“Welcome back, Keeper!” klingt es durch den kleinen Lautsprecher und plötzlich wird das Herz ganz weich. 15 Jahre haben wir darauf gewartet diesen Satz aus dem Mund unseres Dungeon Lords Horny zu hören. Gespannt haben wir darauf gewartet was unseren gehörnten Bösewicht nach seinem Schritt aus dem Dungeon hinaus in die weite Welt erwartet. Doch auch wenn Dungeon Keeper 3: War for the Overworld tatsächlich einige Monate in Entwicklung war (Juni 1999 bis März 2000), seit 15 Jahren liegt die Marke bei EA im Keller ohne Hoffnung auf eine weitere Veröffentlichung.
Doch was ist das? Eine Sekunde lang gab es auf der gamescom 2013 plötzlich einen Hoffnungsschimmer. EA hatte eine Pressemitteilung verschickt mit “Dungeon Keeper” im Titel. Sollte die Hölle wirklich gefroren sein und Schweine am Himmel fliegen und der Publisher tatsächlich den Fans endlich geben wonach sie verlangten? Nein, leider nicht. Die Pressemitteilung kündigte einen Free-2-Pay…äh Free-2-Play-Titel mit komischer Comic-Grafik für iOS- und Android-Geräte an. Das hat vielleicht Begeisterungsstürme im Internet ausgelöst. Sowas habt ihr noch nie gesehen, sag ich euch, bevor es ganz schnell wieder ruhig wurde um das Spiel. Am Donnerstag war es aber nun soweit: Das fragwürdige Werk wurde veröffentlicht und ich habe mich für euch geopfert und es angeschaut. Was hat Mythic Entertainment (Dark Age of Camelot) also produziert abseits eines potthässlichen Horny mit Pharao-Kinn?
Zeit ist die Währung
Ihr übernehmt die Kontrolle über einen Dungeon, mit dem Dungeon-Herz in der Mitte und jeweils vier Steinbrüche und Goldminen an den Rändern der Karte. Zwei Steinbrüche und zwei Goldminen sind von Anfang an ohne viel Aufwand zugänglich und produzieren stetig Ressourcen. Vergesst aber nicht diese regelmäßig durch Klick einzusammeln. Denn natürlich können die Räume nur eine bestimmte Anzahl lagern, bevor sie die Produktion einstellen müssen. Wo kämen wir schließlich hin, wenn ihr nicht alle paar Stunden gezwungen wärt das Spiel zu starten? Ach und natürlich solltet ihr auch das Lagerhaus und den Schatzraum immer mal wieder verbessen. Auch sie können nur eine begrenzte Anzahl fassen.
Um die anderen vier Produktionsstätten zu erreichen, braucht ihr hingegen vermutlich mehrere Wochen bis ihr sie erreicht habt. Warum? Weil der Weg zu ihnen auf Juwelensteinen und harten Steinen besteht. Juwelensteine brauchen einen ganzen Tag bis ihr sie zerstört habt. Harte Steine immerhin nur so 4-6 Stunden. In der Zeit steht euch der Imp für nichts anderes zur Verfügung! Und natürlich dauert auch alles andere seine Zeit. Einen neuen Raum bauen? Dauert locker mal sechs Stunden. Die Zauberer auf Level 2 verbessern? Acht Stunden. Neue Einheiten herbeirufen? Von 30 Sekunden bis eine halbe Stunde ist alles möglich.
Das liebe Geld
Selbstverständlich könnt ihr das alles beschleunigen. Überall im Spiel könnt ihr Juwelen einsetzen, um die Produktion von Einheiten, den Bau/das Upgrade von Räumen oder eben das Abbauen von Steinen sofort abzuschließen. Aber Juwelen sind rar. Ihr kriegt sie als Belohnung für bestimmte Meilensteine (=Achievements), findet sie hin und wieder beim Abbau von Steinen oder ihr kauft sich für reales Geld weil es euch auf den Geist geht mehrere Stunden ins Spiel immer noch nur zwei Imps zu haben (der dritte Imp kostet 800 Juwelen! Ich hab erst 607. Mit 500 startet ihr das Spiel! Und ich habe außerhalb des Tutorials noch KEINE ausgegeben!).
Aber nicht nur Juwelen könnt ihr kaufen. Auch Gold oder Steine fließen im Austausch gegen ein “paar” Juwelen (=Euro) in eure Lagerhalle. Zudem gibt es ein paar Boosts, die euch das Leben etwas einfacher machen sollen. So dürft ihr euch eine Schonfrist erkaufen, in der ihr nicht angegriffen werden könnt (aber auch nicht selbst angreifen dürft) oder ihr werden Dungeon Keeper Premium Nutzer und erhaltet auf euren Beutezügen mehr von allem (wie euch Horny immer mal wieder drauf hinweist). Dazu gleich mehr.
Basisbau
Wie im Original gibt es verschiedene Räume, die ich euch nach dem Bau Zugriff auf neue Einheitentypen oder Fähigkeiten geben. Die dunkle Bibliothek schaltet beispielsweise eure Zauber frei oder wenn ihr einen Trainingsraum baut, steht euch ab sofort der Nekromant zum Herbeirufen bereit (er belebt gefallene Einheiten wieder). Natürlich gibt es auch allerlei Fallen mit denen ihr euren Dungeon ausstatten könnt. Von der einfachen Stachelfalle über den Einfrierkristall hin zu verstärkten Mauern und Feuerlöchern ist die Auswahl halbwegs groß.
Wer aber nun den Wuselfaktor des Originals erwartet, wo man den Imps und Einheiten bei ihren verschiedenen Tätigkeiten in den einzelnen Räumen genau zuschauen konnte und dabei einige lustige Sachen miterleben durfte (zum Beispiel die Folterkammer), der wird hier klar enttäuscht. Auf dem Bildschirm passiert 90% der Zeit gar nichts, selbst wenn ihr ganz reinzoomt. Das geht sogar soweit, dass ihr nie wisst welche und wie viele Einheiten ihr eigentlich besitzt. Eine Armeeübersicht oder dergleichen gibt es nicht. Grandios! Zumal es ein sehr hartes Einheitenlimit gibt. So besitze ich mittlerweile zwei Hühnerställe (das Maximum im Dungeon! Jetzt heißt es diese für extrem viele Ressourcen verbessern.), kann aber trotzdem beispielsweise nur einen Nekromant, zwei Zauberer, vier Trolle und vier Skelette bauen. Je besser die Einheit, desto mehr Platz verbraucht sie quasi.
Die Beutezüge
Im Laufe des Spiels baut ihr euren Dungeon auf der vorgegebenen Karte mehr oder weniger frei nach eurer Vorstellung auf. Gefahr droht euch hier erst einmal keine. Niemand kann etwas dauerhaft kaputt machen. Es gibt keine Mächte des Guten, die euer Dungeonherz bedrohen und vor allem gibt es keine weiteren Karten. Stattdessen gehört der Titel wie beispielsweise auch die iOS-Konkurrenz Clash of Clans zum Invader-Genre. Stehen euch Einheiten zur Verfügung, habt ihr die Möglichkeit mit diesen in den Dungeon eines anderen Spielers einzudringen. Ziel ist es dort dann nicht nur das Dungeonherz zu zerstören, sondern auch möglichst viel anderes kaputt zu machen, um die höchstmögliche Zahl an Ressourcen zu plündern.
Eure Einheiten dringen dabei durch die Steinbrüche oder Goldminen in den Dungeon ein und folgen dann ihrer Präferenz. Trolle stürzen sich beispielsweise zuerst auf Fallen und Türen, bevor sie andere Dinge kaputt machen. Skelette gehen gerne auf Räume los und der Nekromant spaziert direkt zum Dungeonherz. Selbst steuern, Befehle erteilen oder sie zumindest wie früher in die Hand nehmen und woanders absetzen? Vergesst es. Euer einziger Einfluss auf den Ablauf ist von wo, welche und wie viele eurer Truppen ihr ins Gefecht schickt. Das führt speziell bei Verteidigungsmissionen zu ärgerlichen Situationen in denen ein Gegner auf der rechten Seite des Dungeons sein Unwesen treibt während alle eure Einheiten auf der linken Seite im Gang hin und herlaufen weil ihr sie dort herbeigerufen habt. Wie gesagt: Befehle erteilen ist nicht. Und automatisch den Gegner verfolgen? Passiert nur in einem bestimmten Radius. Super.
Die Beutezüge von Spielern finden komplett ohne euer Zutun statt. Entweder es schafft euer Dungeon sich selbst zu verteidigen oder eben nicht. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Ihr bekommt dann nur beim nächsten Einloggen das Ergebnis zu sehen inklusive einem Replay des Angriffs, das euch in der Theorie helfen soll eure Verteidigung zu verbessern.. Aktuell habe ich es noch kein einziges Mal geschafft einen Angriff abzuwehren. Dafür waren aber auch meine Angriffe in 99% der Fälle erfolgreich. Neben der Möglichkeit andere Spieler anzugreifen, gibt es allerdings auch vordefinierte Missionen, in denen ihr abwechselnd einen von den Entwickler gestalteten und immer schwieriger werdenden Dungeon angreifen müsst oder euren eigenen gegen eine immer höher werdende Anzahl an Gegnerwellen verteidigen müsst. Diese Missionen geben euch auch, zumindest bislang, die meisten Ressourcen wenn ihr sie schafft.
Fazit
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass das System aus Angriff und Verteidigung nicht einen gewissen Reiz hätte. Es ging schließlich ja schon früher darum, seinen Dungeon so zu bauen, dass ihr den Mächten des Bösen oder anderen Keepern die Stirn bieten könnt. Aber die Sache ist hier einfach nicht wirklich ausgereift (Thema Einheiten, die Gegner ignorieren), stark begrenzt (Dungeon ist vorgeben, Anzahl der jeweiligen Räume ist begrenzt), extrem mühselig (alles dauert ewig) und auf den schnellen Euro für EA ausgelegt. Natürlich könnt ihr das komplette Spiel erleben ohne je einen Euro reingesteckt zu haben. Das ist ja normalerweise bei allen Free-2-Play-Titeln so, wie Verteidiger des Genres immer wieder gerne betonen (“ICH hab’ bislang noch kein Geld ausgeben müssen!!!1111elf”).
Aber so viele Stunden ich auch in Tiny Tower oder Animal Crossing: New Leaf reingesteckt habe, die im Vergleich zu Dungeon Keeper noch weniger Spielinhalt bieten: Irgendwann ist auch mir das alles einfach zu blöd. Ich habe viel zu viele Spiele, als das ich meine Zeit mit so einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vergeuden muss. Hin und wieder packt es mich zwar aus mir unerfindlichen Gründen (siehe Tiny Tower oder Animal Crossing: New Leaf) aber auch das ist (zum Glück) nicht von Dauer.
Verschenktes Potential
Mythic Entertainment hätte durchaus einen interessanten Titel machen können, der zwar immer noch nur wenig mit dem großen Vorbild zu tun hat, aber dennoch Spaß macht. Wie gesagt: Das Grundprinzip ist nicht verkehrt und könnte ein paar schöne Stunden bei Laune halten. Aber das ganze Free-2-Play-Gedöhns erstickt alle guten Ansätze im Keim. Was bleibt ist ein völlig uninteressanter Titel für Leute mit zu viel Geld. Die Leaderboards sind schon wieder voll von Leuten, die sich unmöglich in der kurzen Zeit seit Release so viele Punkte erarbeitet haben können. Oder Leuten, die aus unerfindlichen Gründen tatsächlich nichts Besseres zu tun haben. Oder Verrückte wie mich, die hin und wieder von solchen Dingern angefixt werden. Eine Empfehlung ist der Titel also, wie erwartet, nicht. Und zwar auch dann, wenn wir ihn nicht mit dem Original vergleichen. Aber wenn ihr mir nicht glauben wollt, dann ladet ihn euch halt auf euer Handy oder Tablet runter. Kostet ja nichts außer kostbarer Zeit.
Ich warte hingegen weiter auf Dungeon Keeper 3: War for the Overworld und hoffe bis dahin, dass Kickstarter-finanzierte Titel wie War for the Overworld oder Nekro halbwegs gut werden. Beide sollen im Laufe des Jahres 2014 erscheinen, haben Dungeon Keeper als Vorbild und von ersterem (und selbsternannten inoffiziellen Nachfolger) steht schon seit längerem eine rudimentär spielbare Alpha-Version (genannt Bedrock Beta) für die Backer bereit. Die kommt auch dem Original zumindest was das Aussehen betrifft schon sehr nahe. Die Hoffnung besteht also, dass hier am Ende etwas halbwegs Brauchbares rauskommt. A Game of Dwarves vom Zeal Game Studio kam an das Original hingegen nicht ran.
Bis Donnerstag!
Auch ich habs mir natürlich runtergeladen. Und tatsächlich: wenngleich vieles vereinfacht und die Grafik verniedlicht wurde, der Charme packt immer noch. Das ist schwer zu erklären. Denn objektiv betrachtet ist es wirklich nur dazu da, um Geld von den Spielern abzuknöpfen. Aber subjektiv hat es halt doch seine Sogwirkung. Aber da ich DK2 liebe, ist das auch leicht zu erklären.
Ich werde kein Geld investieren, aber ich werde jeden Abend im Bett noch eine Runde zocken. Über Nacht können meine Imps dann weiter graben :)
PS Die 1%-Wertung von 4 Players kann ich bei aller berechtigter Kritik nicht nachvollziehen. Wenigstens 10% hättens sein können ^^
Hatte es mir, während ich die letzte Woche krank war, auch gezogen und kurz reingeschaut. Gepackt hat mich das nicht, aber vom Stil abgeneigt war ich auch nicht so extrem, wie du, Christoph, es jetzt als Fan der ersten Stunde gewesen bist. Da denke ich mir noch: Halbwegs solide umgesetzt, verjüngt und verknuffigt. Gespielt habe ich es wie gesagt aber kaum. Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen, dass ich sehr viele Spiele geladen habe, während ich da so krank auf der Couch lag. Am Ende des Tages habe ich nur erneut festgestellt, dass ich mit dem Handy wirklich äußerst ungern spiele. Auch Spiele, die sonst immer problemlos gelaufen sind, ruckeln jetzt dank des neuen iOS Updates. Das ist einfach nur noch dreist. Hätte ich damals den vollen Preis für das Handy gezahlt und es nicht gebraucht gekauft, würde ich es nur noch gegen die Wand werfen wollen…
Zurück zu den Spiele-Apps:
Hängen geblieben bin ich dann erneut bei Secret of Mana, was hyperultrasuperdupergut auf dem Handy umgesetzt wurde. Da ich kein verwöhntes Gör bin, wie 99% der Rezensionsschreiber im AppStore, die sich über die fehlende iPhone5 Anpassung aufregen, will ich nur erneut jedem Spieler das an Herzen legen. Auch Chrono Trigger werde ich mir bei Zeiten holen, obwohl ich das Spiel bekanntlich ja nicht so mag.
Ich als (wie so viele hier) absoluter und uneingeschränkter DK Fan habe mir natürlich auch sofort runtergeladen. Und ich bin maßlos enttäuscht. Gut, das ist meine eigene schuld, was hatte ich denn erwartet? So ein langweiliger und schlecht gemachter Vertreter eines Genres, das sich dadurch auszeichnet, dass ein Spiel schlechter als das andere ist. Browserspiele dieser Machart hab ich schon vor 10 Jahren gespielt und es hat sich nichts nach vorne entwickelt. Außer natürlich, dass die Möglichkeiten Geld auszugeben zahlreicher und prominenter und man könnte auch sagen dreister geworden sind.
Der Grafikstil ist find ich ok (bis auf Hornys Kinn). Aber weiteres Interesse an diesem Spiel? 0.
Aber zumindest mal ein Spiel bei dem die meisten BS Stammleser zeitnah zum Release schon was beitragen können. Ist doch auch mal nett :)
So, das “Spiel” wurde soeben deinstalliert
War die Sogwirkung wohl doch nicht so groß . Ich hab’s noch drauf. Aber in der Zwischenzeit ist das neuste Werk von Kairosoft erschienen (Ninja Village), womit sich mein Fokus dahin verlagert hat.
Mir ging nichtmal so sehr das Spiel an sich aufn Sack. Es waren hauptsächlich zwei Sachen, die mich genervt haben:
a) bei jedem Start die Nachfrage nach der Verbindung zu Google Play und deinem Google Konto
b) dass mit Sprachnachrichten auf das Ende von Wartezeiten hingewiesen wird. Natürlich auch mitten in der Nacht.. Was bin ich erschrocken, als nachts um 4 Uhr kam “Your minions are ready to….”