Das offizielle Logo von PsychOdyssey

Interessiert ihr euch für die Entwicklung von Spielen? Und ihr habt ca. 20 Stunden Zeit? Dann zieht euch unbedingt Double Fine PsychOdyssey rein, die neue Dokumentation von 2 Player Productions. Wie schon damals bei Double Fine Adventure (auch ein Pflichtkonsum!), haben sie wieder ihr Unwesen bei Double Fine Productions getrieben und einer von ihnen währenddessen sogar die Seiten gewechselt. Dieses Mal haben sie die komplette Entwicklung von Psychonauts 2 begleitet – von der ersten Konzeption 2015 bis zur Veröffentlichung 2021.

Über 32 Folgen hinweg bekommt ihr einen ungeschminkten Einblick hinter die Kulissen. Ihr seht alle Höhen und Tiefen, die das Spiel und die Leute dahinter durchlaufen haben. Am Ende bleibt ihr verwundert zurück, wie trotz all dem Chaos ein so gutes Spiel rauskommen konnte. Allein wie viel Glück das Studio in Bezug auf die Länge der Entwicklung hatte ist der Wahnsinn. Selbst Corona war ein absoluter Segen für Psychonauts 2, weil sie trotz aller damit verbundenen Widrigkeiten so noch mehr Zeit bis zum Release bekamen. Wäre es wie geplant 2019 veröffentlicht worden – alter Schwede, das wäre ein Desaster gewesen. Gleichzeitig haben sie über die Jahre nicht nur aufgrund von absolutem Missmanagement (anders kann man es nicht nennen) haufenweise Talent verloren – teilweise Leute, die seit der ersten Stunde des Studios dabei gewesen waren -, sondern viele Levels oft mehrfach komplett über den Haufen werfen und neu anfangen müssen. Nach dem Schauen der Dokumentation verstehe ich definitiv wie mein Kritikpunkt, “nicht so schräg wie Teil 1”, zustande gekommen ist. Sie hatten faktisch gar keine Zeit zu extrem von der Norm abzuweichen. Sie waren froh überhaupt was spielbares zu haben, das wie Psychonauts aussieht und sich so spielt. Echt krass.

Mein einziger Kritikpunkt an der Dokumentation ist, dass es am Ende zu schnell geht. Die finalen Monate der Entwicklung (2020 und 2021) werden – vermutlich wegen Corona – ziemlich schnell abgehandelt. Außerdem vermisse ich eine Folge zu den Nachwehen. Es endet stattdessen mit der Releaseparty. Aber das sind wirklich nur Kleinigkeiten. Ansonsten ist Double Fine PsychOdyssey ein absoluter Knaller und es gibt bislang nichts Vergleichbares. Unbedingt anschauen! Ich hoffe derweil inständig, dass Microsoft als neuer Besitzer der Sache keinen Riegel vorschiebt und wir auch beim nächsten Tim Schafer-Titel wieder in den Genuss solcher Aufnahmen kommen.

Steam Deck (Herstellerbild)

Anfang des Jahres habe ich mich endlich selbst davon überzeugt, dass ein Steam Deck doch eine gute Anschaffung wäre. Gedanken darüber habe ich mir mindestens seit Herbst 2022 gemacht, es aber immer wieder vor mir her geschoben, da ich es ja doch nicht “unbedingt” brauche. Dass ich mich gerade zum neuen Jahr dafür entschieden habe war vom Timing her allerdings eher suboptimal, da ich das Gerät gerade über Weihnachten sehr gut gebrauchen hätte können.

Mehr PC als Konsole?

Es ist kein Geheimnis, dass die heutigen Konsolen mehr PC sind als jemals zuvor. Sowohl die PlayStation 5 als auch die Xbox Series X/S nutzen einen System-on-Chip (SoC) von AMD. Dieser verbindet die Zen 2-CPU-Kerne mit den RDNA2-GPU-Control-Units. Und das Steam Deck ist da keine Ausnahme. Es nutzt genau einen solchen SoC und damit Hardware, die die gleiche Architektur nutzt wie Ryzen 3000 CPUs und Radeon RX 6000 GPUs. Warum ich so einen Fokus auf die Hardwarearchitektur lege? Das wird in einem anderen Eintrag noch relevant. Bei PlayStation und Xbox ist das für Entwickler zwar eine nette Sache, für den Kunden spielt das aber keine große Rolle, denn Software-seitig ist er sowieso komplett dem ausgeliefert, was Sony und Microsoft bereitstellen. Das ist beim Steam Deck anders: SteamOS ist ein auf Arch Linux basierendes Betriebssystem. Und während die Standard-Oberfläche ziemlich genau das ist, was man bei einer Konsole erwarten würde (simple Menüs/Kacheln, alles wunderbar mit Controller steuerbar), kann man jederzeit in den Desktop Modus wechseln und dort ein ganz normales Linux System nutzen. Man kann installieren was man will, einen ganz normalen Desktop-Browser nutzen (mit Addons und allem was dazu gehört), per SSH sein NAS administrieren etc. Und wenn einem das noch nicht reicht, kann man auch einfach Windows oder eine anderen Linux-Distribution installieren. Letzteres würde ich aber nicht empfehlen, denn SteamOS ist für seinen Einsatzzweck schon wirklich super. Das ist es, was das Steam Deck für mich so spannend macht und warum ich es gekauft habe: Den Spagat, den Valve hier geht, zwischen Plug’n’Play-Convenience und der Freiheit tun zu können was ich will. Und das möchte ich nochmal betonen: Ihr müsst nicht frickeln, wenn ihr das nicht wollt! Ihr packt das Gerät aus, schaltet es ein, trefft ein paar Einstellungen (Sprache, Zeitzone etc.), loggt euch in euren Steam Account ein und habt direkt Zugriff auf eure ganze Bibliothek. Noch schnell eins der unterstützten Spiele runterladen und schon könnt ihr loszocken.

Steuerung

Das Steam Deck bietet bei der Steuerung zunächst alles was man von modernen Controllern gewöhnt ist: Zwei Sticks, ein Steuerkreuz, vier Buttons (im Layout A, B, X, Y) und auf jeder Seite zwei Schultertasten – eine davon in Form eines analogen Triggers. Ebenfalls auf der Rückseite: Vier weitere Buttons, die man mit Ring und kleinem Finger bedienen kann. Außerdem zwei Touchpads auf der Vorderseite und einen Gyro-Sensor. Und der Bildschirm ist ein Touchscreen, was aber meiner Einschätzung nach eher für den Desktop-Modus relevant als fürs zocken. Dort kommen auch die Touchpads hauptsächlich zum Einsatz. Mit diesen lässt sich dort die Maus bewegen. Dasselbe gilt in Spielen, die keinen Controllersupport bieten. Bei all den verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten macht es Sinn als eines der ersten Spiele auf dem Steam Deck das kostenlose Aperture Desk Job zu installieren. Ein witziges kleines Spiel angesiedelt im Portal-Universum, welches speziell dafür entwickelt wurde den Nutzer mit der Steam-Deck-Hardware vertraut zu machen. Das ist wahrscheinlich auch so ziemlich das erste und letzte Mal, dass ich wirklich Gebrauch von der Gyro-Steuerung gemacht habe. Ebenso von den Buttons auf der Rückseite und evtl. sogar den Touchpads. Bei allen Spielen, die Controllersupport bieten, kommen sie nämlich nicht zum Einsatz.

Spiele

Aperture Desk Job (Herstellerbild)

Dass Spiele nicht speziell für das Steam Deck entwickelt werden müssen ist Segen und Fluch zugleich. Zum einen steht mir damit theoretisch meine komplette Steam-Bibliothek zur Verfügung. Praktisch ist dies nicht der Fall, da nicht alle Spiele mit dem Steam Deck überhaupt kompatibel sind. Es funktionieren jedoch nicht nur die Spiele, die eine native Linux Version bereitstellen. SteamOS kommt gleichzeitig mit der Windows-Kompatibilitätsschicht Proton daher, die Linux-Gamern schon seit 2018 das Leben erleichtert. Und das funktioniert oft erstaunlich gut. So gut sogar, dass es Spiele gibt, bei denen geraten wird nicht die native Linux-Version zu nehmen, sondern die Windows-Version zu starten, da diese besser und performanter läuft. Leider ist es schwierig vorherzusagen bei welchen Spielen das gut funktioniert und bei welchen nicht. Deshalb führt Valve eine kuratierte Kompatibilitätsliste, die einem für jeden Titel sagt ob er gut laufen wird oder nicht. Bei Titeln, die nicht out-of-the-box laufen können andere Steam-Deck-Nutzer zudem Tipps hinterlassen mit welchen Einstellungen es dann doch funktioniert (z.B. welche Proton-Version ihr nehmen solltet). Da die komplette Steam-Bibliothek gigantisch ist, kann es natürlich dauern bis alle Titel getestet und die richtigen Einstellungen hinterlegt wurden. So wollte ich Divinity: Original Sin – Enhanced Edition auf dem Steam Deck spielen, jedoch sagte der Kompatibilitätscheck es wäre inkompatibel. Ich habe es trotzdem gestartet und es hat einfach so wunderbar funktioniert. Hat sogar eine richtig gute Controller-Unterstützung. In der Zwischenzeit ist es sogar offiziell ein von Valve verifiziertes Spiel für das Steam Deck. Hier passiert also eine Menge.

Zusätzlich gibt es in der Bibliotheksansicht auch einen Reiter “Great on Steam Deck“. Dort findet ihr eine Auswahl der Spiele aus der eigenen Bibliothek, die besonders gut für das Steam Deck geeignet sind. Und wem das immer noch nicht reicht, der streamt per Steam Play jedes Spiel von seinem Desktop-PC im gleichen (W)LAN auf das Steam Deck. Bringt natürlich nichts, wenn ihr unterwegs seid.

Aber wie sieht es bei Spielen aus, die nicht auf Steam sind? Da wird die Sache durchaus schwieriger. Es ist zwar theoretisch möglich z.B. den Blizzard Launcher zu installieren und beispielsweise Diablo 3 zu zocken. Da muss man dann aber doch wieder manuell rumfrickeln. Und in diesem speziellen Fall habt ihr anschließend noch das Problem, dass Blizzard leider die Gamepad-Steuerung aus der Konsolen-Version nicht in die PC-Version zurück portiert hat – was ich sehr schade finde. Das jedoch nur am Rande. Das hat nichts mit der Steam-Deck-Kompatiblität zu tun. Es gibt auch Bestrebungen von Fans Launcher zu basteln, die zu Epic und EA kompatibel sind. Wie erfolgreich das bisher ist, kann ich (noch) nicht sagen. Tim Sweeney hat auf jeden Fall schon mal rausposaunt, dass Fortnite niemals auf dem Steam Deck laufen wird. Wohl hauptsächlich aufgrund der eingesetzten Anti-Cheat-Lösung Easy Anti-Cheat. Bei anderen Spielen zieht er die Grenze hingegen nicht so streng. Man darf also gespannt sein, was da in Zukunft noch passiert.

Nostalgie-Deck

Emu Deck (Herstellerbild)

Einen Aspekt, von dem ich vor dem Kauf überhaupt noch nichts wusste, der aber bei mir zur Zeit die meiste Spielzeit auf dem Deck in Anspruch genommen hat: Emulatoren. Das Steam Deck ist hervorragend für das emulieren von alten Spielen geeignet. Und auch hier geht alles Plug’n’Play-mäßig ohne, dass man sich in die Materie vertiefen müsste. Natürlich in diesem Fall nicht dank Valve, sondern dank engagierter Fans. Und zwar gibt es die Software Emu Deck. Die lässt sich sehr einfach installieren und stellt Dutzende von Emulatoren zur Verfügung, die zudem direkt optimal für das Steam Deck konfiguriert sind. Von euch wird nur noch das jeweilige Spiel benötigt und es kann losgehen. Auch hier integriert sich alles wunderbar in die Oberfläche und die Spiele tauchen in der eigenen Bibliothek auf, so wie jedes andere Steam-Game. Absolut grandios!

Fazit

Valve hat hier einen absoluten Knaller abgeliefert, ich mag dieses Gerät sehr. Und das obwohl ich bisher gar nicht so viel darauf gezockt habe (ein bisschen Brotato, Vampire Survivors, wie erwähnt Divinity: Original Sin – Enhanced Edition und eben einige Konsolenklassiker). Super anspruchsvolle, grafiklastige Titel waren nicht dabei, daher kann ich zur Leistung nicht viel sagen. Aber das ist auch nicht mein Anspruch. Ich muss darauf nicht das neuste Call of Duty zocken.

Insgesamt bin ich also bislang sehr glücklich mit dem Steam Deck. Ich muss jedoch einschränken, dass ich es bisher noch nicht so viel benutzt habe, um wirklich ein endgültiges Fazit ziehen zu können. Und das ist auch der Hauptgrund warum ich mit dem Kauf gezögert habe: Solange ich in den eigenen vier Wänden bin habe ich keinen großen Nutzen dafür. Ich bin niemand der lange auf dem Klo sitzt (Anm. d. Red.: Sowieso nicht gesund) und dabei zockt. Im Bett zocken ist ebenfalls nicht so meins. Wenn ich da was mache außer schlafen, dann lese ich lieber. Aber ich hoffe das ich irgendwann mal wieder öfter unterwegs bin und da wird es sich (hoffentlich) auszahlen.

So weit also mein Ersteindruck zum Steam Deck. Ich habe jedoch noch ein viel größeres Hardwarekaufprojekt am Laufen: Einen neuen Haupt-PC. Dazu dann in einem kommenden Eintrag mehr.

Sicarius

Tagebuch eines Hausherrn #48

Hier war er noch mitten bei der Arbeit

Samstagnachmittag um 17 Uhr (ungewöhnliche Uhrzeit) flatterte eine E-Mail herein, mit der ich nicht mehr so wirklich gerechnet hatte: Es war die Handwerkerrechnung zu den Maler- und Verputzerarbeiten, die wir vor fast einem Jahr hatten durchführen lassen. Anfang Mai war die Aktion abgeschlossen und seitdem Funkstille. Gut, ich hätte sicherlich mal nachfragen können aber wer rennt schon freiwillig einer Rechnung mit einem hohen, vierstelligen Betrag hinterher? Eben. Der Meister hat die (selbst verursachte) Verspätung offensichtlich ebenfalls mit Humor genommen, denn seine Nachricht beginnt mit “Es kommt was kommen musste…” :smile: .

Ich werde sie freilich heute im Laufe des Tages bezahlen. Sie haben sehr gute Arbeit geleistet und der Inhalt der Rechnung passt. Aber ich habe mir dennoch in den letzten Monaten mal die Frage gestellt, ob sowas eigentlich verjährt. Die Antwort darauf ist ein “Nein” – allerdings mit einem Sternchen dran. Eine Verjährungsmöglichkeit gibt es nur auf die Rechnung selbst. Der Anspruch darauf eine Rechnung stellen zu dürfen jedoch nicht. Selbst wenn ihr also mit 90 auf dem Totenbett liegt kann theoretisch noch jemand aus der dunklen Ecke springen und von euch das Geld für etwas verlangen, was ihr mit 20 eingekauft habt. Und ich vermute stark, dass dieser Anspruch dann sogar auf die Erben übergehen würde. Wie realistisch so ein Szenario ist, sei mal dahin gestellt. Schon allein wegen den Aufbewahrungsfristen von max. zehn Jahren. Zumindest würde ich mich schon fragen wie eine Firma überlebt, die über Jahre hinweg ihre Forderungen nicht eintreibt. Aber gut zu wissen.

Der Handwerkerfall

Basierend auf § 195 BGB verjährt ein Anspruch nach drei Jahren. Wie es so oft im Recht ist, wird dabei auf das ganze Jahr geschaut. Da also die Rechnung in unserem Fall im Februar 2023 gestellt wurde, würde die Verjährung am 01.01.2026 eintreten, da die Frist erst am 31.12.2023 überhaupt beginnt. Allerdings gibt es bei sogenannten Werkverträgen (wozu eine Handwerkerleistung zählt) eine Ausnahme gemäß § 641 BGB d.h. die Verjährungsfrist startet bereits mit der Abnahme der Arbeiten. In unserem Beispiel entsprechend am 31.12.2022.

Also obwohl wir noch gar keine Rechnung hatten, war die dreijährige Verjährungsfrist bereits angelaufen, weil ich dem Handwerker gegenüber Anfang Mai die Arbeiten mündlich abgenommen hatte. Wobei ihr die Abnahme der Leistung nicht zwingend auf irgendeine Art und Weise bestätigen müsst. Es gibt auch den Fall der stillschweigenden Abnahme (Billigung). Sprich, wenn ihr euch lange genug nicht beschwert und grundsätzlich die Leistung gemäß Vertrag erbracht wurde, dann seid ihr offensichtlich mit der Arbeit zufrieden gewesen. Aber hier gibt es ebenfalls das ein oder andere Sternchen z.B., wenn die erbrachte Leistung wirklich unter aller Sau war. Das würde an dieser Stelle jedoch nicht nur zu weit führen – ich bin zudem bekanntlich kein Anwalt. Aber ihr seht: Ein weiterer Grund sich nicht unbedingt voreilig um eine Rechnung zu bemühen :smile: . Das bedeutet im Umkehrschluss ebenfalls, dass die Verjährungsfrist nicht beginnt, wenn es Mängel gibt. Da befinden wir uns dann im § 634 BGB und dem Mangelrecht, bei dem ganz andere Rechte, Pflichten und Fristen gelten. Ich hoffe mal nicht, dass ich mich jemals damit auseinander setzen muss.

Das Ärgerliche

Mit einer Schicht Putz sah der Kellerflur schon viel besser aus.

Einen Nachteil hat es aber dann doch, dass die Rechnung erst jetzt gekommen ist: § 35a EStG. Der regelt, dass ihr Handwerkerleistungen bei der Einkommenssteuer ansetzen könnt. Die sind gedeckelt auf 6.000€ pro Jahr und angerechnet bekommt ihr auch nur 20% also maximal 1.200€. Leider zählt gemäß Absatz 5 nicht das Jahr der Erbringung, sondern das in dem ihr die Leistung bezahlt habt. Wir können also die Rechnung nicht mehr – wie ursprünglich geplant – für die Steuerklärung 2022 nutzen, sondern erst für 2023.

Das ist zum einen für die Steuererklärung 2022 doof, da wir nun “nichts” zum absetzen haben. Und zum anderen sind wir für 2023 bereits ziemlich am Limit der maximal möglichen 6.000€ (zur Erinnerung: es zählen nur die Arbeitsstunden, nicht z.B. das Material). Steuerlich macht es entsprechend für uns jetzt keinen Sinn mehr dieses Jahr noch irgendetwas machen zu lassen. Warten wir halt noch ein weiteres Jahr auf den Einbau des Kellerbads *enttäuschtes Stöhnen*. Was tut man nicht alles, nur um dem Staat ein paar Euros abzuluchsen… :tongue:

Jetzt fragt sich vielleicht der ein oder andere, ob sich daraus ein Anspruch gegenüber dem Handwerker ergibt. Und ja, es gibt tatsächlich ein Urteil in dieser Hinsicht vom Amtsgericht Limburg. Leider scheint der Urteilstext nicht im Internet zur Verfügung zu stehen (Aktenzeichen 4 C 1332/16 (17)). Aber gemäß z.B. diesem Zeitungsbericht war genau so eine späte Rechnungsstellung über den Jahreswechsel hinweg das Thema. Und der Kunde bekam tatsächlich Recht. Die Ansicht des Gerichts war, dass sich aus UStG §14 Absatz 2 eine Rechnungsstellungsfrist von sechs Monaten ergibt. Diese war im behandelten Fall bereits überschritten. Theoretisch bei uns auch (Abnahme Mai 2022, Rechnung Februar 2023). Aber es ist bislang das einzige Urteil dieser Art und wohl selbst bei Rechtsanwälten umstritten. Insofern haben wir jetzt keine Bestrebungen uns jetzt mit unserem lokalen Handwerksbetrieb anzulegen.

Mahnverfahren

Jetzt ist die Rechnung da und wir müssen sie bezahlen. Aber könnten wir die Zahlung noch bis Januar 2024 hinauszögern, um doch noch 2023 das Kellerbad machen zu lassen und die Malerarbeiten dann erst für 2024 anzusetzen? Theoretisch ja, aber realistischerweise würde irgendwann die Firma ein Mahnverfahren starten mit entsprechenden Gebühren und Verzugszinsen. Gerne hört man dahingehend ja, dass die 1. Mahnung kostenlos ist. Man die also getrost abwarten kann. Tatsächlich ist das jedoch keine allgemeingültige Regel, sondern hängt davon ab was in der Rechnung und/oder dem Vertrag steht.

War alles schön vorbildlich abgeklebt

Um Gebühren und Verzugszinsen verlangen zu können muss euer Gegenüber euch nämlich erst mit einer angemessenen Frist in Verzug setzen. Daher kommt, dass oft die 1. Mahnung kostenlos ist, weil euch häufig erst damit eine entsprechende Frist gesetzt wird und ihr vorher nicht in Verzug geratet. Dem kann der Zahlungsempfänger allerdings entgegenwirken, indem er euch bereits in der Rechnung oder dem Vertrag eine entsprechende Frist setzt. Wenn dort z.B. “zahlbar in 14 Tagen” oder “zahlbar bis 28.2.23” steht, dann seid ihr bereits nach dieser gesetzten Frist automatisch in Verzug und die 1. Mahnung (muss) nicht mehr kostenlos (sein). Das gilt auch bei Formulierungen wie “Nach 30 Tagen tritt Verzug ein”. Hier bezieht sich der Rechnungssteller dann auf $ 286 Absatz 3 BGB. Wichtig: Für Leistungen zwischen Unternehmen trifft das nicht zu. Da gelten die 30 Tage selbst ohne entsprechenden Hinweis.

Wie hoch die Mahngebühr sein darf, ist jedoch nicht festgelegt. Es gibt nur ein paar Gerichtsurteile, die darauf hindeuten, dass es maximal 2-3€ sein sollten. Die Höhe der Verzugszinsen regelt hingegen $ 288 BGB. Aber logischerweise am besten gar nicht erst so weit kommen lassen. Das kostet nur Zeit, Geld und Nerven.

Meine Quellen

Neben den eigentlichen Gesetzestexten sind für mich gute Ressourcen rund um solche Themen die Seiten der Schuldnerberatung sowie handwerk.com. Letztere richtet sich eigentlich an Gewerbetreibende. Aber auch als Verbraucher macht es natürlich Sinn die Waffen der Gegenseite zu kennen. Die Texte der Zeitschrift Finanztip kann ich grundsätzlich ebenfalls empfehlen. Mir geht nur ihr Chefredakteur, Hermann-Josef Tenhagen, aufgrund seiner medialen Dauerpräsenz (schreibt Kolumnen für viele Zeitschriften und ist oft als Experte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen) etwas auf den Geist :smile: .

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