Lysanda und ihre lahmen Frauenbücher…nene, sowas würde ich nie konsumieren. Bei mir stehen selbstverständlich nur Werke von und für echte Männer im Regal *stellt sich dezent vor seine Comic-Sammlung und die Avalon-Bücher von Marion Zimmer Bradley*. Und eins davon habe ich frisch gelesen:
Game Engine Black Book: Wolfenstein 3D v2.1 (2019, Englisch) – Fabien Sanglard, geboren in Frankreich und mittlerweile bei Google beschäftigt, veröffentlicht auf seiner Webseite seit mittlerweile über 11 Jahren Code Reviews – nicht nur aber vor allem zu den Werken von id Software, da der Source Code dank John Carmarcks Hacker-Ethik schon seit Jahren frei verfügbar ist.
In seinen Code Reviews analysiert er – nun, den Code der die Spiele antreibt und erläutert wie die Programmierer die Action auf den Bildschirm gebracht haben. Im Falle von Wolfenstein 3D hieß das z.B. einen 386 mit DOS mit all den dazugehörigen Limitationen (z.B. nur 640KB konventionellem RAM) dazu zu bringen eine perspektivisch halbwegs korrekte 3D-Welt per Raycasting (wesentlich simpler als Raytracing) zu erzeugen, die am Ende nicht nur mit einstelligen Frames pro Sekunde dargestellt wird. Die älteren unter uns erinnern sich sicherlich noch gut an die Zeiten in denen wir uns mit CONFIG.SYS, AUTOEXEC.BAT, HIMEM.SYS (XMS) und EMM386.EXE (EMS) rumschlagen mussten, um Spiele wie Wing Commander: Privateer oder eben auch Wolfenstein 3D zum Laufen zu bringen.
Das Buch
2017 hat Fabien dann aus seiner Analyse des Source Codes von Wolfenstein 3D ein 315 Seiten langes Buch gebastelt. Darin enthalten ist nicht nur besagte Analyse, in der er anhand vieler Diagramme, Formeln, Ablaufzeichnungen, Screenshots aus einer modifizierten Wolf3D-Engine und Beispiele aus dem Code (in Assembler und Borland C geschrieben) genau erläutert wie alles funktioniert vom Startbildschirm bis zum Soundoutput. Sie kommt erst in Kapitel 4. In Kapitel 2 geht es stattdessen erst einmal darum überhaupt zu verstehen, wie die damalige Situation war. Sprich eine detaillierte Erklärung wie so ein 386 in Sachen CPU, RAM, VGA, Sound, etc. eigentlich funktioniert. Anschließend erfährt der Leser in Kapitel 3 mit welchen Tools id Software Wolfenstein 3D entwickelt hat und welche Dateien überhaupt Teil des Source Codes sind. Er schafft quasi eine Basis, um das Verständnis des Hauptteils des Buchs – das Code Review – zu verbessern.
Verteilt durch das ganze Buch sind Zitate nicht nur aber vor allem von John Carmack. In ihnen wird passend zum aktuellen Abschnitt entweder eine Anekdote zum Besten gegeben oder eine Begründung, warum die beschriebene Funktion so ist wie sie ist.
Beim Christoph meint: Sagen wir wie es ist: Ich habe von Software-Programmierung nur eine absolut rudimentäre Ahnung. Vor Jahrzehnten mal ein bisschen in QBasic rumgemacht und dann in der Berufsschule (auch schon wieder 18 Jahre her) nicht sehr viel mehr mit Microsoft Visual Basic 6.0. Während ich mir also die Funktion der Codeschnipsel mit Borland C zumindest noch grob zusammenreimen kann, verstehe ich die Auszüge in Assemblersprache überhaupt nicht. Das ist nur ein Wust aus wenigen Buchstaben (“asm mov cl,bl; asm rep stosw; asm add di,dx; asm dex bh; asm jnz toploop” Wad?!). Zu behaupten, dass ich das ganze Buch bis ins letzte Detail verstanden habe wäre also eine dreiste Lüge.
Und doch fand ich es extrem interessant zu lesen. So war ich zwar im Detail überfordert (der Abschnitt über Raycasting war echt hefitg für mich als Mathe-N00b) aber es ist aus meiner Sicht trotzdem kein Hardcore-Programmierbuch. Stattdessen schafft es Fabien die meiste Zeit die wichtigsten Informationen auch für nur zumindest Computer-affine verständlich und anschaulich rüber zu bringen. So weiß ich z.B. endlich, was XMS und EMS überhaupt bedeuten oder was eigentlich bei der Kalibrierung eines Joysticks passiert. Und natürlich ist es krass zu erfahren mit welchen Krücken, Tricks und genialen Ideen nicht nur id Software damals arbeiten musste, um selbst einen einzigen Pixel auf den Bildschirm zu bringen.
Das Alles hat natürlich für mich keinerlei praktischen Nutzen aber hey: Cool zu wissen ist es trotzdem. Wer also grundsätzlich an so etwas interessiert ist: Unbedingt reinschauen. Netterweise (die ausgedruckte Variante ist mit knapp 50 Euro nicht ganz billig) gibt es beide Game Engine Black Books (das zweite ist zu DOOM) auf seiner Homepage kostenlos zum Download. Die Einstiegshürde ist also sehr gering.
Letzte Woche kamen aber nicht nur die Game Engine Black Book-Bücher rein – auch eine IndieGoGo-Kampagne wurde endlich erfolgreich abgeschlossen:
What We Left Behind: Looking Back at Star Trek: Deep Space Nine (2019, EV) – Es ist schade aber Star Trek: Deep Space Nine hat irgendwie bis heute nicht die Anerkennung ähnlich wie Star Trek: The Original Series oder Star Trek: The Next Generation erhalten. Kein Wunder, dass wir nie einen Kinofilm bekommen haben. Konnte man auch daran sehen, dass die Lizenzinhaber zum 25. Jubiläum im vergangenen Jahr exakt gar nichts gemacht haben (soweit ich das mitbekommen habe). Immerhin gab es sieben Staffeln und ein zufriedenstellendes Finale. Vermutlich würde die Serie heute direkt nach der ersten Staffel abgesetzt werden…
Naja, egal. Ich fand und finde, dass Star Trek: Deep Space Nine eine fantastische Serie ist und sinnvoll das Star Trek-Universum über die fast schon langweilig blankgeputzte Föderation hinaus erweitert hat. Entsprechend habe ich (und 9.256 andere) nicht lange überlegt als Ira Steven Behr (einer der bekanntesten Showrunner von DS9) 2017 Geld für eine Dokumentation anlässlich zum 25. Geburtstag gesammelt hat. Und mit einem Jahr Verspätung ist sie nun zumindest in den Händen der Unterstützer.
Der Inhalt
Legen wir gleich mal die harten Fakten auf den Tisch: Auf der “Haben”-Seite stehen als aller erstes 20 Minuten Star Trek: Deep Space Nine in HD. Anders als TOS und TNG, nutzte DS9 bereits sehr intensiv CGI, weshalb die Serie genauso wie Star Trek: Voyager bis heute nicht das HD-“Treatment” erhalten hat. Es ist Paramount schlicht zu teuer und zu aufwendig. Das letzte Stretch Goal der Crowdfunding-Kamapgne war aber genau das: Ein HD-Remaster der in der Dokumentation verwendeten Szenen inkl. der dafür notwendigen Überarbeitung der Original-CGI-Assets (darunter natürlich die Defiant). So gut sah DS9 noch nie aus.
Zweiter Punkt auf der Haben-Seite: Ein Teil der Dokumentation besteht aus Aufnahmen aus dem “Writers Room”. Ira Steven Behr hat einen Teil der Originalautoren der Serie für einen Tag in einen Raum gesperrt und sie damit beauftragt die erste Folge für die – leider nur fiktive – achte Staffel zu schreiben. Das Ergebnis bekommt der Zuschauer in animierter Form zu sehen aber natürlich stark zusammengekürzt. Es ist also leider nicht als Bonus eine 45 Minuten lange Folge enthalten. Auch deshalb nicht, weil die Schreiberlinge natürlich in nur einem Tag nicht komplett fertig wurden.
Und der dritte große Pluspunkt? Natürlich das Herz der Dokumentation: Die zahlreichen Interviews mit den Schauspielern und der Crew, die fleißig Geschichten und Anekdoten zur Serie von sich geben. Dass da viele Emotionen hochkommen, dürfte klar sein . Allerdings hat die Sache zwei Haken:
Das Negative
Avery Brooks, Captain Benjamin Sisko himself, hat am Projekt nicht teilgenommen. Von ihm gibt es entsprechend nur Ausschnitte aus ganz alten Interviews zu sehen. Immerhin wird dieser Umstand dem Zuschauer nicht verheimlicht. Im Gegenteil ist die Dokumentation nicht nur hier sehr offen und ehrlich. Auch die Gestaltung der Interviews ist nicht so stringent, wie man es sonst gewohnt ist. Stattdessen bekommt man wirklich das Gefühl, dass es einfach nur ein Gespräch unter Freunden über vergangene Zeiten ist mit entsprechenden Unterbrechungen und Themenwechseln. Schon allein deshalb ist sie um längen besser und informativer als alles was auf dem DVD-Release enthalten ist.
Noch schlimmer als das Fehlen von Avery Brooks ist aber ganz klar, dass die Dokumentation nur 116 Minuten lang ist. Ursprünglich waren sogar nur 60 Minuten geplant. Zum Glück ist daraus nichts geworden. Für eine Serie, die sowohl von offizieller als auch von Seiten der Fans keine wirklich große Beachtung erhalten hat, sind selbst knapp zwei Stunden schlichtweg zu wenig. So viel bleibt unausgesprochen, viel zu wenig beleuchtet und zu sehr wünschte ich mir am Ende, dass es nicht schon vorbei wäre. Ich hoffe entsprechend, dass da in den Bonus Features noch so einiges schlummert.
Beim Christoph meint: Speziell Azzkickr und Maverick haben hiermit den Befehl sich die Dokumentation anzuschauen, sobald sie auch für Normalsterbliche außerhalb von Amerika verfügbar ist. An eine deutsche Synchronisation glaube ich zwar nicht, aber deutsche Untertitel gibt es jetzt schon. Von mir aus können wir mit meiner Blu-ray einen Filmabend machen oder so . Aber das Werk ist ein absolutes Must-See für Fans und bekommt von mir gnadenlose . Zu 90% ,weil es mir beim Anschauen warm ums Herz wurde und zu 10%, weil es eine gut gemachte Dokumentation ist, die Star Trek: Deep Space Nine gebührend feiert. Mehr gibt es dazu aus meiner Sicht nicht zu sagen. Höchstens, dass ich jetzt unglaubliche Lust habe mal wieder Star Trek: Deep Space Nine von Anfang an zu schauen. Wird langsam Zeit, dass ich meinen Star-Trek-Marathon mit Lysanda beginne (sie kennt nur ein paar einzelne Folgen hauptsächlich von Star Trek: Voyager).