Sicarius

Krieg der Sterne: Dunkle Mächte – Die Neuauflage

Star Wars: Dark Forces (Herstellerbild)

Wir schreiben Anfang 1995. DOOM hatte keine zwei Jahre zuvor das Genre über Nacht revolutioniert und haufenweise Nachahmer wollten ein Stück vom Kuchen abhaben. Während in Deutschland der Begriff “Ego-Shooter” schon früh Fuß fasste (und die meisten indiziert wurden), nannte man sie im englischsprachigen Raum alle schlicht “DOOM-Klone”. Ja, selbst id Softwares nächster Meilenstein, QUAKE, wurde von der Presse so tituliert. Heutzutage unvorstellbar, dass anfangs keiner auf den so simplen Begriff “First Person Shooter” kam.

Star Wars + Ballern

Doch zurück ins Jahr 1995: LucasArts feierte gerade einen Erfolg nach dem anderen – darunter auch mit einigen Star-Wars-Titeln. Entsprechend war es naheliegend mit der Lizenz ebenfalls einen DOOM-Klon zu basteln. Er hörte auf den Namen Star Ware: Dark Forces und stand ab 28. Februar 1995 für MS-DOS in den amerikanischen Händlerregalen. Gegen Ende des Jahres folgte noch eine eher misslungene Umsetzung für Sonys PlayStation – allerdings nicht in Deutschland, denn wie geschrieben: Das meiste, was in den Neunzigern in Sachen Ego-Shootern auf dem Markt kam, überlebte die harte Hand der Behörden nicht und wurde prompt indiziert. Die DOS-Version war entsprechend im September (englische Fassung) bzw. Oktober (deutsche Fassung) fällig. Von Liste A gestrichen wurde es erst 2020 als die 25-Jahre-Frist abgelaufen war und die Indizierung automatisch erlosch.

Ich selbst habe damals Star Wars: Dark Forces nicht wirklich miterlebt, obwohl die Titel von LucasArts (u.a. das grandiose Star Wars: TIE Fighter) durchaus hoch im Kurs standen bei meinem Bruder (=damaliger Hauptspielelieferant für mich). Und auch seit dieser Zeit habe ich mich nie wirklich damit beschäftigt, obwohl die restliche Jedi-Knight-Reihe an sich weit oben auf meiner Favoritenliste steht (vor allem die Titel von Raven Software). Wie gut, dass heute Star Wars: Dark Forces Remaster von Nightdive Studios in den digitalen Händlerregalen für PC, Nintendo Switch, PlayStation und Xbox freigeschaltet wird. Pünktlich 29 Jahre nach Veröffentlichung des Originals. Und dann habe ich (bzw. Co-Optimus – aber das Spiel hat keinen Multiplayermodus) von der zuständigen PR-Agentur auch noch freundlicherweise frühzeitig einen Steam-Key erhalten. So blieben mir keine Ausreden mehr übrig, um mich nicht endlich mal in die ersten Abenteuer von Kyle Katarn (noch ohne Lichtschwert) zu stürzen.

Das Remaster

Star Wars: Dark Forces Remaster (Herstellerbild)

Bevor ich auf das eigentliche Spiel eingehe, ein paar Wort zum Remaster: Ausgestattet mit dem Source Code, hat Nightdive-Studio das Original grundsätzlich erfolgreich auf ihre bekannte KEX-Engine portiert. Dieses Unterfangen war trotz Vorhandenseins des Source Codes wohl nicht ganz so leicht, da LucasArts mit ihrer extra für das Spiel gebastelten Jedi-Engine so einige (für damalige Verhältnisse) coole Sachen angestellt hatte, die jetzt auf moderne Methoden portiert werden mussten. Darunter echtes Multi-Threading zu einer Zeit, wo es nicht einmal Programmier-Guru John Carmack nutzte.

Ja, technologisch und inhaltlich war Star Wars: Dark Forces durchaus ein Meilenstein. Der größte Punkt aus Spielersicht war sicherlich die Vertikalität, denn anders als DOOM durften die Designer endlich Räume über Räume setzen. Daraus resultierend konntet ihr auch endlich bis zu einem gewissen Grad nach oben und unten schauen. Springen war ebenfalls möglich. Ja, SPRINGEN! In einem DOOM-Klon! Unfassbar. Außerdem enthielt es die ersten echten 3D-Modelle (z.B. ein TIE Fighter in einem Hangar), obwohl der größte Teil des Spiels weiter auf 2D-Sprites setzt.

Doch zurück zum Remaster: Während der Port grundsätzlich sehr gut gelungen ist, gibt es Abzüge in der B-Note. So wurde beispielsweise das Tickraten-Problem nicht gelöst. Die Spiellogik von Star wars: Dark Forces läuft nämlich intern mit 72 Ticks pro Sekunde. Habt ihr also einen Monitor mit 60hz oder 120hz, hat das spürbar negative Einflüsse auf das Spielerlebnis (ruckeln). Ich habe zum Glück 144hz und war somit nicht betroffen. Auch beim Sound gibt es wohl einen kleinen Unterschied, den ich aber beim Spielen absolut nicht hören konnte. Für mehr Infos zu beiden Punkten (und mehr) empfehle ich euch das dazugehörige Video von Digital Foundry. Tatsächlich ein Problem hatte ich allerdings mit Abstürzen. Das ist besonders ärgerlich, da das Spiel kein richtiges Speicher-System hat. Stattdessen arbeitet es mit Leben und (temporären) Checkpoints. Stürzt das Spiel also ab, müsst ihr das Level wieder von vorne starten. Passiert ist es faktisch immer beim Öffnen/Schließen des PDAs (enthält die Levelkarte, Missionsziele, etc.). Macht man das zu häufig hintereinander, findet er das scheinbar nicht so gut und crasht. Saublöd und hat meine Spielzeit definitiv unnötig in die Länge gezogen.

Schick und Modern

Abseits davon läuft Star Wars: Dark Forces Remaster aber nicht nur ohne Probleme auf modernen Systemen, es gibt durch den Engine-Wechsel zudem ein paar Annehmlichkeiten. Darunter die Unterstützung für Auflösungen bis auf 4K, gestochen scharfe und hoch aufgelöste Texturen, verbesserte Beleuchtung und atmosphärische Effekte (z.B. bei Blasterschüssen) und ein mega-flüssigeres Spielerlebnis dank einer Framerate von bis zu 120 pro Sekunde. Außerdem wurden die Zwischensequenzen und der Sound aufpoliert. Das Spiel sah faktisch ohne Mods noch nie so gut aus und spielte sich nie besser.

Der Vault enthält ein paar interessante Artefakte.

Es gibt außerdem Gamepad-Unterstützung inkl. dem obligatorischen Waffenrad und dahingehend eine neue Menüstruktur, denn das Original war komplett auf die Nutzung mit der Maus ausgelegt. Auf Knopfdruck könnt ihr im Spiel zudem zwischen der modernen Grafikengine und dem Software-Renderer hin und her wechseln. Allerdings weiß ich nicht, wer sich ernsthaft den Pixelhaufen (die Auflösung war 320×200) von damals länger antun würde. Das gilt auch für den sehr piepsigen MIDI-Soundtrack, den ihr statt der OPL3-Version aktivieren könnt *grusel*. Andererseits: Der Soundtrack ist eh nicht so der Brüller. Ja, es kommen die bekannten Motive aus John Williams’ Werk vor aber die Stücke sind einfach zu kurz und wiederholen sich entsprechend viel zu oft in einem Level. Da hilft auch der Einsatz von LucasArts’ dynamischen Soundsystem iMuse nicht viel (Musik wechselt z.B. während Kämpfen oder beim Betreten neuer Levelabschnitte).

Außerdem mit im Paket sind einige Goodies aus der Entwicklung des Spiels wie Konzeptzeichnungen, 3D-Modelle und Screenshots der Tools inkl. etwas Begleittext. Das Highlight ist aber sicherlich das vollständig spielbare Demolevel von der damaligen CES. Das sollte ursprünglich das erste Level des Spiels werden. Ihr seid dort auf einem Imperial Class Star Destroyer unterwegs, um die Pläne für den Todesstern zu stehlen. Lt. Aussagen der Entwickler wurde es aber aus der finalen Version gestrichen, weil es aus ihrer Sicht zu anspruchsvoll für neue Spieler gewesen wäre. Stattdessen wurden einzelne Anteile in andere Level übernommen und stattdessen die Pläne für den Todesstern in einem Außenposten versteckt.

Reale Labyrinthe

Wir schlüpfen in die Schuhe von Kyle Katarn, ein ehemaliger Offizier des Imperiums, der sich mittlerweile als Söldner verdingt. Er wird von der Rebellion angeheuert der Zerstörung einer geheimen Rebellen-Basis auf den Grund zu gehen. Dabei stößt er auf eine neue Art von Soldaten, die Dark Trooper. Mächtige, kybernetische Kampfmaschinen, die von General Rom Mohc entwickelt wurden. Begleitet von Jan Ors geht er die folgenden 13 Level der Sache auf den Grund und – es ist kein wirklicher Spoiler – konfrontiert am Ende den General auf dem Dark-Trooper-Fabrikschiff. Zeitlich spielt die Geschichte nach der Zerstörung des ersten Todessterns, allerdings ist seit der Übernahme der Marke durch Disney eh nichts mehr davon Kanon. Da macht es auch nichts, dass sich selbst das Spiel nicht ganz an die Ereignisse der Originaltrilogie hält. Wie oben bereits erwähnt, seid nämlich ihr es, der die Pläne des Todessterns im 1. Level stiehlt. Von wegen “Viele Bothaner erlitten den Tod, um uns diese Informationen zu bringen!”. Die einzigen, die bei dieser Mission zu Haufen gestorben sind, waren imperiale Sturmtruppen und Offiziere, weil Kyle Katarn keine Gefangenen nimmt!

Ich kann nach oben schauen!

Und ja, das ist ebenfalls ein Punkt, der damals relativ neu für einen DOOM-Klon war: Es gibt diese zusammenhängende Geschichte inkl. (für damalige Verhältnisse) coolen Zwischensequenzen. Und eure Aufgabe in den Missionen ist nicht nur “knalle alles ab”, sondern ihr habt konkrete ToDos wie z.B. eine Navigationskarte von einem Computer dekodieren zu lassen oder einen Gefangenen zu befreien. Um dieses Missionsdesign zu unterstützen, haben die Level Designer versucht die Umgebungen vergleichsweise realistisch zu gestalten. Ihr seid schließlich an “realen” Orten aus dem Star-Wars-Universum unterwegs wie z.B. Anoat City, Nar Shaddaa oder Jabbas Schmugglerschiff und die Executor (der riesige Sternezerstörer aus Die Rückkehr der Jedi-Ritter). Gleichzeitig ist auch für ausreichend Abwechslung gesorgt. Selbst die imperialen Gebäude/Strukturen sind nicht immer identisch. Sehr cool.

Realistische Gestaltung bedeutet aber nicht, dass die Level nicht trotzdem teilweise sehr abstrakt gestaltet sind. Wir reden schließlich von den 90igern. Dazu kommt, dass besonders in den Außenlevels alles irgendwie unnatürlich hoch wirkt. Aber insgesamt fühlt es sich schon so an, als wäre man wirklich mittendrin. Blöd nur, dass die Level in spielerischer Hinsicht ziemlich “meh” sind. Ich fühlte mich – im negativen Sinne – stark an Star War Jedi Knight: Dark Forces II erinnert. Das hatte auch solche total labyrinth-artigen Level, die oft wenig Sinn ergaben und in denen ich mich ständig nur verlaufen habe. Die jederzeit verfügbare Übersichtskarte im PDA hilft bis zu einem gewissen Grad aber in  dem einen oder anderen Level bin ich trotzdem relativ lange ratlos durch die Gegend gelaufen, weil ich nicht wusste, wo es weitergeht. Deswegen habe ich auch früh damit aufgehört die zahlreichen Geheimnisse mit Goodies zu suchen. Die waren mir einfach zu gut versteckt und ich hatte meist beim Erreichen des Missionsziels keinen Bock mehr noch länger im Level zu verbringen.

Ballern bis zum Aufenthalt im Bacta-Tank

Neben ein paar netten aber nicht sonderlich anspruchsvollen Puzzle- und Plattformeinlagen, ist der Großteil des Spiels pure Shooter-Kost, die im Remaster gut von der Hand geht. Ausgestattet mit allerlei Schießprügeln (inkl. Sekundärfeuer) vom Blaster über Thermal Detonatoren bis hin zum BFG9000-equivalent namens Stouker Concussion Rifle, kämpft ihr euch durch die zahlreichen Gegnerhorden zu eurem Ziel. Die meiste Zeit ist es das imperiale Standardgesocks, das mehr durch Masse als Klasse glänzt, obwohl die Sturmtruppen hier definitiv besser treffen als in den Filmen. Im Ausgleich dazu sind die Schmuggler extra fies (vor allem die granatenwerfenden Gran). Langweilig bzw. anspruchslos (spielte auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad “Hart”) wurde es zusammen mit dem interessanten Leveldesign somit trotz der recht übersichtlichen Anzahl an Feindtypen tatsächlich nie.

Sterbt ihr doch mal und habt noch ein Leben übrig, dann erscheint ihr einfach am letzten der zahlreichen Checkpoints in einem Level wieder. Ein etwas archaisches und ja, ein Stück weit nerviges System. Aber faktisch habe ich mir nur an Jabbas Schmugglerschiff etwas die Zähne ausgebissen, weil ihr dort zu Beginn eurer Ausrüstung beraubt und ähnlich Luke Skywalker in eine Arena geworfen werdet. Statt eines Rancors erwarten euch dort allerdings nicht weniger gefährliche Kell-Drachen, die ihr mit euren Fäusten besiegen müsst. Und die Viecher haben einen echt starken Biss! Hat deshalb etwas gedauert, bis ich diese Passage erfolgreich (und mit noch ein paar Leben in der Tasche) geschafft hatte.

Einen Kell-Drachen mit der Faust besiegen?!

Beim Christoph meint: Star Wars: Dark Forces Remaster kriegt von mir3 von 5 Sics. Das liegt aber weniger am Remaster von Nightdive, das grundsätzlich sehr gut gelungen ist, sondern am eigentlichen Spiel. Es kommt schlicht und einfach nicht an die spielerische Qualität von Titeln wie DOOM, Duke Nukem 3D oder auch LucasArts nächstem Shooter, Outlaws, ran. Speziell das extrem labyrinth-artige Leveldesign vieler Levels hat mir im Verlauf der rund 8-10 Spielstunden zusammen mit dem fehlendem Speichersystem und den doch zahlreichen Abstürzen echt teilweise die Nerven geraubt. Tatsächlich hatte ich schon nach der ersten Handvoll von Missionen keinen Bock mehr. Da half weder das solide Shooter-Gameplay noch die Geschichte so richtig, denn sie ist trotz der ganz guten Erzählung viel zu dünn und hat zu wenig Auswirkungen auf die folgenden Spiele der Serie, um wirklich zu motivieren. Oder um es klar auszudrücken: Ohne den Star-Wars-Bonus, wäre das Spiel vermutlich bereits bei Release in der Versenkung verschwunden. Lysanda fragte entsprechend, warum ich angesichts meines Backlogs überhaupt weiterspiele. Aber ihr kennt mich ja: Jetzt erst Recht! Außerdem wollte ich euch einen fundierten Bericht liefen, wenn ich schon mal wieder seit langem einen Titel vor Embargoende spielen durfte.

Erschwerend kommt außerdem noch dazu, dass Nightdive knapp 30 EUR für das Remaster will. Für das Geld könnt ihr euch DOOM, DOOM II, QUAKE und QUAKE II kaufen und bekommt so mehrere Dutzend Stunden hervorragende Shooterkost! Also nein, ich kann leider keine Kaufempfehlung für Star Wars: Dark Forces Remaster aussprechen. Er ist höchstens was für beinharte Star-Wars-Fans – und selbst die greifen vermutlich besser zum Original. Das ist billiger zu haben und dank dem Source Port The Force Engine gibt es auch dafür moderne Features.

3 Kommentare

Bist aber absolut nicht Up-to-Date. Den habe ich zusammen mit der Mindestlänge Anfang 2022 abgeschafft, auch wenn ichs vielleicht nicht deutlich genug geschrieben habe und trotzdem den Montagseintrag noch regelmäßig mache :smile: .

Fun Fact noch zu Dark Forces Remaster: Schaut im Trailer mal genau hin und es wird euch auffallen, dass dort auf kein menschliches Wesen geschossen wird. In einem Shooter! War eine Auflage von Lucasfilm und erinnert an die frühen 2000er und den Videos in deutschen Spielemagazinen.

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