Schon fast drei Wochen bin ich im Besitz meiner VR-Brille. Und selbstverständlich habe ich versucht sie in der Zeit möglichst häufig zu nutzen. Lasst mich also heute meinen damaligen Ersteindruck ergänzen. Wie ist es mir ergangen und macht es immer noch Laune?
KotzVR
Fangen wir mit dem größten Punkt an: Die VR-Krankheit. Erstmals bemerkt beim Spielen von DOOM VFR*, ist mittlerweile klar, dass ich das Problem in allen VR-Spielen habe in denen viel Bewegung drin ist. Selbst in Star Trek: Bridge Crew* wird mir flau im Magen, wenn ich in die Außenansicht wechsle und die Kamera meinem anvisierten Ziel folgt. Und das Schlimme ist: Beende ich die Sitzung sofort, hallt dieses Unwohlsein (im Minimum besagter flauer Magen und ein komisches Gefühl im Kopf) trotzdem noch Stundenlang nach.
“Holla die Waldfee!” kann ich da nur sagen. Hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass ich da ein Thema haben würde, da ich sonst in der Hinsicht (also Motion Sickness z.B. in klassischen Spielen oder beim Autofahren) bislang keine Berührungspunkte hatte. Andererseits ist es wohl ein durchaus weit verbreitetes Problem unter VR-Nutzern. Bin also nicht ganz alleine auf weiter Flur damit. Neben vielen Tipps und von den Entwicklern integrierte Funktionen, gibt es entsprechend auch das ein oder andere Programm, das ihr zusätzlich zum eigentlichen Spiel starten könnt, um dann (hoffentlich) die Trigger zumindest zu minimieren. Zur Erklärung: Die VR-Krankheit entsteht durch die Dissonanz zwischen dem was euer Auge sieht und was euer Innenohr wahrnimmt. So bewegt ihr euch zwar optisch fleißig durch den virtuellen Raum aber bekommt keine entsprechenden Sinneseindrücke durch den Rest des Körpers. Genau umgekehrt zu einer Auto- oder Schifffahrt quasi. Und auf diese Diskrepanz reagiert unser Körper auf die einzige Art, die er kennt: Ein Gefühl des Unwohlseins in der Hoffnung, dass dieser unnatürliche Zustand möglichst schnell aufhört.
Gegenmittel
Immerhin: Die Chance, dass die VR-Krankheit mit der Zeit verschwindet, ist relativ hoch. Der Körper kann sich an die Dissonanz gewöhnen – solange man es nicht übertreibt und ihn langsam in diese schöne neue Welt einführt. Ansonsten kann es im allerschlimmsten Fall sogar passieren, dass euch am Ende bereits der Gedanke an ein VR-Spiel (egal welcher Art) zum Kotzen bringt. Das will ich logischerweise vermeiden . Sprich am Anfang in kleineren Dosen arbeiten und sich sanft steigern. Außerdem eben Mittel und Wege nutzen, um das Problem grundsätzlich zu minimieren z.B. indem ich mich z.B. auf der Stelle bewege, um diese Dissonanz zu versuchen aufzuheben (oder bei ausreichend großem Zimmer halt tatsächlich). Auch die Reduzierung der Sicht bei Bewegungen ist ein Mittel, welches sogar in einigen VR-Titel von Haus aus eingeschaltet werden kann. Für alle anderen Situationen gibt es beispielsweise auf Steam die nachfolgenden drei hochgelobten Programme. Selbst getestet habe ich noch keines davon, aber es ist das Nächste, was ich tun werde.
OVR Locomotion Effect – Dieses kleine Tool schränkt entweder eure Sicht ein (z.B. zu einem Tunnelblick) oder packt zusätzliche Effekte ins Bild (z.B. einen Cartoon-Geschwindkeitseffekt). Ziel ist es, die Bewegung für das eigene Auge möglichst künstlich wirken zu lassen, um den gleichen Effekt im Gehirn zu erzielen wie bei einem normalen Monitor-Titel. Getriggert wird das Tool immer dann, wenn ihr euch in Bewegung setzt (Drehen/Laufen) bzw. die dazugehörigen Tasten/Analog Sticks auf eurem Controller benutzt. Das Programm ist stark individualisierbar und kann entsprechend sowohl für die eigenen Bedürfnisse als auch das jeweilige Spiel angepasst werden.
VRocker – Wenn die fehlende Bewegung das Problem ist, warum dann nicht einfach tatsächlich beim Spielen bewegen? Und genau das ermöglicht dieses Tool. Soweit ich das verstehe, arbeitet es mit der Position des Headsets. Wenn ihr also euren Kopf nach vorne streckt, dann macht ihr auch eine entsprechende Bewegung nach vorne im Spiel. Deswegen “VRocker”, weil ihr quasi mit eurem Kopf “schaukelt”. Es werden aber andere Bewegungen ebenfalls erkannt wie auf der Stelle laufen oder springen. So richtig vorstellen kann ich es mir noch nicht, aber zumindest die Theorie klingt stimmig.
Natural Locomotion – Auch dieses Programm möchte euch in Bewegung bringen und kann dafür mehrere Tracker verwenden, die ihr überall an eurem Körper anbringen könnt – darunter sogar euer Smartphone oder die JoyCons einer Nintendo Switch. Die Möglichkeiten sind vielfältig je nachdem wie ihr das Tool programmiert. Ein klassisches Beispiel ist jedoch das Tracking der Controller. Sprich, um nach vorne zu Laufen, bewegt ihr diese in einer Laufbewegung vor und zurück. Das wird dann so im Spiel umgesetzt. Sieht im Video ziemlich anstrengend aus . Aber, dass es funktioniert, glaube ich. Das zeigt nämlich meine Erfahrung mit GORN in dem ihr euch ebenfalls nur mit Hilfe einer Bewegung der Controllern durch die Arenen bewegt.
Von den Dreien habe ich mir bislang nur OVR Locomotion Effect gekauft. Meine Hoffnung ist, dass sich mein Körper an VR gewöhnen kann und er nur Unterstützung in der anfänglichen Gewöhnungsphase braucht. Erst wenn das nicht hilft, werde ich mir mal anschauen wie ich mich sinnvoll real in Bewegung bringe. Könnte vor allem bei sitzenden Spielen schwierig werden.
CrashVR
So viel also zu meinem physikalischen Wohlbefinden. Welche Erkenntnisse habe ich sonst noch gewonnen? Nun, mein Ersteindruck zu SteamVR hat sich leider nicht gebessert – im Gegenteil. Dafür, dass die Software so essentiell und wichtig ist, funktioniert sie echt bescheiden. Ja, vielleicht sind die Probleme nur im Zusammenhang mit Windows Mixed Reality (WMR)-Headsets und mit einer Valve Index geht es besser. Aber das kann trotzdem keine Begründung sein und nein, am HP Reverb G2 kann es ebenfalls nicht liegen. Das ist unter Steam-Nutzern ebenfalls weit verbreitet.
Das größte Problem mit SteamVR ist und bleibt die Stabilität. Solange man sich in einem Spiel befindet, funktioniert (bislang) alles. Da stört dann höchstens, dass das SteamVR-Menü gefühlt in jedem Titel auf einem anderen Wege aufgerufen werden muss. Aber versuche ich das Spiel zu wechseln (oder zu SteamVR zurückzukehren), ist sehr häufig aus die Maus. Dann hängt sich die Software auf und zwar teilweise so massiv, dass sie sich nur mit einem Neustart des Rechners vollständig töten lässt. Ja, selbst über den Taskmanager lassen sich die Prozesse dann nicht mehr beenden. Und versucht man einfach das Programm wieder zu starten, beschwert es sich, dass es ja schon läuft. Glorreich. Gleichzeitig spuckt er weiterhin diese komischen Cloud Errors aus – teilweise sogar während des Spielens (ihr hört dann ein “bling” aus den Kopfhörern). Echt bescheuert. Dabei feiert das Programm nächstes Jahr schon seinen zehnten Geburtstag! Aber gut: Wenn es läuft, läuft es zum Glück und die Konsequenz ist eben, dass ich nicht in SteamVR das Spiel wechsele, sondern die Anwendung erst beende und dann das nächste starte. Kann ich mit leben.
Wie man es besser macht, zeigt übrigens das Windows Mixed Reality Portal. Das ist mir noch kein einziges Mal abgestürzt und funktioniert sogar noch, wenn SteamVR sich völlig verfranzt hat. Leider lässt sich da aufgrund der Anbindung zum Microsoft Store so wenig tun .
Andere Software-Themen
So viel zu SteamVR. Mir fallen aber software-seitig noch ein paar weitere Punkte ein. Da wäre beispielsweise das Thema “VR-Videos”. Wenn ihr danach googelt, werdet ihr überall nur den Hinweis bekommen “ruft die Seite auf und drücke den VR-Button”. Das entspricht leider nicht meiner Realität. Und zwar egal ob es normale VR-Videos oder welche des horizontalen Gewerbes sind. Ich kriege sie einfach nicht im VR-Modus abgespielt. Ich sehe zwar im Player den entsprechenden Button für die VR-Brille aber es passiert nichts, wenn ich ihn drücke. Und zwar egal ob ich es über den Desktop oder aus WMR heraus mache und mit welchem Browser. Meine Recherchen waren dahingehend bislang nicht erfolgreich, weil eben überall nur steht “geht doch einfach!”. Aber ich bleibe weiter dran. Wenn alle sagen, dass es so total einfach funktioniert, muss es das ja auch irgendwie…
Was jedoch definitiv nicht funktioniert, ist das Ausschalten der Bildschirmspieglung in den meisten Anwendungen. Eine totale Ressourcenverschwendung aber scheinbar benötigen vor allem Spiele zwingend eine aktive Desktopanwendung. Sprich was ihr in eurer Brille seht, wird im Minimum in einem kleinen Fenster auch auf dem Desktop angezeigt. Keine Ahnung wie viel Performance das kostet aber Ressourcenverschwendung ist es auf jeden Fall. Außerdem sieht so jeder Umstehende, was ihr gerade treibt. In meinem Haushalt nicht sonderlich schlimm, aber ihr wollt vielleicht euren Kindern nicht zeigen, wie ihr gerade den n00b so richtig teabagged. Und nein: Zumindest in meinem Fall funktioniert es nicht den Monitor auszuschalten. Dafür ist Windows leider zu intelligent (geht mir auch in anderen Situationen auf den Geist). Sobald ich den LG ausschalte ändert Windows nämlich automatisch die Hauptanzeige auf meinen linken Dell (selbst, wenn dieser aus ist!). Im normalen Windows-Alltag etwas nervig. weil er mitunter dann beim Einschalten des LGs das ein oder andere Fenster nicht wieder automatisch zurückschiebt, aber unterm Strich erträglich. 3D-Anwendungen jedoch mögen es ganz und gar nicht, wenn plötzlich Bildschirmeinstellungen angepasst werden. Also muss der LG während der VR-Nutzung an bleiben.
Die Punkte drei und vier hatte ich hingegen schon im alten Eintrag erwähnt. Da sie sich aber nicht verändert haben, will ich sie dennoch erneut kurz ansprechen. Und zwar scheint meine eingestellte Bodenhöhe gerne Mal entweder vergessen oder von irgendeinem Titel verstellt zu werden. Daraus resultiert dann z.B. in GORN, dass ich keine Waffen mehr vom Boden aufheben kann, da ich vorher mit dem Controller auf unser ganz reales Laminat aufschlage. Immerhin: Die Funktion zum Einstellen im WMR ist per Knopfdruck von überall zu erreichen und wird live umgesetzt. Muss also das Spiel nicht neustarten. Besser sind aber ganz klar die Titel, die eine Kamerazentrierung von sich aus eingebaut haben.
Und auch das Thema mit den Qualitätsvoreinstellungen geht mir ein wenig auf den Keks. Legt sich wieder, wenn ich nicht mehr ständig neue VR-Titel installiere und teste. Aber jeder moderne Titel schafft es heutzutage zumindest halbwegs sinnvolle Einstellungen beim ersten Spielstart passend zur Hardware zu wählen. Bei VR wird hingegen irgendwie immer nur der Worst Case angenommen und alles auf “Niedrig” gesetzt. Also muss man erstmal in den Menüs rumfummeln und das Umstellen – mitunter inkl. Neustart der Anwendung. Ziemlich doof aber wie gesagt vermutlich gerade nur besonders nervig, weil ich eben so viele neue Spiele starte.
SpieleVR
Kommen wir nun zu den besagten Videospielen. Neben SUPERHOT VR* (komme mittlerweile besser mit dem Aufheben von Sachen klar – werfen ist aber weiterhin ein schwieriges Thema), habe ich auch fleißig Beat Saber weitergespielt.
Und ja, ich kann nachvollziehen, warum es einige als Workout benutzen. Ein ganz schön anstrengender Titel bei dem mir ziemlich schnell die Brühe das Gesicht runterläuft. So sehr schwitz ich sonst nur bei Ring Fit Adventure und Fitness Boxing 2: Rhythm & Exercise. Was mich allerdings massiv stört: Die Kampagne besteht zwar aus theoretisch 51 Level, aber ihr spielt darin immer nur die gleichen 4-5 Lieder. Auf der einen Seite kann ich es nachvollziehen von wegen “wenn einem das Lied bekannt ist, kann man sich besser auf die veränderten Bedingungen im jeweiligen Level konzentrieren”. Auf der anderen finde ich aber leider nur zwei davon gut (Escape (ft. Summer Haze) und Commercial Pumping von Jaroslav Beck). Entsprechend ist die Motivation sich durch die Level durchzubeißen (hab erst knapp die Hälfte geschafft und es ist schon bockschwer) nicht gerade hoch, wenn ich den Rhythmus nicht spüre. Muss ich doch so langsam zu der Einzel-Song-Kategorie wechseln…
Ansonsten habe ich bereits einige Zeit in diese drei Werke investiert:
GORN (2017-2021; PC, PS4, OQ) – Ein (nicht ganz ernst gemeinter) Gladiatoren-Simulator. Ihr werdet in eine Arena geworfen, bekommt verschiedene Waffen gestellt und müsst schlicht und einfach überleben. Mehr ist es nicht aber muss es auch nicht sein, denn es macht mächtig Laune und sehr viel Spaß seine Feinde in VR zu verprügeln, durch die Luft zu werfen oder mit Gegenständen zu bewerfen und zu sehen, wie das (Cartoon-)Blut spritzt und die Gliedmaßen fliegen. Abwechselung ist nicht nur durch die Vielzahl an Waffen (Fäuste, Schwerter, Schilde, Armbrüste, Morgensterne, etc.) und die verschieden ausgerüsteten Gegner gegeben – die Gestaltung der Arena selbst spielt im späteren Spielverlauf ebenfalls eine Rolle. Denkt an Dark Messiah of Might & Magic und die überall verteilten Nagelbretter, in die ihr die Orks schleudern konntet oder die mit spitzen Pfählen gefüllten Löcher. Die Bewegung durch die Arena erfolgt dabei durch das Drücken eines Buttons an jedem Controller und einem anschließenden Ziehen desselben. Ihr schiebt euch quasi nach vorne. Ist im ersten Moment extrem ungewohnt und ich habe es ehrlich gesagt auch am Anfang nicht richtig verstanden. Aber es funktioniert erstaunlich gut und – ganz wichtig – erzeugt bei mir kein Unwohlsein. Ach und ebenfalls zu beachten: Sorgt dafür, dass ihr in der realen Welt um euch herum genug Platz habt. Sonst haut ihr ganz schnell mal euren Controller irgendwo dagegen, wenn ihr mal wieder beherzt mit dem Knüppel zuschlagt. Fragt meinen Schreibtisch…
Wolfenstein: Cyberpilot* (2019; PC, PS4) – Es hat nur vier Level und wird euch entsprechend nicht lange beschäftigten (ein Durchgang braucht maximal 2-3 Stunden). Cool ist es aber trotzdem mal die Kontrolle über einen Panzerhund, eine Drohne und eine Zitadelle (=Wolfenstein-Mechs) zu übernehmen und in den Straßen von Paris ein paar Nazis das Leben schwer zu machen (=brutal zu ermorden). Übrigens ein Titel, den ihr vollständig im Sitzen spielt. Ihr seid nämlich nicht real vor Ort, sondern steuert eure Gefährte von einem Cockpit in der Zentrale aus. Das geht erstaunlich gut von der Hand und fühlt sich super an. Speziell die Drohne ist dennoch zum Kotzen durch ihre Wendigkeit. Kurz vor Ende des 2. Levels musste ich entsprechend erst einmal abbrechen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe . Alles in allem kein Titel, den ich zum Vollpreis empfehlen würde, weil er zu wenig Fleisch am Knochen hat, aber für Fans der neuen Wolfenstein-Titel im Sale dennoch eine Empfehlung und eine nette Abwechslung.
Star Trek: Bridge Crew* (2017-2019; PC, PS4, OQ) – Unser Azzkickr hat mich gebeten mir den Titel mal anzuschauen. Besitzen tue ich ihn schon länger, denn er ist auch ohne VR spielbar. Aber mit VR ist es selbstverständlich noch einmal ein ganz anderes Erlebnis an Bord eines Raumschiffs der Föderation (zuerst die U.S.S. Aegis, dann für fortgeschrittene Spieler die U.S.S. Enterprise NCC-1701 und mit DLC auch noch die U.S.S. Enterprise NCC-1701-D) zu sein und in die verschiedenen Rollen zu schlüpfen. Und ja, es ist so geil wie es sich anhört. Das Mittendrin-Star-Trek-Gefühl ist vom ersten Moment (im Hauptmenü sitzt ihr in in einem Shuttle im Anflug auf die Enterprise) an vorhanden und wird durch alle Aspekte des Spiels (Optik, Sound, Inhalte) nur noch weiter verstärkt. Schon allein für dieses Wow-Gefühl lohnt es sich bereits für Star-Trek-Fans.
Technisch gesehen ist der Titel ganz auf Mehrspieler und die Zusammenarbeit von realen Menschen ausgelegt. Da funktioniert er am besten. Aber die ersten Ausflüge habe ich auch mit der KI-Crew ganz gut gemeistert.
So viel zu tun!
Gespielt wird auch hier ausschließlich sitzend. Zur Verfügung steht der Stuhl des Kapitäns, der des Navigators, des taktischen Offiziers und des Chefingenieurs. Im DLC kommt an Bord der Enterprise D noch Operations dazu, der die Rollen der NPCs auf dem Schiff steuert. Während der Kapitän die Gesamtsituation im Blick hat und fleißig Befehle an einzelne oder alle erteilt, sind die anderen Posten vollständig auf ihre jeweilige Aufgabe spezialisiert. Entsprechend kann niemand alles alleine machen. Ein Beispiel: Der Kapitän befiehlt die Überlebenden eines anderen Schiffs zu retten. Dazu muss der Navigator in Reichweite fliegen (und das Schiff dort halten), dann muss der taktische Offizier das Schiff scannen und anschließend den Transporter anschmeißen (nur sechs Personen können gleichzeitig gebeamt werden) während der Ingenieur dafür sorgt, dass für alle Systeme jederzeit genug Energie zur Verfügung steht. Und jetzt werft noch ein feindliches Schiff mit in den Topf, das euch dabei angreift, und ihr könnt euch vorstellen, dass die ganze Sache sehr schnell, sehr hektisch und unübersichtlich werden kann. Für jeden gibt es eine Menge zu tun und keiner kann sich in der Hitze des Gefechts einfach zurücklehnen. Mit der KI-Crew habt ihr jederzeit die Möglichkeit selbst auf einzelne Positionen zu wechseln, falls mal etwas nicht so läuft wie ihr es wollt. Es gibt aber keinen KI-Kapitän. Da werdet ihr also die meiste Zeit verbringen.
Die Steuerung erfolgt über physikalische Buttons auf den Stationen in der Spielwelt sowie im Falle des Kapitäns über Holomenüs, auf denen ihr – entsprechendes Tracking vorausgesetzt – mit eurem Finger rum tippt. Mit den normalen Motion-Controllern geht es aber auch gut von der Hand den Finger eures Avatars zielgerichtet zu steuern. Die einzelnen Stationen wählt ihr als Kapitän hingegen durch schlichtes Anschauen aus. Also wenn ich dem Navigator einen Befehl erteilen möchte, schaue ich in seine Richtung, öffne per Knopfdruck am Controller das Befehlsmenü und wähle dann mit dem Finger den gewünschten Befehl aus. Klingt umständlicher, als es tatsächlich ist. Besser ist aber natürlich, wenn alle einfach miteinander reden. Es gibt nämlich einen integrierten Sprachchat. Der funktioniert aber nur im Mehrspielermodus. Dabei hat doch Tom Clancy’s EndWar bereits 2008 Sprachsteuerung gehabt…
Einmal Kapitän sein!
Die Missionen selbst sind Mini-Star-Trek-Episoden, also durchaus umfang- und abwechslungsreich. Ihr startet als junge Crew, die frisch von der Akadmie die Kontrolle über die U.S.S. Aegis übernommen hat und werdet hinaus in die Galaxie geschickt. Dabei entpuppen sich vermeintlich einfache Ziele ganz schnell als ganz schön komplizierte und mehrschichte Angelegenheiten, die euch von einem Ende der Galaxie zum anderen führen (innerhalb einer Mission!) und euch verschiedensten Situationen aussetzen. Direkt in der ersten Mission sucht ihr beispielsweise einen verschollenen Frachter anhand seiner Plasmasignatur, rettet die Crew und zerstört ihn bevor er Schaden anrichten kann, werdet anschließend an die neutrale Zone gerufen und dürft den Kobayashi-Maru-Test durchlaufen. Nein, er ist nicht schaffbar aber es gibt ein Achievement, wenn ihr es hinbekommt mindestens 120 der 400 Crewmitglieder zu retten und erfolgreich abzuhauen. Der Rekord der Community lag zuletzt wohl bei sagenhaften 222 (ich kam nur auf 48). Der Großteil der Missionen wird jedoch dynamisch und zufallsgeneriert. Entsprechend geht euch theoretisch das Material nicht so schnell aus. Die Realität ist – wenn man sich das Feedback so durchliest – allerdings etwas anders. Man scheint relativ zügig an die Grenzen des Zufalls zu stoßen und dann die immer wieder gleichen Sachen zu erleben. Das ist schade aber bis zu dem Punkt vergehen immerhin so einige Stunden Spielzeit und der DLC brachte einiges an Nachschub.
Insgesamt empfand ich meine bisherige Zeit an Bord der U.S.S. Aegis als richtig cool – solange ich nicht in die Außenansicht gewechselt bin und die Übelkeit wieder hochkam. Es sieht trotz einer gewissen Polygonarmut nicht nur wie Star Trek aus und hört sich 1:1 so an – das Spiel gibt einem auch zum ersten Mal das Gefühl wirklich mitten drin zu sein. Das ist etwas, was derzeit wirklich nur mit VR möglich ist. Zusammen mit Freunden eine klare Empfehlung aber selbst für einsame Star-Trek-Fans einen Blick wert. Hoffentlich kommt irgendwann mal ein zweiter Teil, der dann vor allem mit besserer Grafik aufwarten kann.
Fazit
Wie ist also meine Sicht auf VR nach drei Wochen? Ist die anfängliche Begeisterung purer Ernüchterung gewichen? Nein. Ich finde es trotz aller Probleme weiterhin absolut genial und bereue den Kauf nicht. Inhaltlich mögen die Spiele (bislang) nichts grundsätzlich Neues bieten und die Grafik ist mitunter aktuellen Blockbustern weit unterlegen (Hellblade: Senua’s Sacrifice VR Edition muss ich noch testen) aber die Art und Weise, wie ich mit ihnen interagiere und sie erlebe ist einfach was völlig anderes. Wenn ich den direkten Vergleich zwischen SUPERHOT und SUPERHOT VR ziehe, dann sind dazwischen Welten und das Original kommt mir nun total langweilig und archaisch vor obwohl es spielerisch identisch ist. Ein echter Teil der Welt zu sein und sich darin (halbwegs) realistisch bewegen zu können (Kugeln ausweichen, hinter Pfeilern verstecken und hervorschauen, sich auf den Boden fallen lassen, Sachen greifen, etc. pp.) ist einfach was ganz anders als Tasten zu drücken und eine Maus durch die Gegend zu schieben. VR passt zwar nicht zu jeder Art von Spiel aber es gibt Genres, da hebt es für mich das Spielgefühl definitiv auf ein neues Level.
Allerdings müsst ihr in Bezug auf meine VR-Euphorie eine wichtige Sache berücksichtigen: Ich war früher das Kind, das sein ganzes Geld im Freizeitpark in der Arkade für die VR-Titel rausgeworfen hat. Kann mich beispielsweise noch deutlich an einen Truck an der Achterbahn in Geiselwind erinnern. 10 DM für maximal fünf Minuten krude Rail-Shooter-Aktion (VR-Brille, Controller plus 360°-Laufband). Dürfte mindestens 100 DM dort gelassen haben an dem Tag… Ich habe also schon immer eine gewisse Affinität dieser Technik gegenüber und bin möglicherweise etwas voreingenommen was die Interpretation meiner Erlebnisse angeht. Vielleicht rede ich mir auch alles nur schön .