Sicarius

Mein Vater, das Vakuum

Achtung: Der heutige Eintrag ist aus naheliegenden Gründen mit Katzen bebildert.

Ein paar süße Pfötchen

Joa, dat war ein Wochenende, das ich so nicht nochmal brauche. Eigentlich ist es auch eine ziemlich persönliche Sache, die man normalerweise nicht im Internet ausbreiten würde. Aber ich glaube es ist wichtig zu wissen, dass einem sowas passieren kann – nicht nur aber vor allem den Älteren unter uns. Zumindest meine Familie und ich kannten das Thema nämlich in dieser Art vorher überhaupt nicht – was die ganze Sache vermutlich noch stressiger und belastender gemacht hat. Am besten, ich fange von ganz vorne an:

Die Vorgeschichte

Mein Vater ist nicht mehr der Jüngste. Er wird dieses Jahr 75, um genau zu sein. Und da er zur Generation “Ausruhen kann ich mich, wenn ich tot bin!” gehört, ist er nicht mehr allzu gut in Schuss. Ständige Schmerzen, haufenweise Tabletten, die er täglich nehmen muss (und damit meine ich nicht Nahrungsergänzungsmittel) und künstliche Knie hat er auch schon seit einer langen Zeit auf beiden Seiten. Jetzt musste recht zügig die rechte Hüfte ersetzt werden. Also brachte ihn mein Schwager mittwochs ins Krankenhaus. Die Operation verlief wohl soweit okay und alles war im grünen Bereich. Dann stellten sie allerdings fest, dass die Kugel nicht mehr an ihrer Position war. Und aufgrund der Sparmaßnahmen im Krankenhaussektor, konnten sie das auch vor Ort nicht reparieren. Also wurde er kurzfristig verlegt, freitags erneut in Narkose gelegt und anschließend wieder zurückgebracht. Wann genau, weiß ich nicht. Vermutlich kam er erst Samstagvormittag wieder auf der Intensivstation im ursprünglichen Krankenhaus an. Zumindest macht die ganze Geschichte anders keinen Sinn.

Naja: Schwester, Schwager und meine Mutter waren am Wochenende unterwegs. Es war mit mir deshalb abgesprochen, dass ich sonntags mal reinschauen sollte.

Erste Lehre aus der Sache: Nie alle nahen Verwandten (auch in Bezug auf die Entfernung) gleichzeitig wegfahren, wenn jemand nach einer Operation im Krankenhaus liegt. Egal wie gut diese im ersten Augenblick ausgegangen sein mag.

Aber als vorbildlicher Sohnemann habe ich Samstag gegen 14:30 Uhr mal durchgeklingelt, um zu hören wie es ihm geht. Er ging sogar sofort dran – war aber total panisch. Irgendwas würde nicht stimmen. Er wäre in einem fremden Zimmer in einem Stuhl festgezurrt. Sie würden ihn festhalten. Er sei nicht im richtigen Krankenhaus. Er wäre allein im Flur zurückgelassen worden. Keiner würde ihm seine Tabletten geben. Ich soll sofort die Polizei rufen. Und sowas.

Ich war verständlicherweise etwas überrascht und versuchte erstmal normal mit ihm zu reden. Aber er war völlig von seiner Geschichte überzeugt. Ich versprach ihm also der Sache auf den Grund zu gehen und legte auf.

Hastige Abreise

Logischerweise rief ich erstmal in dem Krankenhaus an, in dem er sein sollte – und fand ihn auch genau dort. Die Schwester stellte klar, dass er mitnichten auf dem Flur ist, sondern in seinem Zimmer. Sie gab ihr Telefon an ihn weiter. Meine Beschwichtigungen, dass alles seine Richtigkeit hat, fruchteten jedoch nicht. Er blieb der festen Überzeugung, dass es hier eine Verschwörung gegen ihn gibt. Welcher Art? Keine Ahnung. Aber ich sollte ihm schnellstmöglich helfen. Okay…

Ich legte wieder auf und rief meinen Schwager an, da er sich um das ganze Thema gekümmert hatte. Ich war ja vorher nicht beteiligt gewesen. Ein paar weitere Telefonate später – darunter mit dem Krankenhaus – stand fest: Vater hat warum auch immer grad einen massiv an der Waffel und ich sollte schnellstmöglich hinfahren, in der Hoffnung ihn zu beruhigen. “Schnellstmöglich” hieß in dem Fall knapp eine Stunde Fahrzeit. Aber immer noch schneller als mein Schwager und meine Schwester, die grad mit dem Musikverein ohne Auto unten in Ulm saßen (3 Stunden). Also Handy eingepackt, Lysanda “Tschüß!” gesagt und losgedüst.

Zweite Lehre aus der Sache: Eine Art Notfallköfferchen oder zumindest eine Packliste für solche Hauruck-Aktionen bereithalten. Man denkt gerne, dass man nur ein paar Stunden unterwegs sein wird. Die Realität kann jedoch schnell anders aussehen. Außer einer Flasche Wasser hatte ich nicht einmal ein Handy-Ladekabel mit dabei.

Irgendwo auf der Autobahn rief dann das Krankenhaus nochmal durch – die Polizei war vor Ort. Gerufen hat sie, glaube ich, am Ende das Personal, weil sie mit meinem durchaus kräftigen Vater (Hobby-Schmied) nicht so recht klarkamen. Und scheinbar war sein Respekt vor den Jungs in blau noch vorhanden. Da ich schon unterwegs war, blieb das Gespräch aber kurz und sie warteten auf meine Ankunft.

Alles wieder gut?

Vor Ort angekommen, brachte mich die Polizei kurz auf den aktuellen Stand und verschwand dann schon wieder. Stellte sich heraus, dass Vater tatsächlich noch im Transportstuhl angebunden gewesen und erst jetzt zurück im Bett war. Wie lange dieser Zustand gedauert hat? Keine Ahnung. Meine Vermutung: Länger als geplant, weil sie aufgrund von besagtem Personalmangel nicht genug Kräfte hatten ihn ins Bett zurück zu schaffen. Seine Panik erklärt das freilich trotzdem nicht. Er war der einzige Patient auf der Station und hatte somit die volle Aufmerksamkeit der Krankenschwestern gehabt.

Naja, auf jeden Fall schien sich die Lage jetzt – laut Arzt auch dank meiner Anwesenheit – zu beruhigen. Vater ließ sich wieder die Zugänge legen, die er in seiner Wut brutal herausgerissen hatte und entschuldigte sich bei allen Anwesenden für sein Verhalten. Ich hingegen bekam die Erklärung für das, was passiert war: Delir oder Delirium. Eine Bewusstseinsstörung. Im Fall meines Vaters verfiel er deswegen in einen Verfolgungswahn und sah (nicht buchstäblich) überall Geister. Also theoretisch bei vollem Bewusstsein aber eben doch irgendwie völlig neben sich.

Hintergründe

Das beste Mittel: Ne Runde Pennen

Ein Delir kann wohl jeden treffen und bei älteren ist die Gefahr freilich größer. Leider ist bis heute nicht bekannt, was eigentlich der Grund dafür ist – trotz einer Häufigkeit von 15-50% bei einem stationären Krankenhausaufenthalt! Und ja, ich erinnere mich da an meine Nasenoperation. Da habe ich wohl im Aufwachsaal ebenfalls ein wenig rumgemacht und den Doktor nicht an mich rangelassen. Das wurde mir allerdings nur erzählt. Tatsächlich weiß ich nur wie ich einen Moment der Klarheit hatte und ab da vollständig wach war. Also der Zeitraum zwischen “Anästhesistin packt die Maske auf mein Gesicht” bis dahin war für mich nur ein paar Sekunden lang gewesen. Vater hingegen konnte sich noch dran erinnern, was er verzapft hatte. Umso peinlicher war ihm das Ganze.

Wirklich was dagegen machen kann man wohl ebenfalls nichts. Also weder vorbeugend noch während des Zustands. Man kann nur versuchen die Einflussfaktoren zu vermindern. Wenn beispielsweise der Patient schlecht sieht, ihm seine Brille aufsetzen und ihn mit bekannten Gesichtern umgeben, um ihm so etwas Halt in der Realität zu geben. Und der Weg vom Delir in die Demenz ist wohl ebenfalls nicht so weit. Allerdings geht das Delir normalerweise wieder weg. Dauert je nachdem bis zu mehreren Tagen aber es verschwindet. Die beiden Ärzte vor Ort waren sich uneins darüber, ob die beiden Narkosen das Delir jetzt begünstigt haben oder nicht. Auftreten kann es nämlich auch ohne vorher schlafen gelegt worden zu sein. Ich für meinen Fall sehe die beiden Narkosen so kurz hintereinander zumindest als einen großen Faktor an. Es werden übrigens nicht alle Delir-Patienten aggressiv. Manche ziehen sich stattdessen völlig verängstigt zurück.

Dritte Lehre aus der Sache: Es gibt dieses Phänomen, das kann jeden treffen und derjenige kann überhaupt nichts dafür. Das muss einem bei allem was passiert einfach bewusst sein. Das fällt in der Situation schwer, keine Frage. Die Krankenschwester erzählte, sie hätte mal einen gehabt, der hätte den Rahmen des Betts zerstört und mit der Eisenstange versucht ihre Kollegin zu erschlagen. Aber da bleibt nur sich selbst zu schützen und so gut wie eben möglich dem Betroffenen beizustehen.

Rufbereitschaft

Wir sind allerdings noch nicht am Ende der Geschichte. Klingt auch noch nicht sonderlich anstrengend. Klar ein Moment der Aufregung und eine ungeplante Fahrt – aber jetzt schien ja alles in Ordnung. Sicherheitshalber vereinbarten wir, dass ich nicht zurück in die Heimat fahren, sondern im Elternhaus übernachten würde. Einfach, damit ich schneller wieder da bin, wenn nochmal was passiert. Ich blieb bis 18:45 Uhr vor Ort bis es schien, als wäre er endlich eingeschlafen – was er gefühlt aktiv versuchte zu verhindern… Mir blieb aber nur gerade so viel Zeit mir was zwischen die Kiemen zu klemmen, bevor um 20:15 Uhr das Krankenhaus wieder anrief. Vater war wieder verwirrt und ich solle kommen. Also runtergeschluckt und (unter Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen) losgedüst.

Vor Ort konnten wir ihn dann gemeinsam wieder runterholen (er war drauf und dran aus dem Bett zu stürmen). Dennoch: Ich bekam so langsam das Gefühl, dass er begann auch mir nicht mehr zu glauben. Also tief im Inneren war scheinbar noch ein wenig Vertrauen, was mir half ihn zu beschwichtigen. Aber der Widerstand selbst gegen mich wuchs langsam aber stetig. Kein Wunder: Ich machte, genauso wie die Ärzte und Krankenschwestern, nicht was er wollte. Aussagen wie “Mein Sohn würde mich nie im Krankenhaus besuchen.” oder “Sie drohen dir doch mit irgendwas.” untermauerten meinen Verdacht.

Er blieb jedoch zu dem Zeitpunkt grundsätzlich friedlich. Ich gab ihm seine Brille und die Zeitung und wir überbrückten so die Minuten bis zum Beginn des Champions League-Finale. Ja, ich habe ein komplettes Fußballspiel geschaut. Ich verstehe die Faszination weiterhin nicht. Ich kann damit absolut nicht anfangen. Ihm zu liebe blieb mir aber nichts anderes übrig, denn es hielt ihn halbwegs bei Laune. Er machte zwar deutlich, dass er unbedingt nach Hause gehen will – und zwar am besten sofort. Mit der Aussage, dass wir erstmal Fußball fertig schauen, blieb aber eine Eskalation aus.

Die Nacht

Wisst ihr, worauf jemand mit Verfolgungswahn absolut verzichten kann? Nachrichten. Okay, wir alle könnten sicherlich weniger (negative) Nachrichten gebrauchen. Aber Vater in seinem Zustand erst recht. Schon nachmittags hatte er was gefaselt von “die Frau im Fernsehen hat gesagt” und während der Halbzeit kamen natürlich ebenfalls wieder Nachrichten mit Mord und Todschlag aus aller Welt. Das hat mich definitiv extrem aufgeregt, weil ich die Befürchtung hatte, dass es seine Wahnvorstellungen wieder verstärkt. Insbesondere, weil er immer wieder kurz in den Schlaf abdriftete und deswegen die Orientierung verlor. Ich selbst war ebenfalls auf der Hut möglichst keinerlei Geräusche zu verursachen, um ihn nicht zu stören, was langsam aber sicher unschöne Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend hochbrachte. Den Rest des Abends stand zum Glück nur noch Fußballkram auf dem Programm des ZDFs. Krise also überstanden?

Nein, 22:45 Uhr wurde er verbal richtig aggressiv und fing auch an mich zu bedrohen. Dabei setzte er sich sogar an den Bettrand, schien dann jedoch von Schwindel übermannt zu werden und legte sich wieder hin. Ich setzte mich hingegen zitternd zurück auf meinen Stuhl. Die Krankenschwester signalisierte mir, dass ich auf mich aufpassen soll und ihn auch sedieren könnten, wenn ich das grüne Licht gebe. Ein Teil von mir fand die Vorstellung vermutlich verlockend. Aber nochmal Narkose und künstliche Beatmung – ob das die Situation tatsächlich verbessern würde? Ne, ich hielt durch.

Irgendwann zwischen Mitternacht und 1 Uhr wollte er unbedingt aufs Klo. Er hatte zwar einen Katheter drin, sie warteten aber auch darauf, dass er mal einen Stuhlgang haben würde. Er hatte Freitags Abführmittel dafür bekommen. In den Topf oder gar auf dem Klostuhl sein Geschäft machen wollte er aber unter keinen Umständen. Es musste die richtige Toilette sein. War schließlich ebenfalls ein Teil seiner Verschwörungstheorie. Das Zimmer hatte keine eigene Toilette – also kann es gar kein Krankenhauszimmer sein. Und groß genug für zwei Personen war es ebenfalls nicht (Intensivstation halt). Das würde einfach alles nicht stimmen. Insofern war sein Toilettenausflug vermutlich zum Teil echtes Bedürfnis und zum anderen ein Erkundungsausflug.

Grundsätzlich aggressiv war er anschließend immer noch, aber er ging erstmal wieder ins Bett und versuchte tatsächlich zu schlafen. Den Fernseher durfte ich zu dem Zeitpunkt endlich mal ausmachen. Licht nicht. Ich wollte ebenfalls endlich mal Ruhe finden, aber das ging in diesem Zimmer einfach nicht. Ich war mental einfach zu fertig und hatte buchstäblich zu viel Angst. Ich entschied mich deshalb ins Elternhaus zurück zu fahren. Die Nachtschwester war von meiner Entscheidung zwar nur bedingt begeistert, aber sie verstand mein Problem und ich gab ihr grünes Licht im Zweifel die große Keule auszupacken.

Die Vergangenheit

Da weiß Lyssi auch nichts mehr zu sagen.

Nachdem ich mir eine Rittersport und etwas YouTube zur Beruhigung reingepfiffen hatte, fand ich auch so gegen 3 Uhr mal in einen unruhigen Schlaf – bis um pünktlich 6 Uhr zusammen mit den Kirchenglocken das Telefon ging. Allerdings nicht mein Handy, sondern das im Elternhaus. Es war Vater, der wieder auf der Suche nach Mutter war. Seine Begeisterung darüber, dass ich ans Telefon gegangen war, hielt sich absolut in Grenzen. Also fuhr ich wieder ins Krankenhaus. Ich war zu diesem Zeitpunkt aber bereits bei ihm komplett unten durch. Es fing an mit “Ich würde zwar aussehen wie sein Sohn, wäre es aber nicht.”, dann versuchte er mir Fangfragen zu stellen, um mich zu entlarven und wurde im Laufe des Vormittags immer aggressiver und aggressiver bis es am Schluss wieder in Morddrohungen gipfelte. Ich konnte das definitiv nicht mehr verkraften und habe deshalb die meiste Zeit vorne bei der Krankenschwester verbracht während wir auf die tägliche Arztvisite warteten. Mittlerweile war Vater auch nicht mehr an die Geräte angeschlossen, weil er keinen mehr an sich ranließ.

Mir war selbstverständlich klar, dass Vater nichts für die Situation konnte. Dennoch nahm mich die Sache extrem mit – vermutlich zusätzlich gefüttert durch den akuten Schlafmangel. Sie nahm mich aber vor allem deshalb so mit, weil ich diesen Zustand kannte. Vater war nämlich bis zu meinem 21. Lebensjahr schwerer Alkoholiker. Wenn er nicht gerade Nachtschicht hatte, war entsprechend vor allem nachts Ärger in der Bude. Türen flogen, es wurde rumgeschrienen und alle für alles verantwortlich gemacht. Deshalb bin ich immer früh ins Bett gegangen in der Hoffnung, dass ich es einfach verschlafe. Tatsächlich getan hat er uns nie was – so viel Selbstbeherrschung hatte er. Aber es war halt dafür massiver, emotionaler Terror, dem ich so einige Traumata zu verdanken habe mit denen ich immer noch kämpfe. Als ich Erwachsen war, waren wir Geschwister aber endlich stark genug ihm Paroli zu bieten und – das muss ich ihm definitiv zu Gute halten – er hörte daraufhin auf zu trinken. Er ist seitdem nicht nur absolut trocken und hat sich auch bei mir klar und deutlich entschuldigt für alles. Er ist sogar mittlerweile zu dem Vater geworden, der mir damals gefehlt hat. Eine Entwicklung, die für mich wesentlich bedeutsamer ist, als es die Entschuldigung war.

Kaputt

Die Situation im Krankenhaus war ein absoluter Rückfall in die alten Muster, die er im alkoholisierten Zustand zeigte. Sein Verhalten war wirklich wie damals. Seine Vorwürfe und Drohungen teils inhaltlich absolut identisch. Kein Wunder, dass da auch bei mir die Vergangenheit wieder hochkam und ich entsprechend mental abbaute.

Irgendwann kamen dann endlich die Ärzte zur Visite und es wurde entschieden ihn von der Intensiv auf die normale Station zu verlegen. Er war eh nicht mehr überwacht und die Geräuschkulisse mit dem vielen Gepiepse machte ihm zusammen mit der unbekannten Umgebung noch mehr zu schaffen. Die Hoffnung war entsprechend, dass er auf die Veränderung positiv reagiert. Mir persönlich war es ziemlich egal. Ich war um 11 Uhr einfach nur noch vollumfänglich am Ende. Das wusste das Krankenhauspersonal ebenfalls (vermutlich schon viel früher als ich) und bot mir neben Gesprächen auch an einfach zu gehen. Mein Schwager sollte zwar erst um 14 Uhr eintreffen, aber da Vater sowieso nicht mehr positiv auf mich reagierte, war es in dem Sinne egal. Also bin ich gegangen und musste auf dem Parkplatz im Auto mit Lysanda am Telefon erstmal eine Runde dekomprimieren, bevor ich mich traute loszufahren.

Vierte Lehre aus der Sache: Man hat seine Familie ja (meistens) gerne und will jemandem in der Not beistehen. Aber am Ende des Tages ist Selbstschutz echt extrem wichtig. So blöd es ist: Ich hätte schon früher die Reißleine ziehen sollen. Es ist Aufgabe des Krankenhauspersonals damit umzugehen und eine Lösung zu finden. Dafür sind sie schlussendlich da. Das haben sie mir gegenüber auch klar gemacht. Ich wollte halt Vater zu liebe bleiben, trotz der dadurch immer größeren werdenden, emotionalen Belastung.

Die Nachwehen

Im Nachgang erfuhr ich dann, dass der Wechsel auf die normale Station faktisch sofortige Besserung brachte. Das Delir verschwand und trat anschließend auch nicht mehr auf (aktuell ist er auf Reha). Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich diese Information am Sonntagnachmittag nicht verärgert hätte. Zu seinem Wohle war ich fast 24 Stunden am Abgrund und kaum bin ich weg, ist er wieder der Alte. Wofür musste ich den ganzen Scheiß dann durchmachen? Und wie dumm sehe ich da bitteschön gegenüber jenen aus, die das alles nicht miterlebt haben? Die glauben doch, dass ich völlig übertrieben habe und ihnen nur einen vorspielte. In der Realität war das freilich nicht der Fall. Meine Familie war ja ebenfalls durchweg von ihm angerufen worden und wusste Bescheid. Insofern machten die sich einfach nur Sorgen um mich.

Dienstags war ich dann auch bereit mit Vater zu telefonieren. Und ja, er fand es selbst ziemlich gruselig, was da vorgefallen war. War voller Reue und Selbstvorwürfe (“Alles kaputt gemacht, was wir die letzten 20 Jahre erreicht hatten.”), hat sich aufrichtig entschuldigt und alles. Aber ich hab’s ihm wirklich nicht übelgenommen. Er wusste nicht, was er da tut. Entsprechend mache ich ihm dafür keine Vorwürfe. Am Rest arbeite ich hingegen zusammen mit Lysanda weiter fleißig.

Epilog

So, jetzt wisst ihr wieder ein bisschen mehr über mich. Wie gesagt ist das eigentlich eine sehr persönliche Angelegenheit gewesen, die in mir sehr alte Wunden wieder aufgerissen hat. Aber da die Wahrscheinlichkeit auf einen geliebten Menschen im Zustand des Delirs zu treffen so (erschreckend) hoch ist, war es mir echt wichtig dieses Erlebnis mit euch zu teilen. So seid ihr vielleicht ein bisschen besser darauf vorbereitet, wenn es mal bei euch passiert.

PS: Der Titel dieses Eintrags wurde von ChatGPT gewählt, nachdem ich ihm den Text mal zum Drüberlesen gegeben hatte. Warum er diesen Titel wählte? Keine Ahnung. Es zeigt aber mal wieder, dass Chatbots einfach nicht zu gebrauchen sind. Wenn ich eh am Ende den Kram selbst machen und jeden Mist überprüfen muss, den die ausspucken, wofür sind die Dinger dann überhaupt gut? Mal ganz abgesehen davon, dass sie gefühlt alles nur über den grünen Klee loben. Deswegen sind die Einträge hier Beim Christoph weiterhin 100% gute alte Handarbeit!

Sicarius

Ein Filler-Eintrag?!

Es ist schon lange, lange her seit es hier Beim Christoph zuletzt einen Filler-Eintrag gab. Aber heute ist es mal wieder soweit. Die letzte Woche war extrem viel los – sowohl privat als auch beruflich. Entsprechend habe ich grad echt keine Energie was Anständiges aufs Papier zu bringen. Nächsten Montag dann wieder – gleiche Zeit, gleiche Stelle und vermutlich mit einem etwas ernsteren Thema. Bis dahin lasse ich euch in der Obhut des Doom Slayer mit seinem feschen Fellmantel. Nein, mehr als die ersten drei Level habe ich bislang ebenfalls nicht geschafft von DOOM: The Dark Ages* zu spielen.

Der Doom Slayer – Mittelalter-Edition(tm)

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