Nachdem Zuschauer wie Macher in der ersten Staffel Bekanntschaft mit den Neuen im Star-Trek-Universum geschlossen haben, konnte es jetzt mit Star Trek: Space Nine – Staffel 2* endlich so richtig losgehen. Auch, wenn anders als auf dem Cover der DVD-Box, Commander Sisko immer noch keinen Bart hat . (Vermeintlich) losgelöst von den Ketten der Enterprise-D, konnten die Autoren endlich die Möglichkeiten der neuen Serie nutzen und die dazugehörigen Vorteile auskosten. Das fängt schon mit dem fulminanten Staffelstart an, wo uns ein Dreiteiler erwartet. Eine absolute Neuerung nicht nur im Star-Trek-Umfeld und etwas, was auch seitdem (soweit ich mich erinnern kann) von keiner Star-Trek-Serie wieder versucht wurde. Interessanterweise sind jedoch alle drei von jeweils anderen Autoren verfasst.
Laut Captain’s Logs: The Complete Trek Voyages* (hatte ich schon erwähnt, dass das Buch eine echte Schatztruhe für Hintergrundinfos ist? Schade, dass es unvollständig ist – es endet* bei Staffel 4 von DS9 bzw. Staffel 2 von Voyager) wollte Showrunner Michael Piller damit eine Art Befreiungsschlag ausführen. Ähnlich wie es In den Händen der Borg für Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert gewesen war. Quasi zeigen, was Star Trek: Deep Space Nine drauf hat und welche Möglichkeiten vor allem in Bezug auf die Erzählungen die neue Show bietet, die man bei Picard nicht hatte. Und ja, die Geschichte rund um die bajoranische Rebellenzelle “Der Kreis” ist unterm Strich spannungsgeladen, charakterstark und wirklich gelungen. Sie zeigt außerdem sehr gut, wohin die Reise gehen sollte: (Ein Stück weit) Weg von den in sich abgeschlossenen Einteilern hin zu einer übergreifenden Erzählung, auf deren Fortsetzung man sich jede Woche wieder freut.
Die unterschwellige Einführung des Dominion als zukünftiger Hauptantagonist der Serie im Verlauf der Staffel unterstreicht dieses Vorhaben zusätzlich. Schon vor der letzten Folge, Der Plan des Dominion, werden mehr oder wenig deutliche Hinweise in einzelnen Episoden auf diese ominöse aber offensichtlich extrem mächtige Organisation im Gamma-Quadranten eingestreut. Und dann zerstören die Jem’Hadar im Finale auch noch ziemlich mühelos ein Schiff der Galaxy-Klasse (etwaige Parallelen zu anderen Schiffen dieser Bauart waren garantiert beabsichtigt) mit ihren vergleichsweise kleinen Schiffchen. Krasser wäre es nur gewesen, wenn ihnen tatsächlich die Enterprise-D zum Opfer gefallen wäre. Aber die wurde ja kurz darauf für ihren Absturz in Star Trek VII: Treffen der Generationen* benötigt. Mal abgesehen davon, dass sich Deep Space Nine ja von den “Altlasten” lösen wollte. Wäre die Enterprise zerstört worden, hätten die Autoren die ersten Folgen von Staffel 3 vermutlich gebraucht, um aufgebrachte Picards-Fans zu beruhigen, dass es der Crew gut geht. Insofern war es durchaus die richtige Entscheidung stattdessen die Odyssey zu opfern.
Weitere vorzügliche Unterhaltung
Staffeleinstieg und das Finale waren also schonmal sehr gelungen. Aber wie sieht es mit den restlichen 23 Folgen der 2. Staffel aus? Nun, alles in allem tatsächlich hervorragend. Benjamin Sisko grinst zwar immer noch sehr häufig irgendwie ziemlich grenzdebil ohne Bart daher, aber Autoren wie Schauspieler finden langsam aber sich in ihre Rollen hinein und machen so die Staffel fast durchweg zu einem gelungenen Erlebnis. Mein persönliches Highlight ist dabei Der Blutschwur*. Ja, die Geschichte ist etwas sehr konstruiert und das Verhalten von Sisko und Dax eher so in Richtung “muss sein, damit die Erzählung vorankommt”. Aber es ist die erste richtige Klingonenfolge der Serie und dann auch noch mit Kor, Kang und Koloth – drei Charaktere aus der Originalserie. Nein, sie traten damals nicht einmal in derselben Folge auf. Das ist entsprechend so eine obskure Referenz, dass ich mich frage, wie der Autor überhaupt auf die Idee kam die drei zusammen zu packen, statt einfach neue Charaktere zu verwenden. Aber das Zusammenspiel der drei gealterten Herren funktioniert wunderbar und machen die Episode trotz ihrer inhaltlichen Schwächen zu einer vorzüglicher Unterhaltung.
Mein zweites Highlight der Staffel ist die Spiegeluniversumsfolge Die andere Seite. Sie hat zwar noch nicht den starken Biss der späteren Spiegelfolgen, gibt aber bereits einen guten Einblick darauf was uns noch im weiteren Verlauf der Serie erwarten wird. Und sie zeigt erneut, wie wichtig und gelungen der Kontinuitätsgedanke von Star Trek: Deep Space Nine ist. Man hätte so viel anderes machen können. Aber nein, stattdessen setzten die Autoren tatsächlich auf dem Original (Ein Paralleluniversum) auf inkl. den daraus entstandenen Veränderungen. Absolut genial.
Und für mich die drittbeste Folge war Profit oder Partner. Wie ich schon im Eintrag zur 1. Staffel geschrieben hatte: Die Ferengi-Folgen sind nicht jedermanns Sache. Aber ich mag den Humor und den Witz, den sie in die ansonsten doch eher düstere und pessimistische Welt der Serie bringen. Und davon gibt es in der Gesellschaft von Quark & Co. mehr als genug. Mal abgesehen davon, dass speziell diese Episode gleichzeitig ganz viel handfeste Gesellschaftskritik enthält (die Unterdrückung von Ferengi-Frauen).
Außerdem nicht unerwähnt lassen möchte ich Die Ermittlungen. Erneut geht es um Odos Vergangenheit auf Terok Nor und damit entsprechende Rückblicke in diese Zeit. Das Implantat gibt hingegen die Bühne ganz für Garak und Dr. Bashier frei. Eine Folge, wo man als Zuschauer am Ende nicht wirklich schlauer ist als zu Beginn, was aber tatsächlich den großen Reiz ausmacht. Und in Das Tribunal bekommen wir erstmal tiefere Einblicke in die cardassianische Gesellschaft. Für mich macht dieser Aspekt von Star Trek (=Kennenlernen fremder Kulturen) irgendwie tatsächlich den größten Reiz aus.
Fazit
Ich fand Staffel 2 von Star Trek: Deep Space Nine wirklich fast vollständig gelungen und inhaltlich wie qualitativ auf hohem Niveau. Ich würde sagen vergleichbar mit Staffel 4 oder 5 von Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert. Da sieht man halt, dass die meisten der Macher nicht mehr ganz so neu im Star-Trek-Geschäft waren und stattdessen auf einer soliden Grundlage aufbauen konnten. Einzig Rätselhafte Fenna würde ich als eher schlecht bezeichnen. Aber selbst sie hat einen Mehrwert, in dem sie uns Einblick in den seelischen Zustand von Commander Sisko gibt. Sie ist also nicht ganz so zum Wegwerfen wie es vergleichbar schlechtes Material drüben bei Picards Crew war.
Entsprechend freudig blicke ich der 3. Staffel entgegen. Freilich auch, weil uns da was ganz besonderes erwartet. Ihr wisst schon: Die Einführung eines kleinen, unwichtigen und äußerst experimentelles Raumschiffchsens. Die U.S.S. Trotzig oder so .