Dieser Eintrag wurde am 20. Februar 2012 verfasst.

Stammleser erinnern sich vielleicht noch an früher. Damals, so 2007/2008, als ich viel unterwegs auf Seminaren war, da habe ich praktisch jeden Tag einen Eintrag und einen Artikel auf Vorrat geschrieben und im Nachgang dann veröffentlicht (derweil war allerdings dafür auch komplett Sendepause auf der Seite). Davon bin ich mittlerweile weit entfernt. Ich geh‘ lieber mit den Kollegen aus oder so, statt mich aufs Zimmer zu hocken und was zu tippen, abseits der normalen Einträge. Sicherlich eine verständliche Reaktion.

Aber nach zwei Wochen hier in der Reha-Klinik, muss ich ganz ehrlich sagen, fehlt mir das Schreiben schon ein wenig. Und auch mein Notizblock (leider digital, nicht analog) füllt sich immer mehr mit Themen, auf die ich unbedingt in den nächsten Wochen eingehen möchte, bevor ich wieder alles vergesse. Ja, trotz vielen Anwendungen, habe ich doch viel Zeit zum Denken (und im Internet surfen *hust*) hier oben — nicht nur auf dem Zimmer, sondern auch bei meinen vielen kilometerlangen Spaziergängen am Strand oder auf dem Deich entlang. Mehr zur eigentlichen Reha werdet ihr aber zum Veröffentlichungszeitpunkt dieses Eintrags voraussichtlich schon erfahren haben. Lasst uns deshalb nun endlich zum Thema des heutigen Eintrags kommen.

Ein unwahrscheinlicher Fall

Alice Madness Returns T-Shirt und ArtbookWer mich kennt, der weiß, dass ich im Schrank tonnenweise T-Shirts habe. Der Spruch “immer nur T-Shirts” kommt wirklich nicht von ungefähr. Schon vor meiner Zeit als Redakteur habe ich dank des Kaufs unzähliger Spezialeditionen (egal ob Filme, Spiele oder Musik) eine große Sammlung aufgebaut. Entsprechend laufe ich auch hier in der Klinik ausschließlich mit schwarzen T-Shirts herum, die solche speziellen Motive tragen. Während ich diese Zeilen schreibe, grinst beispielsweise die Grinsekatze (Alice: Madness Returns) jedem entgegen. Übrigens mein absolutes Lieblingsshirt. Der Import war jeden Cent der Versandkosten wert!

Ich bezweifle, dass viele der anderen Rehabilitanden überhaupt wissen, was ich da anhabe. Bei einem Nightwish-Shirt vielleicht noch gerade so, aber bei einem spielebasierten? Unwahrscheinlich bei dem Altersdurchschnitt hier. Aber wie heißt es so schön? Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wenige Tage nach meiner Ankunft hatte ich nämlich mein Duke Nukem: Manhattan Project-Shirt an (eines zu Duke Nukem Forever habe ich leider [noch] nicht) und siehe da: Ich wurde am nächsten Tag prompt darauf angesprochen.

Die Begegnung

Zugegeben, die Person, die mich ansprach war Anfang 20, das machte sein Zugehen auf mich und das daraus resultierende Gespräch aber nicht minder interessant. Warum? Weil ich sie beim reinen Ansehen direkt in eine Klischee-Schublade gesteckt hatte. Und auch wenn ich nicht glaube, dass er das hier lesen wird, möchte ich mich doch vorsichtig ausdrücken. Sagen wir, er machte durch und durch den Eindruck eines “abgefuckten Halbstarken”. Auf jeden Fall weder der Typ von Mensch, dem ich zum einen Nachts unbedingt allein auf der Straße begegnen möchte, noch dem ich zutraue mehr zu konsumieren als ein Call of Duty: Black Ops auf der Xbox 360.

Er sprach mich also an und fragte mich, ob ich das gewesen wäre gestern mit dem Duke-Nukem-T-Shirt. Das allein hat mich schon überrascht. So einer wie der kennt den Duke? Doch er fragte natürlich nicht ohne Hintergedanken. Er wollte stattdessen tatsächlich wissen, ob ich Duke Nukem Forever gespielt habe und ob ich ihm sagen könnte, ob es gut ist. Er hätte zwar in der ein oder andere Spielezeitschrift darüber schon gelesen (er nannte keine Namen) war sich aber unsicher ob er es sich nun holen sollte oder nicht. Allerdings hatte er damals, wenn auch nur auf dem Nintendo 64, schon Duke Nukem 64 (ein passabler Port von Duke Nukem 3D) gespielt. Das fand er richtig cool, weshalb er sich auch für den neusten Teil sehr interessierte.

Wandelndes Klischee?

So sind wir also ins Gespräch gekommen. Ich habe ihm meinen üblichen “Der neue Duke ist gar nicht so schlecht wie alle tun”-Monolog vorgetragen und er sagte auch, dass das alles super klingt und er sich es nun holen wird. Dann habe ich ihn darüber ausgefragt, was er sonst so noch spielt und welche Vorlieben er so hat. Ich war allerdings in dem Moment, da bin ich ganz ehrlich, nicht als gleichaltriger Spieler, sondern ganz als Redakteur am Tisch. Sein Aussehen, sein Verhalten und seine bisherigen Kommentaren hatten meine journalistische Neugier geweckt. Da war eine überraschende Diskrepanz vorhanden. Würde er trotzdem das bekannte Klischee erfüllen? Das war die zentrale Frage, die mir auf der Zunge lag. Natürlich konnte ich sie ihm nicht so direkt stellen, sondern musste Drumherum arbeiten.

Und die ersten Antworten auf meine Bohrungen waren auch vorhersehbar. Er ist reiner Konsolenspieler, Xbox 360 um genau zu sein (er sieht keinen Sinn in einer PlayStation 3), findet brutale Spiele super und bevorzugt entsprechend vor allem Ego-Shooter. Er spielt die Call of Duty-Serie, mag Battlefield überhaupt nicht, hat sich an den F.E.A.R.-Titeln erfreut (“Ich hab‘ mich dabei nie erschreckt, aber als ich mal mit einem Kumpel gespielt hab‘, der ist fast vom Stuhl gefallen bei der einen Szene.”), fand in Singularity vor allem die Kugel-Kamera genial (ihr könnt bei einer Waffe die Kugel selbst ins Ziel steuern), hat Resident Evil 5 gerne gespielt (fand aber auch die Begleiterin strunz doof) und mochte vor allem den zweiten Durchgang sehr, bei dem er mit dem “Unendlich Munition”-Cheat unterwegs war, weil er endlich die Sau rauslassen konnte und freut sich entsprechend auf Resident Evil 6. Außerdem hat einer seiner Freunde sich für ganz teures Geld irgendeinen brutalen Titel mit Hakenkreuzen importieren lassen, dessen Namen ihm aber nicht mehr eingefallen ist. Mir fiel (und fällt auch immer noch) auch nichts halbwegs Aktuelles in der Hinsicht ein, was irgendwie auf diese vage Beschreibung passen würde.

Sprich, er entpuppte sich bislang doch als der beste Freund jedes Frontal-21-Redakteurs — zumindest bis ihm ein Satz über die Lippen kam, mit dem ich überhaupt nicht wirklich gerechnet hatte. Er sagte: “Früher waren die Spiele besser.”

Die Erkenntnis

Diesen Satz erwarte ich von einem gestandenen Spieler. Aber ihn aus dem Mund dieses solchen “Jungspunds” zu hören, dem ich nicht wirklich zugetraut habe überhaupt den Unterschied zwischen guten und schlechten Spielen zu kennen? Das hat mich ganz ehrlich überrascht — und natürlich habe ich dann auch gleich noch weiter nachgehakt. Warum war er dieser Ansicht, von der er sich übrigens auch nicht durch Gegenargumente von mir abbringen ließ? Seine kurze Antwort:

“Weil die Spiele damals simpler gestrickt waren.”

Als Beispiele nannte er neben Duke Nukem 64 nicht nur andere Ego-Shooter wie Quake, sondern auch die Silent Hill-Serie, die alten Resident Evil-Teile oder die GTA-Serie (sogar ein Vice City-Fan!). Er versuchte noch weitere beim Namen zu nennen, ihm fielen aber weder der Titel ein, noch konnte er mir sie genauer beschreiben. Auf F.E.A.R. kamen wir sogar nur, weil ich “Quake 4?” fragte, als er Quake nannte und dabei wohl undeutlich sprach :smile: .

Nun mag der ein oder andere argumentieren, dass gerade diese Spiele voll in das Klischee (Brutal = geil) passen würden. Aber wenn ich so das weitere Gespräch Revue passieren lassen, dann teile ich diese Ansicht ganz und gar nicht. Vor mir saß jemand, den ich definitiv als normalen Spieler bezeichnen würde. Er mag äußerlich einen anderen Eindruck machen, aber aufgrund seiner Äußerungen schätze ich ihn doch als jemand ein, der sich mehr Gedanken über das Spielen macht als nur “Hey, neues Call of Duty — Zeit für Blut und Morde!”.

Ein Fazit?

Jetzt kommen sicherlich die üblichen Sprüche von wegen “Das kommt davon, wenn man in Schubladen denkt. Ich finde das nicht überraschend und mir wäre das nie im Leben passiert”. Aber das nehme ich euch nicht ab. Wenn ihr ihm begegnet wärt, hättet ihr ihn schon allein vom Aussehen her in die eine Ecke gedrängt und nichts mit ihm zu tun haben wollen. Da könnt ihr noch so tolerant tun. Nicht nur unsere Gesellschaft, auch wir als Mensch sind darauf trainiert. Da können wir nichts dafür und es ist schwer dagegen anzukämpfen. Manchmal klappt es, oft aber auch nicht. Vor allem dann nicht, wenn wir die Person nur von außen betrachten.

Die Unterhaltung mit dem Jüngling hat mir entsprechend mal wieder ganz deutlich gezeigt, dass wir dem Gegenüber damit meist massives Unrecht tun. Wenn er mich nicht von sich aus angesprochen hätte, ich hätte bis heute noch kein Wort mit ihm gewechselt. Gleichzeitig hat mich die Sache in eine andere Richtung zum Nachdenken gebracht: Ist er Teil des sogenannten Mainstreams? Wenn nicht, wo gehört er hin? Wenn ja, ist der Großteil dieser Zielgruppe so drauf? Wovon machen sie ihre Kaufentscheidung ab? Und viel wichtiger: Wie schafft man es solche Leute besser zu erreichen?

Die Antworten? Keine vorhanden. Dazu müsste ich erst einmal mehr solche Personen treffen, bevor echte Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Welche Erkenntnis bleibt also nach drei Seiten Text übrig? Es war definitiv eine interessante Begegnung, an diesem Morgen.

Sicarius

Vier Wochen auf der Insel

Anmerkung: Ich war 2016 noch einmal in Reha auf Föhr. Den dazugehörigen Bericht mit vielen Fotos findet ihr hier.

Dieser Eintrag wurde am 6. März 2012 verfasst.

Da bin ich wieder! Zugegeben: Zum Verfassungszeitpunkt stimmt diese Aussage noch nicht. Tatsächlich sitze ich derzeit im Zug und habe noch gut acht Stunden Fahrtzeit vor mir. Aber ihr wisst schon, wie ich das meine :smile: .

Und? Habt ihr mich vermisst? Nein? Hab’ ich mir schon gedacht. Da müsst ihr allerdings nun durch, denn die nächsten Wochen gibt es definitiv erst einmal keine Gastbeiträge mehr. Die vier Wochen Abstinenz muss ich schließlich irgendwie wieder ausgleichen. Wobei “vier Wochen” nicht ganz stimmt, aber dazu mehr am Ende des Texts.

Der heutige Eintrag ist mal wieder etwas länger und hat weder mit Spielen noch mit Katzen, Filmen, Büchern oder dergleichen zu tun. Stattdessen möchte ich die Gelegenheit nutzen und meine medizinische Rehabilitation ein wenig Revue passieren lassen. Es ist aber auch als Hilfe für alle unter euch gedacht, die entweder selbst Asthma haben oder jemanden kennen, der darunter leidet. Es ist schließlich immer wichtig mehr im Vorfeld darüber zu erfahren, was die jeweilige Reha-Klinik für Vor- und Nachteile hat. Dann kann man sich viel besser darauf vorbereiten. Hier also der Bericht:

Meine medizinische Rehabilitation vom 7. Februar bis 6. März 2012 im Reha-Zentrum der Deutschen Rentenversicherung Bund in Utersum auf Föhr

Die Krankheit

Ich leide unter chronischem Asthma seit ich drei Jahre alt bin. Luftnot entsteht sowohl bei körperlicher Anstrengung (ja, Sex zählt da auch dazu — nur für den Fall, dass das mal jemand wissen wollte), als auch bei allergischen Reaktionen. Wetterumschwünge und Infekte (Hochdeutsch für “Erkältung”) helfen aber genauso mir die Bronchien zuzuziehen. Praktischerweise bin ich gegen quasi jede Art von Blüten- und Gräserpollen allergisch und damit von Frühling bis Herbst durchweg gefährdet. Früher war auch noch Hausstaub und Katze mit dabei, aber das hat sich zum Glück für Kessy schon vor langer Zeit erledigt. Kann aber natürlich jederzeit wieder aufflammen. Ich nehme zweimal täglich zwei Medikamente und trage auch jederzeit ein sogenanntes Bedarfsspray mit mir rum, falls es mir unterwegs mal unverhofft den Hals zuschnürt. Wer sich also fragt, warum ich immer Hosen mit so vielen Taschen anhabe, der weiß also nun die Antwort. Auf der schönen Ampelskala der Ärzte bin ich auf der Stufe “mittelschweres Asthma” (gelb) zu finden.

Das erste Mal deswegen auf Kur war ich vor sechszehn Jahren. Damals ging es runter ins Allgäu, um die Bergluft zu genießen. Viel gebracht haben mir die sechs Wochen aber nicht. Im Gegenteil habe ich mich da unten überhaupt nicht wohl gefühlt, was auch an so einigen jugendlichen Arschlöchern namens Mitrehabilitanden lag. Massive Schlafstörungen waren die Folge. Vermutlich mit ein Grund, warum ich seitdem nicht mehr weggefahren war.

Die Beantragung

Abfahrt mit der Fähre an der Dagebüller MoleNachdem ich aber auch generell meine Behandlung längere Zeit habe schleifen lassen, was gar nicht gut ist, habe ich mich Mitte 2011 mal wieder zusammengerafft. Dabei entstand dann auch ziemlich schnell die Idee mal wieder auf Kur zu gehen. Weder mein Facharzt, noch mein Hausarzt und schon gar nicht die Krankenkasse haben da irgendwie was mit zu tun gehabt. Die Unterlagen habe ich mir stattdessen selbst bei der Deutschen Rentenversicherung Bund besorgt — einfach die kostenfreie Hotline angerufen und die dortige Dame hat mir dann gesagt welche Formulare ich von der Webseite herunterladen muss — und von den jeweiligen Stellen die Befunde und dergleichen eingeholt. Neben dem Asthma hatte ich auch meinen dicken Bauch als zu behandelnde Krankheit draufgepackt. Übergewicht wirkt sich schließlich genauso negativ auf die Atmung aus.

Abgeschickt hatte ich den ganzen Stapel dann am 1. Oktober, weil es hieß, es würde bis zu einem halben Jahr dauern, bis das alles durch ist und mein Plan war es im März die Kur anzutreten. Tatsächlich hatte ich im November bereits meine Genehmigung und auch schon eine Klinik mit Aufnahmetermin. Leider war mir weder der Aufnahmetermin noch das Reha-Zentrum recht. Meine Wünsche im Antrag wurden faktisch gar nicht berücksichtigt. Der zuständige Beamte wollte mich stattdessen über Weihnachten nach Hessen schicken (keine 100km von daheim). Toller Luftwechsel und über die Feiertage wird ja auch so viel therapiert *augenroll*. Zum Glück steht einem laut Sozialgesetzbuch nicht nur ein Widerspruchrecht zu, ihr dürft auch auf eure Wünsche bestehen. Entsprechend habe ich nach erneuter Rücksprache mit dem Hausarzt (damit er Bescheid weiß, falls Anrufe kommen) einen einseitigen (in beiderlei Hinsicht) Widerspruch verfasst, in dem ich auch noch einmal meine Wunschklinik und -zeitraum genannt habe.

Die Genehmigung zur Kur können sie zu diesem Zeitpunkt übrigens nicht mehr stornieren. Hat die Rentenversicherung einmal zugestimmt, gibt es für sie kein Zurück mehr. Also keine falsche Angst und einfach den formlosen Widerspruch nach Berlin schicken. Meinem Gejammer wurde auch recht zügig stattgegeben und ich durfte Anfang Februar wie halbwegs geplant meine Reise ins Reha-Zentrum Utersum auf Föhr antreten. Zwar hat die Bahn mir zuerst falsche Fahrkarten geschickt (der Bearbeiter hatte “Augsburg” statt “Aschaffenburg” als Abfahrtsort gelesen), doch das ließ sich ohne viel Aufwand und rechtzeitig über die leider kostenpflichtige Hotline beheben. Auch die Gepäckaufgabe (zwei Koffer sind kostenlos) über Hermes lief ohne Probleme ab. Meine Köfferlein erwarteten mich pünktlich und unversehrt am Anreisetag auf meinem Zimmer (und kamen auch am Ende wieder heil daheim an).

Die Anfahrt

Angereist bin ich, wie ihr dem letzten Absatz bereits entnehmen konntet, mit dem Zug. Neun bis zehn Stunden mit dem Auto fahren, darauf hatte ich dann doch keine Lust, geht aber prinzipiell auch. Föhr ist keine dieser autofreien Inseln. Eingestiegen bin ich auf der Hinfahrt in Hanau, von dort mit dem ICE ohne Umsteigen nach Hamburg Hauptbahnhof, dann in die Nordostseebahn nach Niebüll. In Niebüll fährt eine Bummelbahn zur Mole in Dagebüll, von wo die Fähre nach Wyk auf Föhr übersetzt. In Wyk wurden wir von einem Shuttlebus in Empfang genommen und direkt zur Klinik am anderen Ende der Insel transportiert. Jetzt heimwärts ist es im Prinzip die gleiche Chose, nur mit dem Unterschied, dass ich zum einen heute Morgen ganz alleine im Taxi saß, in Hamburg-Altona umsteige und über Würzburg nach Aschaffenburg tuckere (was ein klein wenig umständlich ist, weil der Zug über Fulda fährt). Verlief alles sehr angenehm dank großzügiger Umsteigezeiten und wenig Handgepäck (Rucksack und Laptoptasche). Würde ich das nächste Mal definitiv wieder so machen.

In der Klinik angekommen hatte ich recht schnell meinen Zimmerschlüssel, eine Telefonkarte (die ich nicht benutzt habe) und den Behandlungsplan für die ersten zwei Tage (Mi und Do). Die Aufnahmeuntersuchung hatte ich sogar direkt am Abend des Anreisetags, was die ganze Sache erheblich beschleunigte. Nach den ganzen Untersuchungen am Mittwoch, durfte ich dann direkt am Donnerstag mit den ersten “richtigen” Anwendungen loslegen.

Die Klinik

Der wichtigste Grund, warum ich mich für das Reha-Zentrum Utersum auf Föhr entschieden hatte, war, dass es sich hier um eine von nur drei Kliniken im norddeutschen Raum handelt, die auf Atemwegserkrankungen spezialisiert ist. Rrelativ logisch, schließlich liegen sie alle am Meer und salzige Meerluft ist immer gut. Die Klinik hat aber auch eine gynäkologische und onkologische Abteilung und Krebspatienten finden sich hier ebenso viele ein. Das hat zwei Auswirkungen: Erstens ist der Anteil der Männer unter den bis zu 190 Rehabilitanden sehr gering (wir waren durchschnittlich vielleicht ein Dutzend Mann) und zweitens ist der Altersdurchschnitt nicht bei 60+, sondern eher bei 40+. Das war eine der Befürchtungen von mir im Vorfeld, dass ich da hinkomme und dann lauter alte, sture Böcke dort rumschlurfen. Davon gab es zwar auch 2-3 Stück, aber mit denen hatte ich zum Glück nichts zu tun. Ja, ich weiß ich bin intolerant und so. Aber verbringt ihr mal vier Wochen mit solchen Dauernörglern. Ach und wer jetzt nach dem Kurschatten fragt: Trotz des hohen Frauenanteils, war dank des immer noch recht hohen Durchschnittsalters in der Hinsicht nichts zu machen :wink: .

Mein Zimmer in der Reha-Klinik UtersumIn und um die Klinik herum finden sich neben den 190 gut ausgestatten und durchaus geräumigen Patientenzimmern (Doppelbetten gibt es nicht), diversen Behandlungs-, Untersuchungs- und Ärtzezimmern und dem Speisesaal ein schnuggeliges Fitnessstudio, einen gut ausgestatteten Kiosk, ein Bewegungsbad (1,60m tief) mit 25m langen Bahnen, eine (gemischte) Sauna, eine große Turnhalle (und zwei kleine), eine Kegelbahn, eine Tischtennisplatte, ein kleiner Bogenschießplatz, ein Tennisplatz, ein Minigolfplatz, ein Bastelraum, und ein Wäldchen für die Nordic Walker und Jogger unter den Patienten. Es ist also alles drin und dran, was man so braucht, um sich auch selbst aktiv in Bewegung zu halten. Und dann wäre da natürlich noch das Ding vor der Haustür, das aber offiziell nicht mehr zur Klinik gehört — dazu gleich mehr. Internet gibt es auch, aber nur an zwei Rechnern in der Cafeteria oder dort über WLAN. Beides kostet gut Geld, weshalb ich das nicht in Anspruch genommen habe. Überall sonst könnt ihr nur auf eine miserable Edge-Verbindung zurückgreifen. Verbindungsabbrüche en mass sag’ ich nur.

Die Lage

Wie der Name schon sagt, liegt die Klinik in der Nähe von Utersum — einem der wenigen bewohnten Flecken auf der Insel — und direkt am Strand. Und zwar wirklich direkt. Ihr geht aus der Hintertür raus, durch eine Hecke durch und seid schon am Meer. Im Sommer könnt ihr euch deshalb sogar Strandkörbe mieten und die Frühgymnastik findet am Strand statt. Da in den ersten zwei Wochen allerdings kein Meer zu sehen war, sondern nur eine dicke Eisschicht, hat man nicht viel mehr gemacht als den Strand und den daran anschließenden Deich hoch und runterzulaufen. Eine Runde um die Insel sind übrigens gut 36km. Die habe ich am Stück dann doch nicht geschafft :smile: .

Bei gutem Wetter ist die Aussicht von der Klinik aus fantastisch. Ihr schaut direkt auf die Insel Amrum und könnt auch die südlichen Ausläufer von Sylt erblicken. Die Klink hat sogar extra ein erhöhtes “Amrum-Zimmer”. Das ist nicht nur wegen der Aussicht (und der ausgewiesenen Ruhezone) ein beliebter Ort, es ist auch die einzige Stelle im größeren Umkreis der Klinik, wo man UMTS-Empfang hat.

In Utersum selbst ist, zumindest zu dieser Jahreszeit, komplett tote Hose. Und ich meine wirklich komplett. Ich hab’ in den vier Wochen nur sehr, sehr wenige Einheimische gesehen. Und dann gibt es nicht einmal einen Geldautomat dort (nur einen EDEKA) und das einzige geöffnete Restaurant (“Zur Post”) hat Öffnungszeiten aus der Hölle. Die machen einfach mal ohne Vorankündigung ne Woche dicht und so. Das ist besonders blöd, weil das Essen schon ziemlich gut ist. Sowohl vom Geschmack als auch von der Portionsgröße und dem Preis her. Die nächsten größeren Orte, in denen was los ist, sind Nieblum im Osten (erster Bankautomat und fantastisches Restaurant direkt gegenüber) und Oldsum (sehr gutes Café) im Norden. Und dann gibt es noch Wyk, die Hauptstadt von Föhr und der einzige Ort, wo abends um 20 Uhr auch außerhalb der Saison nicht schon die Gehsteige hochgeklappt werden.

Der öffentliche Nahverkehr

Alle Orte sind ohne Probleme zu Fuß zu erreichen, auch wenn der Weg am Strand oder über den Deich jeweils etwas länger und beschwerlicher, dafür aber natürlich auch schöner ist. Kommt halt immer auch drauf an wie schnell und wie gut ihr laufen könnt. Ich hab’ fünf Stunden nach Wyk gebraucht, eine Mitpatientin war in zweieinhalb schon da. Was ich extrem krass fand :smile: . Und nein, sie hat nicht zwischendurch den Bus genommen. Der fährt sowieso nur gefühlt alle zwei Tage. Trotz zwei Buslinien (eine fährt die Insel im Uhrzeigersinn entlang, die andere dagegen), hat selbst Gunzenbach eine bessere Anbindung. Und wer nach 20 Uhr noch wo hin will, der hat komplett Pech gehabt. Da bleibt nur Laufen oder in der Klinik ein Fahrrad mieten. Aber ihr sollt euch ja in der Kur auch bewegen und nicht nur faul im Bus rumsitzen auch wenn es ein äußerst billiges Patiententicket für die komplette Kurdauer gibt.

Anders als bei einigen Einrichtungen, müsst ihr euch in Utersum übrigens nicht abmelden, wenn ihr ein Essen nicht mitmacht oder gar das Gelände verlasst und auf Tour geht. Ihr könnt tun und lassen was ihr wollt, solange ihr zur Schließzeit (unter der Woche 22:30 Uhr) wieder daheim seid. Passiert euch allerdings außerhalb des Klinikgeländes was und es war kein Ausflug, der von der Klinik angestoßen wurde, dann habt ihr natürlich die Arschkarte gezogen. Da werdet ihr so schnell keine Kur erhalten. Als Beispiel wurde von zweien erzählt, die betrunken in einem Krankenhaus in Helgoland aufgeschlagen sind. Die haben Föhr anschließend nicht mehr betreten.

Das Essen

Ein Blick aufs nicht vorhandene Meer. Bis an den Horizont nur Eis.Da wir es gerade schon von einer Gaststätte hatten, kommen wir doch gleich mal zum Thema Klinikessen. Ich bin da jetzt zwar nicht die beste Autorität, weil ich doch teils etwas fragwürdige Essgewohnheiten habe, aber das meiste Geld während der Kur habe ich tatsächlich für externes Essen ausgegeben. Es ist jetzt zwar nicht so, dass ich jeden Tag ausgegangen bin (nur, wenn es wirklich absoluten Mist gab, wie samstags immer diese komischen Eintöpfe), aber man merkt dem Essen schon an, dass der Kantine nur 4,50 Euro pro Patient zur Verfügung stehen. Zumindest ist Abwechslung nach der Lebensmittelpyramide gegeben (zweimal pro Woche Fisch, einmal ein komplett fleischloser Tag, etc.) und es gibt auch jeden Tag zusätzlich noch ein vegetarisches Gericht. Wer zudem allergisch gegen bestimmte Sachen ist, oder sie einfach nicht essen mag, der bekommt entsprechendes Extraessen gekocht. Das muss allerdings in der Aufnahmeuntersuchung dem Arzt mitgeteilt werden. Außerdem ist es definitiv nicht so, dass man jetzt verhungern würde. Das passiert schon alleine deswegen nicht, weil morgens und abends jeweils ein reichhaltiges Büffet bereitsteht. Nur mittags gibt es eine Ausgabe. Reservierte Plätze sind im Speisesaal keine mehr vorhanden. Das haben sie wohl vor kurzem abgeschafft. Finde ich auch gut so.

Das Essen im Restaurant “Zum Wikinger/Zum Schlachter” in Nieblum war aber definitiv um Längen besser. Ohne zu übertreiben: Ich wüsste nicht, dass ich in meinem Leben jemals so gut gegessen hätte. Egal ob es das Schnitzel, die Schweinelenden oder das Rumpfsteak war: Absolut vorzüglich und von höchster Qualität. Wobei es mir vor allem die Pfeffersoße angetan hatte. Und auch hier gilt: Große Portionen (das Rumpfsteak hat 250g), moderate Preise (15,50 Euro für das Steak). Also wenn ihr mal auf Föhr seid, dann geht da unbedingt mal essen. Ich garantiere euch, ihr werdet es als Fleischesser nicht bereuen! Vegetarierer schauen allerdings ziemlich in die Röhre. Wie es sich für ein gutes Restaurant gehört, ist die Speisekarte nämlich sehr übersichtlich und selbst Fisch gibt es nur sehr wenig. Und nach dem Mittagessen fahrt ihr nach Oldsum zum Café Stellys Hüüs. Aber am besten nicht sonntags, weil dann ist das kleine Häuschen hoffnungslos überfüllt.

Die Therapie

Okay, jetzt haben wir erfahren, dass ich in den vier Wochen nicht nur viel gelaufen bin, sondern auch viel auswärts gegessen habe. Aber ich war natürlich jetzt nicht einfach nur im Hotel und habe meinen eigenen Tag gestaltet, sondern hatte einen festgelegten Behandlungsplan (rechts seht ihr ein Beispiel. Draufklicken zum Vergrößern). Darauf befanden sich die Pflichtanwendungen, aber je nachdem wie gut ihr körperlich drauf seid, dürft ihr auch freiwillig bestimmte Sachen wahrnehmen. Das Ergometer- und Gerätetraining im Fitnessstudio konnte ich beispielsweise nach der Einweisung jederzeit besuchen, wenn ich dafür Lust und Zeit hatte. Das gilt auch für die Sauna und das Bewegungsbad. Alles ist zu bestimmten Zeiten für jedermann geöffnet.

Eine Seite von einem meiner BehandlungspläneZusätzlich gibt es einen Aushang, an dem täglich mehrere Sachen wie “Traumreise”, “Yoga” oder “Zirkeltraining” ausgehängt werden. Diese sind farblich unterteilt in verschiedene Schwierigkeitsstufen, damit ihr auch immer sofort wisst, was ihr machen dürft und was nicht. Da ich als grün eingestuft war, hatte ich jedoch keinerlei Einschränkungen und durfte komplett alles mitmachen. Habt ihr also zu den Terminen Zeit (und ist noch ein Platz frei), klebt ihr euch mit einem eurer Barcodes ein (ja, die sind schon sehr modern) und kommt dann einfach vorbei. Außerdem steht es den Patienten frei zum Beispiel abends in der Turnhalle Badminton zu spielen. Vorträge, Film-, Musik- und Leseabende gab es ebenso. Ich hab’ mir zum Beispiel einen Vortrag über das Watt und eine Vorlesung von Geschichten von Berthold Brecht angehört.

Aber werden wir doch mal konkret. Was habe ich denn als fetter Asthmatiker in den vier Wochen so alles an Anwendungen in der Klinik mitgemacht?

  • Aqua-Jogging – Der Name sagt es doch schon: Joggen im Wasser. Wobei man jetzt nicht einfach nur die ganze Zeit sinnlos im Kreis herumläuft, sondern es vor allem auf diverse Übungen hinausläuft, die man entweder während des im Stand laufen oder normalen Laufens ausführt. Obwohl sehr anstrengend, es ist schließlich ein Ausdauersport, hat es mir verdammt viel Spaß gemacht. Zumal man im Wasser automatisch gekühlt wird und nicht so ekelhaft schwitzt. Es hat aber auch deshalb Spaß gemacht, weil die Physiotherapeuten sich immer wieder was anderes “ausgedacht” (sie haben es natürlich irgendwo gelernt, aber ihr wisst schon) hat in Sachen Übungen. Es war nie wirklich das gleiche, selbst wenn natürlich bestimmte grundlegende Bewegungen immer vorhanden sind (zum Beispiel das ständige Laufen). Und am Ende wurde oft noch ein kleines aber lustiges Spielchen gemacht. Hoffentlich wird das daheim auch irgendwo angeboten!
  • Asthmaschulung – Ein Teil Theorie, eine Teil praktische Übungen und äußerst leerreich und informativ. Allein dafür hat sich die Kur schon gelohnt. In der Theorie geht es zum einen darum mehr über die Krankheit und die dazugehörigen Medikamente zu erfahren, aber auch um richtiges Verhalten im Alltag und vor allem in Notfallsituationen. In der Praxis werden hingegen Übungen gemacht, die man auch Zuhause ausführen kann und einem nicht nur im Notfall Erleichterung verschaffen. Darunter selbstverständlich Standardsachen wie die Lippenbremse und den Kutschersitz, aber auch noch viel viel mehr.
  • Atemgruppe – “Fühlen Sie ihrem Atem nach”. Ja, äh, schön gesagt, aber was willst du von mir? Gut, die Grundidee habe ich schon verstanden. Wenn man weiß wie die Luft wo hinkommt und wie man sie durch spezielle Übungen dahinschafft, wo man sie haben will, dann ist das natürlich super. Aber mir war das irgendwie zu blöd und wenn man sich nicht drauf einlässt, dann funktioniert das natürlich nicht.
  • Badminton – Keine Anwendung, sondern wie gesagt ein freiwilliges Angebot, das jeder Patient nutzen kann, solange er mindestens einen Mitspieler findet. Als ich davon gehört habe, habe ich natürlich gleich mitgemacht. Praktischerweise war zu der Zeit auch noch einer da, der das früher Mal als Profi im Verein gespielt hat. Da habe ich entsprechend viel gelernt — und verdammt viel geschwitzt. Ich war danach immer fix und alle. Lust drauf das Zuhause weiterzumachen habe ich trotzdem.
  • Bogenschießen – Da war ich klar im Vorteil, auch wenn es eher eine abgespeckte Version ist. Sprich es waren immer circa zehn Leute, vier Bögen, vier Scheiben auf 25-30m, es gab keine Zielvorrichtung und es wurde nur ein Armschutz angelegt sonst nichts. Und nur 50 Minuten Zeit inklusive Auf- und Abbau. Da schafft man selbst mit einer Beschränkung auf drei Pfeile pro Teilnehmer nur 3-4 Runden. Aber dennoch cool, dass das angeboten wird. Hat sicherlich viele auf die Idee gebracht sich das Zuhause auch mal anzuschauen. Und für mich war es eine ganz nette Übung nach der langen Winterpause.
  • Entspannung – Daliegen, einzelne Körperteile anspannen, entspannen und dann die Entspannung “fühlen”. Ganz nett, aber bei jeder Sitzung immer wieder der gleiche Ablauf, deshalb auf Dauer eintönig und auch nicht mehr wirklich entspannend.

Die Sicht vom Amrumzimmer aus auf die beiden Insteln Amrum und Sylt

  • Ergometertraining – Fahrrad fahren. Allerdings natürlich voll Hightech mit Pulssender überm Herz und einer automatischen Regelung der Wattzahl (=wie stark muss ich mich anstrengen). Zu Beginn wird ein Belastungspuls festgelegt (grob 180 minus Lebensalter — meiner war also bei 150) und dann werden die Watt solange nach oben getrieben, bis der Puls so hoch ist. Und dann geht sie langsam wieder runter, bis nach 30 Minuten die Trainingssitzung vorbei und man total fertig ist.
  • Frühgymnastik – Jeden Tag mit Ausnahme von sonntagmorgens um 7 Uhr findet das statt. Was haben mich immer alle angeschaut, wenn ich erwähnt habe, dass ich da mitmache. Entsprechend schwankt die Teilnehmerzahl auch immer nur so zwischen 3-8 Leute. Betreut wird das Ganze jeden Tag von einem anderen Physiotherapeuten und dementsprechend abwechslungsreich sind auch die Übungen, die gemacht werden. Ich fand’s super (anstrengend), aber es ist trotzdem was, was ich Zuhause sicherlich nicht weiterführen werde. Man muss es dann ja doch nicht übertreiben :wink: .
  • Gewichtsreduktionstraining – Viel Theorie, in der ihr vor allem mehr darüber erfahrt wie so ein Lebensmittel aufgebaut ist, was für Teile für den Körper wichtig sind und in welchem Maßen man das und jenes zu sich nehmen soll. Sehr alltagstauglich gehalten und kein bisschen Gepredige. Im Gegenteil hat die Leiterin sogar vieles als Blödsinn und Konterproduktiv bezeichnet, zum Beispiel dieses Heilfasten — sehr zum Ungemach so einiger Teilnehmer, die darauf anscheinend schwören. Ich persönlich fand es sehr informativ und werde mich da sicherlich auch noch weiter damit beschäftigen. Es sollen schließlich noch ein paar Kilo mehr wegfallen. Außerdem im Gewichtsreduktionstraining mit dabei: Eine Messung des Körperfetts und ein Nachmittag (oder Vormittag) in der Lehrküche (inklusive ausgiebigem Essen danach). Letzteres war natürlich besonders interessant. Aber zu wissen, dass ich während der Kur satte 2kg reines Fett abgebaut hab, ist auch schön.
  • Hydro-Jet – Richtige Massagen gibt es zumindest in dieser Klinik nur noch für echte Problemfälle. Die Begründung klingt auch logisch: Eine Massage hilft nur kurzzeitig. Da ist es sinnvoller lieber was zu machen, was auch langfristig was bringt. Aber ganz ohne ging es dann doch nicht — und hier kommt das Hydro-Jet ins Spiel. Das ist eine Art Wasserbett, wo man sich drauflegt und dann von unten computergesteuerte Wasserstrahlen in verschiedener Stärke den Rücken massieren. Nein, nass wird man dabei nicht. Unterm Strich ganz angenehme 15 Minuten, aber jetzt auch nichts, was ich ständig haben muss.
  • MTT-Gerätetraining – Der Überbegriff für all das Zeug, was auch so in den Fitnessstudios steht. Rückenstrecker, Bauchpresse und wie das noch so heißt. Ich durfte “nur” vier Geräte benutzen, weil ich völlig untrainiert dahingekommen bin. Aber über die vier Wochen hab ich schon das Gewicht bei jedem Gerät mehr oder weniger oft angehoben. Hat also definitiv schon was gebracht.
  • Rückenschule – Neben der Asthmaschulung und dem Aqua-Jogging definitiv mein drittes Highlight, was die Pflichtanwendungen betrifft. Gelehrt wurde die neue Rückenschule. Also nicht mehr mit den Knien arbeiten und Sachen einfach auf den Boden fallen lassen, sondern aus der Hüfte heraus bücken und heben. Auch hier wurde wieder sehr alltagstauglich gearbeitet mit vielen Übungen, die man tatsächlich auch zwischendurch oder während anderen Arbeiten machen kann (wenn man dran denkt). Und natürlich auch die Grundlagen wie rückengerechtes Aufstehen/Hinlegen, Aufheben und Arbeiten (Stichwort “Bewegungssektor” = nur zwischen den Beinen hantieren und nicht daneben) Und es wurden viele nützliche Tipps gegeben, zum Beispiel in Bezug auf Schuhe (Stichwort “Birkenstock = Müll”). Mal schauen wie lange ich das alles im Kopf behalte und auch aktiv anwende.
  • Schwimmen – Freies Schwimmen, um genau zu sein. Keine Vorgaben was du machst und wie du es machst. Ich bin anfangs regelmäßig 30-60 Minuten ein paar Bahnen vorwärts und rückwärts geschwommen. Nachdem ich Aqua Jogging erhalten habe (wo vorher und nachher auch Gelegenheit zum normalen Schwimmen ist), habe ich das dann aber ziemlich komplett eingestellt. Zweimal am Tag ins Wasser war mir dann doch zu viel.
  • Traumreise – Die meiner Meinung nach bessere Variante der “Entspannung”. Zwar werden im Vorfeld auch hier erst die einzelnen Körperteile gespannt, entspannt und nachgefühlt, aber wenn man dann voll in der Entspannung drin ist, liest die Trainerin noch eine kurze Geschichte vor, auf die man sich ganz konzentrieren soll. Da fällt es mir wesentlich einfacher wirklich loszulassen und, ja leider auch einzuschlafen. Von der Hälfte der Geschichten habe ich glaube ich nicht das Ende mitbekommen. War trotzdem sehr schön und wurde immer auf freiwilliger Basis angeboten.
  • Yoga für Anfänger – Ich hab’s mal mitgemacht, weil ich wissen wollte wie das eigentlich funktioniert. Aber das ist definitiv nichts für mich. Bäume gibt es daheim im Wald genug, da brauche ich mich nicht auch noch dazustellen :smile: .

Warten auf die Fähre in Wyk auf FöhrIhr seht also: Es war ein stattliches Programm, was ich da abgearbeitet habe. Das ging sogar soweit, dass mich die Ärztin bei der dritten Visite ermahnt hat, dass ich mich doch bitte auch mal erholen soll. Langweile ist definitiv was anderes. Unterm Strich waren die Anwendungen auch sehr gut gelungen. So viel Bewegung hatte ich in den letzten 27 Jahren nicht zusammengefasst. Mal schauen wie viel ich davon dann Zuhause aufrechterhalten kann.

Das Personal

Bevor wir nun zum abschließenden Fazit kommen, noch ein paar Worte zum Personal. Die Ärzte, auch wenn der Oberarzt in den Vorträgen ganz lustig war, fand ich persönlich nicht so super. Das liegt natürlich mit daran, dass sie einen nicht wirklich kennen und bei nur einer Visite pro Woche auch nicht wirklich kennenlernen. Vor allem dann nicht, wenn jede Woche jemand anderes über die Akte schaut. Dennoch: Wer nicht genau weiß, was er will und dies dem behandelnden Arzt mitteilt, der wird garantiert nicht glücklich werden mit seinem Behandlungsplan. Eigeninitiative ist das A und O. Leider gibt es immer wieder welche, die das nicht verstehen.

Die wichtigen Leute sind aber eh die Physiotherapeuten und auch wenn der ein oder andere sich kompetenter und freundlicher anfühlte als der andere — unterm Strich kann ich mich nicht wirklich beschweren. Ich fühlte mich jederzeit gut aufgehoben. Mit dem Servicepersonal am Empfang oder in der Kantine hatte ich hingegen nicht viel zu tun, deswegen kann ich da keine Auskunft geben. Die Putzfrau war immerhin nett. Gereinigt wird zweimal die Woche und zu der Zeit steht auch immer ein Wagen mit Handtüchern bereit an dem ihr selbstständig euren Vorrat austauschen könnt. Bettwäsche wurde in den vier Wochen bei mir einmal ausgetauscht.

Fazit

Ich hab’ im Vorfeld sehr viel Negatives von diversen Leuten nicht nur über Kuren im Allgemeinen, sondern auch die Utersumer Klinik im Speziellen gehört und gelesen. Nach vier Wochen kann ich zumindest aus meiner Sicht sagen: In diesem Fall alles vollkommener Blödsinn. Natürlich ist das Haus nicht ganz ohne Kritik, je nachdem was man an Anwendungen und Personal erwischt. Vom Essen ganz zu schweigen. Aber ich hatte — vermutlich auch weil ich vorbereitet war, wusste was ich wollte und nicht mit der Vorstellung eines Wellness-Urlaubs dort hingefahren bin — nicht nur sehr schöne, sondern auch sehr ertragsreiche vier Wochen auf Föhr. Und das sowohl in Hinsicht darauf, was ich alles so gelernt habe, als auch bei so Sachen wie die bereits erwähnten 2kg Fett, die ich verloren und gleichzeitig sicherlich noch ein halbes Kilo Muskel aufgebaut habe. Und auch meine Atmung hat sich stark verbessert.

Ich würde (und wenn ich es darf, werde auch) jederzeit wieder ins Reha-Zentrum Utersum auf Föhr fahren. Ich kann entsprechend jedem anderen nur einen Besuch empfehlen, wenn eine Erkrankung der Atemwege vorliegt. Wie es bei Krebs und so aussieht, das weiß ich natürlich nicht. Aber von den anderen Patienten, mit denen ich vornehmlich unterwegs war, habe ich nur Gutes gehört. Mit den Dauernörglern habe ich mich wie gesagt erst gar nicht abgegeben :smile: .

Und damit wäre denke ich alles gesagt, was es zur Kur zu sagen gibt. Fragen, Anregungen, Kritik wie immer in die Kommentare. Als nächstes erwarten euch nun fünf traditionellere Einträge, die ich bereits während des Aufenthalts verfasst hatte. Vier Wochen ganz ohne Schreiben habe ich es dann doch nicht ausgehalten.

Was findet ein leidenschaftlicher “Core-Gamer” schlimmer als einen Eintrag zu Berufssimulationen? Ihr glaubt, es geht nicht schlimmer? HA! Es geht: einen Artikel zu Facebook-Spielchen, den Social Games! Vorhang auf! Es geht los!

Nachdem die erste grobe Auseinandersetzung mit diesem Thema schon eine ganze Weile zurückliegt, hab ich mir gedacht, euch mal auf den aktuellen Stand zu bringen. Auch deshalb, weil ja Seitens einiger Leser (Jackie) damals gemutmaßt wurde, dass mein Interesse an diesen Spielchen (damals: hauptsächlich Farmville) nach einigen Monaten stark zurückgehen würde. Um es vorweg zu nehmen: dies ist bis heute nicht wirklich passiert, nach wie vor fesseln mich diese – mittlerweile drei von mir verfolgten – Spielchen gute 120 Minuten pro Tag an meinen PC. Aber von vorne.

CITYVILLE

CityvilleMit Abstand am meisten Spaß macht mir mittlerweile Cityville. Ohne auf die genauen Details für die Gründe des bei mir aufkeimenden Spielspaß einzugehen, lässt sich zusammenfassen, dass das Spielprinzip, eine Stadt mit einer bis dato nicht dagewesenen Gebäudevielfalt aufzubauen und zu pflegen einen sehr hohen Suchtfaktor aufbaut. Vor allem deswegen, weil dieser Aufbau der Stadt, bedingt durch das Social-Game-typische Spielprinzip, für jeden Kram dutzende “Teile” erst von seinen Mitspielern anfordern zu müssen, sehr langsam von statten geht. Das erfordert Geduld. Sehr viel Geduld. Und eben auch Nerven. Es hat jedoch den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass man sich viel mehr mit seiner Stadt identifiziert als beispielsweise in Sim City, weil eben viel mehr “Herzblut” in jedes einzelne Gebäude investiert werden muss, bevor es endlich fertiggestellt ist. In Kombination mit den äußerst abwechslungsreichen, sehr liebevoll gestalteten Gebäuden gerät man schnell in eine Suchtspirale hinein.

Um wenigstens halbwegs zügig voranzukommen wird man jedoch seinen Freundeskreis sehr bald um weitere Mitspieler (zu finden in speziellen Cityville-Fanforen) erweitern müssen – so auch bei mir geschehen. Die Anzahl der benötigten Ressourcen pro Gebäude nimmt mittlerweile ein fast schon absurdes Niveau an. Hat man weniger als fünf, sechs (!) intensiv (!) spielende Mitspieler, dürfte auch den hartnäckigsten Spielern irgendwann die Lust an Cityville vergehen. Hinzu kommt, dass es beinahe täglich neue, sehr umfangreiche Quests zu erledigen gibt. Man kommt schlicht und einfach aktuell nicht mehr mit dem Lösen der Aufgaben hinterher, was auch in den Foren zu großem Protest führt. Zynga ist meiner Meinung nach gerade dabei, sich seine Anhänger zu vergraulen. Es stellt sich kaum noch ein Erfolgsgefühl ein, wenn auf eine gelöste Quest direkt zwei neue – nochmals umfangreichere – hinzukommen.

Cityville ScreenshotDazu gesellt sich ein sehr, sehr großes, fundamentales Problem von Cityville: sicherlich bedingt durch die technischen Grenzen des Flash-Players und der Leistung der Internetleitungen, aber auch sicher dem Ziel des Geldverdienens geschuldet, ist es so, dass die Erweiterung seiner bebaubaren Fläche an eine Mindestbevölkerung gekoppelt ist. Hat man diese nicht erreicht, kann man auch nicht mehr erweitern. Auch nicht durch Hilfe von Freunden, sondern nur durch das Zahlen von Echtgeld. Letztlich hat das für mich aber auch einen weiteren, fatalen Nebeneffekt zur Folge: man wird fast zwangsläufig dazu gezwungen, sehr dicht (Gebäude an Gebäude, ohne Dekorationen) und sehr städtisch (Wolkenkratzer) zu bauen, möchte man kein Echtgeld investieren. Der erbauerischen Kreativität wird damit ein unangenehmes Limit gesetzt, dass den Spielspaß stark stört und was vor allem vor dem Hintergrund der zahlreichen hübschen Deko-Objekte sehr unverständlich ist. Durch die ständig hinzukommenden Quests verlagert sich die Ausrichtung des Spiels zudem auch scheinbar ganz offiziell mehr und mehr auf das Lösen dieser Quests, als auf den möglichst ästhetischen Bau einer Stadt. Sehr schade. Bleibt es dabei, wird mich Cityville bald verlieren.

Aber noch hat es mich :smile: . Und ich bin vor kurzem auch das erste Mal in den mittlerweile 15 Monaten, dass ich es spiele, schwach geworden. Vor dem Hintergrund der “Erweiterungs-Problematik” hab ich doch tatsächlich das erste Mal zum Geldbeutel gegriffen. Knapp 9 Euro habe ich in ein (um 90% im Preis reduziertes) Paket-Angebot investiert, um mir – neben diversen Gebäuden und Energieeinheiten – auch Cityville-Cash zu ergattern. Mit dieser Ingame-Währung kann ich nun das Erweiterungsproblem zumindest eine Zeit lang umgehen und weiterhin den Schwerpunkt auf Ästhetik sitzen lassen. Aber keine Angst: es war ganz sicher das erste und letzte Mal, dass ich dort Echtgeld investiert habe. Im Ernst ! :smile:

FARMVILLE

Farmville ist schon ein ganzes Stückchen weiter als Cityville, mich als Spieler zu verlieren. Hier sieht man einfach, dass der Faktor “Gestaltung” viel weniger stark ausgeprägt ist. Klar, auch hier gibt es regelmäßig neue Gebäude (mit mittlerweile absurd hohen Anforderungen) und andere Objekte. Aber, hach, es ist halt nur ein Bauernhof. So ist es im Moment der Fall, dass ich nur noch aus Routine heraus, pro Tag meine paar Dutzend Mausklicks investiere, um mich dann wieder Cityville oder eben dem dritten Spiel von Zynga zu widmen.

EMPIRES & ALLIES

Empires & AlliesHach, was ärgert mich das! Nicht das Spiel, nein. Es ärgert mich, dass ich aktuell keinen einzigen Mitspieler für das Spiel hab. Denn – ganz im Ernst – das Spiel ist vergleichsweise komplex. Man hat Elemente des Städtebaus, der Ressourcengewinnung, des Aufbauens einer Armee und der Erforschung neuer Technologien. Es gibt aktuell zwei Kampagnen und dazu die Möglichkeit sich mit seinen Mitspielern zu messen. Man merkt einfach: hier werkeln alte Command & Conquer-Macher dran. Das Spiel hat auf GameStar.de sogar einen mehrseitigen Testbericht von Strategie-Urgestein Martin Deppe bekommen, in dem es – im Großen und Ganzen und vor dem Hintergrund seines Genres – sehr positiv beurteilt wird. Natürlich: der Spielspaß solcher Spiele hängt maßgeblich von der Aktivität seiner Mitspieler ab. Und einen Strategiekoloss darf man selbstverständlich auch nicht erwarten. Aber Fakt ist, dass das Spiel zweifellos das Potential zu viel Spielspaß hat, wenn man die Voraussetzungen erfüllt. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich um neue Mitspieler werben :smile: .

Ihr seht also, meine Begeisterung für dieses “Genre” ist nach wie vor vorhanden – wenn auch in Bewegung. Farmville könnte mich bald verlieren, Cityville steuert ebenfalls darauf zu. Und für Empires & Allies fehlen mir die Spieler. Eventuell behält Jackie in naher Zukunft also doch Recht – wenngleich mit großer Verspätung. Gegenwärtig kann ich aber nach wie vor nur urteilen, dass es sich bei diesem Trio um sehr gute Spielchen handelt, die durchaus mehr Spaß machen können, als so mancher AAA-Titel. Und als so mancher Core-Gamer vorurteilsbehaftet urteilt. Solange das klassische Strategie- und WiSim-Genre im Vollpreissegment tot ist, hat man mit diesen Spielen eine zwar andere, aber nicht unbedingt schlechtere Alternative. Weniger Komplex natürlich und mit hohen Hürden was Mitspielerbeteiligung angeht, dafür aber mit einem derart hohen Maß an architektonischer (und auch saisonaler) Vielfalt, wie es bspw. ein SimCity 4 nicht mal im Ansatz geschafft hat. Ich meine, wenn man mal hochrechnet, was ich an Lebenszeit in diesen 15 Monaten durch diese Spiele verloren habe und wie schwer ich mir sonst tue, “gewöhnliche AAA-Titel” anzufassen und vor allem auch durchzuspielen, spricht das doch Bände. Über die Gründe könnte man jetzt wieder philosophieren, für den Moment sei aber nur festgehalten, dass es so ist :smile: .

PS: Hier die Hochrechnung (Milchmädchenrechnung):

450 Tage x 1 Stunde Cityville = 450 Stunden
450 Tage x 0,5 Stunden Farmville = 225 Stunden
400 Tage x 0,5 Stunden Empires & Allies = 200 Stunden

SUMME: 875 Stunden (cool, ich hab bald Jubiläum :laughing:). Und das alles für den Preis von – freiwilligen – 8,77 Euro.

JakillSlavik

Goldstatus, was nun?

Das folgende Kapitel liegt mir besonders am Herzen, denn mit zunehmendem körperlichen Verfall seit Anfang zwanzig (frei nach der Theorie vom bekannten Evolutionsbiologen Dieter Nuhr) ist in der logischen Konsequenz die Torschlusspanik bereits mit Mitte zwanzig erreicht. Verschärfend kommt dazu die Überlegung, dass vor ein wenig mehr als tausend Jahren die maximale Lebenserwartung eines Menschen gerade mal 24 Jahre betrug. Und da waren überfüllte Bachelor Studiengänge und volle Wartezimmer beim Hausarzt leider noch gar nicht mit eingerechnet. Die größte Sorge meinerseits ist es also etwas Essentielles zu verpassen und demnach ist es mein erklärtes Bestreben möglichst viel von den Dingen mitzunehmen, die mir wirklich Freude bereiten. Neben meinem Wissensdurst im Bereich der Spielentwicklung liegen mir aber nach wie vor Spiele selbst am Herzen. Ja, es ist tatsächlich paradox im Vergleich zu meinen monumentalen Kritikreden, wie jüngst bei der NOCA Verleihung 2011 geschehen und ich Spiele zerpflücke, die den Massenmarkt befriedigen. Doch wenn es darum geht etwas abgeschlossen zu sehen, dann erliege ich dem gleichen Drang nach Zufriedenstellung. Das ist viel zu oft auch noch unabhängig davon, dass ich ein Spiel wirklich abgeschlossen habe und noch Potential sehe. Denn dann wünsche ich mir von persönlich als hervorragend eingestuften Spielen, dass sie mich auch noch nach dem offiziellen Release weiter beglücken können.

Es ist unbestreitbar, dass mein Wunsch ein Spiele möge doch bitte auch noch nach dem Release weiterentwickelt werden, niemals bei jedem Spiel realisiert werden kann. Allein schon beim Hinblick auf die Genres ist das schwierig. So kann ein Jump’n’Run oder ein Adventure nach dem Abschluss des Goldstatus kaum weiter entwickeln werden, geschweige denn kann man es von einem Entwicklerstudio überhaupt erwarten so ein Konzept vorzubereiten, will man keinen Episodentitel. Außerdem: Was soll schon Großartiges passieren, nach dem der fleischklumpige Mario das Chick der Begierde gerettet hat? Sobald der notwendige Teil für den Vertrieb erfüllt ist, ist solch ein Titel in sich geschlossen. Lediglich Schmankerl, wie Zusatzinhalte in Form von Kostümen, Features oder kleinen Kampagnen darf man erwarten, wenn überhaupt. Und das auch nur, wenn das Spiel von einer breiten Masse konstant geliebt wird. Einen solch größeren Glücksgriff konnte meines Erachtens abseits des großen Markts gerade mal Plants versus Zombies erreichen.

Minecraft

Nun ist Minecraft für mich das traurigste Beispiel, wie Potential verschenkt wird. Im Bagdadsoftware Podcast mit Maximilian ‘Rikum’ John, Sebastian ‘Malyce’ Conrad und meiner Wenigkeit spekulierten wir gegen Ende des Gesprächs noch ein wenig über die Zukunft, die Minecraft zu Teil werden könnte. Immer mehr zeichnet sich jedoch nun einige Zeit nach dem Release gegen Ende 2011 ab, dass die Entwicklung von Minecraft auf der Stelle steht. Viele Nutzer verbinden die Stagnation des Indietitels mit dem Weggang von Markus Alexej Persson aus dem MC-Entwicklungsteam. Fakt ist jedoch, dass Persson, vielen hier eher unter seinem Nicknamen notch bekannt, schon eine ganze Weile stückweise die Entwicklung für das Spiel an sein Team und zudem persönlich an Jens ‘Jeb_’ Bergensten abgegeben hat. In der Vergangenheit stammten schon viele Ideen, darunter Pistons oder die treuen Begleiter-Wölfe, von Jeb.

Das größte Problem an Minecraft sind die vielen Versprechen, die gegeben, aber letzten Endes doch immer abgewandelt oder zurückgenommen wurden. So sollte die ‘Sky Dimension’ eine weitere Ebene der Welt bilden, in der schwebende Inseln auftauchen. Dieser Gedanke wurde jedoch verworfen und durch ‘The End’ ersetzt, eine Art Dungeon, die ein Spieler nur mit einem speziellen Portal erreichen kann, um dort einen Enderdrachen zum Kampf heraus zu fordern. Dies sollte das Spiel in sich abschließen, da bis zu diesem Zeitpunkt einiges an Überlebenswillen notwendig ist. Als ich jedoch den Abspann von Minecraft sah, dessen Zeilen ein wenig an meine Botschaft aus der Einleitung erinnern, war ich irgendwie befremdet, da ich es kaum in Einklang mit dem Survival-Modus selbst bringen konnte. Ich glaube, dass es auch anderen Spielern so ergangen sein muss, denn ein geradliniges Spiel, wie ein Jump’n’Run ist es nie gewesen, sondern viel mehr eine Art Abenteuerwelt mit Gottkomplex. Viele Spieler wünschten sich deswegen mehr Rollenspiel-Aspekte, was durch Levelaufstiege und Fertigkeiten zumindest schon einmal in Angriff genommen wurde. Darüber hinaus bekommt das Spiel durch Waffenverzauberungen und Tränke brauen indirekt mehr Features, doch auf das normale Bauen hat das nur wenig Einfluss. Obwohl die Bandbreite an Änderungen mit den letzten Updates für so ein Spiel immer noch beachtlich ist, möchte man sich doch fragen, ob das nicht nur alles nur kleine Schritte sind, die irgendwann ganz ausbleiben. Die Entwicklung der NPC-Dörfer, um die Welt lebendiger zu machen, löst bei mir mittlerweile eher ein Déjà vu an nicht erfüllte Versprechen hervor, als an frohlockende Innovation.

BattleForge

Auch bei BattleForge warte ich seit Langem vergeblich auf Innovation. Wie im zugehörigen Podcast mit Sokailu, waechter und mir bereits zu hören ist, sind die Aussichten auf ein weiteres Kartenpaket recht düster. Auf Christophs Frage bezüglich der Zukunft von BattleForge lege ich dar, dass das aktuelle Live-Team, das weiterhin das Spiel betreut von den Kapazitäten her zu klein gehalten ist, weswegen es nur mit sehr viel Zeitaufwand möglich wäre ein neues Karten-Theme zu entwickeln. In der Vergangenheit wurden bei vermutlich größerer Teammitgliederzahl für die weiteren Kapitel nur die alten ‘Skins’ der vorhandenen Einheiten modifiziert, da eigenes Modellieren für das immer noch optisch sehr schöne Spiel ebenfalls sehr aufwändig ist.

Positiv ist nur zu vermerken, dass der Preis für die ingame-Währung Battleforge-Points (BFP) von 20 Euro für 2.250 Punkte auf circa 16 € für stolze 12.500 Punkte im offiziellen EA-Shop gesenkt wurde. Diese Änderung trat zusammen mit dem neuen Patch vom 25. Januar diesen Jahres auf den Plan. Doch auch hier gab es inhaltlich trotz der Notwendigkeit diesen Patch manuell runterzuladen kaum nennenswerte Veränderungen. Aus technischen Gründen konnten die Änderungen im Interface vom intelligenten Patcher von Battleforge nicht geladen werden, doch als Veteran, der mit der manuellen Suche nach Updates vertraut ist, war es verschmerzbar sich diese neue Version selbst beschaffen zu müssen. Mit den Änderungen ist es nun auch endlich möglich zu erkennen, welche ingame-Nachrichten vom offiziellen EA Support-Team kommen. Somit sind Scams wesentlich leichter zu identifizieren, denn vor allem gefälschte Nachrichten haben in der Vergangenheit scheinbar schon hunderten Spielern den Account gekostet. Außerdem ist es jetzt möglich sich BFP auch selbst zu verdienen, damit auch Spieler mit kleinem Geldbeutel eine größere Chance haben Konkurrenz fähig zu bleiben und im Auktionshaus mitbieten zu können. Neben dem jahrelangen regelmäßigen Balancing also vor allem für die bestehende Community eine weitere Besserung und Pflege des Spiels.

BattleForge hätte aber noch so viel Potential, wenn man nur den Umfang vergrößern würde. Mit mehr Karten, einem vernünftigen Marketing und einer Integration einer Reconnect-Funktion nach Verbindungsabbrüchen, könnte man mit diesem Spiel noch einigen Spaß haben. Allein das dürftige Kartenmaterial und die kurzen Kampagnen sind doch sehr beengend, wenn sich nach nur einem Tag Spielzeit das Spielverhalten zu repetitiven Grinden wandelt, um sein eigenes Kartendeck aufzuwerten. Verschweigen möchte ich aber auch nicht, dass aufgrund der hohen Einstiegshürden Battleforge, um einigermaßen wieder auf die Beine zu kommen, dringend (!) an der Begleitung neuer Spieler arbeiten müsste. Zusatzprogramme, wie Build-Generatoren zu Guild Wars in Form von Deck- und Kartensammelanwendungen mit Beschreibungen bei Battleforge würden zumindest in sich eine sehr hilfreiche FAQ für Anfänger und Fortgeschrittene ergeben und besser zum Spiel hinführen.

Guild Wars

Und damit wären wir bei Guild Wars, dem Paradebeispiel um zu Zeigen, dass es auch anders geht. Bevor ihr jedoch direkt Reißaus nehmt, sei soviel versprochen: Ich werde mich auf das Nötige beschränken und Lobreden nach Möglichkeit vermeiden, denn dafür hatte mir Christoph vor mittlerweile bald drei Jahren schon einen eigenen Guild Wars – Podcast eingeräumt.

Allgemein zum Spiel gibt es folgende Abgrenzungen: Guild Wars ist unterteilt in drei Kapitel namens Prophecies, Factions und Nightfall. Jede Kampagne kann autark gesehen werden und inhaltlich sind die Geschichtsstränge nahezu unabhängig. Bei Besitz aller Kampagnen kann man mit seinem Spielecharakter freizügig zwischen den Welten hin und her reisen und somit die Hauptstory und Nebenquests der anderen Kapitel ebenfalls erledigen. Natürlich gibt es ein paar Überschneidungen was Hintergrundgeschichten angeht, die vor allem Besitzer aller Teile erfreuen, wenn man sie erlebt. 2007 kam zur Spieleserie das Add-on Guild Wars: Eye of the North (kurz: GW:EN) hinzu, dass erstmalig mindestens den Besitz eines der drei Kapitel voraussetzte und an die Geschichte aller drei Titel anknüpfte und seitdem als Bindeglied zwischen Guild Wars 1 und dem lange angekündigten zweiten Teil fungiert. Stammleser dürften diesen Ausdruck bereits einige Male gehört oder gelesen haben.

Hintergrund von Eye of the North aus entwicklungstechnischer Hinsicht war das Bestreben von Entwickler ArenaNet den Fans ein Dankeschön für ihre Treue zu präsentieren, dass nicht aus nur einem weiteren Kapitel bestehen sollte. In der Konsequenz wurde ein Nachfolger mit neuer Engine und deutlich mehr Möglichkeiten angekündigt, ohne dass auch nur mehr als ein Logo, dass später wieder zurück genommen wurde, existierte. Die Story war bereits in den Köpfen der Autoren und die Geschichte in sich geschlossen, weswegen zumindest hier keine Logiklücken zu erwarten waren. Das Entwicklerstudio betonte in der Vergangenheit immer wieder die enge Community, die sich um das Spiel gebildet hat, weswegen alles so kam, wie es kam. Doch kaum jemand konnte ahnen, dass es erst 2012 werden musste, bevor das Spiel auch nur einen genäherten Release-Termin bekommt. Aktuell ist der 30. Juni auf Amazon.DE eingetragen, der langjährige Suchtknecht, der ich bin bleibt jedoch skeptisch.

In der Zwischenzeit hat sich Guild Wars allerdings auch gemausert und besitzt neben der Halle der Monumente, in der sämtliche Errungenschaften gespeichert und an die Spielefiguren in Teil 2 vererbt werden, drei kostenlose Erweiterungen und zahlreiche Updates. Hinter den drei neuen Passagen verbergen sich drei Handlungsstränge, die zwar die alten Spielegebiete nutzen, aber sehr wichtige Geschichten erzählen, die großen Einfluss auf die Zukunft haben. All diese Pfade werden unter dem Begriff Guild Wars Beyond zusammen gefasst und beim Durchspielen der harten Herausforderungen mit seltenen Gegenständen belohnt. Von der Handlung her wird beispielsweise mit Hearts of the North die Begegnung zwischen Gwen, einer sehr wichtigen Person aus Prophecies und Keiran Thackeray vertieft. Ihr späterer Nachkomme, Logan Thackeray, gehört zu den berühmten Helden der Klinge des Schicksals. Alle Mitglieder dieser Gruppe sind später wichtige Protagonisten in Guild Wars 2, deren eigene Geschichte stark mit dem Kampf gegen Drachen verwoben sein wird. Wie wichtig dieser Grundstein, der in dieser – ich betone es erneut – kostenlosen (!) Missionssammlung enthalten ist, werden wir wohl erst ermessen können, wenn der Nachfolger endlich erschienen ist. Um jedoch den Einfluss vorab abschätzen zu können, empfehle ich das offizielle Buch zur Schicksalsklinge zu lesen: Edge of Destiny.

Die weiteren Erzählungen in Beyond namens Krieg in Kryta und Wind des Wandels sind auch sehr empfehlenswert und werden ähnlich epische Auswirkungen haben, genauso wie die vielzähligen Balancing-Updates des Guild Wars Live Teams, dass teilweise alte Konzepte total über den Haufen geworfen und einige Charakterklassen vollkommen revolutioniert hat. Auf jeden Fall ist nahezu alles, was während der Entwicklungszeit des Nachfolgers in Guild Wars 1 investiert wurde, im Nachhinein als sehr positiv zu bewerten. Doppelt positiv möchte ich es hervorheben, für ein Online-Rollenspiel ohne monatliche Gebühren und Cash-items. Wer endlich mal vernünftige Geschichtserzählung erleben möchte und noch kein Guild Wars gespielt hat, dem möchte ich das Spiel ans Herzen legen.

Welche Spiele haben euch nach dem Abschluss richtig überzeugt? Was wolltet ihr unbedingt weiter spielen und zwar nicht in Form eines Nachfolgers, sondern im vorhanden Spielstand mit gleichem Szenario?

Kleine Information am Rande: Diese News wurde ‘postponed’ für den 30. Februar 2012. Schön zu sehen, dass heute mit dem 1. März auch der Februar endlich abgeschlossen ist.

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