Das heutige Thema wird vor allem für die Zocker unter euch brisant sein, welche sich öfter im Mehrspieler-Modus (künftig nur noch als MP bezeichnet) von Spielen aufhalten. Genauer gesagt möchte ich auf die vorherrschenden Verbindungsvarianten für Multiplayer-Partien eingehen. In letzter Zeit habe ich besonders durch meine Zuwendung zu den verschiedenen Online-Plattformen einige Mehrspieler-Titel mehr als noch vor zwei Jahren gespielt und bin teilweise überrascht, was für Wege Spiele im MP mittlerweile eingeschlagen haben. In der Müsli-Schüssel meines Blickfelds habe ich natürlich zahlreiche Inhalte aus den Zerealien Packungen Steam, Origin, Ubi-Patcher, sowie eine Messerspitze Games-for-Windows-Live, doch keine Sorge in diesem Eintrag will ich nicht (!) auf diese Plattformen eingehen, sondern bei der Art der Verbindungsfindung bleiben. Da ich außerdem weiß, wie tief man sich in technisch Hinsicht in dieses Thema hinein winden kann, will ich versuchen es möglichst einfach zu halten. Verschiedene Varianten werde ich daher unter einem Schlagwort mit Beispiel zusammenfassen. Ich hoffe daher, dass die Informatiker-Lichs mir das vergeben werden. Wie jede wissenschaftliche Abarbeitung solcher Themen, verwende ich für die Einleitung das gleichermaßen oberflächliche, wie auch Ideen-arme Stilmittel des Zitats auf die Frage: „Was ist eigentlich (grob gesprochen) Konnektivität?“ Eine nicht näher beschriebene Enzyklopädie liefert wie zu Schulzeiten die Antwort:
Unter Konnektivität versteht man eine Verbindung oder die Art und Weise einer Verbindung bzw. die Verbindungsdichte. Der Begriff wird verwendet […] in der Informatik für die Verbindungen eines Netzwerks. (wikipedia)
Soweit so gut, doch welche Möglichkeiten der Verbindung werden heute genutzt? Gehen wir zielführend von einer Breitband-Internetverbindung oder Vergleichbarem aus, die zum Online-Spielen sowieso benötigt wird. Ihr startet in der Regel euer Spiel und wählt im Menü den entsprechenden Mehrspieler-Modus aus. In der klassischen Variante verbindet euer Spiele-Klient dann mit einem Spiele-Server und das Spiel kann im Grunde fast schon los gehen. Man wählt einen Raum, ein Spiel und teilweise auch die Mitspieler aus und sticht gemeinsam in See. Die Partie wird von einem dazwischengeschaltetem Server überwacht, die Eckdaten für das Spiel (Ressourcen, Lebenspunkte etc.) werden ein-, ausgelesen und damit dem Server übergeben. Der Austausch findet in dieser vereinfachten Darstellung indirekt statt. Die persönliche Suche an sich wird heutzutage größtenteils durch das Matchmaking-System abgelöst, wie es bei den letzten Call of Duty-Ablegern, Quake Live oder Skydrift (im Ansatz) der Fall ist, welche aber alle in sich keine herkömmliche Klient-Server-Beziehung unterhalten. Warum bloß? Dieses herkömmliche System ist jedoch mitunter am Aussterben und dies allein schon durch die Struktur der Sache selbst bedingt. ‘Natürlicher Weise’ in Anlehnung an die natürliche Auslese müsste man fast schon anhängen, denn aktive Spieler der Post-Moderne kennen mindestens ein Spiel, dass mittlerweile die Funktion des MPs nicht mehr beinhaltet, da die notwendigen Server zum Verbindungsaufbau abgeschaltet wurden. In nur wenigen Fällen (das bedeutet wenn DirectPlay ähnliche Funktionen enthalten sind) lässt sich noch ein Mehrspieler-Erlebnis generieren, wenn der Publisher beziehungsweise Entwickler den Service eingestellt hat. Zur Not unter Zuhilfenahme von lokaler Netzwerk-Emulationssoftware wie Garena oder hamachi lässt sich falls DirectPlay (…) nur über LAN vorgesehen war, über Internet miteinander beziehungsweise gegeneinander spielen. Die großen Nachteile dieser Technik liegen also in der Abschaltung des Services. Mit der Einverständnis-Erklärung akzeptiert man allumfassend bereits mit der Installation der Software, dass man auf diesen Fall hingewiesen wurde und man sich der Entscheidung des Herstellers oder Publishers selbstlos ausliefert.
Warum ist es fast schon Natur-notwendig, dass diese Form ausstirbt? Mit immer größer werdenden Spielerzahlen entstehen vor allem bei MMOs mehr Kosten pro Spieler und dies allein schon durch die Infrastruktur. Obwohl die Hardware-Preise für den Privatmenschen stark am sinken sind, sind die Preise für Server-Hardware in der Relation noch hoch, aber nicht unbezahlbar. Verschärfend kommen jedoch die Wartungskosten durch Personal, die Kühlung der Anlage und Lokalisation der Serverfarmen hinzu. Genauso gibt es auch regelmäßige Backups und selbst bei vernünftigen Serverstrukturen hat man doch mindestens den 1,5fachen Bedarf an Speicherplatz, als die eigene Datenmenge überhaupt ausmacht. Durch Anmietung ist alles in einem Pauschalpreis enthalten, bei eigenen Techniken, wie es bei Guild Wars der Fall ist, fallen aber für die eigene Infrastruktur noch extra Verwaltungskosten für alle laufenden Vorgänge an.
Ein kurzer Exkurs: Natürlich ist Guild Wars hier kein Ideal-Beispiel, da es eine einzigartige Streaming-Technik benutzt und einen intelligenten Patcher verwendet. Auch spielt dem Entwickler die Instanzierung der Spielewelt in die Hände, was Aktualisierungen betrifft. Ich denke aber es sollte jedem klar sein, dass eigene Systeme, meist auch von den eigenen Mitarbeitern gewartet werden. Ein Leopard II wird ja schließlich ohne seinen deutschen Ingenieur auch nur halb so alt.
S4 League hat die klassischen Merkmale eines Peer-to-Peer Systems. Genau genommen stimmt dies aber nicht, da man vor dem Spielstart zu einem zentralen Account-Server verbindet. Darüber hinaus gibt es einen eigenen Server für den Ingame-Shop und die Spiele-Server sind in Regionen unterteilt, womit das Adjektiv ‘zentral’ auch wieder relativiert wird. Blenden wir diese Faktoren jedoch aus, erhalten wir das Bild einer reinen P2P Connection. Spieler A möchte gerne ein Spiel spielen, er bzw. sie erstellt einen neuen Raum. Spieler B tritt diesem Spiel bei. Beide Spieler laden die Daten der eingestellten Karte und ballern sich munter gegenseitig in ihrem eigenen kleinen Spiel um. Während des Spiels werden ständig Daten, wie Lebenspunkte und Position ausgetauscht: Downloads der Informationen des Gegenübers und Uploads der eigenen Daten. Durch den ständigen Wechsel, hat man zwar einerseits die Aufteilung der Gesamtlast, die sonst ein dedizierter Server an beide Parteien übermitteln sollte anders verteilt, andererseits bleibt jedoch eine Umschreibung ähnlich des Klient-Server-Systems vorhanden. Mit zunehmender Spieleranzahl multipliziert sich der Vorgang.
In meinen Augen ist dieses System wesentlich anfälliger für Fehler. Während bei der Beziehung zum Spieleserver Berechnungen angestellt werden, wie wahrscheinlich gelieferte Werte sind, ist es im P2P Netzwerk nicht ohne weitere Beanspruchung des empfindlichen Datenaustauschs möglich, diese Werte weiter nachzuprüfen. Hieraus ergeben sich zwei Konsequenzen: Ein Spieler hat entweder aus technischen (schwache Hardware, fehlerhafte Software, schwache Internetverbindung) oder niederen Gründen (Hacks oder Skripts etc.) Einfluss auf den normalen Spielablauf, abseits des vorgesehenen Spiels. In S4 League kommt es sehr oft vor, dass Verbindungsverzögerungen (lags) dafür sorgen, dass Spieler, die bereits hinter einer Deckung sind, noch getroffen werden, da ihr Ping zu schlecht ist. Dadurch können sie von Spielern mit besserer Verbindung längere Zeit getroffen werden, als es den Spielern selbst dargestellt wird. Im umgekehrten Extremfall ist die Situation allerdings noch schlimmer: Spieler mit besserer Internetanbindung haben das Problem, dass Spieler mit sehr schlechten Down- und Uploadraten weder an der aktuell angezeigten Position Schaden empfangen können, da der Client schon weiter gelaufen ist, noch ist es Spielern mit guter Anbindung möglich sich vor Schäden durch Lagger zu schützen. Der zuletzt genannte Fall kommt durch die Übermittlung des Treffens an der alten Position zum alten Zeitpunkt zu Stande. Hacker machen sich diesen Umstand durch das Einspeisen von Position und Lebenspunkten zu nutze, um damit eine erhöhte Bewegungsgeschwindigkeit oder volle Lebensanzeige vorgaukeln zu können. In meinen Augen sind Hacker aber seit der Einführung von Kick-Votings das geringere Problem geworden. Zwar sorgen sowohl Lagger als auch Hacker für eine Instabilität des Servers, ein Hacker lässt sich jedoch wesentlich leichter und vor allem eindeutig identifizieren. Sobald wir in unserem Beispiel die Teilnehmer ändern und einen internationalen Server vorliegen haben, können wir Scotland Yard um die ganze Welt spielen. Und auch hier beachten wir nur die Bandbreite und lassen sogar noch den Internet-Anbieter außen vor.
Viel mehr als der Anbieter oder die Bandbreite spielt jedoch noch die Hardware der Spieler mit in den Pool an Schwierigkeiten. Ein besser ausgestatteter Rechner lädt die Spielkarten ganz anders, sprich mit mehr Details und Effekten. Je prunkvoller die Darstellung einer Aktion ist, desto mehr kann mitunter ein Rechner der mit minimalen Details dies nicht berechnet, konstant weiterlaufen, während ein Gaming-PC plötzlich eine zusätzliche Komponente zu berechnen bekommt. Sprunghaft kann es also bei einem Spieler mit guter Schleuder und starkem Durchsatz zu einem kurzzeitigen Anstieg des Pings kommen, der natürlich wieder Einfluss auf den ganzen Server hat. Daran anhängend die Treiber für die Computer-Komponenten und nicht zuletzt die Einstellung der Firewall, des Routers und den damit einhergehenden NAT- oder Port-Regeln. Die häufigste Ursache für instabile Server in S4 League ist höchstwahrscheinlich eher eine falsche Konfiguration des Routers, als eine schwache Internetverbindung.
Auf reines P2P setzen die größeren Spielschmieden im Normalfall recht ungern. Um aber zusätzlich den Kosten einer Serverfarm entgegen zu wirken, stellt Electronic Arts beispielsweise für Battlefield 3 zwar eigene Server zum Spielen bereit, aber gibt auch an Dienstleistungs-Anbieter Lizenzen weiter um offizielle Server vermietbar zu machen. Die offiziellen Server werden dadurch besonders, dass man nur so das Suffix „ranked“ an den Server anhängen kann und die freischaltbaren Waffen, Gadgets und Fähigkeiten einzig und allein auf diese Weise zu erhalten sind. Durch die Beteiligung am Gewinn in Form der Verkäufe spart sich Electronic Arts zusätzlich also noch Verwaltungskosten für die Vermietung, was auch nicht ganz ungeschickt ist. Interessierte Clans und Spieler mieten sich also dedizierte Server, damit jene sich selbst refinanzieren, denn die Kosten sind ja nur vom normalen Betreiber zum Vermieter verschoben worden. Insgesamt also ein sehr anschauliches Beispiel, wie die Design-Elemente freischaltbaren Gegenstände, die achievements und der ePenis-Rangaufstieg dazu beitragen, dass sich das ganze System mit genügend Spielern selbst tragen kann. Der einzelne Spieler trägt bei Nicht-Beteiligung am Mieten keine weiteren Kosten, außer jenen für das eigene Spiel, ist aber in gewisser Hinsicht dennoch auf die Gunst der zahlenden Spieler für einen Server angewiesen. Dieser Umstand erinnert mich doch in den Grundzügen an das gute alte Free-to-Play System mit Cash-Shop. Lediglich die Verpackung ist hübscher und weniger penetrant.
Für den kooperativen Spielmodus verwendet man übrigens ein reines P2P System, da aufgrund des bescheidenen Umfangs wohl kaum Menschen einen Server nur für den Koop-Modus mieten würden. Im Coop werden die beiden Spieler mittels Battlelog, einem in den Browser ausgelagerten Server-Browser mit Facebook-Bedienoberfläche, synchronisiert. Erfolge in den Missionen werden nach Abschluss einer Mission an den Account-Server zurückgesendet. Alle Verbindungsverluste der Spieler untereinander führen dann auch logischer Weise zu einem Verlust der Daten für den Account-Server. Und auch hier noch der Einwurf: der reguläre MP von Battlefield 3 setzt auch stellenweise reine P2P Mechanismen ein. Um überhaupt Kartengrößen wie beim Add-on Back to Karkand möglich zu machen, werden Daten unter den Spielern auf „Sichtweite“ selbst auch ohne Server-Zwischenschaltung ausgetauscht. Diese Lücke sorgte in der Vergangenheit für viele Probleme mit Cheatern, da nicht übermittelte Pakete auch schlecht von den natürlichen Schutzmechanismen überprüft werden können.
Darum schließlich und endlich die Frage ans Publikum: Was würdet ihr euch für die Zukunft wünschen?
Wollt ihr eine durchgängige Hybrid-Lösung, die weiter geht, als bloß eine Verbindung zu einem Account-Server, während die eigentlichen Matches zwischen den Spielern geladen werden? Oder seid ihr mit den jetzigen Varianten zufrieden? Welche Methode würdet ihr euch für eines eurer Spiele wünschen oder bei welchem Spiel hat die Art der Verbindung dafür gesorgt, dass ihr es gar nicht mehr spielen konntet / wolltet?
Und noch einen Happen für die DRM-Feinde unter den Lesern:
Während der Trend der Publisher also einerseits dazu geht uns mit Plattformen zu binden und legale Käufe zu sichern, sorgt andererseits die verschachtelte P2P Lösung zur Kosteneinsparung im Multiplayer dafür, dass wir Spieler weit größere Probleme in einer Partie mit Eingriffen von außen bekommen (werden). Sei es nun aus technischen fast schon entschuldbaren Gründen (“Kauf dir Internet, du Lagger!” – “Geht nicht, ich wohn’ auf’m Dorf!”) oder niederen Beweggründen, wie Cheaten. Verliert der moderne Spieler also mal wieder doppelt?