KONSUMIERT! Die Inflation ist hoch. Die Preise dementsprechend auch. Dem Euro geht es schlecht. Die Gehälter steigen nicht. Und warum? Na, weil ihr nicht KONSUMIERT! Wir brauchen MEHR WACHSTUM. MEHR GELD in den Kassen der Unternehmen und Finanzämter. MEHR ARBEITSZEIT für weniger Bezahlung. Also kramt endlich euer Sparbuch raus und tut etwas für euer Land: KONSUMIERT VIEL UND OHNE VERSTAND! Bitte? Was ihr konsumieren sollt? Mir doch egal. Vermutlich habt ihr schon genug im (anlogen wie digitalen) Regal stehen. Nehmt also einfach irgendwas davon. Ich hingegen hab‘ mich mit den folgenden Unterhaltungsmedien beschäftigt:
Das Vermächtnis der Spione* (A Legacy of Spies; 2017; 316 Seiten) – Ursprünglich sollte es der letzte Roman aus der Feder von John le Carré werden. Aber der Brexit und seine Angst davor, hatte ihn dann doch noch dazu getrieben mit Federball* 2019 einen weiteren Spionageroman zu veröffentlichen, bevor er Ende 2020 gestorben ist. Mit George Smiley hat der jedoch nichts zu tun. Das Vermächtnis der Spione ist stattdessen der neunte und letzte Band der George Smiley-Reihe. Wirklich zu Wort kommt er allerdings nur auf den letzten paar Seiten. Im Vordergrund steht stattdessen sein langjähriger Begleiter Peter Guillam.
2017 wird der britische Geheimdienst von Christoph Leamas, Karen Gold und Gustav Quinz verklagt. Wem die Namen irgendwie bekannt vorkommen hat Der Spion, der aus der Kälte kam* gelesen. Das Werk von 1963 dreht sich ganz um den britischen Spion Alex Leamas (und ein Buch, das ich extrem gut fand). Der Vorwurf der Kinder, vertreten durch eine NGO: Ohne Rücksicht auf Verluste hätte der Circus ihre Eltern in ihren Dienst gezwungen und im Rahmen der Operation Windfall sinnlos geopfert. Die namentlich Angeklagten? George Smiley und Peter Guillam.
Da Smiley warum auch immer nicht greifbar ist, schnappt sich der Circus Peter und zieht ihm die Daumenschrauben an. Erst wird er verhört und als er schließlich ein Versteck mit altem Beweismaterial verrät, gezwungen die Akten zu wälzen und daraus zu berichten. Immer in der Hoffnung etwas zu finden, was den Circus (und natürlich nur die Firma) aus dem Schneider hilft. Eingebettet in diese Rahmenhandlung erzählt entsprechend entweder Peter was damals vorgeblich geschah (und dem Leser, was ggf. wirklich passierte) oder es werden die damaligen Einsatzberichte und Korrespondenzen 1:1 abgedruckt. Dazwischen gibt es immer mal wieder eine Pause in der Gegenwart in denen Peter rastlos durch London und die Umgebung streift, auf der Suche nach seinen ganz eigenen Antworten.
Es ist also sowohl die Vorgeschichte zu Der Spion, der aus der Kälte kam als auch eine Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Handlungen, die damals im Namen des Königreichs durchgeführt wurden. Und ja: Es empfiehlt sich dringend zumindest den dritten Band vorher gelesen zu haben. Eigentlich sogar im Minimum Band 3, Band 5 (Dame, König, As, Spion*) und Band 7 (Agent in eigener Sache*). Zum einen werden die Ereignisse aus Band 3 nur rudimentär wiederholt, zum anderen fehlt einem einiges an Bindung zu den Hauptpersonen sowohl aus Band 3 als auch Peter und George selbst. Auf sich alleine gestellt funktioniert Das Vermächtnis der Spione aus meiner Sicht überhaupt nicht.
Beim Christoph meint: . Nachdem ich mich durch Der heimliche Gefährte* ziemlich durchquälen musste, hatte ich bei Das Vermächtnis der Spione wieder mehr Spaß. Das lag weniger an der belanglosen Rahmenhandlung (deswegen keine fünf Sics), sondern mehr am Kern des Buchs: Spionagemissionen gegen die Sowjetunion in den 60igern. John le Carré quasi zurück in seinem Element und dann auch noch als sinnvolle Ergänzung zu einem seiner besten Bücher.
Obwohl ich den grundsätzlichen Ausgang der finalen Mission bereits kannte, trotzdem ein extrem spannendes Leseerlebnis mit einigen überraschenden Wendungen. Und natürlich ist es schön einen letzten, kleinen Einblick ins Leben der noch übrig gebliebenen Protagonisten der Karla-Jahre zu bekommen. Das Ende ist nicht so befriedigend wie ich es mir erhofft hätte (der Prozess ist plötzlich kein Thema mehr). Aber es ist ein würdiger und passender Abschied für zwei Personen, deren Leben ich über so viele Bücher hinweg begleitet habe. Für George Smiley-Fans eine Pflichtlektüre.
Spielen statt Lesen
Und wenn wir schon beim Stichwort „Alter Kram neu aufgewärmt” sind: 2007 hatte ich einen kleinen Test zur allerersten Version des Klomanagers (1995, Atari ST) veröffentlicht. Verdammt lange her. Das Remake dazu kam dann anno 2000 auf dem Markt (letztes Update 2006), zu dem ich aber tatsächlich nie was hier auf Beim Christoph geschrieben habe. Stattdessen hatte ich mich nur einer Handvoll von Fans angeschlossen, die auf Der Klomanager 2 gewartet haben. Dahingehend war ich sogar einige Zeit im offiziellen Forum (es existiert noch – inkl. den uralten Beiträgen) aktiv. Ja, die waren damals noch total hip.
Der zweite Teil des Klomanagers ist in der ursprünglich geplanten Version offensichtlich nie erschienen. Auch die deutsche Entwickler-Firma, Anvil-Soft, existiert nur noch auf dem Papier. Die Wege von Matthias Hofmann und Roland Wendt scheinen sich schon vor längerer Zeit getrennt zu haben. Roland hat stattdessen mit PHOBETOR ein neues (quasi Ein-Mann)Studio gegründet – und die Rechte am Klomanager mitgenommen. Nach zwei rundenbasierten Strategiespielen hat er sich anschließend tatsächlich wieder dem Klomanager gewidmet, wie ich vor kurzem überraschend festgestellt habe. Und da das Werk zu dem Zeitpunkt nur 0,99€ kostete (aktuell wieder 4,99€), habe ich natürlich sofort zugeschlagen und mich seit langem mal wieder in die Scheiße gestürzt.
Klomanager – Hochgewürgt (2021; PC, Mac) – Der Titel ist passender als es vermutlich beabsichtigt war, denn das Erste was einem auffällt ist die extrem schlechte Optik. Zugegeben: Die 2006er Version war jetzt auch nicht das hübscheste auf dem Markt, aber doch irgendwie zeitloser als diese hässlichen Mobiltelefon-Menüs und Gesichter, die scheinbar selbst zu tief ins Klo geschaut haben. Aber gut: Inhalt vor Schönheit. Also, worum geht’s? Nun für Veteranen nichts Neues: Bis zu vier Spieler (oder KI) bekämpfen sich rundenbasiert auf einer Handvoll unterschiedlicher Karten im Klogeschäft. Das Spielziel kann zu Beginn ausgewählt werden und enthält 08/15-Sachen wie „habe nach x Zügen das meiste Geld” oder „Erreiche im Forschungsbereich x die höchste Stufe”. Mit eurem mickrigen Startgehalt kauft ihr euch dann eure erste Parzelle, die je nach Lage ein paar Besonderheiten aufweist. Im Nobelviertel gibt es beispielsweise für verdreckte Toiletten besonders hohe Mali aber dafür sind sie für top-ausgestattete eher bereit mehr zu bezahlen. Im hippen Künstlerviertel finden sie hingegen Graffiti richtig geil und malen euch sogar die Wand kunstvoll an, wenn ihr es nicht wegmacht (=spart Reinigungskosten).
Jede Parzelle besteht aus bis zu sechs Ställen, die ihr abhängig von eurem Geldbeutel nach und nach freischaltet und dann entsprechend mit Toiletten ausstattet. Diese bestehen aus vier Bausteinen: Die Schüssel, der Sitz, die Spülung und das Klopapier. Fangt ihr mit einer billigen Keramikschüssel und einem unbequemen Plastiksitz an, könnt ihr im Laufe des Spiels durch Geldeinsatz bessere Bauteile erforschen bis ihr am Ende einen königlichen Diamantthron mit Ledersitz (inkl. Bierhalter) und Mink-Toilettenpapier dort stehen habt. Anschließend noch den Preis festlegen für jeden Stall und schon heißt es auf die Kundschaft warten, denn nur so kommt Geld in die Kassen. Problem: Kundschaft macht die Toiletten dreckig. Also heißt es zu Beginn der nächsten Runde erst einmal sauber machen – was ebenfalls Geld kostet.
Doch die Konkurrenz schläft logischerweise nicht und will ebenfalls ein Stück vom Scheißhaufen abhaben. Dabei geht es nicht immer gesittet zu. Zwar kann sie genauso wie ihr fleißig verschiedene Arten von Werbung schalten (ihr habt sogar eine Webseite!) und so die Leute anlocken. Aber manchmal reicht das nicht aus. Da ist es dann doch mal an der Zeit die Kollegen vom Gesundheitsamt zu bestechen, um einen unangekündigten Besuch zu veranlassen oder gleich Sabotageakte durchführen, die bestenfalls nur Dreck verursachen, schlimmstenfalls die Ausstattung zerstören (=muss neu gekauft werden). Das wird im späteren Spielverlauf ein ganz schönes Geldgrab. Nicht nur, weil die Bauteile und die Amtsstrafen teurer werden. Auch die KI scheint sich gefühlt komplett gegen euch zu verbünden, sobald ihr aus ihrer Sicht zu viel Erfolg habt. Dazu noch die Einflüsse der Jahreszeiten (gefrorene Toiletten im Winter, Überschwemmungen im Sommer)… ja, man kann sagen: Selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad ist der Titel gegen die KI sauschwer und ich habe in meinen bisher zwei Stunden Spielzeit noch kein Match erfolgreich beenden können.
Und ja, das war’s: Parzellen säubern, forschen, Toiletten ersetzen/verbessern, werben, sich mit dem Gesundheitsamt gut stellen (zu viele Strafen führen zur Schließung der Parzelle) und Sabotageakte durchführen. Man hat schnell alles gesehen, wiederholt dann ständig nur noch die gleichen Schritte und hofft einfach darauf, dass das Geld für die nächste Forschung oder den nächsten Stall/Parzellenkauf reicht. Mehr ist es nicht – und dabei hat man nicht einmal was Schönes zum Anschauen, weil das Spiel schlicht und einfach potthässlich ist.
Beim Christoph meint: Es ist hart aber von mir gibt es für Klomanager – Hochgewürgt nur . Als ich diesen Absatz angefangen habe, waren es noch zwei Sics aber bei genauerer Überlegung wäre das nicht verdient. Ja, es ist im Kern immer noch der Klomanager mit nur wenigen (aber meist sinnvollen) Neuerungen und für ein paar Runden (vor allem mit menschlichen Spielern) macht es durchaus wieder Laune (hab‘ mir sogar alle Achievements geholt). Aber damals wie heute ist es nichts was langfristig Spaß bringt. Es geht über einen netten Gag nicht wirklich hinaus und hat mit einer richtigen Wirtschaftssimulation nur wenig zu tun.
Leider hält die neue Version noch weniger bei der Stange. Weil sowohl die 3D-Objekte als auch die Menüs echt scheiße aussehen und sie zudem noch so einige Bugs hat, die teilweise sogar das Weiterspielen verhindern. Außerdem der Schwierigkeitsgrad gegen die KI, der gefühlt abartig hoch ist. In meinem letzten Spiel hatte ich mit meiner Parzelle zwar viel Erfolg (und fast alles erforscht), aber dann begann die KI mir jede Runde haufenweise Saboteure zu schicken und das Gesundheitsamt zu rufen. Die Folgen waren immens hohe Instandhaltungskosten, die ich schlicht nicht mehr reinholen konnte und mich in den Ruin trieben. Spätestens dann geht der letzte Rest von Spielspaß den Abfluss hinunter.
Da es auch nicht so aussieht als würden Roland und seine Kollegen noch weiter an dem Produkt arbeiten, kann ich vom Kauf also nur abraten. Selbst, wenn Klomanager – Hochgewürgt mal wieder auf 0,99€ runtergesetzt wird, solltet ihr stattdessen zum ebenfalls auf Steam verfügbaren Klomanager Deluxe (die 2006er Fassung) greifen. Inhaltlich erwartet euch das fast identische Spiel aber dafür ein schlicht und einfach runderes Spielerlebnis. Und euer Geld landet ebenfalls bei Roland – nur wahrscheinlich etwas weniger, weil sie für diese Fassung damals einen Deal mit einem externen Publisher gemacht hatten.