Sicarius

Die (aktuell) allererste Sternenreise, Teil 1

(Cover)

Es ist soweit. Lysanda und ich sind bei der letzten Serie der “Rick-Berman-Ära” angekommen: Star Trek: Enterprise* – wobei in den ersten beiden Staffeln noch das “Star Trek” im Titel fehlte. Nach dem Ende von Star Trek: Voyager, flimmerte 2001 die erste Folge über den Bildschirm. Paramount hatte sich nämlich bewusst dagegen entschieden die Serie parallel zu Star Trek: Voyager zu starten. Ganz vorne am 26. September 2001 mit dabei? Ich! Dank der Wunder des noch vergleichsweise jungen Internets konnte ich mir damals jede Episode bereits wenige Stunden nach der Erstausstrahlung ansehen. Hach, wie schön wäre es doch tatsächlich in einer globalisierten Welt ohne Ländergrenzen zu leben…

Es ist damit auch tatsächlich die einzige Star-Trek-Serie, bei der ich live und in Farbe dabei war. Alle anderen hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal komplett gesehen. Hier wartete ich hingegen jede Woche gespannt auf den Link. Bei genauerer Überlegung dürfte es sogar unabhängig von Star Trek bislang die einzige Serie sein, die ich so erlebt habe. Ihr braucht aber jetzt keine Angst zu haben, dass ich dadurch nun einen verklärten Blick auf die Reise von Captain Jonathan Archer und seiner Crew hätte. Im Gegenteil: Es ist die Crew der “alten” Trek-Serien, zu der ich den wenigsten Bezug habe.

Die Produktion

Erdacht von Rick Berman und Brannon Braga, sollte die Serie frischen Wind ins Franchise bringen. Schließlich waren die Einschaltquoten nicht erst seit Star Trek: Voyager stark rückläufig. Der Ansatz war entsprechend radikal: Näher an der heutigen Zeit mit Charakteren, die noch nicht rundgeschliffen und damit – zumindest so der Gedanke – nahbarer für uns 08/15-Menschen sind. Dazu ein stärkerer Fokus darauf, genau mit diesen Charakteren Geschichten zu erzählen. Eine (völlig unnötige) Prise Sexappeal mit reingemischt (T-Pol im engen Anzug und fragwürdigen Szenen) sowie als Tüpfelchen auf dem “i” noch ein Popsong als Intro und eben auch das Fallenlassen des “Star Trek” im Titel. Es sollte eine Serie werden, die sich nicht nur an nerdige Trekkies richtet, sondern (übertrieben gesagt) den sportbegeisterten Partymacher ebenfalls überzeugen kann.

Das “alles neu” ging sogar soweit, dass bei der ersten Staffel sehr viele Autoren mit dabei waren, die zuvor noch kein Star-Trek-Drehbuch verfasst hatten. Also zumindest offiziell. Keine Ahnung, ob der ein oder andere nicht schon eine Fanfic in der Schublade hatte :smile: . Dass davon am Ende der 26 Folgen nur noch einer übrig blieb… nun, ich gebe die Schuld dafür mehr Berman und Braga als den Drehbuchverfassern.

Die Prämisse

Enterprise (Paramount-Promo-Bild)

Die Idee, die Anfangszeit der tiefen Weltraumerforschung zu zeigen war auf dem Papier ja nicht schlecht. Der Popsong ist jetzt zwar nicht so meines, aber Neulinge brauchten nicht so viel Hintergrundwissen und Fans konnten sich trotzdem über zahlreiche “Ah, das kenn ich”- bzw. “So ist das also entstanden”-Momente freuen. Und es ist eben alles noch etwas rauer, haptischer und unerforschter. Keine oberste Direktive, sondern nur (mitunter fehlgeleiteter) menschlicher Idealismus. Kein immer funktionierender Universalübersetzer, was entsprechend interessante Situationen erzeugt. Kein waffenstrotzendes und übermächtiges Flaggschiff, das es mit jeder Gefahr aufnehmen könnte. Ach und keine Touchscreens sowie nur begrenzte Computersprachsteuerung. Dementsprechend waren auch alle Sets komplett neu. Ein Recycling bestehender Sachen war unter den Umständen schlicht nicht möglich. Die Optik der Serie wurde übrigens von U-Booten und ihren Besatzungen inspiriert.

Geholfen hat dieser radikale Neuanfang am Ende leider nichts. Die erste Absetzung nach der 2. Staffel überlebte die Serie zwar dank der Fans und ab Staffel 3 ging die Qualität steil nach oben. Aber am Ende der 4. Staffel war dann trotzdem Schluss, weil die Zuschauer weiterhin ausblieben. Übrig blieb im kollektiven Gedächtnis stattdessen die größte Sauerei aller Zeiten. Doch dazu mehr, wenn wir dann bei besagtem Serienfinale angekommen sind. Werfen wir stattdessen jetzt mal einen Blick auf

Der Einstieg

In der Konzeptionsphase wurde wohl kurz darüber nachgedacht die erste Staffel komplett auf der Erde spielen zu lassen. Quasi den Bau der Enterprise NX-01 und ihres Warp-5-Antriebs zu verfolgen und dann im Staffelfinale ins All aufzubrechen. Klingt zugebenermaßen ziemlich langweilig. Wäre vermutlich auf irgendwelche Konfrontationen mit den Vulkaniern rausgelaufen und/oder Rekrutierungsfolgen in denen Archer lang und breit seine Crew zusammensucht. Entsprechend bin ich Paramount nicht böse, dass sie gegen diese Idee ein Veto eingelegt haben. Warum aber der Temporale Kalte Krieg abgesegnet wurde, verstehe ich nicht. Als hätten wir nicht schon genug Zeitreisemist im Star-Trek-Universum, kommen sie jetzt daher und machen es zur Basis einer ganzen Serie. Und was ich so von Star Trek: Discovery gehört hab’, wird das auch in New Trek eher schlimmer als besser…

Naja, immerhin ist der Konflikt mit den Suliban als eine Fraktion im Temporalen Kalten Krieg jetzt nicht ganz uninteressant. Speziell die “menschliche” Seite mit den Auswirkungen der terroristischen Kabal auf das Ansehen der restlichen Vertreter der Spezies. Und der Krieg – so doof ich ihn grundsätzlich finde – bleibt bis zum Ende der Serie Thema. Insofern lassen wir das mal so stehen.

Was mich da an der ersten Staffel – neben der unnötigen Sexualisierung von T’Pol – entsprechend mehr störte, war die aus meiner Sicht zu schnelle technische Entwicklung. Ähnlich wie bei Star Trek: Voyager (=mit begrenzten Ressourcen in einer feindlichen Umgebung) ist auch bei Enterprise das Kommittent zur Prämisse leider nicht ganz so hoch, wie ich es gerne gehabt hätte. Transporter, (Schiffs-)Phaser, Kraftfelder – ja, es ist technisch gesehen alles neu bzw. kommt erst im Laufe der Staffel dazu. Aber zum einen geht mir das Hochrüsten irgendwie zu schnell – wir lernen die eigentliche Enterprise quasi gar nicht erst kennen -, und zum anderen funktioniert es gleich zu gut. Und das “Hülle polarisieren” ist doch im Prinzip nur eine Ausrede dafür nicht “Schilde hoch” zu sagen. Ich hätte es besser gefunden, wenn das alles etwas langsamer vonstatten geht inkl. den dazugehörigen Szenarien, die daraus entstanden wären.

Unterhaltsam

Enterprise (Paramount-Promo-Bild)

Lassen wir meine grundsätzliche Kritik außen vor, war die erste Staffel inhaltlich tatsächlich soweit okay. Die Zeit verging bis auf wenige Ausnahmen (Lautloser Feind, Desert Crossing und Verschmelzung) zügig und ohne große Langeweile.

Die echten Highlights lassen sich zwar an einer Hand abzählen, doch das Niveau des Rests ist eben auch nicht unterirdisch schlecht. Hervorheben muss ich dabei selbstverständlich alles mit Jeffrey Combs (Doppeltes Spiel, Im Schatten von P’Jem und Raumpiraten). Umso mehr schmerzt es zu wissen, dass sie ihn in Staffel 5 auf die Enterprise holen wollten. Man hätte dem Multitalent echt eine eigene Star-Trek-Serie geben sollen – in der er jede einzelne Rolle selbst gespielt hätte :smile: . Aber auch die Data… (Datas Tag) äh Phlox-Folge Lieber Doktor oder Der kalte Krieg sind wirklich gelungene Star-Trek-Unterhaltung, die sich nicht vor den anderen Serien verstecken müssen.

Fazit

Unterm Strich muss ich sagen, dass Enterprise tatsächlich hinter Star Trek: Deep Space Nine die bislang beste Einstiegsstaffel hatte. Was bei genauerer Überlegung sicherlich auch daran liegt, dass es eben hauptsächlich Charakterfolgen sind. Als Zuschauer kenne ich am Ende der 26. Episoden die Hauptdarsteller nicht nur schon sehr gut – sie haben auch bereits die ersten Entwicklungen durchgemacht. Und auch der rote Faden geht überraschend wenig verloren. Es sind zwar trotzdem hauptsächlich Einzelepisoden, aber es fühlt sich doch wesentlich zusammenhängender an. So könnte es definitiv weitergehen. Leider tut es das nicht, wenn ich mich korrekt an die 2. Staffel erinnere… Vielleicht täuscht sich meine Erinnerung ja. Das sehen wir dann in einem der nächsten Einträge.

PS: Das “aktuell” im Titel habt ihr Lysanda zu verdanken. Beim Brainstorming meinte ich, dass “allererste Sternenreise” möglicherweise in ein paar Jahren veraltet ist. Kann ja sein, dass Paramount eine Serie raushaut, die zeitlich NOCH früher spielt. Also befah… äh schlug sie vor das einfach kenntlich zu machen. Was tut man nicht alles für eine gute Beziehung :wink: .

4 Kommentare

Bei ENT tue ich mir mit einer Bewertung echt schwer.

Einerseits finde ich die Prämisse echt klasse und hochinteressant. Andererseits ist die Umsetzung – mal wieder – sehr mittelmäßig.

Ich stimme dir zu, dass die technische Entwicklung zu schnell abgehandelt wurde. Und genauso wie du hat es mich eher gestört “schon wieder” etwas mit Zeitreisen – und dann auch nicht nur innerhalb einer Episode sondern staffeltragend – zu sehen.

Und ja: ich bin gerade am Ende der zweiten Staffel von DSC. Da wird alles noch extremer. Die Autoren und Produzenten scheinen im Kampf um Einschaltquoten immer verzweifelter mit der Brechstande vorzugehen. Immer “höher, schneller, weiter”. Waren Geschichten rund um Zeitreisen oder auch Spiegeluniversen früher gerne mal die einzelnen “Highlights”, besteht Star Trek heute gefühlt nur noch daraus. Entsprechend nutzt sich das natürlich alles ab. Aber da können wir gerne mal drüber reden, sofern ihr zwei euch auch noch DSC anschauen solltet.

Zurück zu ENT.

Ich fand aber auch die Inszenierung irgendwie nicht so hochwertig. Ich kann das gar nicht so recht beschreiben. Aber z.B. die Sets wirkten teilweise billig und lieblos auf mich – als Beispiel nenne ich da mal das (mutmaßliche) HQ der Sternenflotte. Also viel mehr das lieblose Zimmerchen, in dem gerne Mal die Streitgespräche zwischen Archer, dem Admiral und dem vulkanischen Diplomaten (hab den Namen vergessen) stattfanden. Und überhaupt: wie unterwürfig und gehorsam sich die Menschen den Vulkaniern gegenüber verhalten – irgendwie unglaubwürdig.

Aber auch die Charaktere: Mit Archer konnte ich mich nach einiger Zeit noch halbwegs anfreunden. Aber so irgendwie fehlt ihm doch etwas das überzeugende Auftreten und das Format eines Picards, eines Siskos, einer Janeway oder sogar eines Pike (aus DSC). Bei ihm seh ich eher den Schauspieler und nicht die Figur, die er verkörpern soll.

Ganz schlimm fand ich aber Trip, mit ihm kam ich so gar nicht klar. Der hat mich einfach nur genervt. Liegt aber vielleicht auch am Schauspieler.

Die besten in der Crew sind auch in ENT mal wieder die “Exoten” – namentlich Phlox, T’Pol und Shran.

Viele sagen, ab der 3ten Staffel sei es besser geworden. Das mag ich durchaus auch so sehen. Aber nur in Teilen. Denn das Schema “immer krasser, immer absurder” greift auch hier. Nehmen wir die 4te Staffel als Beispiel: kamen doch zu dem ganzen Zeitreise-Thema dann auch noch die Nazis hinzu… wenn gar nix mehr geht, Nazis gehen immer… “kopfschüttel”.

Wir ziehen Star Trek jetzt bis zum (aktuell) bitteren Ende durch :smile: – also nach ENT dann DSC, PRO, PIC und LOW. SNW aber erst, wenns komplett fertig ist. Section 31… lassen wir aber glaube ich einfach aus.

Ja, die Sets haben zum einen was künstliches/plastikhaftes und sind in Teilen übersichtlich gestaltet wie die Szene am Anfang bei der Feier. Sieht alles eindeutig nach “ich bin eine Low-Budget-Fernsehserie” aus. Solls nicht entschuldigen, aber das künstliche war gefühlt damals irgendwie für 2-3 Seasons so der Standard-SciFi-Serien-Look. Wenn du dir z.B. Andromeda anschaust, das sah ebenfalls irgendwie alles nach billigem Plastik aus.

Section 31.. da hab ich ja auch nur die negativen Rezensionen gelesen. Allerdings gibt es einen Grund, weshalb der Film mich durchaus interessieren könnte. Darüber kann ich aber vermutlich nicht mit dir sprechen, ohne dir DSC zu spoilern :tongue: Deswegen verschiebe ich das erstmal :smile:

Jetzt hat sich DSC sogar noch in eine Superhelden-Serie gewandelt. Inklusive dieser dämlich-ikonischen Superhelden-Landung. Oh mein Gott. Da wollten sie 2019 wohl noch etwas vom Marvel-Kuchen abhaben… :roll:

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