35,5 Stunden zeigt mittlerweile mein Spielzeitzähler für Jets’n’Guns Gold auf Steam an und ich habe immer noch nicht alle Achievements (16/22) gesammelt. Aktuell an Durchgang 7 von 10 und erst rund die Hälfte der nötigen Kills für die dazugehörigen Erfolge. Und dass, obwohl der Titel 43 Level hat! Selbst das Achievement für 10.000 Punkte im Tetris-Klon Tetrix habe ich noch nicht erreicht, weil es so bock schwer ist. Motivation weiter zu machen? Schon seit einigen Monaten praktisch nicht mehr vorhanden. Lasst es euch das eine Lehre sein: Macht euch euer Lieblingsspiel nicht dadurch kaputt, dass ihr auf Biegen und Brechen 100% erreichen wollt. Es lohnt sich nicht!
Da passt es ganz gut, dass ich mir während des Winter Sales (an Heiligabend!) endlich mal den Nachfolger, Jets ‘n’ Guns 2, gegönnt habe. Da bin ich nach 12,5 Spielstunden schon mitten im 8. Durchgang und habe 37/40 Achievements freigeschaltet. Ja, es gibt wieder einen “Erreiche Stufe 10”-Erfolg. Und dieses Mal werde ich ihn (legal) freischalten!
Klingt, als würde das Side-Scrolling-Shoot’em up von Rake in Grass mächtig Laune bereiten? Grundsätzlich ja, aber vor allem für Veteranen ist die Antwort etwas komplizierter.
Die Technik
Ich weiß grad gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll. Schließlich will ich den Titel ja nicht absichtlich in total negatives Licht stellen. Aber Rake in Grass macht es mir absolut nicht einfach. Fangen wir vielleicht mit dem offensichtlichsten an: Der Grafik. Jets ‘n’ Guns 2 sieht fantastisch aus. Die Texturen sind scharf und detailliert, die Levels thematisch abwechslungsreich und das Effektgewitter macht richtig was her. Fast schon zu viel in den späteren Levels/Schwierigkeitsstufen, wo so viel auf dem Bildschirm los ist, dass ihr gar nichts mehr seht. Und Gott bewahre, ihr nehmt einen Kumpel dazu. Wenn gleich zwei Flugzeuge aus allen Rohren schießen ist es bei entsprechender Ausrüstung mit der Übersicht komplett dahin. Ja, das Spiel hat (erfreulicherweise) einen lokalen Koop-Modus, der gut funktioniert und definitiv Laune macht.
Auch was aus den Boxen ertönt passt perfekt zum Bildschirmgeschehen und unterstützt das Effektgewitter gekonnt – mit einem ganz dicken Minuspunkt: Die Musik. Obwohl sie erneut aus der Feder der schwedischen SID-Metalband Machinae Supremacy stammt, ist sie faktisch während des normalen Spielgeschehens nicht zu hören. Es sei denn, man dreht die Lautstärke der Soundeffekte komplett runter oder lässt den Feuerknopf mal los. Da ist beim Soundmixing definitiv irgendetwas in die Hose gegangen. Dabei hat der Soundtrack im ersten Teil sehr viel zum Spielerlebnis beigetragen. Schade.
Aber als Fan der Band habe ich mir natürlich das Album sofort bei Bandcamp geholt – und wurde sehr, sehr enttäuscht. Die meisten Tracks klingen langweilig und 08/15-“Ich schrubb auf der Gitarre” rum. Die bezeichnenden SID-Elemente fehlen häufig. Und die wenigen Highlights wie das Title Theme sind Remixes/verwenden Motive aus dem Soundtrack von Teil 1. Da hatte ich definitiv wesentlich mehr erwartet. Stattdessen habe ich beim Hören des Albums mehr das Gefühl als würde ich entweder Ausschuss- oder “Ich werde nicht gut genug dafür bezahlt”-Liedern lauschen. Absolut kein Vergleich zum phänomenalen Soundtrack von Jets ‘n’ Guns, der nur so vor Kreativität sprühte und den ich heute noch hoch- und runterhöre *klickt auf Megascorcher in seiner Playlist und rockt eine Runde ab*.
Resteverwertung?
“Ausschuss” ist leider ein Punkt, der nicht nur beim Soundtrack zu spüren ist. Auch das restliche Spiel leidet unter dem Problem, dass ich als Fan alles gefühlt schon in besser/kreativer erlebt habe. Sicherlich nicht in so einem schicken Gewandt aber die neuen Ideen halten sich definitiv in Grenzen. Stattdessen erwartet euch in den gerade Mal 13 Leveln (plus 3 geheime Level) im Prinzip ein Best-of aus Teil 1. Ein Flug durch eine SciFi-Stadt, ein Abstecher ins Bierimperium, ein Besuch bei den Insekten, ein Lavaplanet mit obligatorischem Star-Wars-Easter-Egg und sogar ein nerviges Rennen ist wieder dabei. Viele der Gegner sind darüber hinaus alte Bekannte, die zwar in neuem Glanz erstrahlen aber trotzdem nicht wirklich was Neues zu bieten haben. Da ist es fast schon positiv, dass ein Durchgang so schnell vorüber ist. Denn ja, es sind nicht nur weniger Levels – sie sind auch definitiv kürzer. Ich würde schätzen, dass ihr mit dem ersten Durchgang maximal 3-4 Stunden beschäftigt seid.
Wenn wenigstens die Geschichte ansprechend wäre. Aber nein, diese ist faktisch nicht vorhanden. Erwarteten euch in Teil 1 noch kleine Comic-Seiten mit viel Witz und Charme und einer zusammenhängenden Geschichte rund um einen zeitreisenden Bösewicht, gibt es hier nur ein paar Zeilen Text unten am Bildschirm beim Anklicken eines Levels. Entsprechend habe ich ehrlich gesagt keinen Schimmer was ich warum überhaupt getan habe und wer der Typ war, dessen Schiff ich in einem mehrstufigen Bosskampf zerstört habe. Das verstärkt den Eindruck ungemein, dass hier einfach nur ein paar aus Teil 1 übrig gebliebene Ideen umgesetzt und als eigenständiges Spiel verkauft wurden.
Das Upgrade-System
Was ebenfalls gestrichen wurde sind mehrere unterschiedliche Schiffe. Stattdessen fliegt ihr von Anfang bis Ende immer die gleiche Mühle und habt nur ein paar Möglichkeiten sie im Design euren Vorstellungen anzupassen. Mich persönlich stört dieser Punkt zwar nicht sonderlich, aber es gefällt nicht jedem. Immerhin habt ihr immer noch sehr viele Möglichkeiten eure Mühle auszustatten. Dazu schaltet ihr im Verlauf des Spiels dutzende verschiedene Ausrüstungsgegenstände frei. Von Waffen aller Art über Waffenmodifikationen und Spezialfähigkeiten hin zu Schiffssystemen ist die Auswahl echt riesig. Und obwohl es natürlich empfehlenswerte Konfigurationen gibt, vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden, habt ihr doch so einige Freiheiten und es lohnt sich zudem hin und wieder mal zu wechseln.
Blöd nur, dass genau hier die Freiheit eingeschränkt ist. Während ihr zwar wieder die komplette Kohle zurückbekommt, wenn ihr einen Ausrüstungsgegenstand verkauft, sind die Bauteile nicht unendlich oft im Shop verfügbar. Möchtet ihr also für eure drei Frontgeschütze drei automatische Zielhilfen kaufen, dann geht das nicht. Ihr bekommt nämlich nur eine auf einmal. Stattdessen heißt es die nächste Mission spielen, das Bauteil nochmal kaufen und dann noch eine dritte Mission schaffen, bevor ihr endlich eure Wunschkonfiguration habt. Das ist echt doof gelöst. Und macht euch mitunter auch das Leben unnötig schwer. Meist wollt ihr schließlich wechseln, wenn ihr euch an einem Level die Zähne ausbeißt. Also müsst ihr nochmal alte wiederholen, bevor ihr überhaupt die Chance habt es mit einer neuen Konfiguration nochmal zu probieren. Keine Ahnung, warum es diese Einschränkung gibt.
Der Schwierigkeitsgrad
Apropos Zähne ausbeißen: Die ersten zwei Level des Spiels sind die härtesten im gesamten Spiel. In Star City 17 liegt es vermutlich daran, dass ihr in vergleichsweisen engen Korridoren unterwegs seid. In Skyway Alpha kommt zu diesen Korridoren dann noch ein stark beschleunigtes Scroll-Tempo dazu. Hat man diese beiden Level mal überstanden, ist der Rest des Durchgangs fast schon ein Spaziergang.
Erfreulicherweise anders als noch in Teil 1, wird das Spiel auch tatsächlich bei jedem Durchgang anspruchsvoller. So bekommen Feinde beispielsweise Schilde, es sind zusätzliche Hindernisse im Level vorhanden oder Gegner lassen eine Bombe beim Tod fallen. Je weiter ihr kommt, desto stärker verkommt der Titel aber leider zu einem Bullet-Hell-Shooter (überall sind Geschosse auf dem Bildschirm), bei dem weniger die eigentlichen Feinde als das Drumherum die Gefahr ist. Kombiniert mit den vielen Effekten, die eure aufgemotzten Schießprügel machen, wisst ihr mitunter gar nicht was euch gerade in die Luft gejagt hat. Da lernt man die kurzen Levels und die Möglichkeit vier davon auszulassen dann tatsächlich sehr schnell zu schätzen. Und ja, die Bosse sind im Vergleich ein Witz und meist innerhalb von Sekunden tot, wenn sie nicht in mehrere Phasen aufgeteilt sind. Aber die ersten 2-3 Durchgänge sind völlig okay und machen Laune.
Beim Christoph meint: Von mir gibt es . Als Fan von Teil 1 bin ich definitiv enttäuscht von Teil 2. Ja, es sieht geil aus und das Grundprinzip macht definitiv immer noch Spaß. Aber es ist mir unterm Strich schlicht und einfach zu wenig. So sehr mich die 43 Levels in Teil 1 für das Achievement mittlerweile ankotzen: Es wurde einem echt was geboten. Die Levels in Teil 2 sind zwar ebenfalls im Grundsatz gut gemacht. Es fehlt mir jedoch der Charme, der Witz und vor allem die coolen neuen Ideen. Stattdessen erwartet mich das Gleiche wie vor 16 Jahren – nur irgendwie abseits der Grafik schlechter und langweiliger. Insofern ist mein Fazit leider, dass ihr euch lieber Teil 1 kaufen solltet. Da mögen die Texturen nicht so gestochen scharf sein aber in allen anderen Aspekten ist er dem Nachfolger immer noch überlegen. Lasst euch nur nicht von den Achievements verführen!
PS: Tetrix feiert in Teil 2 ebenfalls seine Rückkehr – allerdings in Form von Mortal Tetrix. Statt einem leeren Spielfeld begrüßt euch ein Bild, das ihr nach den üblichen Tetris-Regeln zerstören müsst um ins nächste Level zu gelangen. Gleichzeitig haben eure Tetrominos “Special Moves” drauf – daher das “Mortal” im Name. Beim Ausführen der am Bildschirmrand angezeigten Tastenkombination stürzt sich beispielsweise der Viererblock in die Tiefe und löscht alle Steine aus. Das T führt hingegen einen Luftangriff durch, der alle Blöcke in der ersten Reihe entfernt. Eine sehr coole Umsetzung mit der ich mehr Spaß hatte als ich zugeben möchte .