Ein großer Sack in einem großen Karton

Heute kam mal wieder ein riesiges Paket in der Casa Lysanda an. Und nein, es hatte ausnahmsweise weder mit Videospielen noch Katzen zu tun. Stattdessen befand sich darin ein… extrem großer Sack transparenter Gelatinekapseln Größe 00 der Firma Vivameo. Ein Teil unserer Nahrungsergänzungsmittel verkapseln wir nämlich selbst. Ganz einfach, weil die Sachen in Pulverform faktisch immer wesentlich billiger sind, als wenn man es fertig in Kapseln kauft. Gleichzeitig schmeckt es jedoch mitunter trotzdem so eklig, dass wir es nicht einfach so in unser tägliches „Ihh bääh”-Glas (ja, so nennen wir es :smile: ) tun möchten. So manche Aminosäuren beispielsweise riecht buchstäblich zum Kotzen. Und das Selbstverkapseln ist kein Hexenwerk. Darauf gehe ich aber mal in einem anderen Eintrag genauer ein.

Das letzte Mal haben wir unseren Kapsel-Vorrat anno 2019 aufgestockt. Damals haben wir ebenfalls bei Vivameo 20.000 Stück gekauft. Hat uns also durchaus einige Zeit gereicht diese Menge, obwohl wir zwischenzeitlich mehr verkapseln als damals. Nun war es aber mal wieder an der Zeit sich nach Nachschub umzuschauen. Dabei sind wir am Ende erneut bei Vivameo gelandet. Die haben das 20.000er Paket auch immer noch für den damaligen Preis im Sortiment. Vor der Bestellung sind wir jedoch auf die Kategorie Kapsel Großhandel gestoßen. Dort gibt es u.a. ein Paket mit sagenhaften 85.000 Kapseln.

Wir haben einen an der Waffel!

85.000 Kapseln ist eine verdammt große Menge. Grob gerechnet würde uns die bei unserem aktuellen Verbrauch mehr als 23 Jahre ausreichen. Dafür ist die einzelne Kapsel signifikant günstiger (0,0047 EUR vs. 0,0082 EUR). Normale Menschen würden jetzt sagen: „Preis ist doch egal, da selbst die 20.000-Packung schon eine gefühlte Ewigkeit reicht!”. In der Casa Lysanda ticken die Uhren aber bekanntlich ein wenig anders :smile: . Eine schwere Entscheidung also für uns. Wir haben entsprechend länger diskutiert. Klar: Es sieht erstmal nicht so aus, als würden wir das mit den Nahrungsergänzungsmitteln auf absehbare Zeit lassen. Aber 23 Jahre? Und wie kommen die hier an? Wo lagern wir sie? Stehen die überhaupt so lange durch?

Nun, die Fotos zeigen deutlich, wie am Ende die Diskussion ausging. Nein, wir sind nicht normal – aber offensichtlich sind Lysanda und ich dahingehend auf gleicher Wellenlänge. Und ja, ein bisschen hatte ich die Hoffnung, dass sie wie bei dem 20.000er Paket zumindest in 5.000-Tüten verpackt wären. Doch es ist tatsächlich einfach nur ein riesiger (Nikolaus-)Sack mit 85.000 losen Kapseln. Krass. Der Plan ist allerdings nicht sie alle selbst zu verbrauchen, sondern einen signifikanten Teil davon an andere abzugeben.

Es gibt da eine Sache, die verheimliche ich euch jetzt schon seit Jahren. Aber aus gegebenem Anlass breche ich nun endlich mein Schweigen und verrate euch, dass ich eigentlich Manuela heiße, mit Karl-Heinz fünf Kinder habe und seit meinem Rentenbeginn in Griechenland wohne… ne, Moment. Das ist die falsche Enthüllung. Ich wollte eigentlich sagen, dass ich vor etwas mehr als acht Jahren mit Lysandas Chevrolet Spark einen Autounfall hatte. War am Ende eine größere Sache, die sich über ein Jahr hinzog und sogar vor Gericht verhandelt wurde. Übrigens mein zweites Mal im Zeugenstand. Das erste Mal war als vor vielen Jahren ein paar Kabeldiebe auf der Arbeit zugeschlagen hatten. Ich war ihnen kurz davor begegnet, als ich gerade in die Mittagspause gegangen bin.

LKW + kleines Auto = nicht so gut

Ein sehr dicker Knutschfleck

Gerichtsverhandlung klingt allerdings spektakulärer, als die ganze Sache im Grunde war. Fangen wir also von vorne an: Lysanda und ich waren Mitte Juli auf dem Weg in unser lokales Fitnessstudio. Auf der Abbiegespur sind wir dann hinter einem kleinen LKW gelandet, der ebenfalls abbiegen wollte. Wir folgten ihm bis er dann vor einer Bushaltestelle/Kreuzung stehen blieb. Ich dachte mir da erstmal nichts dabei, hielt ebenfalls an und habe mich weiter mit Lysanda unterhalten bis der LKW plötzlich rückwärts auf uns zurollte. Ich drückte auf die Hupe, aber es war schon zu spät und wir hatten ihn auf der Motorhaube. Im Nachhinein betrachtet hätte ich lieber den Rückwärtsgang einlegen und losfahren sollen (es war niemand hinter mir). Doch so habe ich mich im Affekt halt nicht entschieden.

Da es sich beim Fahrer um einen nicht fließend deutschsprechenden Mitbürger handelte, haben wir die Polizei gerufen, Fotos von allem gemacht sowie den Unfallbericht ausgefüllt und dann rund eine Stunde mit Warten verbracht, bis die Streife kam und unsere Aussagen aufnahm. Alles in allem wie gesagt blöd, jedoch nicht tragisch. Keiner in irgendeiner Art und Weise verletzt und das Auto grundsätzlich fahrbereit. Nur die Motorhaube oben an der Front ziemlich zerdrückt. Lysanda war aber definitiv geschockt. Und selbst mich nahm die ganze Situation scheinbar ziemlich mit. Im Moment hielt ich zwar alles irgendwie zusammen, als ich dann allerdings zuhause angekommen das Gespräch mit unserer Versicherung beendet hatte, brach ich auch erstmal kurz zusammen.

Aus unserer Sicht blieb der LKW-Fahrer stehen, um mit jemandem auf der Straße zu schwätzen und ging dabei von der Bremse runter, weil die Straße wenig Gefälle hat. Aber sie hat eben zum Gehsteig hin doch ein leichtes Gefälle, weshalb er dann rückwärts rollte und auf unserer Motorhaube landete. Hätte ich etwas mehr Abstand gehabt (=länger Zeit zum Reagieren) oder wie gesagt den Rückwärtsgang eingelegt, wäre sicherlich nichts passiert. So halt nicht. Aus seiner Sicht hingegen sind wir ihm draufgefahren.

Ärger mit der Versicherung

Wir sind dann am nächsten Tag in die Werkstatt, um einen Kostenvoranschlag abzuholen. Die rieten uns stattdessen dazu zur naheliegenden Außenstelle der DEKRA, um ein (nicht ganz billiges) Gutachten anzufertigen. Das weiß man freilich im Vorfeld nie, faktisch war das Geld aber zum Fenster hinausgeworfen. Genauso wenig wie der Polizeiberichte zeigte das Gutachten nämlich, wer der auslösende Faktor gewesen war, und war somit wertlos. Bei der Polizei wurde ich sogar als Beschuldigter (also ich wäre dem LKW reingefahren) befragt. Egal: Damals glaubten wir noch, dass wir das mit der gegnerischen Versicherung schon irgendwie geregelt kriegen. Zumal Hochzeit und Flitterwochen bevorstanden und wir echt keine Zeit und Lust für den Scheiß hatten. Tatsächlich haben die uns aber einfach nur hingehalten, bis ich dann (dank Rechtsschutzversicherung) irgendwann im Oktober doch mal mit dem Anwalt drohte. Anschließend kam quasi sofort die Ablehnung des Versicherungsfalls.

Wäre das Auto höher gewesen, wäre der Schaden größer.

Somit ging es dann damit zum von der Versicherung genehmigten Verkehrsanwalt. Ich werde an dieser Stelle keine Namen nennen, wirklich zu gebrauchen war der Kerl aber nicht. Er meinte zu Beginn zwar vollmundig “ja, wären sie sofort zu mir gekommen, hätten sie schon längst ihr Geld”. Tatsächlich schaffte er es nicht einmal In den ersten Schriftsätzen Lysandas Namen richtig zu schreiben… Naja, die Anwälte fingen an zu kommunizieren. Die gegnerische Versicherung gab jedoch nicht klein bei und am Ende landete der Fall vor Gericht.

Plötzlich dunkel

Lange vor der Gerichtsverhandlung passierte noch etwas Ärgerliches: Wir fuhren monatelang noch mit der eingedrückten Motorhaube durch die Gegend. Im Innenraum war alles okay, deswegen war das kein Problem. Und wir dachten, dass wir das “Beweismittel” bis zum Abschluss des Verfahrens so lassen müssen. Leider kam es dann eines Abends dazu, dass das Motorhaubenschloss seinen Geist aufgab. Wir hatten gerade unser Büro in Darmstadt verlassen und waren auf die Autobahn aufgefahren. Ich beschleunigte zügig – und hatte plötzlich die Motorhaube gefühlt im Gesicht. Die Windschutzscheibe hat zum Glück gehalten, aber saugefährlich war es trotzdem jetzt blind auf der Autobahn mit >100km/h unterwegs zu sein. Also sofort abgebremst, Warnlichter an und mit Lysandas Hilfe auf den Seitenstreifen navigiert. Polizei kam kurz darauf zufällig dazu, die hatten jedoch nichts zu tun und fuhren nach Sicherung der Unfallstelle wieder ab. Stattdessen ADAC angerufen und abschleppen lassen.

Wir haben freilich gleich den Anwalt kontaktiert und gefragt, ob wir das jetzt noch mit obendrauf packen können. Aber der meinte “ne, ihr hättet das Ding schon längst reparieren lassen können”. Ja, danke. Das hättest du auch früher sagen können. Zusätzliche Kosten, auf denen wir also sitzen geblieben sind. Die Windschutzscheibe ließen wir anschließend vor Ort reparieren. Die Motorhaube haben wir stattdessen mit Sisaseil, welches wir noch im Keller hatten, und großzügigem Einsatz von Panzertape festgebunden und sind damit relativ langsam viele Kilometer zu Lysandas Stiefvater gefahren. Der ist nämlich Automechaniker und hatte von einem Schrottplatz schon eine Ersatzhaube beschafft. Hat tatsächlich wunderbar funktioniert die Fahrt und der Austausch. Und die Haube sieht auch heute noch wunderbar aus. Die Unfallhaube haben wir dann noch bis zum Ende des Verfahrens bei uns in der Garage auf – zur Sicherheit, falls sie doch noch gebraucht werden würde.

Noch mehr Kosten?!

Irgendwann Mitte 2017 trafen wir uns dann vor dem Amtsgericht Groß-Gerau. Wir gegen die gegnerische Versicherung. Lysanda als Klägerin, ich als Zeuge und der gegnerische Fahrer ebenfalls als Zeuge plus seinem Übersetzer. Jeder schilderte der Richterin seine Sicht der Dinge, sie stufte uns beide als glaubwürdig ein und das war es an dem Tag erstmal. Die gegnerische Versicherung bot uns im Anschluss einen Vergleich mit glaube ich einer Übernahme von 65% der von uns verlangten Summe an. Wir warteten mit der Entscheidung jedoch erst einmal ein paar Wochen ab, bis das schriftliche Urteil vorlag. Da stand jedoch drin, dass auf Basis der derzeitigen Faktenlage keine Entscheidung möglich ist. Stattdessen wurde ein richterliches Gutachten gefordert. Wobei klar war, dass bei dem Gutachtenvermutlich nichts rauskommen würde. Die Geschwindigkeit, in der der Unfall passierte, war viel zu gering, um wirklich fundiert nachweisen zu können, ob wir ihm vorwärts oder er uns rückwärts draufgefahren ist.

Lysanda und ich sind dann nochmal in uns gegangen und haben geschaut, ob der Vergleich zumindest die bislang angefallen Kosten (ohne den Zusatzunfall) decken würde. Da dem so war, haben wir ihm am Ende zugestimmt, um die Sache endlich zu beenden. Noch ein weiteres teures Gutachten ohne Garantie auf Gewinn und noch mehr Zeit und Nerven in den ganzen Mist investieren – da hatten wir einfach keinen Bock drauf.

Das eigentliche Thema

Die Dashcam im 3-Kanal-Modus

Jetzt habt ihr euch bestimmt schon gefragt, was der “gegebene Anlass” ist, der mich dazu bewegte diese Geschichte endlich zu erzählen. Ganz einfach: Wir haben uns eine Dashcam gekauft. Hätten wir die damals schon gehabt, wäre die Sache sicherlich anders ausgegangen. Okay, vermutlich nicht. 2016 war die Rechtslage in Bezug auf Dashcams ja noch eine ganz andere. Da wurde die noch nicht wirklich als Beweismittel zugelassen und dann war da ja noch die ganze Sache mit dem Datenschutz. Mittlerweile hat sich der Wind jedoch (zum Glück) dahingehend stark gedreht und auch die Dashcam-Hersteller haben sich angepasst und bieten rechtskonforme Modelle an. Also haben wir jetzt endlich mal unser schon lang geplantes Vorhaben umgesetzt und eine gekauft.

Die Wahl fiel aufgrund einer Empfehlung auf die Vantrue OnDash Nexus 4*. Es gibt zwar mittlerweile die N4 Pro* und die N5*. Die Zusatzfeatures bzw. Neuerungen wie eine 4. Kamera bei der N5 waren uns den Aufpreis allerdings nicht wert. Auch das ganze Zubehör wie das Hardware Kit*, mit dem ihr die Dashcam direkt an die Autobatterie anschließen könnt, haben wir nicht gekauft. Stattdessen steckt sie gerade einfach im Zigarettenanzünder. Dadurch ist zwar keine Parküberwachung möglich (schließlich heißt Auto aus, dass der Strom weg ist). Aber das ist für uns aktuell okay. Nur eine 256 GB Micro SD-Karte* landete noch im Warenkorb, da wir tatsächlich keine ungenutzte hier rumfliegen haben :smile: .

Hightech-Kamera

Die N4 ist eine hitzebeständige (-10°C bis 70°C) 3-Kanal-Dashcam. Sie hat eine Frontkamera (155°), eine Innenkamera (165°) und eine separate Rückkamera (160°). Alle Kameras unterstützen Wide Dynamic Range und haben Infrarot-Nachtsicht. Konkret einen Sony STARVIS CMOS-Sensor und 6-Glas-Objektiv mit F1,4-Blende vorne bzw. F1,8 hinten und 4 IR-LED-Leuchten für den Innenraum. Im 3-Kanal-Modus schafft sie 1440P nach vorne und in den Innenraum sowie 1080P. Im reinen Frontmodus sind sogar 4K (2160P) drin. Immer auf 30fps begrenzt. Sie hat eine Kollisionserkennung, ihr könnt aber auf Knopfdruck die aktuelle Aufnahme auch so sperren, wenn was Wichtiges passiert ist. Grundsätzlich nimmt sie so lang kontinuierlich auf, bis die Speicherkarte voll ist und überspeichert dann von vorne beginnend wieder. Und in der Aufnahme sind alle relevanten Infos (Datum, Uhrzeit, Aufnahmelänge und Kameraeinstellungen) enthalten. Die Geschwindigkeitsanzeige gibt’s nur, wenn man die externe GPS-Halterung mit einkauft.

Im Paket enthalten ist die Dashcam selbst, die Rückkamera, eine Saugnapfhalterung, das Kabel zum Zigarettenanzünder (3,5m), das Kabel zur Rückkamera (6m) und ein USB-C-Verbindungskabel, um sie an einen Rechner anzuschließen. Beispielsweise für ein Firmware-Update oder, um direkt die Videos runterzuholen.

Die Montage

Die süße, kleine Rückkamera

Die Frontkamera haben wir rechts neben dem Rückspiegel montiert. Das Kabel runter zum Zigarettenanzünder verläuft erst durch den Himmel, geht dann durch die Innendichtung des Türrahmens nach unten und hinten durch das Handschuhfach bis zum Ziel. Nur an der Mittelkonsole und im Handschuhfach haben wir es etwas mit Klebeband fixiert. Ansonsten hält es wunderbar und fällt nicht auf. Die Verlegung ging auch ganz gut von der Hand, nachdem ich die Idee hatte sie einfach unter das Dichtband zu klemmen.

Die 6m zur Rückkamera, die einfach mit einem 3M-Klebepad befestigt wird, haben wir zuerst versucht mitten durch den Himmel zu führen. Aber irgendwie wollte das Kabel nicht durch. Und an den Seiten haben wir ihn nicht aufbekommen (in den Videos sieht das immer so einfach aus?). Also war hier ebenfalls die Lösung einfach unter das Dichtband schieben und nur an den Türsäulen den Himmel etwas aufhebeln bzw. hinten über dem Kofferraum. Da musste ich auch als einziges etwas Gewalt anwenden und ein Loch in den Himmel machen, um das Kabel wieder raus zur Kamera zu bekommen. Klingt komplizierter und aufwendiger, als es am Ende war. Dauerte nur am Anfang etwas, bis wir die Idee hatten und dann ging es mit etwas Fleißarbeit und Gewalt gut von der Hand.

Die Kamera selbst hatte ich vorher schon am Computer soweit eingerichtet (Firmwareupdate, Standardeinstellungen und so) und seitdem verrichtet sie einwandfrei ihren Dienst. Drehe ich den Zündschlüssel um, geht sie an und fängt nach einem kurzen Bootvorgang direkt mit der Aufzeichnung an. Der Bildschirm geht nach ca. 1 Minute aus, aber man erkennt an einem pulsierenden, blauen Licht, dass sie noch arbeitet. Mache ich das Auto aus, fährt sie sauber mit ein bisschen intern gespeichertem Strom wieder runter.

Fazit

Und mehr fällt mir gar nicht dazu ein. Es ist halt eine Dashcam. Aber eine Dashcam, die saubere und vor allem verwendbare Aufnahmen liefert. Die Installation war weniger kompliziert als erwartet und die Features sind zumindest aus heutiger Sicht absolut ausreichend. Sie ist zwar nicht das billigste Modell auf dem Markt, doch bei einer Dashcam sollte man sicherlich nicht ganz so viel sparen, sonst schaut man am Ende nur in die Röhre. Insofern können wir aktuell die Empfehlung für die Vantrue OnDash Nexus 4* nur weitergeben.

Die Haupthalle mit Blick auf den Haupteingang

Lysanda und ich waren vergangenen Freitag mal aus einem anderen Grund als nur Schwimmen aus dem Haus. Und zwar sind wir nach Wiesbaden gefahren, um die Connichi 2024 zu besuchen. Das ist laut eigenen Aussagen die größte ehrenamtlich organisierte Anime- und Manga-Convention (es wurden 40.000 Besucher erwartet) in Deutschland. Die tatsächlich größte Anime-Convention im Land ist hingegen die DoKomi mit mehr als 180.000 Besuchern in Düsseldorf. Zum Vergleich: Auf der Gamescom waren dieses Jahr 335.000 Besucher.

Meine Erwartungshaltung war so in Richtung Buchmesse und/oder Gamescom. Also Messehallen voll mit Publishern/Künstlern, die ihre neusten Werke zur Schau stellen/Leseprobe anbieten und ein bisschen kostenloses Merchandise verteilen. Die Realität war tatsächlich völlig anders. Die einzigen Werbemitteln, die wir eingesackt haben, waren der My-Nintendo-Checkin-Bonus (eine Mario-Tasche, ein paar Postkarten, ein Beutel Blumensamen mit Pikmin-Branding und zwei Blätter mit Mario-Stickern) am Nintendo-Stand und eine Manga-Leseprobe bei altraverse. Beide direkt im Foyer nach dem Haupteingang zu finden. Ansonsten gab es vor allem eins: Viele Möglichkeiten Sachen zu kaufen.

Haltet euren Geldbeutel fest!

Ein Drittel der Halle Nord war vom Kreativ-Markt belegt. Seite an Seite, Reihe an Reihe hatten es sich dort rund 130 Künstler und Bastler eingerichtet, um ihre Anime- und Manga-inspirierten Werke anzubieten. Normalerweise würde man jetzt irgendwas schreiben von wegen “vom Feuerzeug bis zum Auto gab es alles”. Dominiert wurden die Stände jedoch neben klein- bis großformatigen Illustrationen vor allem von Pins, Buttons, Stickern und ähnlichem Kleinkram. Hier und da mal ein Häkelfreund oder ein Stand mit selbstgemachten (Mode-)Schmuck. Aber insgesamt waren sich gefühlt alle ziemlich einig in ihrem Angebot. Das ist nicht negativ gemeint. Ich kann es schließlich verstehen, dass solcher Krimskrams leichter zu produzieren ist für Kleinstanbieter. Immerhin war alles erwartungsgemäß extrem unterschiedlich gestaltet. Keine zwei Pikachus sahen gleich aus. Ja, mit dem Thema “Copyright” war es auf diesem Kreativmarkt wie auf jedem Hobbymarkt. Das ist aber nicht mein Problem :smile: . Auch sehr auffällig: Wirklich sehr viele Katzenmotive. Sehr, sehr viele. Am Ende haben wir zwei Pins (einer aus Holz mit Luchsmotiv und ein Gatomon aus Metall), zwei Tassen mit japanischen Fabelwesen und einen Schlüsselanhänger (Motiv Angewomon) gekauft.

Ein Blick über den Kreativmarkt

Halle Süd wurde hingegen von den großen Ausstellern belegt. Square Enix z.B. hat auf einem Stand Werbung für Final Fantasy XIV Online gemacht. Bei CHIBI AKIHABARA konnte man tonnenweise Statuen und Figuren zu teils astronomischen Preisen kaufen (wobei so manche 500 EUR-Statue schon richtig cool aussah). Bei der Sammlerecke stapelten sich die Mangas fast buchstäblich bis unter die Decke und warteten nur darauf von Interessierten gekauft zu werden. Abgerundet wurde das Bild von Ständen, die japanisches Geschirr oder einfach nur Klamotten angeboten haben. Bei so einem Stand haben wir uns hinreißen lassen drei T-Shirts, einen Hoodie und fünf Untersetzer mit verschiedenen Katzenmotiven zu erstehen. Also absolut nichts, was auch nur entfernt mit Anime oder Manga zu tun gehabt hätte. Die große Sailor-Moon-Kuscheldecke für 90 EUR und das dazugehörige XXL-Mousepad haben wir hingegen nicht eingesackt, obwohl Lysanda definitiv hin und hergerissen war :wink: .

Im 1. Obergeschoss gab es dann noch ein Zimmer für anrüchige Sachen, in das man nur nach Vorlage des Personalausweises reindurfte. Da saßen dann erneut eng gepackt ein paar Hobbykünstler und Ab-18-Modells, die ihre Waren angepriesen haben. Hatte ich ehrlich gesagt irgendwie mehr erwartet. Also mehr Anime und Manga (bzw. Hentai), die man sich hier hätte anschauen und kaufen können. War aber faktisch nur ein einziger Stand dieser Art dort drin zu finden.

Das Rahmenprogramm

Wie es sich für eine Convention gehört, gab es zusätzlich das gesamte Wochenende über ein umfangreiches Rahmenprogramm. So waren einige unter Anime- und Mangafans sicherlich prominente Gäste geladen, von denen ich aber exakt nur einen kannte: Kaho Shibuya, ehemalige japanische Pornodarstellerin und jetzt YouTuberin/Streamerin. In der Ausstellerhalle habe ich sie sogar kurz im Vorbeigehen gesehen.

Das Klavierkonzert von Junihuhn

Es gab Signierstunden und Fan-Meetups aber auch zahlreiche Workshops mit den unterschiedlichsten Themen. Von “Alles über Copic Marker” über “3D-Druck für dein Cosplay” und “Autistisch in Japan” bis hin zu “Lustgrotten und Liebesspeere 2.0” gab es sicherlich für jede Interessensgruppe etwas. Dazu Video- und Brettspielzimmer sowie ein Karaokeraum in denen man seine Zeit verbringen konnte und, wie es sich gehört, waren in einem Saal Fotoecken für die zahlreichen Cosplayer aufgebaut. Und ja, wir haben trotz fehlendem Cosplay ebenfalls 2-3 Fotos dort gemacht. Wenn man schließlich schon da ist :smile: . 90% der Cosplay-Charaktere, die uns an diesem Tag begegnet sind, kannte ich wenig überraschend nicht. Aber so einige Zeldas und Links in ihren diversen Inkarnationen haben wir getroffen sowie einen Obelix – sogar inkl. Hinkelstein. Und das meiste war durchaus schick und/oder beeindruckend anzusehen. Okay, der Typ im blauen Kleid (sollte vermutlich Navi darstellen) war… etwas sehr kreativ. Zumindest in den Hallen war der Anteil der “normal” angezogenen aber definitiv höher als der der Cosplayer. Vermutlich haben die sich woanders rumgetrieben und/oder kamen erst am Samstag/Sonntag in vollem Umfang heraus.

Noch mehr zu tun

Abgerundet wurde das Angebot zum einen durch ein paar Showacts im großen Festsaal. Wir haben uns beispielsweise das Klavierkonzert von Junihuhn angehört. Zu Spielszenen auf der großen Leinwand hat er ein paar Stücke des Soundtracks von NieR: Automata und NieR: Replicant ver.1.22474487139… gespielt und das Ganze in eine kleine Geschichte eingebettet. Die 45 Minuten waren ganz nett und das nicht nur, weil unsere Füße zu dem Zeitpunkt schon etwas qualmten und die Erholung entsprechend genossen.

Zum anderen fand außerhalb der Hallen ein kleines Matsuri (=japanisches Festival) statt. Klingt aber größer als es tatsächlich ist. Auf der einen Hallenseite waren ein paar Stände mit japanischen Volksfestspielen und auf der anderen eine Reihe von Essensständen mit asiatischen Gerichten. Wir haben uns sechs Takoyaki für 10 EUR gegönnt. Das sind Teigbällchen mit Oktopusfüllung mit einer speziellen Soße und Mayonnaise garniert. Schmeckten gut, waren aber den Preis definitiv nicht wert. Mit Messebesuchern kann man es halt machen.

Unser Tag

Wir waren am Freitag rund sechs Stunden auf der Convention und haben dafür zusammen rund 64 EUR bezahlt (Spätbucherpreis). Wir sind kurz nach 14 Uhr mit dem Auto aufgeschlagen und haben sogar noch einen Parkplatz in der Tiefgarage bekommen (die Anzeige der verfügbaren Plätze stand bei “3”). Die vier Schlangen am Haupteingang sahen länger aus, als sie es am Ende tatsächlich waren. Zumal die Organisatoren dann doch mal auf die zusätzlichen Seiteneingänge hinwiesen und sich ein Teil der Meute entsprechend vom Haupteingang verzog. Kurze Taschenkontrolle, einmal Scannen des Tickets und schon waren wir drin. Geblieben sind wir anschließend, bis die Aussteller- und Kreativmarkt-Hallen um 20 Uhr geschlossen wurden (Rest geht bis 22 Uhr). Danach kurz noch an den Essensständen vorbeigeschaut und gegen 20:30 Uhr waren wir nach dem Bezahlen des 12 EUR-Parktickets auch schon wieder im Auto und auf dem Nachhauseweg.

Am Haupteingang vor dem Hinweis auf die anderen Eingänge.

In der Zeit hatten wir einen kompletten Rundgang durch das RheinMain CongressCenter selbst gemacht sowie durch die beiden Hallen. Bei den Workshops und dem restlichen Rahmenprogramm war jetzt abseits des Konzerts nichts dabei, was uns brennend interessiert hat. Insofern hat uns die Zeit vollkommen ausgereicht, um alles in Ruhe zu sehen. Und ja, am Samstag taten uns vor allem die Füße weh :smile: .

Fazit

Wie war es also auf der Connichi 2024? Ganz nett aber, dass wir 2025 wieder hinfahren, ist äußerst unwahrscheinlich. Da müsste schon ein wirklich interessanter Gast, ein toller Workshop oder ein genialer Showact dabei sein. Bei der Messe selbst hatte ich wie gesagt definitiv eine andere Erwartungshaltung. Wenn schon nicht beim Kreativmarkt, dann wenigstens in der Ausstellerhalle. Aber es war halt echt nur “Kauft, kauft, kauft unseren Kram, der vielleicht entfernt irgendwas mit Japan, Anime oder Manga zu tun hat!”. Und dafür ist der Eintrittspreis zu hoch. Oder anders ausgedrückt: Lysanda und ich waren wohl nicht so wirklich die Zielgruppe der Veranstaltung. Insofern war es zwar ganz nett es mal gesehen zu haben, aber eine Wiederholung unter gleichen Bedingungen brauchen wir definitiv nicht. Da gehen wir lieber z.B. in eine Thalia-Filiale, um neue Mangas  zu entdecken.

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