Heute möchte ich nicht ein/einen/eine Spiel/Film/Serie/etc. vorstellen, sondern gehe eine “weicheres” Thema an. Mich beschäftigt schon länger die Frage, die auch schon kurz auf der letzten Laberecke diskutiert wurde: Sind alte Spiele (natürlich nur die guten, also “Klassiker”) genauso gut oder gar besser als ihre heutigen Pendants, oder ist das eine nostalgische Verklärung, die uns da einen Strich durch die Rechnung macht.
Dieser Eintrag hat keinesfalls den Anspruch diese Frage zu beantworten ich möchte nur kurz ein paar Gedanken loslassen, wie ich die Sache sehe und evtl. kann ich ja auch eine Diskussion anregen.
Früher war alles besser!
Beispiele für die Ansicht, dass früher die Spiele einfach besser waren, zu finden ist nicht schwer. Baldurs Gate 2 gilt oft als das Rollenspiel schlechthin und ist sowieso tausendmal besser als Dragon Age 1 und 2, Civilization 2 (oder teilweise auch Civ 1) ist der beste Teil der Serie. Command & Conquer ist seit Red Alert 2 nur noch Schrott, Doom 1 & 2 wischen mit RAGE den Boden auf etc. etc. etc. etc. etc. Das ganze geht soweit, dass viele “Veteranen” schon wissen, dass ein neues Spiel einer Serie nur schrott sein kann, bevor sie es auch nur eine Sekunde gespielt haben und obwohl noch fast nichts darüber bekannt ist (Beispiel: Das neue Jagged Alliance oder auch der neue Command & Conquer-Teil, über den ja nun wirklich noch nichts bekannt ist). Ähnliches kann man auch bei Filmen beobachten: natürlich ist die alte Star Wars Trilogie viel viel besser als die neue. Die neuen James-Bond-Filme (und Darsteller) können den Klassikern selbstverständlich nicht das Wasser reichen. Und dass die neueren Simpsons-Folgen der letzte hingerotzte Dreck sind versteht sich von selbst.
Auch wenn ich das jetzt überspitzt dargestellt habe und in meinen Augen schon fast ins Lächerliche gezogen habe, sind das doch die vorherrschenden Meinungen gerade im Internet. Jeder der etwas gegenteiliges behauptet, kann sich auf nen ordentlichen Shitstorm gefasst machen.
Der Grund warum ich diese in Stein gemeißelte Thesen hinterfrage ist ganz einfach. In den letzten Jahren hab ich mich desöfteren an Spielen versucht, die als Meisterwerke gelten und in vielen “Die besten Spiele aller Zeiten”-Listen auftauchen. Spiele deren Genres mir zusagen und deren (geistige) Nachfolger mir sehr viel Spaß gemacht haben. Spiele wie: System Shock 2, Deus Ex, Sid Meier’s Alpha Centauri, Master of Orion 2, Baldur’s Gate 1, Heroes of Might and Magic 3.
Diese Spiele haben alle eines gemeinsam: Ich bin an alle Spiele sehr hoffnungsvoll herangegangen, weil ich mir sicher war, dass mir diese Spiele einfach gefallen müssen. Alle gelten bis heute als Referenz in ihren Genres, die muss man doch einfach mögen (und gespielt haben), wenn man das Genre mag. Doch keines dieser Spiele hab ich länger als 2-3 Stunden gespielt. Ich finde zu diesen Spielen einfach keinen Zugang und demenstprechend fehlt mir die Lust sie ein zweites mal zu starten. Eines haben die meisten dieser Spiele gemeinsam: Sie sind sehr komplex und ihre Tutorials (wenn überhaupt vorhanden) kratzen nur an der Oberfläche. Heutige Spiele sind da wesentlich zugänglicher, was allerdings oft auch als Casualisierung (Unwort des Jahrtausends!) verschriehen wird und den elitären Veteranen selbstverständlich nur Spott wert ist. In vielen Fällen ist wohl wirklich die tatsächliche Komplexität zurückgegangen, wobei man da meiner Meinung nach sehr stark zwischen tatsächlicher Komplexität und Komplexität, die durch unzulänglichkeiten der Technik entstanden sind, unterscheiden muss. Wenn das Inventarmanagement oder die Menüs umständlich und verwirrend sind und man für jede noch so kleine Tätigkeit zig Tastendrücke braucht hat das nichts mit Komplexität zu tun, es ist einfach nur umständlich. Gerade bei MMOs wünschen sich anscheinend viele Leute die Zeiten zurück, bei denen man für jeden Schwerthieb erstmal 20 Befehle eingeben musste.
Aber ist die Komplexität das Einzige Problem? Mit komplexen Spielen, die ich damals schon gespielt hab, habe ich auch heute kein Problem und ich kann mit denen heute noch genauso viel Spaß haben, wie mit modernen Titeln. Und auch mit dem Train Simulator 2012 der ein waschechte Simulation ist und dessen Tutorial auch nicht gerade ausführlich sind, habe ich meinen Spaß. Dafür, dass ein Zug nicht viel mehr machen kann als vorwärts und rückwarts zu fahren, steckt da doch ne Menge dahinter.
Ist es vielleicht die Grafik, die mich abstößt? Die Titel grafisch überholt zu nennen ist ne ziemliche Untertreibung, teilweise sind sie einfach potthäßlich. Dass es nicht gerade motiviert, kaum etwas zu erkennen sollte klar sein, aber als wirkliches Problem würde ich das auch nicht bezeichnen. Gibt ja auch neue Titel, die mit ihrer Grafik keinen Blumentopf gewinnen würden, mir aber trotzdem zusagen. Minecraft sei als Beispiel genannt, aber ich spiele nebenher auch viele viele kleine Flashgames, die grafisch den alten Spielen relativ nahe kommen.
Oder ist es einfach die übertriebene Erwartungshaltung? Wie oben schon geschrieben, gelten die Spiele als Meisterwerke. Vielleicht können sie diese extreme Erwartungshaltung auch einfach nicht erfüllen. Die Macher haben damals auch nur mit Wasser gekocht und irgendwo sind es dann doch “nur” Spiele, wie viele andere davor und danach auch. Da spielt dann bestimmt auch rein, dass viele Leute doch ein relativ verklärtes und überhöhtes Bild von diesen Spielen haben. Allein schon was die Grafik angeht; ich bin immer wieder überrascht wie häßlich Spiele, die ich früher gespielt hab, tatsächlich sind. Das scheint sich in der Erinnerung falsch festzusetzen. Und es ist ja allgemein bekannt, dass man bei Dingen, die einem positiv im Gedächtnis bleiben, die negativen seiten gerne vergisst. Genauso wie man bei negativen Erinnerungen auch die positiven Seiten vergisst.
Die Umstände unter denen man das jeweilige Spiel damals gespielt hat tun dann wahrscheinlich ihr übriges. Es ist einfach ein Unterschied, wenn man Dinge das erste mal erlebt und diese Gefühle verbinden sich unzertrennlich mit diesem Spiel. Wenn man das erste mal eine riesige unendlich scheinende Spielwelt in einem Rollenspiel erlebt, hinterlässt das einfach nen ganz anderen Eindruck, wie wenn man sowas schon dutzendmale erlebt hat und der Unterschied nur darin liegt ob es ein Quadratkilometer oder 5 sind. Wenn man als Kind oder Jugendlicher noch leichter beeindruckbar ist was Monster, Dungeons und mächtige Waffen eingeht, bleibt das auch viel stärker haften, wie wenn man schon 15 Jahre Spielgeschichte hinter sich hat.
Und woran liegt es jetzt wirklich? Keine Ahnung, ich schätze es ist ne Mischung aus allem. Die Spiele waren damals wie heute bestimmt nicht schlecht, aber ich muss einfach damit aufhören mir von anderen Leuten ihre Meinung zu den Spielen aufdrängen zu lassen und einfach nur das zu spielen, was mir jetzt gerade Spaß macht. Und wenn mir dadurch die Meilensteine der Spielegeschichte entgehen? Völlig egal, das kann ja wohl kaum der Anspruch an meine Freizeitbeschäftigung sein.