dürfen. Aber es hat halt überhaupt keine Auswirkungen. Es wird (meines Wissens) nie wieder darüber gesprochen, stattdessen sofort wieder Alltag. Dazu kommt, dass weder die Kazon noch die Vidiianer in irgendeiner Weise interessante Feinbilder. Schlimmer noch: Die Vidiianer an sich ergeben überhaupt keinen Sinn. Und wie groß ist bitteschön das Territorium der Kazon?! Die Voyager ist jetzt doch schon Monate unterwegs…
Jap, das mit dem riesigen Territorium der Kazon hab ich mir auch sofort gedacht.
Genauso wie es mich sehr gestört hat, dass die Voyager ein zweites Mal auf Personen/Schiffe trifft, die sie Monate/Jahre (?) vorher bereits getroffen hat. Wie in Gottes Namen soll die Voyager da wieder eingeholt worden sein? Klar, die VOY kann nicht konstant mit Warp 9,975 fliegen. Aber in der Serie selbst sagen sie, dass sie mit Warp 6 (ich meine sogar 6,2) als Durchschnitt rechnen. Es wäre doch anzunehmen, dass sie dann nach kurzer Zeit nicht mehr einholbar sind. Kann man sich natürlich wieder mit irgendwelchen Phänomenen schönreden… aber dann hätten sie das auch in einem Nebensatz erklären können.
Genauso, wie – vorsicht, kleiner Spoiler – der Delta Flyer Anfang Staffel 7 deutlich sichtbar komplett (!) zerstört wird, nur um DIREKT IN DER NÄCHSTEN FOLGE wieder im Einsatz zu sein. Und zwar völlig unkommentiert. Er ist einfach wieder da. Hätten sie wenigstens kurz erwähnt, dass es sich um einen Neubau handelt. Aber nein, nichts. Das sind so die unnötigen, komplett vermeidbaren Fehler, die mich immens aufregen.
Aber wie gesagt: das hatte Star Trek schon immer. (ich sage nur: der Kampf der ENT-D in Generations gegen den uralten Bird of Prey….)
Das mit dem Monster-of-the-Week-Prinzip find ich hingegen nicht so schlimm wie bei TNG. Einfach, weil es häufig besser (moderner, spannender) inszeniert ist. Aber ja: es fehlen die Konsequenzen. Es wird noch ein paar Folgen geben, wo die VOY auch mal über mehrere Folgen “mitgenommen” ist. Aber mir wird auch zu häufig der “Reset-Knopf” gedrückt. Das ist halt auch deswegen so schlimm, weil man ja angeblich an Ressourcenknappheit leidet. Ich hätte zu Beginn auch gedacht, dass die VOY in Staffel 7 viel kaputter ausschaut, als in Folge 1. Aber dem ist wohl nicht so ^^.