Sicarius

Doppeltes Syndikat

Mass Effect Mass Effect Mass Effect Mass Effect Mass Effect. Mass Effect, Mass Effect Mass Effect. Mass Effect? *fummelt an einem komischen Gerät rum* Oh, entschuldigt. Da ist wohl mal wieder der Universalübersetzer ausgefallen. Total unzuverlässig das Ding. Im heutigen Eintrag soll es schließlich nicht schon wieder um Mass Effect 3 gehen. Stattdessen beschäftigen wir uns heute mit einem Spiel, das in der näheren Zukunft angesiedelt ist und dem Cyberpunk-Genre angehört. Nein, nicht Deus Ex: Human Revolution. Das hatten wir doch bereits. Ich meine Syndicate. Und da es mittlerweile zwei Spiele mit diesem Namen gibt, mache ich es wie letztes Jahr bei Jurassic Park und erzähle euch über beide etwas mehr:

Syndicate (1993)Syndicate (1993; DOS, AMIGA) – Wikipedia bezeichnet das Bullfrog-Original als “isometrisches Echtzeit-Taktikspiel”. Ihr steuert in jeder Mission bis zu vier Agenten und müsst unterschiedliche Ziele erfüllen. Mal soll jemand bestimmtes über den Jordan geschickt werden, ein anderes Mal befreundete Einheiten befreit werden oder auch mal Zivilisten und Wissenschaftler davon “überzeugen” bei euch mit zu machen.

“Ihr” seid in diesem Fall Teil eines Syndikats. Das sind riesige Megakonzerne, die in dieser nicht allzu fernen Zukunft statt normaler Regierungen die Herrschaft über die Welt innehaben und euer Ziel ist nichts anderes als alle anderen auszulöschen und zum Alleinherrscher aufzusteigen. Ganz getreu dem Cyberpunk-Setting, wird der Krieg jedoch nicht ganz so offensichtlich mit Armeen und Bomben geführt, sondern nur mit den bereits erwähnten Agenten. Am Anfang noch normale Menschen mit einem Computerchip im Kopf, ersetzt ihr im Laufe des Spiels alle ihre Körperteile durch künstliche Implantate. Im Gegenzug für den Verlust ihrer Menschlichkeit werden sie schneller, widerstandsfähiger, leistungsfähiger und somit auch gefährlicher. Die Ethik spielt in Syndicate jedoch keine Rolle.

Das übergeordnete Spiel

Die Upgrades und generelle Ausrüstung für eure Agenten kostet jedoch nicht nur Geld, sondern muss auch erforscht werden. Geld gibt es für das Erfüllen der Aufträge. Das ist allerdings viel zu wenig für eure Bedürfnisse, also dürft ihr eure eroberten Territorien auf der Weltkarte mit Steuern belegen. Wie so oft, dürft ihr es nicht übertreiben, sonst gibt es Ärger mit der Bevölkerung. Ihr müsst eure Mittel also mit Bedacht einsetzen. Soll es das zerstörerische Gauss-Gewehr sein, oder doch lieber erst das verbesserte Bein? Ihr könnt auch beides gleichzeitig erforschen, was aber entweder mehr Geld kostet oder länger dauert. Eure Entscheidung.

Relativ freie Wahl habt ihr außerdem bei der Suche nach eurem nächsten Auftrag. Je mehr Territorien ihr erobert, desto mehr Auswahl habt ihr auf der Weltkarte. Ihr könnt sogar relativ früh nach Atlantis übersetzen, wenn ihr schneller das Ende herbeiführen wollt. Zu empfehlen ist es allerdings nicht. Es ist die finale und entsprechend schwierigste Mission im Spiel. Wer da seine Agenten nicht im Griff hat und innerhalb der ersten Sekunden richtig reagiert, kommt nicht vom Hubschrauberlandeplatz runter. Eigentlich war und ist die Mission sogar relativ unfair. Aber das würde ein echter Fan natürlich nie zugeben :smile: .

Die Missionen

Syndicate ScreenshotHabt ihr eure Agenten mit Waffen und Upgrades ausgestattet und euren nächsten Auftrag ausgewählt, kann es endlich losgehen. Im Missionsgebiet angekommen, habt ihr erneut die völlige Freiheit. Nur vom Kartenrand begrenzt, könnt ihr euch nach Lust und Laune in der Umgebung bewegen und auch euer Missionsziel auf die Art und Weise erfüllen, die ihr für richtig haltet. Dem Syndikat ist es völlig egal, ob ihr alle Zivilisten umnietet und ein Massaker unter den Polizeistreitkräften anrichtet. Eleganter ist es aber natürlich mit dem Überzeuger durch die Gegend zu laufen und eine immer größere Menschentraube auf eure Seite zu ziehen. Als menschliche Schutzschilde gegen die feindlichen Agenten quasi. Ihr dachtet doch nicht etwas, dass eure Agenten ein echtes Herz hätten?

Das klingt jedoch alles einfacher, als es wirklich ist. Nicht nur, weil die Echtzeitstrategiesteuerung heutzutage nicht unbedingt mehr dem Standard entspricht und stellenweise sehr umständlich daherkommt. Auch das Wort “Taktik” kommt nicht von ungefähr. Eure Munition ist begrenzt und lässt sich während einer Mission nicht auffüllen. Zwar könnt ihr die Waffen eurer Gegner aufheben, doch euer Inventar ist auf acht Objekte limitiert. Da gilt es zu entscheiden, ob statt einer weiteren Pistole nicht lieber ein Medkit rein soll. Im späteren Spielverlauf müsst ihr dann auch noch in feindliche Gebiete eindringen, beispielsweise in dem ihr ein entsprechendes Auto kapert. Da ist Köpfchen gefragt. Und eure vier Agenten?

Sie halten selbst voll ausgebaut nur kurz dem Feuer aus den automatischen Waffen eurer Gegner stand. Klar, ihr könnt sie mit Medikamenten vollpumpen und so kurzzeitig beispielsweise ihre Laufgeschwindigkeit erhöhen. Aber beschwert euch nicht, wenn die Lebensenergie noch schneller zu Neige geht und sie alsbald mit dem Kopf nach vorne auf den Asphalt plumpsen. Da heißt es klug vorzugehen und es ausnutzen, dass ihr jeden Agenten einzeln Befehle geben könnt. Augen auf, Hinterhalte legen und eine schnelle Reaktion sind die Devise, um am Ende des Tages nicht eine neue Truppe Agenten aufrüsten zu müssen. Oder einfach eine Traube Menschen mit euch herumschleppen, durch die sich die Feinde erst durcharbeiten müssen.

Bagdadsoftware meint: Syndicate merkt man heutzutage sein Alter an. Nicht nur, weil die Auflösung sehr niedrig, die Farbpalette sehr trist und ihr weder drehen noch zoomen könnt. Viel Spaß da in einer riesigen Menschenmenge trotz hilfreicher Anzeigen das richtige Ziel zu finden. Zumindest erwartet euch kein Augenkrebs. Auch steuerungstechnisch bewegen wir uns selbstverständlich in der Vorzeit, in der ihr noch alles mit der Hand machen musstet. Wie bei allen älteren Titeln, müsst ihr das ein Stück weit in Kauf nehmen.

Aber trotz der technischen Unzulänglichkeiten, weiß der Titel spielerisch auch heute noch zu überzeugen und funktioniert immer noch erstaunlich gut. Die Missionsgebiete auf der Suche nach der besten Vorgehensweise zu erkunden, immer darauf bedacht seine millionenschwere Agenten nicht zu verlieren und die zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal zu nutzen, hat nichts von seiner Faszination verloren und ist so taktisch anspruchsvoll wie eh und je. Zumal es abseits des Nachfolgers Syndicate Wars praktisch keinen vergleichbaren Titel gibt. Wer von Echtzeitstrategie nicht komplett abgestoßen wird und mit Taktikshootern wie S.W.A.T etwas anfangen kann, der hat heute wie damals viel Freude an Syndicate.

Der Reboot

Das Original war also ein Echtzeit-Taktikspiel aus der damals üblichen isometrischen Perspektive. Es wurde zwar sehr viel geschossen, aber der Fokus lag ganz klar auf strategischem Vorgehen. Was liegt da also näher, als die Serie als Ego-Shooter wiederzubeleben? Das dachte sich wohl auch Electronic Arts und brachte Mitte Februar dieses Spiel in den Handel:

Syndicate (2012)Syndicate (2012; PC, X360, PS3) – Ich bin absoluter Fan des Originals, keine Frage. 1993/1994 habe ich zwar mehr Don Quichotte dabei zugeschaut, wie er es gespielt hat als selbst Hand anzulegen. Doch schon damals fand ich es richtig, richtig cool. Gleichzeitig bin ich aber auch in der Lage etwas für sich zu betrachten, ohne mich gleich darüber aufzuregen, was irgendwelche Entscheidungsträger mit “meinem” Spiel angestellt haben. Ich schrieb schon damals bei der Ankündigung, dass ich weniger darüber enttäuscht bin, dass es kein Taktikspiel geworden ist, sondern mehr darüber, dass ihnen nichts anderes als ein Shooter eingefallen ist.

Wie hat mir also Syndicate, der Ego-Shooter gefallen? Nun, überraschenderweise 4 von 5 Sics und ich höre auch schon die ersten Protestrufe durch das Internet schallen. Verständlich, schließlich hat sogar Knurrunkulus lautstark (über die Konsolenfassung) geschimpft. Aber lasst mich wie immer erst einmal ausreden.

Das Spiel

Die Einzelspielerkampagne von Syndicate ist zeitlich vor dem Original angesetzt. Die Syndikate gibt es zwar schon und die Regierungen wurden bereits abgeschafft. Doch die Chip-Technologie und die kybernetischen Erweiterungen für die Agenten befinden sich noch in den Kinderschuhen. Erst gegen Ende des Spiels werden die ersten Anzeichen der kommenden Technologien wirklich sichtbar. Das sind dann jedoch Momente, die ich als Kenner des Originals durchaus cool finde. Genauer möchte ich an der Stelle aber nicht darauf eingehen. Ihr wisst schon, Spoiler und so.

Statt nun vier Agenten von oben zu steuern, übernehmt ihr die Kontrolle über Miles Kilo, einem Agenten des EuroCorp-Syndikats. In moderner Ego-Shootermanier (nur zwei Waffen und Coversystem) ballert ihr euch nun die nächsten, leider nur sechs Spielstunden durch die linearen Levels. Aber wir sind hier natürlich in einer Cyberpunk-Zukunft. Das bedeutet, dass ihr neben futuristischen oder zumindest futuristisch angehauchten Waffen, auch dank eures DART-Chips spezielle Fähigkeiten besitzt. Genauer gesagt sind es vier Stück: Ihr könnt einen speziellen Sichtmodus aktivieren, in dem euch Gegner auch durch Wände angezeigt werden und sich die Zeit verlangsamt (lädt sich automatisch wieder auf). Ihr könnt die Waffen eurer Gegner nach hinten losgehen lassen, Feinde kurzzeitig auf eure Seite ziehen oder sie Selbstmord begehen lassen. Um etwas Abwechslung in die Sache reinzubringen, verbrauchen die letzten drei Fähigkeiten mehr oder weniger Energie, die sich nur durch das Töten von Gegnern wieder auffüllen lässt.

Poliertes Spielvergnügen

Syndicate HerstellerbildTrotz der zusätzlichen Fähigkeiten, werdet ihr unterm Strich aber die meiste Zeit ballernd von Deckung zu Deckung hechten. Zumal ihr nicht darauf angewiesen seid. Ihr könnt auch nur ballern. Dann geht jedoch einiges an Spielspaß verloren. Klingt also nicht gerade nach dem ultimativen Spielvergnügen. Und tatsächlich bringen die Entwickler nichts wirklich Neues in das Genre ein. Im Gegenteil fühlen sich die linearen Levels mit den Bosskämpfen am Ende sogar sehr klassisch und wie normaler Durchschnitt an.

Doch Starbreeze hat mit Syndicate etwas gemacht, was sich nur wenige Entwickler trauen oder gar schaffen. Und zwar ist der Titel ein durch und durch auf Hochglanz poliertes Spielerlebnis. Ecken und Kanten? Gibt es nicht. Weder bei der Grafik, die zwar kein Crysis 2-Niveau hat, aber gleichzeitig weit davon entfernt ist schlecht auszusehen, noch beim eigentlichen Spielerlebnis. Jedes Feature, das nicht wirklich wichtig für das grundlegende Spielerlebnis war oder bei den Fokustestern nicht gut ankam, wurde gnadenlos herausgestrichen. Dadurch fehlt es dem Titel zwar ganz klar an ultimativen Höhepunkten und Herausstellungsmerkmalen. Aber gleichzeitig funktioniert das, was er mir bietet, einwandfrei. Dadurch wiederrum entsteht ein richtig guter Flow, an dessen Ende ich höchstens darüber enttäuscht bin, dass es schon so schnell vorbei ist. Die Kämpfe, die Geschichte, die Levels, die Steuerung, das Cyberpunk-Setting — alles nichts Besonderes, aber es harmoniert von Anfang bis Ende perfekt und ich fühle mich zu keiner Zeit Unwohl in der Haut von Miles Kilo. Und dieses Gefühl ist für meinen persönlichen Spielspaß wichtiger als jedes zusätzliche und noch so tolle Feature.

Bagdadsoftware meint: Wenn ihr Shootern nicht abgeneigt seid und entweder das Original nicht kennt oder in der Lage seid euch von euren damaligen Erfahrungen zu lösen, dann gebt Syndicate zumindest als Budgettitel eine Chance. Es definiert wie gesagt das Shooter-Genre nicht neu. Das möchte es aber auch gar nicht und funktioniert genau deswegen so gut. Am besten lässt sich Syndicate wohl mit Fable III vergleichen, das genauso auf das Wesentliche reduziert und dann auf Hochglanz poliert wurde. Beide Spiele mögen deshalb nicht gerade das anspruchsvollste sein, was es auf dem Markt gibt. Dafür machen sie einfach Spaß und ist es am Ende des Tages nicht das, worum es uns allen geht?

Ich empfehle an dieser Stelle auch unbedingt noch einmal Folge 38 des Podcasts anzuwerfen und dort den Abschnitt über Fable III anzuhören. Da hatten wir sehr ausführlich über die Thematik diskutiert.

Nun entschuldigt mich aber. Ihr wisst schon, Mass Effect 3 und so.

Sicarius

Total unverantwortlich!

Wie? Jetzt habe ich einen Monat lang auf den Patch gewartet, der den Charakterimport fixt, internetweite Proteststürme über mich hinwegziehen lassen, abseits des iPhone-“Spiels” möglichst alles zum Thema ignoriert und dabei zugesehen, wie alle anderen ständig das Spiel in Steam und Origin gestartet haben und nun soll ich meine aktuelle Session auch noch unterbrechen, um diesen Eintrag zu schreiben? Ich glaube, es hackt!

Wir sind hier schließlich nicht bei S.T.A.L.K.E.R., wo sich das Schicksal der Zone auch ohne euer Zutun irgendwann von selbst entscheidet, weil die KI keine Lust mehr hatte euch dabei zuzusehen, wie ihr fröhlich eine Nebenaufgabe nach der anderen erfüllt (Anm. d. Red.: Angaben können von der Realität abweichen)! In Mass Effect 3 geht die Welt nicht unter, auch wenn ihr die ersten 200 Spielstunden (Anm. d. Red.: Übertreibungen werden nicht extra als solche gekennzeichnet) damit verbringt auf der Normady herumzulaufen und die versteckten Modelle zu suchen, den Hamster zu fangen (im 1. Versuch!), eure Garderobe der aktuellen Pariser Frühlingsmode anpasst (oder so ähnlich) und jedes poplige Crewmitglied über Hund und Katze ausfragt. Und dann schaut ihr auch noch eurem eigenen Hund dabei zu (Warum gibt es keine Katze? Verklagt Bioware!), wie er ständig den Hangar der Normandy abläuft und komische Scangeräusche macht.

Realisierung

Mass Effect 3 HerstellerbildMoment. Habe ich da jetzt ein unabsichtlich ein Argument Pro-Eintrag gebracht? Mist. Ähm. Ja. Also, die Welt mag zwar nicht untergehen, wenn ich nicht der Hauptstory folge, aber irgendwann muss ich ja trotzdem diese lebenswichtigen Aufgaben erfüllen. Und wie soll ich das machen, wenn ich hier rumsitzen muss und mir nur für euch einen Text aus den Fingern saugen muss? Ist ja nicht so, als hätte ich nicht schon vor dem Spielstart ein Galaxy Readiness Rating von 100% gehabt, nur weil ich zweimal am Tag das Mass Effect 3 Datapad anschmeiße und meine Flotten ausschicke?

Wer braucht da noch den völlig spaßlosen Multiplayer-Modus, wo man als Level-1-Charakter sowieso nur aus jeder Lobby gekickt wird? Als hätte das eigene Level irgendwelche großen Auswirkungen auf die Missionen. Um auf Bronze zu überleben braucht man doch gar keine Spezialkräfte. Da reicht ein halbwegs intelligentes Team, wo die einzelnen Mitglieder sich nicht zu Beginn einer Runde in alle Winde verstreuen und ihr eigenes Ding durchziehen. Aber was rege ich mich künstlich auf? Ich farme doch eh nur Credits, um mir die kostenpflichtigen Multiplayer-Pakete mit den Waffen, Charakteren und so Zeugs kaufen zu können. Einen anderen Sinn hat das Ganze ja wie gesagt nicht mehr für mich, weil mir das beste Ende schon im Einzelspielermodus schon so gut wie garantiert ist.

Continue Rant

Also lasst mir doch meine Ruhe, damit ich bis zum Sommer am Finale angekommen bin, und den Extended Cut erleben kann. Übrigens eine Sauerei, dass sich ein gewisser Jörg Langer es herausnimmt sich über das Ende auszulassen, obwohl er das Spiel gar nicht durchgespielt hat. Und dann dreht sich sein Text nicht einmal wirklich um das Ende! Echt schlimm. Zumal ich sowieso schon lange keinen Respekt mehr vor Bioware habe. Ich verabscheue Leute die kein Rückgrat haben und statt ihr Ding durchziehen auf die lautstarke Minderheit ihrer Käufer hört.

Das ging schon bei Mass Effect 2 los, wo die Designer im Nachgang den ganzen Meckerern in den Arsch gekrichen sind von wegen “Ja, wir hören euch. Teil 3 wird wieder mehr Rollenspiel und so”. Da kommt mir die Galle hoch, wenn ich so was höre/lese. Klar solltet ihr, lieber Entwickler, auf das Feedback eurer Fans hören. Aber stellt bitte nicht im Nachgang plötzlich alle eure Entscheidungen in Frage und macht euer Spiel schlechter als es tatsächlich ist, nur weil ihr Angst habt, dass ein paar Vollidioten in Zukunft eure Spiele nicht mehr kaufen. Was sowieso eine Milchmädchenrechnung ist. Gerade diejenigen, die am lautesten schreien, sind doch die ersten, die den nächsten Teil vorbestellen! Und Recht machen könnt ihr es sowieso niemals allen.

Wenn ich mir allerdings euer Panel von der PAX East so anschaue, dann sieht es nicht so aus, als wolltet ihr etwas an eurer aktuellen Philosophie ändern. Schade eigentlich. Dabei war Dragon Age 2 trotz seiner Fehler immer noch ein wirklich gutes und tiefgründiges Rollenspiel und Mass Effect 2 der Inbegriff eines fast perfekten, modernen Vertreters dieses Genres. Wenn das ein, teilweise von Nostalgie geblendeter Spieler nicht sieht, dann ist das ja okay. Aber wenn auch ihr als Entwickler darauf rumreitet, dann ist doch irgendwo Hopfen und Malz verloren. Bei den Jungs des ehemaligen Entwicklerstudios FASA und ihrem fragwürdigen Shadowrun-Shooter ist das ein anderes Thema. Die dürfen ruhig ihr eigenes Werk kritisieren. Das zeugt von guter Selbstreflektion, schließlich war es ja auch ziemlich grottig (für einen Shadowrun-Titel — als Shooter war es ganz okay).

So, wo war ich? Ach genau: Mass Effect 3 spielen.

PS: Dies ist Eintrag Nr. 900.

Kann mal einer den Frühling abschaffen? *schneuz* Blöder Heuschnupfen. Da bleibt einem Allergiker wie mir doch nichts anders übrig als den ganzen Tag drinnen zu verbringen. Aber während so einigen Leuten dabei äußerst langweilig werden würde, kenne ich diesen Begriff gar nicht. Ich habe beispielsweise ein paar Stunden mit einem alten Freund verbracht:

Eat Lead: The Return of Matt HazardEat Lead: The Return of Matt Hazard (X360, PS3) – Wie, ihr kennt Matt Hazard nicht? DEN ultimativen Actionhelden der 80iger und 90iger und des neuen Jahrtausends? Dabei war er doch in unzähligen Spielen die Hauptfigur, darunter Klassikern wie Matt Hazard 3D, A Fistfull of Hazard, Soak’em oder des bis heute unerreichten Arcade-Klassikers The Adventures of Matt in Hazard Land aus dem Jahre 1983. Matt Hazard hat schon Nazis in 3D getötet, da ist der Duke noch von links nach rechts gelaufen!

Zumindest behauptet das die Hintergrundgeschichte von Eat Lead: The Return of Matt Hazard, in der der Held sechs Jahre nach dem Rohkrepierer Haz-Matt Carts von Entwickler Marathon Megasoft aus der Versenkung geholt wird. Das Ergebnis ist ein Third-Person-Shooter, der sich selbst nicht einmal im Ansatz ernst nimmt und gleichzeitig am laufenden Band über die Konkurrenz lustig macht.

Ich habe sehr lange mit dem Kauf gezögert. Das Spiel erschien schließlich schon vor vier Jahren und tauchte seitdem immer mal wieder an meinem Horizont auf. Der Grund für mein Zögern abseits der fehlenden Hardware? Die Metacritic-Wertung von mageren 53%. Bei so einem Durchschnitt bin selbst ich sehr vorsichtig. Aber bei einem Preis von mageren vier britischen Pfund, habe ich nun doch einmal zugeschlagen. Das Ergebnis? 4 von 5 Sics.

08/15-Shooter

Spielerisch dürft ihr keine Offenbarung erwarten. Es handelt sich um einen durchschnittlichen und strikt linearen Third-Person-Shooter mit wenig Abwechslung. Ihr kommt in einen Raum hinein, Gegner erscheinen, ihr tötet alle und geht weiter in den nächsten Raum. Zwar haben eure Feinde tatsächlich etwas Hirn im Kopf — sie heben beispielsweise bessere Waffen auf, wenn sie sie finden und suchen immer Deckung –, dennoch macht euch hauptsächlich die Masse zu schaffen. Zudem kennt ihr sowohl euer komplettes Waffenarsenal (klassisches Material von Pistole über Schrotflinte zu Maschinengewehr) als auch alle Feindtypen (nicht einmal ein Dutzend) schon früh im Spiel. Die Kämpfe gehen zwar gut von der Hand, echte Überraschungen bleiben aber aus.
In kurz: Ihr macht in den ersten fünf Minuten des Spiels exakt das gleiche wie in den letzten fünf. Nicht einmal die obligatorischen Rail-Shooter-Sequenzen gibt es, die zumindest etwas Abwechslung in den Spieleralltag bringen würden.

Auch die Levels an sich sind eher vernachlässigbar. Ja, ihr seid immer wieder woanders unterwegs (Warenlager, Villa, Steakhaus und derlei) und dürft auch mal an die frische Luft. Aber kein Level bleibt euch wirklich in Erinnerung. Die durchschnittliche Grafik tut ihr übriges. Simple Texturen dominieren das Bild, die Effekte sind mau (auch im Soundbereich) und die Charaktere zeugen genauso wenig von äußerst hoher Qualität. Oder besser ausgedrückt: Es sieht wesentlich älter aus, als es tatsächlich ist. Aber, und das muss man an dieser Stelle schon noch erwähnen, es ist nicht potthässlich und hält (zumindest mich) nicht vom Spielen ab.

Der Grund

Eat Lead: The Return of Matt Hazard HerstellerbildDer Titel ist also spielerisch und grafisch mau. Es ist entsprechend völlig verständlich, warum viele Magazine nur Wertungen im 40-50% Bereich gegeben haben. Aber auch in diesen Tests wurde das sehr positiv hervorhoben, was mir (und einigen anderen Testern) eine wesentlich höhere Wertung wert war: Die Geschichte, die dazugehörigen Charaktere — allen voran Matt Hazard, als der gealterte Superstar, der schon alles gesehen hat — und der fantastische Humor. Gut, Humor ist wie immer Geschmackssache und tatsächlich gibt es eine wichtige Einschränkung: Ihr solltet die wichtigsten Spiele oder zumindest Trends der letzten zwanzig Jahre kennen, dann habt ihr am meisten vom Eat Lead: The Return of Matt Hazard. Und ja, im englischen zünden ein paar Witze wesentlich besser.

Und ja, ich bin mir bewusst, dass ich mit dieser Aussage quasi direkt gegen meinen Bericht zu Metroid: Fusion laufe. Dort hatte ich ja gerade bemängelt, dass zu sehr vorausgesetzt wird, dass man die Vorgänger kennt. Aber bei einer Parodie lässt sich dieser Maßstab nun einmal nicht ansetzen. Dieses Genre kann nur so funktionieren, unabhängig vom Medium.

Lachkrampf!

Und die Parodie gelingt hier voll und ganz. Schon die Prämisse mit dem Spiel im Spiel ist so völlig absurd, dass man nur darüber nur schmunzeln kann. Und dann feuern die Entwickler auch noch einen Gag nach dem anderen ab. Es geht schon auf den Ladebildschirmen los, die so ganz und gar nicht hilfreiche Tipps liefern wie beispielsweise die zweite (englische) Definition eines Tipps (“(eng.) Trinkgeld für den Kellner”). Direkt im Tutorial lässt Matt dann die ersten Knaller los wie “Als hätte ich es in den sechs Jahren verlernt zu laufen”. Im weiteren Verlauf trefft ihr auf 2D-Sprites, die mit gebrochenem Deutsch sprechen. Tretet gegen einen Endgegner an, der verdächtig wie ein gewisser Hauptcharakter der Final Fantasy-Serie aussieht (inklusive Textboxen!) und helft einem Master Chef sich gegen außerirdische Besucher zur Wehr zu setzen. Und noch so vieles mehr, das ich gar nicht vorweg nehmen möchte.

Selbst die Achievements sind lustig gestaltet. Nicht nur gibt es jeweils einen dämlichen Kommentar dazu (“You’re not PAYING for ammo. Feel free to use more.” — wenn im zweiten Level die ersten Gegner alle mit einem Kopfschuss tötet), selbst die Konditionen für so manche Belohnung sind völlig absurd. So erhaltet ihr beispielsweise bereits nach dem Intro “It’s HAZARD TIME!”, dürft euch nach dem Tutorial über “Straight-A Student” (“It’s not like you could’ve skipped it anyway.”) freuen und erhaltet “Take 5”, wenn ihr das Spiel pausiert.

Bagdadsoftware meint: Ich habe mich in den rund 8 Stunden Spielzeit köstlich amüsiert. So viel habe ich selbst bei Duke Nukem Forever nicht gelacht, das ja auch viel auf Seitenhiebe auf die Konkurrenz gesetzt hat. Das hat mich das äußerst repetitive Gameplay quasi sofort vergessen lassen. Im Gegenteil könnte man sich sogar fragen, ob es nicht Teil der Parodie ist und absichtlich so gestaltet wurde. Aber ich glaube, dieser Illusion brauchen wir uns dann doch nicht hingeben. Es könnte spielerisch wie technisch so viel besser sein. Doch Eat Lead: The Return of Matt Hazard spielt man nicht wegen dem “anspruchsvollen und abwechslungsreichen” Kämpfen. Wer glaubt genug Spieleerfahrung zu haben, um alle Witze zu verstehen und darüber lachen zu können (es sind viele Kalauer dabei), der sollte sich den Titel unbedingt zulegen. Viel kosten tut er ja nicht mehr. Ich hätte im Nachhinein ohne mit der Wimper zu zucken auch den vollen Preis bezahlt.

Ich habe mich am Wochenende aber nicht nur mit Matt Hazard beschäftigt, sondern auch mal wieder einen halbwegs aktuellen Film geschaut. Nämlich den hier:

Real SteelReal Steel – Wir befinden uns in der nahen Zukunft. Der Boxsport, wie wir ihn heute kennen, ist praktisch ausgestorben. Den Zuschauern wurde es zu langweilig. Sie wollten härtere, brutalere und kompromisslosere Kämpfe. Das ließ sich mit gebrechlichen Mannen nicht mehr machen. Also werden nun Roboter in den Ring geschickt, die teilweise bis zum “Tod” aufeinander einprügeln. Sie besitzen zwar auch eine rudimentäre KI, werden aber dennoch noch von echten Menschen gesteuert.

Einer davon ist Charlie (Hugh Jackman), ein ehemaliger Boxer, der seine 15 Minuten im Rampenlicht schon länger hinter sich hat und nun mehr schlecht als recht von Event zu Event tingelt, um zu überleben. Dann stirbt jedoch seine Ex-Frau und er muss sich plötzlich um seinen Sohn Max kümmern. Der ist ganz angetan vom Roboterboxen, “findet” seinen eigenen und möchte unbedingt mit ihm antreten, obwohl Charlie natürlich überhaupt nicht davon begeistert ist. Den Rest der Geschichte könnt ihr euch vermutlich denken. Die typische Vater-und-Sohn-Sache, vermischt mit ein wenig Rocky.

Überzeugend

Real Steel PromobildDas, was Real Steel so sehenswert macht, ist entsprechend nicht die Geschichte an sich, sondern wie sie erzählt wird. Ja, Max ist das typische nervige Kind, das mir in jedem Film auf den Keks geht. Charlie der nichtsnutzige Loser, der nur kurzfristig denkt, Bailey Tallet, die verflossene Liebe, Tak Mashido und Farra Lemcova als das ultimative Böse und so weiter. Mit Ausnahme der Bösen (dort ist es Absicht und passt auch sehr gut), kommen sie aber nicht als die klischeeüberladenen Langweiler daher. Sie wirken stattdessen menschlich und ich entwickele schnell ein echtes Interesse daran mehr über sie zu erfahren. Ihr Schicksal macht mich betroffen und ich fiebere bei ihrem Weg von der Unterwelt ins Rampenlicht richtig mit. Auch weil der Mix aus ruhigen, emotionalen und actionreichen Momenten genau passt. Gerade wenn ich das Gefühl habe, jetzt wäre es endlich mal genug mit der Schnulze, geht es wieder rund.

Womit wir beim hauptsächlichen Zugpferd von Real Steel angekommen sind. Schon bei Rocky haben schließlich die sehr gut gemachten Kämpfe sehr viel zur Faszination beigetragen. Und auch bei Real Steel sind sie ein starkes Zugpferd. Robotern dabei zuzusehen wie sie sich die Köpfe einschlagen war schließlich schon beim Prügler One Must Fall 2097 cool.

Dass die Kämpfe so gut geworden sind, ist wohl vor allem Steven Spielberg als Executive Producer zu verdanken. Er pochte laut Making of darauf, dass wie damals bei Jurassic Park echte und lebensgroße Modelle gebaut werden und nicht komplett alles am Computer entsteht. Und diesen Unterschied merkt man einfach sowohl in, als auch außerhalb der Kämpfe bei der Interaktion mit den menschlichen Charakteren. Wobei die CGI-Effekte schon richtig, richtig gut sind. Ich kann beim besten Willen nicht sagen welche Abschnitte jetzt mit den echten Modellen gedreht wurden und welche nur am Computer entstanden sind. Da störe ich mich nicht an irgendwelchen schlechten Effekten, sondern kann die dramaturgisch gut gestalteten und sich realistisch anfühlenden Kämpfe einfach genießen und ihnen immer wieder entgegenfiebern.

Bagdadsoftware meint: Ich war sehr positiv von Real Steel überrascht und gebe gerne 4 von 5 Sics. Wer mich kennt, der weiß, dass ich kleine Kinder in meinen Filmen überhaupt nicht mag. Entsprechend hatte ich hauptsächlich wegen den Roboterkämpfen den Kauf gewagt (und vieler positiver Reviews im Vorfeld von meinen vertrauenswürdigen Kritikern). Doch der Film ist eben doch kein Kinder- oder Familienfilm, wo nur der Humor im Vordergrund steht. Er nimmt sich trotz seiner leichten Momente durch und durch ernst und entsprechend kommt auch Max nicht als die typische Piepsstimme rüber, die einem den ganzen Spaß verdirbt. Um es zusammenzufassen: Real Steel ist mehr ein Werk für Männer als für Frauen und eine klare Empfehlung meinerseits. Schon allein wegen den genialen Kämpfen.

Ich wünsche noch einen angenehmen Feiertag!

Sicarius

Pascham Hilarem!

Wie? Die Osternacht ist schon wieder rum? Da muss ich ja ab Dienstag schon wieder mit dem Kaufen der Weihnachtsgeschenke beginnen. Was für ein Stress immer, diese ganzen Feiertage. Sollte doch mal eine Bürgerinitiative zur Abschaffung dieser kirchliche motivierten Events starten. Kommt bestimmt gut an :smile: . Bis dahin:

Das Team von Bagdadsoftware wünscht allen Besuchern ein angenehmes Osterfest!

Ostern 2012


Wie ihr unschwer erkennen könnt, habe ich mich in diesem Jahr bereitwillig für den Ostergruß in Schale geworfen anstatt erneut Kessy zu malträtieren — und die ganze Sache auch gleich noch animiert, damit ihr noch mehr davon habt.

Die Idee stammt jedoch von Rondrer. Ich hatte ursprünglich nur diese vier Webcam-Bilder aus dem Jahre 2005 (damals war ich noch dünn…) auf meiner Festplatte entdeckt und gedacht: “Hey, das gäbe sicherlich eine nette Animation”. Gesagt, getan und im Anschluss an Rondrer geschickt und nebenbei erwähnt, dass ich eigentlich am Osterbild arbeite. Da meinte er: “Hasenohren auf’s Bild — Fertig”. Also flux Google angeworfen, einen Satz Ohren aus dem Wiki von Disney Club Penguin geborgt, mir auf den Kopf gesetzt und das Thema für erledigt erklärt.

PS: Der Titel bedeutet angeblich “Frohe Ostern!” auf Lateinisch. Aber ganz sicher ist sich da wohl keiner so richtig.

Kennt ihr schon Kickstarter? Nicht? Ihr lügt doch! Es gibt praktisch keine spielerelevante Seite, die nicht in den letzten Wochen über irgendein neues Kickstarter-Projekt berichtet hat. Und selbst die “normalen” Medien im In- und Ausland haben speziell über den riesigen Erfolg von Double Fine berichtet. Aber gut, damit ihr nicht dumm sterbt, hier eine kleiner Erklärung:

Bei Kickstarter geht es um das sogenannte Crowd funding. Jeder kann dort seine Projektidee einstellen (solange es den Richtlinien entspricht — Pr0n gibt es also leider nicht :smile:) und das Internet um Unterstützung bei der Umsetzung bitten. Wobei “Unterstützung” hier zwei Bedeutungen hat: Einmal sollt ihr dabei helfen das Projekt publik zu machen und zum anderen natürlich eure hart verdienten Euros in den Topf werfen. Je nachdem wie viel Geld ihr gebt, desto mehr erhaltet ihr auch dafür. Bei den ganzen Spiele-Projekte beispielsweise erhaltet ihr immer zumindest das Spiel. Der Begriff einer Spende ist deshalb falsch. Es ist mehr eine Vorbestelleraktion.

Erst wenn nach Ablauf der Zeit (meist 30-60 Tage) das vom Ersteller vorgebene Ziel erreicht ist, wird euch das Geld tatsächlich abgebucht. Circa zwei Wochen später hat es dann auch der Projektleiter auf seinem Konto (abzüglich einer Gebühr an Kickstarter und Amazon Payments) und fängt hoffentlich damit an das Produkt herzustellen und die Goodies auszuhändigen.

Das Risiko

“Hoffentlich” deshalb, weil natürlich auch schon unseriöse Elemente sich bei Kickstarter eingefunden haben. Nur weil das Double Fine Adventure plötzlich das ganze Internet in Aufruhr versetzt hat, heißt das ja nicht, dass es die Seite vorher noch nicht gab. Gegründet wurde sie sogar schon 2008. Bislang dominierten aber vor allem die Technik- und Kreativsparte (Musik, Bücher und andere Künste).

Kickstarter ScreenshotIch bin auch erst Mitte Januar zum ersten Mal Teil von Kickstarter geworden, als mein absolutes Lieblingswebcomic The Order of the Stick mich um mein Geld bat. Vorher hatte ich zwar hin und wieder die Seite besucht, aber mich nicht wirklich getraut etwas von meiner hartverdienten Kohle abzugeben. Das war mir einfach zu suspekt wildfremden Leuten etwas zu überweisen ohne eine echte Garantie zu haben tatsächlich eine Gegenleistung zu erhalten.

Und leider gibt es diese Projekte, bei denen man am Schluss sein Geld in den Sand gesetzt hat. Nicht unbedingt alle haben von Anfang an böse Absichten, aber viele überschätzen sich auch und dann werden die Termine verschoben oder man hört nie wieder von ihnen. Das Geld ist dann definitiv futsch. Kickstarter interessiert das derzeit leider überhaupt nicht. Bei The Order of the Stick hatte ich die Befürchtungen hingegen nicht und habe freudig gespendet. Und genau deshalb haben jetzt auch Tim Schafer, Brian Fargo, Al Lowe und seit heute Jordan Weismann so viel Erfolg mit der ganzen Sache. Sie füllen nicht nur eine Marktlücke, sie sind auch bekannte Leute und entsprechend vertraut man ihnen eher, dass sie nicht mit dem Geld davonrennen. Entsprechend bereitwilliger ist jeder etwas zu geben.

Die Stolperfallen

Aber Kickstarter ist nicht gleich Kickstarter. Egal wie bekannt der Name und wie genial die Idee ist – ein solches Projekt will durchdacht sein. Das haben beispielsweise Rusel DeMaria und Christian Allen zuletzt gemerkt.

Ersterer ist Autor des Buches “High Score: A Game History Book”. Ein fantastisches Werk vollgepackt mit sehr vielen interessanten Informationen über die Geschichte der Videospiele. Er wollte $25.000, um das Buch zu aktualisieren und wieder in den Handel zu bringen. Ein Projekt, das ich auf der Stelle unterstützt hätte. Das Problem? Nur 25 Leute hatten anfangs die Möglichkeit für ihr Geld auch tatsächlich am Ende das Buch zu erhalten. Stattdessen war der meiste Kram irgendwelche Essen mit bekannten Designern wie Will Wright oder John Romero. Keine Frage: Ich hätte auch gern mit so einem mich mal getroffen und unterhalten. Aber da die Reisekosten selbst getragen werden müssen, kam das nicht in Frage. Aber das Buch hätte ich schon gerne gehabt und das konnte ich nicht bekommen, was totaler Blödsinn ist. Zum Glück hat es DeMaria dann nach unzähligen Beschwerden der Leute auch eingesehen und gegen Ende das Buch doch noch mit reingestellt.

Bei Christian Allens Projekt Takedown war es aus meiner Sicht zu Beginn ähnlich. Zwar bekam man das Spiel als digitalen Download, aber ihr wisst ja: Ich will meine Box haben. Auch hier kam sie zum Glück später im Verlauf noch dazu. Dennoch sah es lange Zeit nicht so aus, als würde das Projekt überhaupt genug Kohle sammeln können. Das lag nicht an der Idee. Ich war hellauf begeistert davon zu hören, dass ein erfahrener Entwickler das Genre der taktischen Shooter wiederbeleben möchte. Auch ich warte seit Jahren auf ein richtiges, neues Rainbow Six und SWAT.

Der Gründe, warum ich und viele andere zögerten, waren der unprofessionellen Auftritt und den vornehmlich vagen Informationen zum Projekt. Es hieß anfangs sogar nur Hardcore Tactical Shooter. Erschwerend kam die Sache mit den Investoren hinzu. Sprich, die eigentliche Entwicklung würden andere bezahlen. Das Internet sollte quasi mit den $200.000 nur beweisen, dass Interesse an solch einem Spiel besteht. Alles etwas sehr suspekt. Aber Allen zeigte sich lernfähig, überarbeitete die ganze Sache und zur Belohnung schaffte er es knapp vor dem Zieleinlauf auch mich von einer Investition in sein Projekt zu überzeugen.

Das Vorbild

Aber nicht nur der Auftritt und die “Belohnungen” sind entscheidenden, sondern auch die Begleitung während und nach dem Kickstarter ist wichtig. Gibt viele Projekte, die werden einfach eingestellt und bis zum Ablauf hört und sieht man vom Leiter nichts mehr. Das motiviert auch nicht gerade zu einem Beitrag, da es den Eindruck erweckt, dass der Ersteller nur am Geld interessiert ist. Das absolute Vorbild ist in dieser Hinsicht ganz klar The Order of the Stick. Von dem Drive sollten sich alle zukünftigen Kickstarter definitiv eine Scheibe abschneiden. Es gab nicht nur einen Grund jeden Tag vorbeizuschauen, er hielt auch den Cashflow am Laufen, indem er trotz Erreichen des ursprünglichen Ziels neue Ziele vorgab und auch die Investoren dafür belohnte, dass sie ihm ihr Geld gaben. Für meine $150 erhalte ich einen weit höheren Gegenwert und habe gleichzeitig das Gefühl jemand unterstützt zu haben, der mein Geld und mein Vertrauen auch tatsächlich verdient hat. Schaut euch unbedingt das Projekt mal an und lest auch die bislang 33 Updates. Dann versteht ihr sicherlich, was ich meine. Die Videos beim Double Fine Kickstarter waren aber auch keine schlechte Sache.

Die Zukunft

Momentan ist vor allem die Spielesparte im Blickfeld der Aufmerksamkeit. Viele Veteranen kommen aus dem Nichts und versuchen ihre Traumprojekte an den Mann zu bringen — mit vollem Erfolg. Die Spieler sind gerne bereit Geld für etwas auszugeben, was ihnen auch tatsächlich gefällt beziehungsweise was sie glauben, dass ihnen gefallen wird. Ist ja nichts Neues. Gleichzeitig wird überall spekuliert, ob damit Publisher überflüssig werden. Aber das ist mehr als nur unwahrscheinlich. Zum einen reden wir hier von überschaubaren Projekten, die mit Kleingeld produziert werden. Zum anderen wird sehr schnell auch wieder Ernüchterung einsetzen wenn immer mehr Veteranen plötzlich versuchen so ans Geld zu kommen. Die ersten Seiten haben die Berichterstattung über Kickstarterprojekte beispielsweise schon wieder eingestellt. Und auch die Taschen der Spieler sind nicht unendlich tief. Lasst außerdem erst einmal mal das erste Projekt eines Veteranen so richtig in die Hose gehen. Das wird ein größerer Aufstand als die bekloppte Kontroverse über das Ende von Mass Effect 3! Die ganze Sache wird sich entsprechend zügig wieder auf ein gesundes Niveau einpendeln. Aber das ist nicht nur normal, sondern auch ganz gut so. Schon viel zu viel Geld dort gelassen in den letzten drei Monaten (acht Projekte bislang unterstützt) :smile: .

Jetzt habe ich drei Seiten lang im Prinzip noch einmal das geschrieben, was mittlerweile auch viele andere Magazine berichtet haben. Bin einfach zur spät zur Journalisten-Party gekommen :smile: . Aber ich musste es trotzdem unbedingt noch loswerden. Wollte schon während der Kur eigentlich einen Eintrag dazu machen.

Zum Abschluss noch die Frage an euch: Auch schon ein Kickstarter-Projekt unterstützt? Wenn ja: Welches? Wenn nein: Warum nicht?

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