Sicarius

Reisende, Teil 5

(Cover)

Staffel 4 war vermutlich auch deshalb so gut, weil wir mit 7of9 endlich einen Charakter bekommen haben, von dem wir irgendwas erfahren und der sich weiterentwickelt. Mit dem wir mitfühlen können. Dessen Geschichte tatsächlich interessant ist. Nach dem Genuss der 5. Staffel* von Star Trek: Voyager ist mir nämlich erstmals das vielleicht noch größere Problem der Serie abseits der fehlenden Kontinuität bewusst geworden: Abseits des Doktors sind die Hauptcharaktere selbst nach fünf Staffeln flacher als ein Blatt Papier und (fast) völlig austauschbar.

Name? Rang? Und sonst?

Das absolute Extrembeispiel für einen blassen Charakter dürfte Chakotay sein. Wäre er nicht an Bord, es würde absolut keinen Unterschied machen. Wir erfahren faktisch über die gesamte Serie hinweg so gut wie überhaupt nichts über ihn. Selbst den ganzen (idiotisch umgesetzten) Indianerkram haben sie (glücklicherweise) schnell hinter sich gelassen. Und zu tun hat er ebenfalls wenig. B’Elana Torres? Anfangs ein bisschen stürmische Klingonin, mittlerweile irgendwie nur noch vereinzelt anwesend. Harry Kim? Selten mehr als die Zielscheibe eines Witzes und schlechter Loverboy. Tom Paris? Wenn man halt jemanden braucht, der irgendwie jung, wild, stürmisch, rebellisch oder sowas sein soll. Wie es halt grade ins Drehbuch passt. Meist einfach nur praktisch, weil er das 20. Jahrhundert in und auswendig kennt. Tiefgang? Bloß nicht, da würde er nur ersaufen.

Und unsere geliebte Anführerin Captain Kathryn Janeway? Im Zusammenspiel mit 7of9 blüht sie auf – was amüsant ist, da Schauspielerin Kate Mulgrew und Jeri Ryan sich wohl damals gar nicht so gut verstanden haben. Mulgrew war absolut nicht mit dem Charakter einverstanden und ließ das wohl an Ryan aus. Nach all den Jahren hat sich die Animosität aber wohl gelegt und sie kommen ganz gut miteinander aus :smile: . Aber ohne 7of9? Aus meiner Sicht ebenfalls recht wenig Persönlichkeit und Tiefgang. Vermutlich mehr als die anderen schon allein, weil sie als Kapitän eine Dauerpräsenz hat. Aber dennoch.

Zusammengefasst also viel Raum für unterhaltsame Geschichten, weil die Charaktere nur wenig Eigenständigkeit haben und wenig Wachstum erfahren, somit keine wirkliche Rücksicht auf Kontinuität gelegt werden muss und man einfach einen der Charaktere hernimmt, der halbwegs den Slot füllt, den die Geschichte vorgibt. Bei 7of9 ist das anders. Sie bot den Autoren eine Leinwand für Entwicklung, die sie auch größtenteils genutzt haben. Wobei: Vielleicht sogar zu viel. Zumindest beschwerten sich die anderen Schauspieler ab Staffel 5, dass sie irgendwie nur noch Teil der “Janeway- und 7of9-Show” wären. Und ja, es ist auch Sicht des Zuschauers eindeutig, dass der Fokus der Autoren ab Staffel 4 stark auf beide gerichtet war. Allerdings (siehe vorherige Absätze) sehe ich das tatsächlich nicht ganz so negativ :smile: .

Die 5. Staffel

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Um das Fazit dieses Mal direkt am Anfang zu bringen: Die 5. Staffel ist im direkten Vergleich zur vorherigen für mich ein spürbarer Qualitätsverlust. Ich blieb nach gefühlt vielen Folgen ziemlich unzufrieden und/oder gelangweilt zurück. Das fängt schon mit dem bescheuerten Holodeckprogramm Captain Proton an, das direkt in der ersten Folge eingeführt. Keine Ahnung, warum die Autoren so verbissen versucht haben Tom Paris und das Holodeck zu einem Ding zu machen. Ja, theoretisch bietet das Holodeck durchaus die Möglichkeit für ein paar gelungene Folgen. Und es wird sicherlich viel Betrieb erfahren auf so einem Schiff – entsprechend arschig ist es, dass Toms Programme teilweise ununterbrochen laufen… (die Voyager hat nur zwei Holodecks – für eine Mannschaft von 150) Aber die Bar, das Ressort, Captain Proton, Fair Haven – nichts hat mich davon in irgendeiner Weise angemacht oder aus meiner Sicht gute Geschichten hervorgebracht.

Trotz Captain Proton, ist die 5. Staffel aber definitiv etwas düsterer. Nein, damit meine ich (nicht) nur die Einstiegsfolge Nacht. Unsere Crew erfährt so einige Momente der Krise. Janeway hadert (weil sie sich nicht mehr davon ablenken kann) mit ihrer Entscheidung die Phalanx des Fürsorgers zerstört zu haben. Der Doktor wird von Selbstvorwürfen gequält – übrigens eine Folge, die anfangs an Beweise aus Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert erinnert. Nur halt umgekehrt. Dort war Data der Einzige, der die Wahrheit wusste. Hier ist es die Crew. Der Twist ist entsprechend durchaus überraschend – solange man am Ende der Folge nicht länger drüber nachdenkt. Aber das ist ja öfters so bei Star Trek-Folgen :wink: .

Tom Paris wird hingegen degradiert auch, wenn es überhaupt keine Auswirkungen hat und die dazugehörige Folge irgendwie inhaltlich ziemlich mau ist. 7of9 macht in einer Doppelfolge erstmals Kontakt mit der Borgkönigin und wird so mal wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert bzw. ihre Zugehörigkeit in Frage gestellt. Und unsere B’Elanna? Entwickelt plötzlich Überlebensschuld wegen ihrer Maquis-Freunde. An sich ein gutes Thema, das sogar ein wenig seit Beginn der Staffel vorbereitet wurde. Aber die Verpackung ist einfach dämlich. Der Bau des Delta Flyers (der nur diese Folge dauert… scheint ja echt einfach zu sein sowas), ein komisches Wettrennen mit der dämlichen Müllentsorgerrasse Malon und natürlich rettet sie am Ende den Tag. Wie oft ich schon zu Lysanda gesagt habe, dass die Voyager dringend einen Psychologen bräuchte? Ich kann schon gar nicht mehr mitzählen.

Epilog

Ja, irgendwie habe ich wenig wirklich Gutes zur 5. Staffel zu sagen. Klar, wer so lange durchgehalten hat, geht jetzt noch bis zum Schluss mit – komme was wolle. Aber in Sachen Vergesslichkeit steht diese Staffel definitiv weit oben. Kann mich schon selbst nur noch an wenige Highlights erinnern und muss stattdessen eher ständig den Kopf schütteln über Folgen wie Der Fight (mit Chakotay in der Hauptrolle), Das Vinculum oder 23:59. Vielleicht kommt auch noch dazu, dass so langsam das “könnte mal vorbei sein”-Gefühl anfängt in mir hochzukommen. Denke mittlerweile schon häufig an das was danach kommt (Star Trek: Nemesis und Star Trek: Enterprise).

Aber damit wir nicht ganz so negativ enden: Kontrapunkt mit den militanten/misstrauischen Devore, welche die Voyager gängeln, ist eine wirklich gelungene Janeway-Folge (mit wenig 7of9). Das Staffelfinale Equinox Teil 1 würde ich jetzt nicht so in den Himmel loben wie andere, weil halt von Anfang klar ist, dass die was ausgefressen haben. Aber es ist trotzdem ein ganz guter Abschluss. Und Die Denkfabrik lebt zwar viel von Jason Alexanders schauspielerische Leistung als Kurros. Aber es ist trotzdem immer wieder unterhaltsam mit anzusehen, wenn Sternenflotten-Kapitäne solchen hinterhältigen Burschen ein Schnippchen schlagen.

Ansonsten geht es fleißig weiter mit der 6. Staffel. Ja, das unbefriedigende Ende der Serie rückt näher :smile: .

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