Review
Sechs Monate vergnügen sich die PlayStation 3- und Xbox360-Besitzer bereits mit Altaïr. Nun steht die PC-Version von Assassin's Creed als sogenannter "Director's Cut" im Laden. Hat sich das Warten gelohnt?
Hä? Wad wie?
Der Spieler schlüpft in die Haut von Desmond Miles, ein Barkeeper in der nahen Zukunft, der in seinen Genen die Erinnerungen von Altaïr gespeichert hat. An diese Erinnerungen möchte die moderne Templer-Organisation Abstergo Industries heran, um so die restlichen Edensplitter zu finden, die angeblich zur Massenhypnose verwendet werden können. So wird Desmond entführt und erlebt nun in einem Gerät namens Animus einen Teil der Geschichte seines Vorfahrens Altaïr nach. Dieser ist ein Assassine in der Bruderschaft während der Zeit des dritten Kreuzzugs (1191 n. Chr.). Die Assassinen möchten einen Krieg zwischen den einzelnen Gruppierungen verhindern und planen deswegen neun wichtige Personen zu töten, im Glauben, dass dies die Gegner aufhalten würde.
Der Spieler muss nun durch das Königreich reisen und in verschiedenen Stadtteilen der drei Städte Damaskus, Jerusalem und Akkon diese Zielperson ausfindig machen und ausschalten.
Nichts ist wie es scheint
Was wie ein "Schleichspiel" klingt, ist jedoch in Wirklichkeit keines; zwar kann sich Altaïr in den Menschenmengen der Stadt verstecken und auch lautlos mit einem kleinen Messer töten, aber dennoch muss er viele direkte Kämpfe bestreiten. Besonders die optionalen Nebenmissionen, in denen es gilt Zivilisten vor Wachen zu retten, erfordern es immer gegen drei oder mehr Stadtwachen gleichzeitig anzutreten. Sehr anspruchsvoll sind diese Kämpfe jedoch nicht, besonders da Altaïr jeden Schlag blocken kann.
Es stehen zwar einige Kombos und "Finishing Moves" zur Verfügung, diese werden aber mehr aus Zufall als wirklich geplant ausgeführt. Die meisten Kämpfen laufen eher nach "Schema F" ab: Blocken bis der Gegner nicht mehr zuschlägt und dann selbst auf ihn einschlagen, bis die Deckung fällt oder ein "Finishing Move" - wie bereits angesprochen - zufällig aktiviert werden.
Auch Die offene Spielwelt ist nicht viel mehr als eine Augenwischerei der Entwickler:
Immer das gleiche
So ist der Ablauf eines Attentats immer der gleiche: Der Spieler reitet durch das Königreich zur Zielstadt und verschafft sich mit Hilfe einer Gruppe Mönche Einlass. Dort gilt es dann einige Aussichtspunkte, wie Kirchtürme zu Erklimmen, um die möglichen Missionen zu entdecken. Davon muss Altaïr ein paar erledigen, um Informationen über die Zielperson zu sammeln und dann vom lokalen Attentäterbüro die Erlaubnis zu bekommen das Attentat durchzuführen. Darauf begibt sich der Spieler zur Zielperson, beseitigt sie und nach einem kleinen Dialog mit dem Sterbenden, sprintet er unter den Klängen des Stadtalarms zurück zum Büro, um nach einem weiteren Gespräch zurück in die Stadt der Bruderschaft teleportiert zu werden und das nächste Attentat in Angriff zu nehmen.
Das immer wiederkehrende Schema der neun Anschläge ist dabei nicht einmal das Hauptproblem des Spiels. Viel mehr fehlt die Abwechslung und die Einflussmöglichkeiten sowohl auf die Umgebung, als auch die Handlung. Zwar wurden zusätzlich zu den fünf Missionstypen aus der Konsolenfassung noch einmal vier Stück in das Spiel eingebaut, jedoch wiederholen sich diese ab und zu sogar innerhalb eines Attentats mehrfach. So gilt es sich auf eine Bank zu setzen und einem Gespräch zu lauschen oder einem NPC in eine dunkle Gasse zu folgen und ihn solange zu verprügeln, bis er Informationen heraus gibt. Die vier neuen Missionstypen sind dabei noch die interessantesten und anspruchsvollsten. In einer davon muss der Spieler zum Beispiel eine bestimmte Anzahl an Bogenschützen auf den Dächern lautlos töten und in einer Zweiten auf den Dächern unter Zeitdruck Flaggen einsammeln. Insgesamt wiederholen sich die Aufgaben jedoch viel zu oft und haben zusätzlich keinerlei Auswirkung auf den Ablauf oder die Möglichkeiten bei den Attentaten.
Akrobat
Eine Glanzleistung Glanzlicht des Spiels ist jedoch die Freeclimbing-Fähigkeit des Assassinen. Solange irgendwo ein Vorsprung, ein Fenstergitter oder ein Holzbalken aus der Wand schaut, klettert Altaïr überall hinauf, während die ihn verfolgenden Wachen von unten versuchen ihn mit Steinen aus der Balance zu bringen. Die Animationen während dieser über die Dächer läuft und über die Gassen hechtet, sind geschmeidig und sehr schön anzusehen. Da macht es dann auch nichts mehr aus, wenn man zum zwanzigsten Mal an einem Turm hinauf klettert um sich umzuschauen. Der Moment sich von dort hoch oben hinab in einen Heuhaufen fallen zu lassen, entschädigt für alle Mühen des Aufstiegs.
Die großartige Grafik mit DirectX 10-Unterstützung, spielt dabei auch eine große Rolle. Thematisch bedingt wird der Titel zwar durch Grautöne dominiert, ist aber in Sachen Umgebung sehr detailliert und die hohe Sichtweite ist ein Augenschmaus- eine entsprechende Hardware vorausgesetzt. Ein kleiner Wermutstropfen sind dabei jedoch die Klontruppen von NPCs. Besonders die Wachen sehen alle gleich aus und auch die Dialoge wiederholen sich viel zu oft. Hat der Spieler zum Beispiel in Damaskus, der ersten Stadt, alle Zivilisten von den Stadtwachen gerettet, hat er bereits alle Varianten der "Dankes"-Worte gehört. Auch die Musik, aus der Feder von Jesper Kyd, kann nicht wirklich überzeugen und plätschert mehr gelangweilt im Hintergrund vor sich hin als ein Hörerlebnis zu bieten, dass auch außerhalb des Spiels ein Genuss ist. Insgesamt entsteht dennoch das Gefühl in einer großen Stadt unterwegs zu sein, da die Hintergrundgeräusche vom Gemurmel der Menschenmassen bestimmt werden.
Leicht von der Hand
Gelungen ist hingegen die Steuerung mit Maus und Tastatur. Kontextsensitiv und abhängig davon ob sich Altaïr im Kampfmodus befindet oder nicht, ist jede Aktion über nur vier Tasten abrufbar. Unterteilt in die Kategorien Augen, linke Hand, rechte Hand und Beine, ist es am Anfang etwas ungewohnt, geht aber nach dem angemessenen Tutorial schnell ins Blut über. Selbst unter Zeitdruck lässt sich der Assassine damit einfach und gezielt über die Dächer oder durch die Menschenmengen jagen. Ein Gamepad vermisst der Spieler durch das ganze Spiel nicht.
Fazit
Um die Frage von zu Beginn zu antworten: Das Warten hat sich nur bedingt gelohnt. Während der Titel in technischer Sicht dank der Grafik und der Animationen über jeden Zweifel erhaben ist, krankt es dem Spiel, wie schon bei den Konsolenfassungen, am Gameplay. Neben der Tatsache, dass es viel zu wenig in der offenen Welt zu tun gibt, ist der Ablauf eines Attentats viel zu sehr in ein enges Korsett geschnürt und lässt einem keine wirklichen Freiheiten, wie sie unter anderem das Paradebeispiel Hitman: Blood Money zulässt. Somit hängt der Spielspaß viel von der eigenen Hardware ab, da die Klettereien nur bei vollen Details wirklich länger bei der Stange halten. Dem "Hype", der vorab aufgebaut wurde, wird der Titel also absolut nicht gerecht.[CH]
(Veröffentlicht am 28.04.2008)