Sicarius

Die Ländersperre – Brüste ade

Through the Darkest of Times (Herstellerbild)

*schaut sich um* Mmmhh… die Welt existiert immer noch. Selbst fünf Jahre nachdem die USK die “Sozialadäquanz“-Klausel eingeführt hat. Dabei haben doch Politiker und Elternverbände damals so sehr auf den Putz gehauen und den Untergang des Abendlandes prophezeit. Stattdessen ist das eingetreten, was wir alle erwartet haben: Nichts. Seit meinem damaligen Eintrag sind mir nicht einmal zusätzliche Spiele bekannt, die von dieser Klausel profiziert haben. Wahllos Hakenkreuze einzubauen um die Jugend zu bösen Menschen zu machen kommt anscheinend im normalen Teil der Spieleindustrie nicht wirklich vor. Oder der 2. Weltkrieg ist als Setting immer noch ziemlich out. Auch eine Möglichkeit.

Sowieso ist es im Bereich der Videospiele ziemlich ruhig mittlerweile geworden. So gut wie keine Zensuren mehr von Seiten der Publisher/Entwickler, wenige Titel (0,3% im Jahr 2021), denen die USK die Freigabe verweigert, keine einzige Indizierung seit Jahren und somit auch kein Einsatz der Ländersperre. Selbst Dying Light 2*, dem die USK 2022 tatsächlich keine Freigabe erteilte, ist bis heute nicht auf Liste A gelandet. Die “böse” ungeschnittene Version kann somit für alle Plattformen weiter von Erwachsenen auf Amazon & Co. gekauft werden. Für den PC gibt es sogar nichts anderes – nur die digitale Konsolenfassung wurde an den deutschen Markt angepasst. Sehr schön. Die Jugend ist geschützt, ich muss dafür zwar mitunter 5 EUR zusätzlich Porto zahlen (=Altersprüfung) aber ich komme trotzdem ohne Probleme an meinen Stoff :smile: .

Der andere Markt

Online ist allerdings ein gutes Stichwort, um so langsam zum eigentlichen Thema zu kommen. Während die Konsolenhersteller da sehr genau auf die Einhaltung des deutschen Jugendschutzes achten – so werden z.B. Titel ohne Freigabe gar nicht erst ins Programm aufgenommen -. herrscht auf dem PC auf der einen Seite immer noch der Wilde Westen. Auf der anderen ist die Bereitschaft sich mit dem Thema ernsthaft auseinander zu setzen nicht so wirklich vorhanden. Mit dem Ergebnis, dass uns angeblich so vollmündigen Bürgern weiterhin Dinge vorenthalten werden.

Mit “Wilder Westen” meine ich, dass ein Großteil der rein digital erhältlichen Spiele keine Altersfreigabe der USK haben – sie wurden schließlich nie zur (kostenpflichtigen) Prüfung vorgelegt. Und wie bei Importen aus dem Ausland gilt in diesem Fall eigentlich automatisch “Keine Jugendfreigabe” (=ab 18 Jahren). Ja, die EU-Version von Barbie Fashion Show an Eye For Style* dürftet ihr ohne Altersprüfung gar nicht kaufen können. Warum ihr es in diesem konkreten Fall trotzdem könnt? Vermutlich Unwissenheit von Seiten des Verkäufers oder die geringe Wahrscheinlichkeit, dass es bei so einem Titel jemanden interessiert.

Auf Steam & Co. gibt es jedoch nur die völlig nutzlose Altersprüfung bei Titeln, die von der ESRB (die amerikanische Kontrollinstanz) mit “Mature” (ab 17 Jahren freigegeben) versehen wurden – kommt also nicht einmal bei den USK 18 hoch. Ein Ident-Verfahren oder sowas? Pustekuchen. Jedes Kind kann sich alles anschauen und alles kaufen. Egal wie brutal es auf den Screenshots zugeht oder wie viel nackte Haut zu sehen ist. Schön für uns Erwachsene, die entsprechend keine Einschränkungen haben. Ich frage mich aber schon warum danach bislang kein Hahn gekräht hat. Bei jedem kleinen Furz stehen die Eltern- und Lehrerverbände bereits mit den Mistgabeln vor dem Kanzleramt. Aber hier wird höchstens mal in einem Nebensatz auf diesen Umstand hingewiesen. Sehr komisch. Ist ja schließlich nicht so, als wäre der digitale Markt so klein und unbedeutend.

Keine nackten Fakten

The Witcher: Enhanced Edition Director’s Cut (Herstellerbild)

Eine Sache gibt es aber dann doch, die uns Erwachsenen aufgrund des Jugendschutzes vorenthalten wird: Sexspiele. Während Plattformen wie der Epic Games Store oder die Konsolenhersteller sich teilweise sogar damit rühmen dieses Teufelswerk überhaupt nicht erst zuzulassen, sieht Valve das auf Steam grundsätzlich etwas lockerer. Ja, der ein oder andere Titel ist selbst ihnen (zu Recht) zu heiß wegen der enthaltenen Thematik. Aber tendenziell boomt der Markt dort – zumindest außerhalb von Deutschland. Denn seit Ende 2020 werden faktisch alle erotischen Titel mit einer Ländersperre versehen und sind damit in Deutschland weder im Shop sichtbar noch anderweitig ohne VPN kauf-/aktivierbar. “Schuld” daran ist die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein. Die hat zwar damals wohl nicht die Kaufbarkeit an sich bemängelt, sondern nur die enthaltenen Screenshots auf der Shopseite von diversen Titeln. Es gab aber auch eine Diskussion um die eigentlichen Inhalte (z.B. die Minderjährigen in diversen Hentai-Spielen). Insofern bewegte sich Valve definitiv auf dünnem Eis und hat als Konsequenz die Reisleine gezogen bzw. die nukleare Option gewählt, wenn man es noch extremer ausdrücken möchte. Das Ergebnis dieser damaligen Aktivitäten spüren wir bis heute. Nicht einmal kostenlose Uncut-DLCs könnt ihr eurer Steam-Bibliothek hinzufügen so hart ist der Filter eingestellt. Gleichzeitig sind eben andere, weniger offensichtliche Titel mit solchen Inhalten weiterhin für alle frei verfügbar. Ist ja nicht so, als wäre beispielsweise die The Witcher-Serie ein Hort der Keuschheit. Aber zumindest die hat eine USK-Freigabe. Passt also…

Aber gut: Man kann grundsätzlich festhalten, dass der Prozess funktioniert. Die Medienanstalt hat gemerkt, dass da was schiefläuft. Valve hat reagiert und Kinder und Jugendliche sind vor Pornospielchen geschützt. Erwachsene kommen zwar nicht mehr dran, aber solche Titel haben ja eh einen schlechten Ruf. Wer sich sowas freiwillig antut, der ist bestimmt ein Soziopath und nur einen Schritt vom Knast entfernt :roll: . Ich frage mich immer, ob da vielleicht nur der Neid spricht. Selbst schämt man sich zu sehr so einen Titel zu starten, obwohl man es gerne möchte und gönnt es deshalb auch anderen nicht. Keine Ahnung. Wie gut, dass Lysanda damit kein Problem hat und im Gegenteil sogar immer enttäuscht ist, wenn ich sie nicht rechtzeitig zum Anschauen einer Sexszene herbeirufe. Sollte ich es irgendwann mal schaffen The Witcher III: Wild Hunt zu spielen, habe ich sie wahrscheinlich dauerhaft auf dem Schoss…

Der Knackpunkt

Ums nochmal deutlich zu machen: Das Problem ist hier definitiv nicht beim Jugendschutz zu suchen. Anders als noch vor 2003 (ja, der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag feiert heuer seinen 20. Geburtstag) gibt es schließlich nun gesetzliche Vorgaben und Regelungen – auch für das Internet, selbst wenn sie in einer globalisierten Welt teilweise etwas fragwürdig sind. Valve weigert sich jedoch vehement eine der möglichen Varianten umzusetzen. Dabei wäre es doch so simpel. Sowohl zum Thema Pornospiele als auch für alles andere, was Kinder und Jugendliche auf Steam eigentlich weder sehen noch kaufen können sollten: Einfach eine der vielen verschiedenen, staatlich zulässigen Formen der Alterskontrolle wie z.B. das klassische Post- oder Video-Ident-Verfahren (zeig‘ deinen Personalausweis vor) einbauen und gut ist. Gemäß der Steam Abonnentenvereinbarung gehört ein Steam-Account sowieso explizit nur einer Person. Eine Weitergabe ist nicht zulässig und nicht einmal Erben bekommen ihn. Also wäre eine Personalausweisprüfung mit entsprechender Markierung im Profil jetzt nicht so abwegig.

Hier kommst du nicht rein!

Selbst bei den ungeliebten Key-Reseller wie G2A oder MMOGA muss man zuerst eine Altersverifikation durchmachen. Aber ein Laden wie Valve, der geschätzte 13 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr macht (Tendenz steigend), kriegt es nicht gebacken. Oder vielmehr: Hat offensichtlich kein Interesse dran. Der deutsche Marktanteil ist wohl zu klein. Stattdessen geht Valve den Weg des einfachsten Widerstands (=Ländersperre) und ich sitze nun als treudoofer Kunde da und kriege nicht einmal DLCs zu Titeln, die ich bereits besitze. Das geht mir so massiv auf den Geist, das glaubt ihr gar nicht. Das gilt natürlich nicht nur für Valve, sondern auch für alle anderen Anbieter. Egal wie man selbst zu Pornospielchen steht: Die Einführung eines richtigen Altersverifikationssystems bei Steam & Co. ist in aller unserer Interesse.

Epilog

Das ist also der derzeitige Stand beim Thema Ländersperre. Während sie abseits des altbekannten “ich darf nicht die billige Version aus Brasilien kaufen” nicht mehr wirklich häufig zum Einsatz kommt, ist sie doch immer noch ein Dorn im Auge für uns erwachsenen Spieler. Und angesichts der aktuellen Tendenz vieler Staaten die Globalisierung wieder rückgängig machen zu wollen, sind für mich die Aussichten auch nicht mehr so positiv wie noch im April 2020… *stöhn*

PS: Wer selbst Kinder hat, dem empfehle ich u.a. die Seiten der USK mit vielen Tipps explizit für Anwendungen wie z.B. Steam.

PPS: Es gibt theoretisch weiterhin die Möglichkeit die Ländersperre auf Steam via VPN zu umgehen. Das verstößt jedoch bekanntlich gegen die Steam-Nutzungsbedingungen und mittlerweile verlangt Valve beim Kauf sogar ein Zahlungsmittel aus dem jeweiligen Land, um der Sache einen Riegel vorzuschieben. Insofern keine wirkliche Lösung zum Einkaufen aber z.B., um kostenlose DLCs zu aktivieren, wäre es ein gangbarer Weg. Ob es euch jedoch im Worst Case den Verlust des Steamaccounts wert ist, müsst ihr selbst entscheiden.

Ich empfehle es selbstverständlich ausdrücklich nicht. Wenn ihr die Zwei-Faktor-Authentifizierung Steam Guard nutzt, geht es sowieso nicht. Dann erkennt Steam bereits daran euer tatsächliches Herkunftsland und lässt sich auch von einer VPN-Verbindung nicht mehr täuschen. Man könnte natürlich vorher Steam Guard deaktivieren und erst dann über die VPN einsteigen. Aber das ist ein großes Sicherheitsrisiko und wird von Valve absolut nicht empfohlen – selbst, wenn ihr es nur kurzzeitig macht. Also versucht es erst gar nicht! :wink:

Ein Kommentar

Ja ist mir letztens auch aufgefallen, dass sämtliche Spiele die auch nur irgendwie in Richtung Erotik gehen geblockt sind, auch solche die früher problemlos zu kaufen waren.

Wie absurd das global gesehen ist, sieht man wenn man mal schnell bei SteamDB vorbeischaut: restricted_countries: CN,DE heißt es da quasi immer.

Nur in China und Deutschland muss man sich mit so nem Mist rumschlagen. Selbst in Ländern, die in der Regel VIEL restriktiver sind was Pornographie und alles was damit zu tun hat angeht, gibt es diese Einschränkungen nicht.

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