Spiele? Check. Katzen? Check. Filme? Check. Computerzeugs? Check. Bücher? Check. Comics? Mmmh, zu denen gibt es tatsächlich noch keinen Eintrag hier auf Bagdadsoftware seit die Witze-Sektion von der Seite geflogen ist. Das wichtigste Nerd-Thema überhaupt fehlt? Das kann ja nicht angehen. Andererseits: Was Hardcore-Comicsleser unter dem Begriff “Comics” verstehen, interessiert mich nicht die Bohne. Spider-Man, Superman, Hellboy und wie sie alle heißen können mir gestohlen bleiben. Nicht nur wegen der schieren Unmöglichkeit bei dem riesigen Backlog noch einen Weg hinein in die Kontinuität finden zu können. Mir gefallen auch einfach der Zeichenstil und die erzählten Geschichten nicht.
Mir ist klar, dass ich mich mit dieser Aussage gleich schon wieder selbst disqualifiziert habe in den Augen der “echten” Comicleser. Aber wen interessiert’s? Eben: Niemanden! Nachfolgend findet ihr stattdessen meine drei absoluten Lieblingscomics:
Calvin and Hobbes – Der Klassiker unter den Klassikern. Wer den sechsjährigen Calvin und seinen Stofftiger nicht kennt, der hat ernsthaft etwas verpasst. Und so traurig es auch ist, dass der letzte Strip bereits vor 16 Jahren erschienen ist, bin ich Bill Watterson gleichzeitig unendlich dankbar dafür, dass er aufgehört hat, als es am Schönsten war. Schaut euch nur einmal im Vergleich Garfield, Dilbert oder Hägar der Schreckliche an. Alle drei äußerst erfolgreiche und einstmals richtig gute Comicstrips, die aber heutzutage in Sachen Qualität nur noch ein Schatten ihrer selbst sind und wie Die Simpsons schon lange ihre besten Zeiten hinter sich haben. Aber zurück zu Calvin and Hobbes:
Ich bin mit der außerordentlich gelungenen deutschen Übersetzung der Beiden sprichwörtlich groß geworden (der erste Strip erschien 1985, der letzte 1995), obwohl ich damals unter Garantie nicht einmal die Hälfte aller Witze wirklich verstanden habe (geschweige denn überhaupt lesen konnte). Aber schon der, vielleicht etwas krude Zeichenstil ist etwas sehr besonderes. Doch die eigentliche Faszination an Bill Wattersons Werk liegt woanders.
Intelligente Strips
Ich lese Calvin und Hobbes auch heute noch sehr gerne (ich habe selbstverständlich alle Sammlungen), aber anders als bei einem Garfield, haben sich die Geschichten in Laufe meines Erwachsenwerdens verändert. Natürlich lache ich immer noch gerne einfach so über Calvins Eskapaden. Doch ein Großteil der Strips, speziell Calvins Traumsequenzen oder die wenigen, zusammenhängenden Geschichten, sind über die Jahre zu sehr viel mehr als nur einem Witz geworden. Stattdessen regen sie zum Nachdenken an. Nicht nur über die Themen, die sie explizit behandeln (beispielsweise als Calvin und Hobbes auf den gerodeten Wald stoßen), sondern auch so vieles mehr, dass sich einfach nur durch die Handlungen der Charaktere und ihre Dialoge ergibt. Speziell der Sarkasmus von Calvins Vater enthält sehr viele, auch heute noch gültige Erkenntnisse über die Welt an sich und auch hinter Calvins kindlichem Gemüt steckt so viel mehr Symbolik, als der erste Blick vermuten lässt.
Früher habe ich das nicht verstanden, konnte aber trotzdem lachen. Heute kann ich immer noch lachen, sehe aber gleichzeitig auch noch die Hintergründe und habe so noch viel mehr vom Comic. Und das ist, vielleicht ähnlich der Peanuts — die ich aber überhaupt nicht mag –, vermutlich auch der Grund des immensen Erfolgs der von Calvin und seinem Stofftiger. Es ist eben nicht einfach nur ein Comicstrip — es ist ein richtig intelligenter Comicstrip.
Questionable Content – Kennt ihr noch die erfolgreiche TV-Serie Friends? Ja? Dann wisst ihr auch schon was euch bei Questionable Content erwartet: eine seit Jahren andauernde Sitcom mit größtenteils normalen Charakteren, die in alltägliche Situationen geraten und dabei amüsante Sachen erleben. Es gibt sogar einen Coffee Shop (mittlerweile zwei…) in dem die Freunde immer abhängen. Einen deutlicheren Hinweis gibt es wohl nicht, oder? Okay, gibt es: Marten und Faye sind ganz klar von Ross und Rachel abgekupfert.
Seichte Unterhaltung?
Wer Friends nicht mochte, wird also auch das Werk von Jeph Jacques nicht mögen. Ich bin hingegen schon mindestens seit 1.000 Strips dabei (und habe natürlich auch die vorherigen schon lange nachgeholt). Mir gefallen die Charaktere und die Geschichten, die sie erleben. Egal ob Marten, Hanners oder Pintsize — alle sind über die Jahre so unglaublich facettenreich und liebenswürdig geworden und ich habe ein tatsächliche Interesse daran zu erfahren, wie es denn mit Marten nach seiner Trennung von Dora weitergeht. Oder die stark OCD-geschädigte Hanners auch mal Männerglück haben wird und wie das aussieht (einen ersten Vorgeschmack gab es schon). Oder schlicht wie der nächste Comicrelief-Moment mit dem Roboter Pintsize aussieht.
Das ist ein weiteres Aushängeschild von Questionable Content: die Charaktere entwickeln sich immer weiter. Speziell natürlich Marten, als der eigentliche Hauptcharakter, hat sich über die Jahre stark verändert. Ein Punkt, der mich vor allem an Serien wie Die Simpsons auf lange Sicht immer stört. Jede Folge fängt faktisch wieder bei null an, auch wenn mir jetzt wieder einige Fans Steine an den Kopf werfen. Gleichzeitig arbeitet Jeph aber auch nicht mit der Holzhammermethode wie es beispielsweise CTRL+ALT+DEL tut. Er weiß wie man eine gute Geschichte erzählt und lässt sich auch die Zeit dafür sie zu erzählen. Wir reden hier schließlich von mittlerweile 1.865 (nur unterbrochen von ein paar lustigen Füllern). Da geschieht nicht von einem Strip auf den nächsten plötzlich eine Fehlgeburt…*hust*
The Order of the Stick – Ein Strichmännchencomic mit einer Rollenspielthematik. Wie einfallsreich mag der ein oder andere Denken! Zu Beginn hat das auch definitiv gepasst. Da war es tatsächlich nicht viel mehr als jeweils ein in sich geschlossener Strip, der sich über irgendeine Dungeons & Dragons-Regel lustig gemacht hat. Doch das hat sich sehr schnell geändert. Heutzutage ist The Order of the Stick eine wahrlich epische Geschichte, die online mittlerweile 776 Strips umfasst und die Erlebnisse einer Abenteuergruppe erzählt, welche die Welt retten muss.
Wie, das ist auch nicht einfallsreich? Gut, mag sein. Aber auch hier gilt die Devise: der Strip hat sich über die Jahre sehr gut entwickelt. Aus den Klischee-Charakteren sind Figuren geworden, deren Leben mich interessiert, deren Schicksal mich trifft und die eben dann doch keine 08/15-Geschichte erleben. Natürlich zweifle ich nicht daran, dass am Ende die Guten siegen werden. Aber mit wie vielen Verlusten? Und wie in einem guten Buch, ist vor allem der Weg das Ziel und Rich Burlew schafft es auch immer wieder den Leser zu überraschen, aus der Komfortzone herauszuholen und somit die Geschichte auf Dauer spannend zu halten (natürlich inklusive vieler lustiger Gags). Ohne zu viel zu verraten: es stirbt sogar einer der Hauptcharaktere!
Sechs Bücher bislang
Der Vergleich mit einem Buch kommt nicht von ungefähr, denn so richtig zur Geltung kommt der Strips tatsächlich erst in gedruckter Form. Bislang gibt es vier Bücher, welche die Strips 1-672 umfassen, sowie zwei exklusive Origin-Geschichten (einmal von den Guten und einmal von den Bösen), die nie ihren Weg online finden werden. Wie von Webcomic-Sammlungen gewohnt, sind in den Büchern aber natürlich auch allerlei Bonusstrips enthalten, die einige Abschnitte noch weiter vertiefen oder mittlerweile sogar ganze Szenen einfügen, die aus Zeitgründen nicht online veröffentlicht wurden.
Zeitgründe? Klingt komisch, ich weiß. Aber der Strip wird online nur äußerst unregelmäßig aktualisiert (aber immer noch regelmäßiger als VG Cats) und entsprechend lange dauert es, bis die Geschichte wirklich voranschreitet. Deshalb kürzt Rich immer mal wieder hier und dort, damit es etwas schneller geht. In einem Buch ist das wieder was anderes. Da geht man ja schneller durch die Erzählung durch und vergisst nicht gleich, was auf der vorherigen Seite geschah. Entsprechend fügt er hier die gekürzten Sachen wieder ein und macht The Order of the Strip zum einzigen, mir bekannten Webcomic, das ausgedruckt tatsächlich 100mal besser ist als online.
Paradox, ich weiß, aber der Vergleich mit einem guten Buch kommt eben nicht von ungefähr. Don’t Split the Party, das aktuellste Buch, hat mich beispielsweise so richtig umgehauen. Für mich steht The Order of the Stick deshalb mittlerweile auf gleicher Stufe wie die Spiel der Götter-Saga, der Avalon-Saga (Marion Zimmer Bradley) oder dem Mittelerde-Zyklus — nur statt 500 Seiten Text ohne viele Bilder, habe ich hier eben 500 Seiten Bilder ohne viel Text .
Schlussworte
Nun wisst ihr endlich auch, welche meine absoluten Lieblingscomics sind. Natürlich lese ich noch einige weitere (unter anderem Rooster Teeth Comics, Little Gamers und die ganzen populären natürlich wie Penny Arcade oder xkcd) aber wir wollen ja noch etwas für zukünftige Einträge aufheben. Und wer jetzt meckert, dass man sich zumindest in zwei der drei genannten Comics auch erst durch den Backlog lesen muss: das geht 1000mal schneller als bei einem Spider-Man-Comic und seinen fünfhundert Spin-offs, die alle irgendwie zusammenhängen. Von den Kanon-Crossover-Geschichten ganz zu schweigen…
PS: Podcast Folge Nr. 31 kommt leider nicht mehr im Februar. Mein Gast hat erst in der ersten März-Woche Zeit. Rechnet mit einer Veröffentlichung entsprechend frühestens am 3. März.