Während unser Rondrer seine Drohung wahr gemacht und zum Verfassungszeitpunkt schon fast neun Stunden in Gothic 3 gesteckt hat, war ich die letzten zwei Wochen eher im Fluss. Meine Motivation FarCry 2 zu starten ist einfach nicht sonderlich groß . Stattdessen habe ich mir ein Reihe Indie-Titel genauer angeschaut, die auf diversen Wegen irgendwann mal in meiner Steam-Sammlung gelandet sind:
Unlock the King 1-3 (2019/2020; PC, MAC, NSWI) – Das Genre der “Chess-Inspired Puzzle Games” ist überraschend groß. Hätte ich nicht gedacht. Und ein Entwickler, Minimol Games, scheint sich besonders wohl in dieser Nische zu fühlen und hat unzählige solcher Titel im Portfolio. In ihrer Unlock the King-Trilogie geht es beispielsweise – wie der Name schon andeutet – darum dem König einen Weg zum Ziel freizuschaufeln. Dieser wird versperrt durch andere Schachfiguren wie Türme, Pferde oder Läufer, die sich alle nur nach den entsprechend bekannten Regeln bewegen können. Die Spielfelder hingegen sind äußerst individuell gestaltet und haben mit der Realität nichts zu tun. Wäre ja auch sonst etwas langweilig.
Im ersten Teil puzzelt ihr nur auf einer 2D-Ebene, im zweiten wird es 2.5D (einzelne Plattformen sind höher oder niedriger) und im letzten dann voll 3D mit einer Rubik’s Cube-Mechanik. Sprich in Unlock the King 3 spielt sich alles auf einem Würfel im Nichts ab. Die einzelnen Teile des Würfels müssen hier mit Hilfe der anderen Spielfiguren so geschickt gedreht werden, dass der König zum Ziel kommen kann. Insgesamt über alle drei Spiele (kosten je 0,79€ auf PC bzw. 0,99€ auf der NSWI) hinweg erwarten euch 250 Puzzle, die einem schon relativ früh (bin in Teil 1 derzeit kurz vor Level 40/100) ganz schön Kopfzerbrechen bereiten. Aber das Grübeln macht Spaß und ist technisch sehr ansprechend gestaltet. Der Grafikstil ist ganz klar von TRON inspiriert und sehr minimalistisch, das Spielfeld lässt sich frei drehen und die Soundkulisse ist angenehm einlullend. Klare Empfehlung für Denksportliebhaber!
AtmaSphere (2018; PC) – Hier zeigt sich mal wieder, wie wichtige Mund-zu-Mund-Propaganda ist. Ich habe gesehen, dass ein gewisser Philipp Spilker aus meiner Freundesliste das gespielt hat und es auf 0,41€ reduziert war (ist es zum Verfassungszeitpunkt auch noch). Also hab‘ ich mir so gedacht: Dieser Philipp weiß ab und zu (nicht immer) was gut ist, also schau‘ dir das für den Preis doch mal an. Viel erwartet habe ich tatsächlich nicht. Optisch machte es auf den Screenshots den Eindruck eines billigen Asset-Swap-Titels und, dass es 107 sehr einfache Achievements gibt erfüllte mich ebenfalls nicht Zuversicht.
Das Spielprinzip ist simpel: Ihr seid eine Metallkugel namens Ballard, die sich von links nach rechts einen Weg durch das mit Fallen, dünnen Traversen und unzähligen Gemeinheiten bestückte Level zu ihrer liebsten Kugel namens Ballerina bahnt. Auf dem Weg sammelt ihr fünf Diamanten (ihr müsst eure Dame ja beeindrucken) und Goldstücke. Letztere haben abseits der dazugehörigen Achievements aber keine Funktion. Insgesamt gibt es 30 Level für die ich ca. 3 1/2 Stunden gebraucht habe. Jedes Level bietet neue Herausforderungen, neue Fallen und alte Fallen in neuen Konstellationen. Das reicht von einfachen Stacheln, die aus der Erde schießen über Ventilatoren, die euch wegstoßen und Steinen, die vom Himmel fallen bis hin zu schnell rotierenden Plattformen und – das nervigste überhaupt – glitschige, dünne Mauern. Was bin ich an denen in den letzten Leveln fast verzweifelt…
Erschwert wird das Ganze noch dadurch, dass alles halbwegs physikalisch korrekt simuliert wird. Ballard ist wie gesagt eine Metallkugel. Die braucht einen Moment, um auf Tempo zu kommen und bleibt gleichzeitig nicht sofort stehen. Da rauscht man gerne mal am Ziel vorbei. Und auch die verschiedenen Materialien der Plattformoberflächen merkt man teils deutlich. Glücklicherweise sind die Checkpoints größtenteils fair verteilt. Ihr verliert also beim Runterfallen nicht allzu viel Zeit und könnt hingegen zügig einen zweiten Versuch an der kniffeligen Stelle wagen. Unterm Strich macht das Paket überraschend viel Laune. Das Leveldesign ist wirklich erstklassig und hält bei der Stange obwohl die Präsentation maximal zweckmäßig daherkommt. So zieht sich die Bahn in luftiger Höhe durch einen verregneten Wald, es glänzt alles ein wenig zu viel und die Musik geht einem tatsächlich relativ zügig auf den Geist. Dennoch: Ich hatte meinen Spaß und kann es tatsächlich für Geschicklichkeitsfans absolut empfehlen (für 0,41€ sowieso).
Latte Stand Tycoon (2019; PC, MAC, LNX) – Mit dem Titel hatte ich so viel “Spaß”, dass ich sogar ein negatives Steam-Review verfasst habe als Gegenpol zu den ganzen positiven Bewertungen. Frag‘ mich durchaus ob die ein anderes Spiel gezockt haben… Die Geschichte ist simpel: Maya und Mia kommen nach Falling Leaves, um ihr Elternhaus zu restaurieren. Sie bekommen vom Bürgermeister 90 Tage das zu tun, andernfalls wird es abgerissen. Und wie wollen die beiden das nötige Geld dafür verdienen? Indem sie einen Kaffee… Korrektur: Einen Lattestand am Straßenrand eröffnen. Ihr kauft dazu die drei Inhaltsstoffe Kaffee, Milch und Gewürz ein und entscheidet jeden Abend wie das Rezept für den nächsten Tag aussehen soll. Abhängig vom Wetter haben die Kunden nämlich unterschiedliche Geschmäcker. Scheint die Sonne, sollte der Latte kälter sein als an einem Regentag und während eines Sturms mögen die Kunden den Latte wesentlich milchiger als, wenn es nur bewölkt ist.
Steht das Rezept, geht’s los. Anfangs müsst ihr die Kaffeemaschine noch manuell bedienen und alle paar Tassen anwerfen, später gibt es automatisierende Upgrades. Das Ergebnis ist gleich: Ihr schaut ca. 60 Sekunden (bei zweifacher Beschleunigung) dabei zu, wie die Kunden euren Kaffee kaufen und direkt bewerten. Ein weißes Schaumsymbol? Zu Milchig. Rote Linien? Zu Heiß. Dollarzeichen? Zu Teuer. Das merkt ihr euch entsprechend, passt das Rezept für den nächsten Tag mit gleichem Wetter an und hofft irgendwann nur noch Herzchen und grüne Daumen nach oben zu bekommen. Dann steigt eure Reputation, es kommen mehr Kunden und ihr bekommt mehr Geld rein. Mit diesem Geld verbessert ihr dann euren Stand, repariert das Haus und könnt sogar einen Wagen anheuern, um telefonische Bestellungen anzunehmen.
Klingt auf dem Papier super spannend. Die Realität ist sowas von langweilig. Nach einer Woche im Spiel habt ihr das perfekte Rezept für jedes Wetter gefunden, dann scheffelt ihr am laufenden Band Kohle und habt bis spätestens Tag 40 alle Upgrades gekauft. Und das war’s dann. Es gibt nichts mehr zu tun als jeden Tag das Rezept an der Maschine anzupassen und dann dem total verpixelten Treiben (man erkennt so gut wie nix) zuzuschauen. Ab und zu kommt der Bürgermeister vorbei und sagt ein paar Sätze – das war’s aber auch schon. Selbst am besagten 90. Tag passiert nichts Besonderes. Es wird zwar erwähnt, dass ihr jetzt zu einem größeren Stand in der Innenstadt umziehen könntet. Dieser Umzug findet aber nicht statt. Ihr könnt nur auf immer und ewig den gleichen Zyklus aus Latterezept einstellen und Zuschauen weiter fortführen. Ich hab’s tatsächlich bis Tag 100 noch ausgehalten und es dann deinstalliert. Definitiv knapp vier Stunden Lebenszeit, die ich bereue. In der aktuellen Form (und ich bezweifle, dass der Entwickler noch etwas tut) definitiv einen großen Bogen drum machen – trotz eines Preises von nur 0,39€ zum Verfassungszeitpunkt. Ihr könnt allerdings gerne mein Guide bewerten. Mein allererstes auf Steam und dann für sein Schundspiel .
Dee-6: Dice Defenders (2021; PC) – Dieser Titel wird erst am 1. April veröffentlicht. Ja, der Webmaster spielt auch mal was brandaktuelles! Die Entwickler hatten Co-Optimus ein paar Keys zur Verfügung gestellt, weshalb ich bereits loslegen und zum Verfassungszeitpunkt (sage ich in diesem Eintrag ziemlich oft, oder?) rund sechs Stunden darin versenkt habe. Aber gleich vorweg: Es hat gar keinen Coop-Modus. Es ist ein reines Einzelspielererlebnis – genauso wie das Vorbild. Das Werk des Entwicklers KBA3u’s factory basiert nämlich auf dem Brettspiel Deep Space D-6 von 2015, ist aber keine offizielle Umsetzung. Das Brettspiel hingegen ist inspiriert vom extrem erfolgreichen Indietitel FTL: Faster Than Light (2012). Ein Videospiel wird zu einem Brettspiel und dann wieder zu einem Videospiel quasi .
Um was geht’s?
Ihr steuert ein Raumschiff mit einer Mannschaft bestehend aus sechs Würfeln. Euer Gegenspieler ist ein Stapel mit 42 sogenannten Bedrohungskarten. Eure Aufgabe: Solange überleben bis ihr alle 42 Bedrohungen (und je nach Einstellung eine Bosskarte) besiegt habt. Eine Runde läuft dabei folgendermaßen ab: Es wird eine Bedrohung gezogen. Dies kann eine interne (z.B. ein Maschinenbrand) oder eine externe Bedrohung sein (meist ein feindliches Schiff). Anschließend würfelt ihr, um zu sehen welche Art von Mannschaft euch in dieser Runde zur Verfügung steht. Sensoren, Krankenstation, Maschinenraum, Waffenkammer, Schildgenerator und ein Kommandoraun stehen zur Verfügung. Letzterer erlaubt es euch entweder ein Crewmitglied beliebig auszuwechseln oder die restlichen Würfel noch einmal zu werfen. Das Besondere an den Sensoren ist hingegen, dass diese Würfel solange gebunden sind bis diese entweder voll besetzt sind oder ihr sie mit Hilfe der Crew der Krankenstation zurückholt. Sind die Sensoren voll, wird automatisch eine weitere Bedrohungskarte außerhalb der Reihe gezogen.
Nun müsst ihr versuchen mit den erwürfelten Crewmitgliedern den Bedrohungen entgegen zu treten. Einfachstes Beispiel: Ihr habt Würfel mit dem Waffenkammersymbol und bemannt diese entsprechend. Anschließend könnt ihr auf eine (oder mehrere) externe Bedrohung(en) schießen. Je mehr Crewmitglieder ihr reinstecken könnt, desto mehr Schüsse habt ihr. Feinde können bis zu vier Lebenspunkte haben und bleiben solange eine Gefahr, bis sie zerstört sind. Habt ihr alle Crewmitglieder eingesetzt (oder könnt nichts mehr machen), wird der Bedrohungswürfel geworfen. Jede Bedrohung hat Abhängigkeiten, die sie aktiv werden lässt. So schießen die Schiffe der Weltraumpiraten beispielsweise immer dann, wenn der Würfel auf 1, 2 oder 3 landet und verursachen dann Schadenspunkte an eurem Schiff. Es gibt aber auch Bedrohungen, die schlagen automatisch zu, wenn bspw. eure Schilde zerstört sind. Habt ihr den Bedrohungswürfel überlebt, wird unerbittlich die nächste Bedrohung gezogen und die nächste Runde beginnt.
Das Drumherum
Das Spiel bietet für jedes Schiff eine Kampagne mit entsprechend thematischen Bedrohungen je Mission sowie ein halbes Dutzend Spielerschiffe mit jeweils einem anderen Aufbau und Funktionen. Diese müsst ihr nach und nach freischalten indem ihr Schlachten gewinnt und/oder Achievements freischaltet (z.B. deaktiviert drei Bedrohungen in einer Runde). FTL: Faster Than Light lässt grüßen. Es gibt auch die Option sich direkt in die Schlacht zu stürzen ohne eine Hintergrundgeschichte sowie Einstellungen mit denen ihr euch das Leben leichter/schwerer machen könnt. Je schwerer, desto mehr Punkte und Geld bekommt ihr nach einem erfolgreichen Durchgang. Mit dem Geld könnt ihr während einer Runde im globalen Shop einkaufen und so bspw. auf einen Schlag eine externe Bedrohung auslöschen oder Crewmitglied wieder für die Runde aktivieren. Ich habe es bislang aber nur gehortet .
Ein erfolgreiches Match durch alle 42 Karten dauert 30-45 Minuten und euer Erfolg ist logischerweise sehr vom Würfelglück abhängig. Wenn ihr Pech habt und sich zig interne und externe Bedrohungen auf dem Bildschirm sammeln, ihr gleichzeitig aber jede Runde nur noch zwei Crewmitglieder zur Verfügung habt, ist das Ende meist sehr schnell erreicht. Die Taktik kommt dabei jedoch trotzdem nicht zu kurz. Man muss schon stark überlegen wie man seine begrenzte Crew einsetzt und welche Bedrohungen gerade priorisiert behandelt werden sollten. So hat es zwar relativ lange gedauert bis ich den ersten Boss erfolgreich zerstört habe. Aber mittlerweile (bin in Mission 9 der ersten Kampagne) schaffe ich es auch die ein oder andere aussichtslos erscheinende Situation zu meistern und bin entsprechend gut gelaunt danach. Ihr wisst schon: Der Dark Souls-Effekt.
Grafisch orientiert sich das Spiel an den Vorlagen und ist entsprechend übersichtlich und klar. Die FTL: Faster Than Light-Inspiration kommt sehr deutlich rüber. Aber das ist okay und erfüllt seinen Zweck. Der Hintergrund bewegt sich und ab und zu fliegt mal ein Planet oder ein Satellit vorbei (kann beides ausgeschaltet werden). Das war’s aber auch schon. Durch die Boxen dringt hingegen ein angenehm zurückhaltender, atmosphärischer Soundtrack.
Beim Christoph meint: Ich bin schwer begeistert von dieser Brettspielumsetzung (sonst hätte ich vermutlich noch keine sechs Stunden darin versenkt). Natürlich könnte man sich fragen, warum ich nicht lieber FTL: Faster Than Light starte. Aber die Antwort dürfte schlicht sein, dass die Komplexität bei Dee-6: Dice Defenders nicht so hoch ist. Es gibt keine Ausrüstung, keine Shops, keine Flugrouten, keine unterschiedlichen Crewrassen und vor allem keine hektischen Echtzeit-mit-Pause-Kämpfe. Stattdessen kann ich gemütlich vor mich hinwürfeln und versuchen den Bedrohungsstapel abarbeiten. Das ist angenehm chillig und doch gleichzeitig eine echte taktische Herausforderung selbst oder gerade, wenn das Würfelglück mal wieder nicht auf meiner Seite ist. Definitiv ein Spiel, dass ich euch nur ans Herz legen kann. Und zwar egal, ob ihr FTL: Faster Than Light mochtet oder nicht. Und 1000mal besser als das stupide und mega-unfaire Chainsaw Warrior (ein Solobrettdpiel/Videospiel von Games Workshop) ist es ebenfalls.