Gleichförmigkeit, Tradition, Bekanntes – das sind ein paar der Stichworte, die ganz gut mein Elternhaus beschreiben. Das Haus mitten im kleinen Dorf, 20m von der großen, katholischen Kirche entfernt und irgendwo in der unterfränkischen Provinz.
Warum auch immer, war ich von Anfang an ein Frühaufsteher. Meine Mutter musste mich nur selten aus dem Bett holen – selbst sonntags nicht. Im Gegenteil war ich an einem typischen Sonntag sogar meist der erste auf den Beinen. Es passierte nicht sehr häufig, aber eine meiner schönsten Sonntagserinnerung ist, dass ich dann im Schlafanzug in die Küche bin. Habe mir dort dann ein paar Aufback-Croissants aus dem Gefrierfach geholt und sie in den bodennahen Backofen zum Backen gelegt. Dann habe ich mir einen kleinen Hocker geholt und mich davorgesetzt, um den Croissants beim Wachsen zuzusehen. Die Wärme strahlte dabei auf mein Gesicht und ich fühlte mich auf eine gewisse Art und Weise geliebt und geboren.
Nachdem die Croissants fertig waren, habe ich mir eine Tasse heißes Wasser gemacht. Da dann ordentlich Zucker rein und 1-2 Teelöffel von diesem komischen Gerstenkaffee. Die Älteren unter euch wissen sicherlich, was ich meine (CARO). Da habe ich dann meine Croissants eingetunkt und gegessen. In Kaba eingetunkt schmeckten die warum auch immer nicht.
In der Zwischenzeit war dann meist schon meine Mutter ebenfalls aufgestanden und hat ihrerseits ihren Tag begonnen. Damals war noch jeden Sonntag um 9 Uhr die Heilige Messe und als Bewohner eines streng katholischen Dorfes durften wir da natürlich nie fehlen. Sie als vorbildliche Gläubige auf den Bänken, ich vorne beim Pfarrer als anständiger Messdiener. Weil man das halt damals so gemacht hat und es die Ordnung der Dinge war. Gefragt wurde da nicht. Nur gelästert über die, die nicht mitmachten.
Nach der Kirche wurde der sonntägliche Besuch bei Oma und Opa vorbereitet. Mütterlicherseits. Väterlicherseits waren bereits verblichen. Gegen 11 Uhr stiegen wir ins Auto und fuhren los, aber nicht auf direktem Wege, sondern erst in die Heimatgemeinde. Dort hatte sonntags nämlich immer bis 12 Uhr die katholische Bibliothek an der Kirche geöffnet. Dort durften wir Kinder uns dann was zum Ausleihen aussuchen. Und ja, bei mir waren es vermutlich die meiste Zeit irgendwelche Comics.
Von der Bibliothek aus ging es aber dann die 4-5 Ortschaften weiter zu den Großeltern. Pünktlich zum Beginn der Sendung mit der Maus waren wir immer dort und durften diese dann schauen. Um Punkt 12 gab es Mittagessen – gekocht von Opa. Seine Frau durfte „nur“ unter der Woche dran. Gegessen wurde gut meist gut bürgerlich Deutsch: Rotkraut, Braten, Klöße – sowas halt.
Am Ende des Mittagessens stand das Abräumen, spülen und abtrocknen, natürlich unter tatkräftiger Unterstützung der anwesenden Kinder. Bei gutem Wetter folgte ein mehr oder weniger umfangreicher Spaziergang. Durch den Ort hindurch hinaus in Richtung Felder und Wald. Im Sommer auch mal zur im Wald gelegenen Kneippanlage zum Abkühlen.
Wieder bei den Großaltern angekommen, bestand das Programm wahlweise aus Fernsehen, sehr beliebt war die Formel 1 auf RTL, oder gemeinsam Brettspiele am Küchentisch spielen – zumindest bis es Zeit für den Kaffee war und wieder Platz gemacht werden musste. Am Kaffee war ich selten interessiert. Meist war kein Kuchen für mich dabei und Kaffee (außer den CARO) mag ich nicht.
Wenn die gesamten Geschwister da waren, ging es im Anschluss wieder weiter mit Gesprächen, Spielen, Fernsehen bis zum Abendessen. Und nach dem erneuten Mahl – ja, es gab bei Oma und Opa immer viel zu essen -, wurde es dann Zeit nach Hause zu fahren. Meine persönliche Hoffnung war dabei immer pünktlich für die Knoff-Hoff-Show daheim zu sein. Danach ging es dann relativ zügig ins Bett.
(handschriftlich verfasst im Rahmen des Bildungsurlaubs Autobiografisches Gestalten und Schreiben)