Die deutsche Medienlandschaft (Symbolbild)

Der Rundfunkbeitrag. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen. Ich sehe durchaus einen tieferen Sinn in (leider nur theoretisch) quoten-unabhängigen Sendern und wir nutzen auch den Anteil des Programms, den wir persönlich für wertvoll und zielführend halte (z.B. Nachrichten oder Dokumentationen). Was mir nicht passt ist zum einen die Menge an Sendern (lt. Wikipedia: 21 TV-Sender und 73 Radio-Sender) mit den dazugehörigen Personalstrukturen und zum anderen so einige der finanzierten Programme.

So viel gefühlter Mist, der Geld kostet

Die Menge an Sendern ist natürlich historisch bedingt. Die Alliierten wollten nach dem 2. Weltkrieg sicherstellen, dass sich kein Staatsfernsehen entwickelt (aus Sicht einiger Bevölkerungsteile ohne Erfolg), deshalb hat jedes Bundesland seine eigene Sendeanstalt bekommen. Aber trotzdem könnte man vor allem bei den Radiosendern definitiv mittlerweile mal massiv zusammenfassen. Legt man Sender wie Bayern 3, hr3 oder SWR 3 nebeneinander, dann unterscheiden die sich allerhöchstens in Details. Der Rest ist (vor allem morgens) der gleiche hirnlose Quatsch mit den immer und immer gleichen Liedern und nur einem leichten, wenn auch wichtigen regionalen Touch.

Im Fernsehen hingegen: Warum muss jeder öffentlich-rechtliche Nischensender seine eigene Quiz-Sendung machen? Seine eigene Wissensendung? Seine eigene gelangweilte-Hausfrauen-am-Nachmittag-Info-Sendung? Seine eigene Was-weiß-Ich-Sendung? Da würde ich mir mehr Kooperation inkl. dazugehöriger Reduktion und weniger Konkurrenz wünschen. Beim Tatort (für mich auch eins der fragwürdigen Programme) funktioniert das doch offensichtlich wunderbar (es wird sich bei der Produktion der Folgen abgewechselt). Immerhin scheinen sich die Inhalte des NDR (machen die besten Dokus von allen) mittlerweile bundesweit weiter zu verteilen.

Gleichzeitig fällt durchaus auf, wenn plötzlich irgendein Thema auf allen Kanälen verarbeitet wird. Was die getrennten Berichterstattungen für mich mitunter sogar noch schwachsinniger macht. Zielgruppengerechte Aufbereitung? Dann gerne verschiedene Sendungen zum gleichen Thema. Aber ansonsten? Braucht doch niemand mehrere Sendungen dazu.

Die deutsche Medienlandschaft ist zu gleichförmig. (Symbolbild)

Und dann wäre da noch das Internetprogramm. Namentlich dürfte den meisten vermutlich der Kram von funk auf YouTube schon begegnet sein. Da ist – wie in Radio und Fernsehen – durchaus viel Gutes dabei, keine Frage. Gleichzeitig wird aber auch hier aus meiner Sicht ein Haufen absoluter Mist finanziert, der mir die Hutschnur hochgehen lässt. So viele Ego-Trips von ahnungslosen Leuten, die vermutlich nicht einmal wissen wie man “seriöser Journalismus” schreibt – das geht auf keine Kuhhaut (ich rede z.B. von Y-Kollektiv, STRG_F oder die vielgelobte maILab). Wenn das Zielgruppengerecht sein soll, dann stelle ich mich wohl mit in die Reihe der alten Säcke die über die fragwürdige Qualität der heutigen Jugend klagen. Andererseits: Was will man auch erwarten in einer Zeit, in der Journalisten nicht mehr anständig bezahlt und schon gar nicht ausgebildet werden. Dafür wäre der Rundfunkbeitrag definitiv besser aufgehoben statt die 500. Dokumentation über Hitlers fünften Cousin dritten Grades auf phoenix zu finanzieren. Letzteres machen die privaten Sender zwar ebenfalls gerne, macht die Situation aber eher noch schlimmer als besser.

Äußerliche Zwänge

Gleichzeitig ist es einfach eine Sauerei, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk z.B. faktisch gezwungen ist einem fragwürdigen Verein wie der FIFA Millionen von Euro (214, um genau zu sein) in den Rachen zu werfen, weil sie nach Medienstaatsvertrag die Deutschland-Spiele zeigen müssen. Das geht mir massiv auf den Zeiger – und zwar zu jeder EM oder WM. Ethisch fragwürdige Fälle wie Katar sind da nur die Spitze des Eisbergs. Ja, Sport im Fernsehen zu zeigen ist gut und richtig – vor allem für den jeweiligen Sport und dessen Athleten. Aber sich dafür ausnehmen lassen zu müssen ist eine Sauerei.

Außerdem stehen die Sendungen, die mit MEINEM Geld produziert wurden, nicht 24/7 zur Verfügung. Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen sind theoretisch eine echte Goldgrube an gutem Programm aber leider sind sie gezwungen einen Großteil der Inhalte 7-30 Tage nach der Ausstrahlung wieder zu entfernen. Das macht nicht nur den dazugehörigen Diskurs kaputt (es gibt keinen Zugriff mehr auf die Kommentare), es verbannt auch viele gute Inhalte für immer in die Archive. Sie dürfen ja erst wieder bereitgestellt werden, wenn sie erneut ausgestrahlt wurden. Und im Gegensatz zum Internet ist der Platz im Fernsehen nun einmal begrenzt (auch wegen den 10.000 Quiz-Sendungen…).

Und warum dieser Blödsinn? Na, damit die lieben Wettbewerber egal ob Print, Radio oder Fernsehen nicht benachteiligt werden. Schließlich müssen die ihre Produktionen ja unter marktwirtschaftlichen Bedingungen produzieren und kriegen das Geld dafür nicht wie die öffentlich-rechtlichen einfach “in den Arsch geblasen”. Auf dem Papier eine total nachvollziehbare Sache. Für mich als Zuschauer/Hörer/Leser im Ergebnis aber trotzdem der absolut totale Schwachsinn. Da bezahle ich schon für die (meist) höhere Qualität, darf sie aber nicht nutzen, weil es angeblich “marktgefährdend” ist. Na sauber.

Das eigentliche Thema

(Poster)

Mist, jetzt habe ich 1 1/2 Seiten über die Situation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschimpft. Sollte eigentlich nur eine Einleitung werden. Stattdessen wollte ich euch von der Dokumentation Aware – Reise in das Bewusstsein erzählen, die noch bis 25.10.22 in der ZDF Mediathek (warum braucht jeder Sender seine eigene?!) zur Verfügung steht.

Das Werk der Regisseure Frauke Sandig und Eric Black wurde u.a. finanziert von einigen europäischen öffentlich-rechtlichen Sendern und kommt im Originalton mit dt. Untertiteln daher. Letzteres störte mich nicht sonderlich, da die meisten der Forscherinnen und Forscher Englisch sprechen. Ist aber natürlich trotzdem eine unnötige Hürde für den ein oder anderen Zuschauer.

Inhaltlich geht es – wie der Name schon nahelegt – um das Bewusstseins: Was ist es? Woher kommt es? Wer hat eines? Und so weiter und so fort. Zu Wort kommen sechs Forscherinnen und Forscher: Hirnforscher Christof Koch, buddhistischer Mönch (mit Doktortitel) Matthieu Ricard, Drogenforscher Roland Griffiths, Biologin Monica Gagliano, Philosoph Richard Boothby und Maya-Heilerin Josefa Kirvin Kulix. Ihre Erzählungen bestimmen den Film. Einen Kommentator oder Erzähler gibt es nicht. Geführt wurden die Interviews an verschiedenen Orten, um visuelle Abwechslung reinzubringen. Zusätzlich zeigt Frauke Sandig die Arbeit und das Arbeitsumfeld und erlaubt dem Zuschauer ab und an eine (gefühlt sehr langatmige) Denkpause mit Hilfe von… ja, fast schon psychedelischen Aufnahmen von Meeren, Wäldern und anderen hübschen Landschaften.

Zwei Highlights

Jeder der Wissenschaftler betrachtet das Thema Bewusstsein aus einer völlig anderen Richtung mit sehr interessanten Ergebnissen. Wir fanden besonders die Arbeit von Roland Griffiths und Monica Gagliano extrem spannend. Griffiths nutzt in seinen Studien/Experimenten Psychedelika (=bewusstseinsverändernde Drogen) und schaut sich dabei die Vorgänge im Gehirn seiner Probanden an. Klingt nach einer sehr schrägen Sache aber die Probanden scheinen extrem begeistert davon zu sein. Sie bezeichnen das Erlebnis (eine 6-Stunden-Sitzung in einem MRT) als eins der wichtigsten in ihrem Leben, das ihr Denken mehr oder weniger stark verändert hat. Würde ich definitiv auch gerne mal mitmachen, wenn das so genial ist. Die Forschung findet aber leider (wie so oft) in den USA statt.

Auf Vögel konditionierte Katzen.

Monica Gagliano konzentriert sich hingegen nach einem einschneidenden Erlebnis mit Fischen (sie ist ein absoluter Tierfreund) derzeit auf die biologische Intelligenz von Pflanzen. Dabei hat sie herausgefunden, was jeder liebevolle Gärtner schon immer wusste: Pflanzen haben mehr Gehirn als wir bislang dachten. Schlechte Nachrichten für Vegetarier und Veganer, die ja nichts mit Bewusstsein essen wollen. Die müssen jetzt wohl verhungern. Thematisiert werden im Film dahingehend zwei Experimente, beide mit Erbsen.

Im ersten Versuch sitzt die Pflanze in einem Topf, der sich unten in zwei Bereiche aufteilt. Auf der einen Seite ist Wasser, auf der anderen Seite nicht. Das überraschende Ergebnis: Die Wurzeln der Erbse wachsen nur zum Wasser hin. Sprich die Erbse weiß ganz genau, dass es dort ist. Und zwar, weil sie es hört, wie die nächste Stufe des Experiments zeigte. So wurde das Wasser einfach durch einen Lautsprecher ersetzt, der nur das Geräusch von Wasser abspielte. Und siehe da: Die Wurzeln fanden erneut zielgerichtet ihren Weg.

Der zweite Versuch war die Durchführung des berühmten Experiments Pawlowscher Hund. Zur Erinnerung: Iwan Petrowitsch Pawlow hatte Hunde solange trainiert bis sie den Klang einer Glocke mit Futter in Verbindung brachten. Anschließend reichte schon die Glocke dazu aus, dass der Hund das Sabbern anfing obwohl noch gar kein Futter in Sicht war. Und genau das hat Gagliano mit der Erbse gemacht. Statt einer Glocke nutzte sie einen Ventilator und die Belohnung war blaues Licht, das gleichzeitig anging. Die Pflanze drehte sich anschließend in die Richtung des Lichts. Nach nur drei Tagen (!) Konditionierung blieb das Licht aus und trotzdem hat sich die Pflanze wieder in die bekannte Richtung gedreht, sobald der Ventilator anging. Absolut krass und hätte ich nicht erwartet, obwohl mir bekannt war, dass z.B. die Bäume im Wald miteinander kommunizieren und sich untereinander helfen.

Beim Christoph meint: Es ist schade, dass es keine Synchronisation gibt und die ein oder andere “Pausen”-Sequenz hätte ruhig etwas gekürzt werden können. Aber dennoch eine äußerst interessante und handwerklich gut gemachte Dokumentation. Sie beantwortet keine der Fragen, die gestellt werden. Schlicht und einfach, weil die Wissenschaftler bislang einfach weder eine Antwort haben noch sich überhaupt auf irgendeiner Ebene so richtig über die Grundzüge einig sind. Sie gibt aber einen spannenden Einblick in die verschiedenen Forschungsrichtungen und regt zum Nachdenken und diskutieren an.

Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass ein Stein vermutlich ebenfalls ein Bewusstsein hat. Meine Begründung war einfach nur naiv zu sagen, dass bestimmt alles “Natürliche” eines besitzt. Lysanda stellte dann die Gegenfrage was dann bei der Verarbeitung des Steins passiert. Teilt sich sein Bewusstsein in mehrere Teile auf, wenn er zersplittert? Und ab wann ist es etwas nicht mehr natürlich? Ist ein Auto nicht mehr “natürlich”, nur weil die “Inhaltsstoffe” durch uns Menschen verarbeitet wurden? Und wenn ja, was ist mit dem Affen, der einen Stein zuspitzt? Ist der Stein dann ebenfalls nicht mehr natürlich? Alles Fragen, auf die ich logischerweise keine Antwort hatte. Es regte aber definitiv unser beider Gehirnstübchen an :smile: . Und bei den besten Dokumentationen lernt man aus meiner Sicht nicht nur was, sondern denkt auch darüber nach.

Von unserer Seite also eine klare Empfehlung sich das Werk mal anzuschauen. Gut investierte Zeit (und Rundfunkbeiträge). Laut der dazugehörigen Webseite ist es der zweite Film in der “Herz des Himmels, Herz der Erde”-Trilogie. Entsprechend werden wir uns wohl oder übel :wink: mal den gleichnamigen, ersten Film anschauen. Praktischerweise steht er auch gerade in der ZDF Mediathek zur Verfügung (noch bis 23.12.2022). Es steht dem also nichts im Wege. Die dritte Dokumentation ist hingegen noch in der Produktion.

(Cover)

Anfang September hatte ich erwähnt, dass ich aktuell das Fachbuch Shareware Heroes: The renegades who redefined gaming at the dawn of the internet* von Richard Moss (u.a. The Secret History of Mac Gaming*) lese.

Wie der Name schon andeutet, geht es um die Sharewareszene die sich nach dem großen Videospielecrash von 1983 entwickelte. Woher kommt der Name (Bob Wallace von Microsoft hat ihn geprägt)? Wer ist der Erfinder (gibt nicht den einen)? Welche Varianten von Shareware gab es über die Jahre (sehr viel mehr als mir bislang bekannt waren)? Wer hat damit wirklich Geld verdient (Anfangs vor allem die Shareware-Compilations-Macher)? Wie stark haben Schwergewichte wie Apogee (Commander Keen), id Software (Wolfenstein 3D) und Epic MegaGames (Duke Nukem 3D) den Markt in den 90igern aufgemischt (massiv)? Was kam danach (Wechsel zurück zum Retailmarkt)? Und noch sehr viel mehr Antworten auf Fragen, die ihr euch vermutlich bislang noch nicht einmal gestellt habt. Sehr interessantes Werk. Leider leidet das Buch streckenweise unter der “Aufzähleritis”. Der Autor möchte (nachvollziehbar) so viele Entwickler zusammen mit ihrer Geschichte wie möglich unterbringen aber hat faktisch dafür einfach keinen Platz (oder nicht allzu viel Neues zu sagen). Also passiert es hin und wieder, dass er zügig hintereinander Namen, Spiel und eine sehr kurze Zusammenfassung bringt. Das ist nett gemeint, bringt aber den Lesefluss durcheinander und hat – zumindest für mich – keinen wirklichen Mehrwert.

Kindheitserinnerungen

(Title Screen)

Der Autor hat mich durch seine Aufzählungen allerdings an einen geliebten Shareware-Titel aus meiner Jugend erinnert (und ihm sogar zwei Seiten spendiert). Ich glaube, ich hatte damals sogar die 25 DM an den deutschen Entwickler geschickt, um die registrierte Version zu erhalten. Weiß aber nicht wo die 3,5″-Diskette mittlerweile ist (vermutlich im Müll). Der Name des Spiels: Crime Fighter von Dr. Peter Steffen. Es handelt sich dabei um ein (inoffizielles) Remake des C64-Titels Mafia. Das ist aus dem Jahre 1986 und stammt ebenfalls aus deutschen Landen (Igelsoft). Ja, die Shareware-Szene hat es mit Copyright und dergleichen damals nicht so genau genommen (auch Thema im Buch).

Mittlerweile ist Crime Fighter keine Shareware mehr, sondern offiziell Freeware sowohl für DOS als auch Windows (Beta-Version). Der Download ist über die offizielle Webseite möglich. Außerdem gibt es eine Umsetzung auf iOS und Android – beide jedoch mit Einschränkungen (z.B. Werbung und keine Speichermöglichkeit) in der kostenlosen Variante. Alles freizuschalten schlägt mit 10€ zu Buche – die ich dem Autor aber gerne für die iOS-Version überwiesen habe, denn der Titel hat mich wieder in seinen Bann gezogen.

Worum geht’?

Wohlwollend könnte man Crime Fighter als Grand Theft Auto vier Jahre vor Grand Theft Auto bezeichnen. Aber da lehnt man sich schon sehr weit aus dem Fenster :wink: . In einer unbenannten, deutschen Stadt herrscht die Anarchie. Niemand ist sicher vor der Gewalt. Bandenkriege werden ausgetragen und die Polizei ist machtlos bzw. Bestechungsgeldern gegenüber nicht abgeneigt. Ihr seid einer von bis zu vier (Hot-Seat-Multiplayer inkl. Bandenkriegen) frisch aus dem Gefängnis entlassenen Kriminellen. Euer Ziel: Euch an die Spitze der Unterwelt hochzuarbeiten (=eine vorher festgelegte Punktzahl erreichen).

Ich hab’ schon ein dickes Auto und einen Haufen Kohle.

Eure Laufbahn startet mit der Charaktergenerierung: Stärke, Intelligenz, Brutalität, (Lebens-)Energie und das Startkapital werden durch mehrere Mausklicks erzeugt und anschließend beginnt eure Reise – als Fußgänger vor dem Polizeipräsidium. Nur mit euren Fäusten bewaffnet und mit dem bisschen Startgeld in der Tasche steht euch nun die gesamte 2D-Stadt offen und ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt – solange ihr mit den eventuellen Konsequenzen leben könnt. Also entweder, dass eure Aktion einfach nur nicht erfolgreich war oder ihr schlimmstenfalls für ein paar Monate im Knast landet.

Je nach Fortbewegungsmittel habt ihr pro Monat (=eine Runde) eine begrenzte Anzahl an Schritten zur Verfügung. Sowohl das Bewegen auf der Karte als auch die Interaktion mit Gebäuden kosten euch Schritte. Wenn ihr alleine zockt, hat das keine großen Auswirkungen. Im Mehrspielermodus kommt nach Verbrauch aller eurer Schritte hingegen der nächste dran. Gebäude gibt es z.B. Banken, Autohändler, Kaufhäuser, Waffenhändler, Flughafen, (U-)Bahnhöfe, normale Wohnhäuser, Kinderspielplätze und dergleichen. Ist eine vergleichsweise übersichtliche Liste, weshalb es von fast allem in der Stadt mehrere Ableger gibt. Auf der Stadtkarte selbst gibt es abseits von zufälligen Polizeikontrollen aber ansonsten nichts zu tun. Stattdessen sucht ihr euch euer nächstes Ziel aus, lauft/fahrt dort hin und interagiert dann mit dem jeweiligen Ort.

Interaktive Welt

Die Bank

Abhängig des besuchten Gebäudes gibt es verschiedene Möglichkeiten was ihr tun könnt. In der Bank z.B. dürfen wir einen klassischen Überfall durchzuführen, versuchen nachts (nur schriftlich, gibt keinen echten Tag-/Nachtwechsel) den Safe zu knacken (ein Minispiel) oder den Chef der Bank erpressen, wenn wir entsprechendes Material im Koffer haben. Beim Autohändler können wir hingegen ein Auto kaufen oder klauen (=mehr Schritte pro Monat zur Verfügung) oder ebenfalls den Besitzer erpressen. Und am Kinderspielplatz? Nun, da gilt es entweder den Eltern die Handtaschen durchzuwühlen oder ein Kind zu entführen und dafür dann Lösegeld zu verlangen oder es… politisch völlig unkorrekt im nächsten Pub als billige Arbeitskraft zu verkaufen. Hey, schaut nicht so komisch. Wir spielen schließlich den Bösewicht! Alle Aktionen sind mit einem Zufallsfaktor versehen. Ob ihr also erfolgreich etwas aus der Handtasche stehlt und wie wertvoll ist, hängt alles von einem unsichtbaren Würfelwurf ab, der nur ein wenig von euren Fähigkeiten beeinflusst wird. Selbst ein Charakter mit 99 Intelligenz (der Höchstwert) wird entsprechend hin und wieder versagen.

Für jedes erfolgreich durchgeführte Verbrechen gibt es einen Punkt. Je mehr Punkte ihr habt, desto höher steigt ihr im Rang auf. Das erlaubt es euch weitere Aktionen durchzuführen – so lacht euch der Ladenbesitzer am Anfang nur aus, wenn ihr versucht Schutzgeld zu erpressen – und sogar Mitglieder für eure Bande anzuheuern (die ihr dann trainieren und ausstatten müsst). Die sind besonders in den Kämpfen wichtig, denn wie erwähnt seid ihr nicht alleine in der Stadt. Es gibt andere Bandenmitglieder, die Polizei, krawallige Omas und aggressive Gärtner denen es gar nicht gefällt, was ihr so treibt. Bei einem Zusammentreffen wechselt das Spiel auf einen simplen gestalteten Kampfbildschirm mit euch auf der linken und den Feinden auf der rechten Seite. Abhängig von der jeweiligen Bewaffnung muss sich anschließend jeder erst in Reichweite bewegen, bevor fleißig solange geschossen wird, bis entweder ein (nicht sichtbares) Rundenlimit abgelaufen ist oder eine Seite keine Mannen mehr zur Verfügung hat. Nicht wirklich kompliziert aber selbst als hochleveliger Charakter mit der besten Waffe aufgrund des Zufallsfaktors nicht einfach.

Ein Kampf

Der Großteil der anderen durch Aktionen ausgelösten Minispiele versetzt euch hingegen in simple aber nicht zufallsgenerierte 2D-Labyrinthen mit verschiedenen Aufgaben. Um die Elektronik aus dem Kaufhaus zu stehlen, müsst ihr die Geräte beispielsweise unter Zeitdruck auf einen bestimmten Platz schieben. Den Koffer am Flughafenzoll schmuggelt ihr hingegen ins Flugzeug, indem ihr euch unbemerkt an den Wachen vorbeischleicht. Und der Postzug kommt nur zum Stehen, wenn genug Kisten auf den Gleisen stehen. Die meiste Zeit verbringt ihr aber tatsächlich auf dem Stadtbildschirm, bewegt euch von Gebäude zu Gebäude und führt relativ schnell die immer gleichen Aktionen aus.

Fazit

Also nein, den Vergleich zu Grand Theft Auto hält Crime Fighter absolut nicht stand. Ja, wir sind ein Krimineller in der frei begehbaren Stadt und können ein paar böse Dinge tun. Das war es aber auch schon an Gemeinsamkeiten. Wobei im Einzelspielermodus es tatsächlich die beste Methode ist einfach für 99 Monate einer legalen Arbeit nachzugehen, um einen Haufen Geld zu verdienen. Aber von der Action und Brutalität selbst des ersten Teils von Rockstars Erfolgsserie ist Crime Fighter sehr weit entfernt. Und seine fast schon 30 Jahre sieht und spürt man dem Titel mehr als deutlich an. Zumal selbst 1993 schon wesentlich hübscheres und tiefgründigeres auf dem Markt zu haben war.

Einen Postzug zu überfallen bedeutet Kisten zu schieben.

Das ist nämlich das größte Problem von Crime Fighter: Es wird vergleichsweise schnell langweilig. Es gibt nur 18 unterschiedliche Orte mit vielen ähnlichen Interaktionsmöglichkeiten und nur eine Handvoll unterschiedlicher Labyrinthe – von den taktisch wenig anspruchsvollen Kämpfen gar nicht erst zu reden. Entsprechend hat der Spieler schon weit vor Erreichen der (variablen) Maximalpunktzahl alles gesehen und gemacht, was der Titel hergibt. Im Mehrspielermodus dürfte es etwas länger Spaß machen aufgrund der paar zusätzlichen Interaktionsmöglichkeiten und immerhin bekommt man nach dem Respawn nicht gleich wieder eine Atombombe von einem anderen Spieler auf den Kopf geworfen (GTA Online ist völlig bekloppt…). Aber trotzdem kein Titel für lange Abende.

Dennoch: Bis zu diesem Zeitpunkt (1-2 Spielstunden) hat Crime Fighter durchaus seinen Charme, das möchte ich definitiv positiv erwähnen. Es macht auch heute noch grundsätzlich Laune. Ich halte aber vermutlich ausschließlich nur aus Nostalgiegründen über den “alles gesehen, alles gemacht”-Punkt länger durch, weil ich halt in den 90igern live dabei war und zumindest ein paar schöne Erinnerungen daran habe. Insofern empfehle ich euch dann doch lieber die ersten beiden Grand Theft Auto-Titel, wenn es etwas in 2D sein soll. Die haben selbst heute noch viel mehr zu bieten, gibt es aber leider bislang nicht offiziell für Smartphones. Bleibt wohl doch nur Crime Fighter :smile: .

Animal Crossing; New Horizons (Herstellerbild)

Ungefähr vier Monate hat es dieses Mal nur gedauert bis meine Animal Crossing-Sucht tatsächlich schon wieder vorbei war. Technisch gesehen ging es sogar noch etwas schneller, weil ich bereits gegen Ende nur noch aus Pflichtbewusstsein die täglichen Aufgaben erledigt habe und nicht viel mehr auf meiner Insel machte.

Hauptgrund dürfte mein Erfolg auf dem Rübenmarkt gewesen sein – quasi dem ins Spiel integrierten Cheatcode. Als ich ein paar Mal so richtig abgesahnt hatte (“Großer Spike”), mit den gesammelten Millionen alle Kredite bei Tom Nook abbezahlen konnte und trotzdem noch genug Sternis im Bankkonto habe, um mir alles leisten zu können, war die Luft definitiv raus. Ja, ich könnte noch die Museums-Sammlung fertig stellen (bislang nur die Fossilien abgeschlossen) und meine Insel auf fünf Sterne (aktuell bei vier) aufmotzen. Aber als ich aufgrund unserer Dienstreise Mitte August zwei Tage nicht ins Spiel schauen konnte, entschied sich mein Gehirn anschließend, dass es nun genug mit dieser Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme ist – und ich stimme ihm natürlich voll zu :smile: .

Gleichzeitig hatte ich damit sogar mal für ein paar Wochen komplett mit dem Spielen aufgehört. Die Luft war schon die Wochen davor aus diversen Gründen irgendwie ziemlich raus. Nach dem Wegfall von Animal Crossing: New Horizons* blieb entsprechend nichts mehr übrig. Diese vollständige Abstinenz wurde tatsächlich erst vergangenen Montag durch 2-3 Level Super Mario 3D World + Bowser’s Fury* und am Samstag mit 1-2 Stunden Metro Exodus* (endlich Gebiet #1 erledigt) durchbrochen.

Mal schauen ob ich so langsam wieder zurück in den “Groove” finde. Wäre zwar grundsätzlich nicht schlimm, wenn nicht – gibt ja sonst noch genug zu tun (Lesen, Filme/Serien, am/im Haus arbeiten, etc.). Aber mit dem Kaufen von Spielen habe ich in der Zeit nicht aufgehört. Landete weiterhin (fast) jedes Bundle von Fanatical und Humble Bundle in meinem Warenkorb plus dem ein oder anderen zu verlockendem Angebot auf Steam (~60 neue Einträge seit 15.08.). Und damit muss ich doch mehr machen als nur einen Eintrag in einer ewig langen Excel-Tabelle vornehmen, oder? *verzweifelt* ODER?! :sad: Bin wohl doch nur noch ein Hobby-Buchhalter…

Radikaler Themenwechsel

Apropos Filme/Serien: Nach dem (wahnsinnig traurigen) Finale von The Big C musste natürlich was Neues her für das (unregelmäßige) abendliche “auf der Couch herumlümmeln”. Und statt zum Ausgleich nach etwas Fröhlichem wie einem Anime oder einer Komödie zu greifen, habe ich Chernobyl* eingelegt – die fünfteilige Miniserie von 2019.

Das Unglück von 1986 fasziniert mich schon seit… ja, mittlerweile Jahrzehnten. Meine Vermutung ist, dass es mit der Lektüre von Gudrun Pausewangs Jugendroman-Klassiker Die Wolke* von 1987 begonnen hat. Sie hatte das Werk direkt als Reaktion auf das Desaster in Tschernobyl verfasst und ihn sogar in der Nähe meiner alten Heimat angesiedelt (ein Super-GAU im AKW Grafenrheinfeld). Auch wenn ich viele der darin enthaltenen Anti-AKW-Ansichten heute nicht mehr ganz so unterschreiben würde: Die Geschichte an sich ist immer noch krass. Aber nichts ist bekanntlicher krasser als die Realität und diese wird in Craig Mazins Serie so unverblümt dargestellt wie selten.

Eine beklemmendes Werk

(Cover)

Wie der Name Chernobyl schon andeutet, geht es um die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Die Serie erzählt relativ realitätsgetreu “Highlights” des Unglücks und seinen Folgen hauptsächlich aus der Perspektive von Walerie Legassow (Wissenschaftler und Mitglied der Tschernobyl-Kommission) und Boris Schtscherbina (Leiter der Tschernobyl-Kommission). Ein besonderer Fokus liegt logischerweise auf den Momenten direkt vor und nach der Reaktorexplosion. Die ganze letzte Folge ist beispielsweise nichts anderes als eine genaue Rekonstruktion der Ereignisse umrahmt von einer Gerichtsverhandlung (an der Legassow in der Realität nicht teilnahm). Aber auch andere wichtige Momente werden zumindest kurz gezeigt: Das Säubern der Zone durch die Liquidatoren (mit Fokus auf das Kraftwerkdach und der Tierwelt), der Einsatz der drei Taucher (retteten damals Eurasien vor der ultimativen Katastrophe), der Bau eines Schachts unter dem Kraftwerk durch Minenarbeiter und noch einiges mehr. Dazwischen haufenweise Lug und Betrug durch alle Beteiligten, nur um zu gefallen, nicht schlecht da zu stehen und/oder nicht erschossen zu werden. Mit der entsprechenden Konsequenz, dass am Ende alles nur schlimmer wurde. Wenn ich mir die Welt so anschaue, haben wir uns in der Hinsicht bis heute nicht geändert – im Kleinen wie im Großen…

Beim Christoph meint: Die Serie bekommt von mir uneingeschränkte 5 von 5 Sics. Mein einziger echter Kritikpunkt ist, dass sie viel zu kurz ist. So viele interessante Ereignisse, die trotz fünf Stunden Zeit, wenn überhaupt nur gestreift werden. Ansonsten haben Drehbuchautor Craig Mazin und Regisseur Johan Renck wirklich fantastische Arbeit geleistet und das Unglück für den Zuschauer greifbar und verständlich auf den Bildschirm gebracht. Das führt zwar zu der ein oder anderen historisch nicht ganz so korrekten Situation (wie besagter Monolog von Legassow im Gericht), aber im Sinne der besseren Erzählung ist das absolut verschmerzbar. Im Ergebnis erwartet den Zuschauer ein bedrückendes aber bildgewaltiges Werk über ein einschneidendes Ereignis, das das Leben vieler Millionen Menschen dauerhaft verändert hat. Nicht nur eine klare Empfehlung, sondern aus meiner Sicht sogar ein absolutes Pflichtprogramm.

Weiterführende Lektüre

Wer sich nach dem Genuss der Serie noch tiefer in die Materie einarbeiten will, dem lege ich Chernobyl 01:23:40* von Andrew Leatherbarrow ans Herz. Es ist die – zumindest soweit mir bekannt – detaillierteste, akkurateste und selbst für “Normalos” verständliche Erklärung des Desasters und seinen Folgen. Und wenn ihr dann noch nicht genug habt, dann lest Voices of Chernobyl*. Wie der Name schon andeutet, kommen darin haufenweise Zeitzeugen zu Wort und erzählen ihre Sicht der Ereignisse. Beide Werke stehen soweit ich weiß nur auf Englisch zur Verfügung.

Sagen wir wie es ist: Ich war in meiner Kindheit eine absolute Heulsuse. „Zu nah am Wasser gebaut”? Eher an einem ganzen Wasserplaneten. Ich hab‘ sogar in der Grundschule mal geweint, weil mein Banknachbar (!) eine schlechte Note bekommen hat… Leider muss man sagen, dass unsere Gesellschaft damit überhaupt nicht umgehen kann – vor allem bei männlichen Vertretern. Es wird einem sofort als Zeichen der Schwäche ausgelegt. Zum Weinen entsprechend in den Schrank einsperren. Bloß niemanden sehen oder wissen lassen, dass man traurig ist.

Ich werde mich dahingehend bis ans Ende meines Lebens an meinen Grundschullehrer erinnern, der Sprüche abließ wie „Heul dich ruhig aus, dann musst du wenigstens weniger aufs Klo”. Was für ein Arschloch. Wie förderlich es ist für seine eigene Seele Gefühle einfach zu unterdrücken, brauchen wir denke ich nicht weiter zu erörtern. Mir persönlich haben speziell meine „lieben” Klassenkameraden das Weinen ausgetrieben. Was ich von denen alles ertragen musste deswegen geht auf keine Kuhhaut. Spätestens ab der 7. Klasse war es entsprechend damit vorbei. Keine Träne mehr in der Öffentlichkeit. Stattdessen versuchte ich nach außen hin zu einer gefühllosen Mauer zu werden während im Inneren weiterhin alles in sich zusammenbrach.

25 Jahre später sind zumindest in der Casa Lysanda meine Tränen kein Problem mehr. Das ist auch gut so, denn es fehlt immer noch mitunter nicht viel, um meine Kanäle zu fluten :smile: . Lasst ein paar Geigen traurig vor sich hin weinen, packt noch ein paar emotionale Bilder dazu und schon wird’s feucht. Aber so heftig wie am Samstagabend hatte mich bislang noch kein Unterhaltungsmedium erwischt. Ich war echt fix und alle am Ende der letzten Folge.

(Cover)

The Big C* (2010-2013, 38 Episoden [4 Staffeln], DV) – Cathy Jamison, verkörpert von Laura Linney, hat Krebs. Und zwar die Art von Krebs, die nur schwer bis gar nicht zu heilen ist und an der man relativ zügig wegstirbt. Statt sich davon jedoch großartig beeindrucken zu lassen oder gar eine Chemo-Therapie zu beginnen, fängt Cathy stattdessen an ihr Leben umzukrempeln. Quasi ihre letzten Wochen und Monate richtig auszuleben und alles das zu tun, was sie bislang als typische, langweilige amerikanische Mutter bislang nicht gemacht hat. Blöd nur, dass sie ihre Familie nicht über den Grund aufklärt, der zu ihrer starken charakterlichen Veränderung und dem dadurch entstehenden Chaos führt. Wenig verwunderlich, dass das zu einer Verschlechterung im Verhältnis zu ihrem Sohn Adam und ihrem Mann Paul führt.

Irgendwann kommt dann natürlich doch raus, was los ist und die Geschichte konzentriert sich anschließend darauf, wie die Familie und vor allem Cathy damit umgeht mit den dazugehörigen Höhen und Tiefen. Nebenbei gibt es noch ein paar Nebengeschichten um ihren Bruder Sean, ihrer Schülerin Andrea (die bald bei ihnen einzieht) sowie das normale Teenager-dasein ihres Sohnes. Ach und auch Paul macht einiges durch, was ich an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten werde. Zusammengefasst ist speziell in den ersten drei Staffeln extrem viel los. Gefühlt in jeder Folge geht irgendwas in die Hose, passiert irgendetwas überraschendes oder Cathy hat ein neues Gehirngespinst mit dem sich alle rumschlagen müssen. Da jede Folge nur ~25 Minuten hat, ist das Tempo sehr hoch – fast schon zu hoch, weshalb die Glaubwürdigkeit etwas leidet. Nur die letzte Staffel (vier Folgen) mit dem Untertitel „Hereafter” gönnt sich jeweils 60 Minuten, um die Geschichte zu einem würdigen Abschluss zu bringen.

38 Folgen Kummer?

Trotz des heftigen Themas, schafft die Serie es eine sehr gute Balance aus Humor und Dramatik zu halten. Keine Frage, es passiert viel Schlimmes – sehr viel sogar, was die Familie und ihre Freunde durchmachen müssen. Es wird nichts beschönigt und die harte Realität dargestellt. Nicht nur in Bezug was eine Krebsdiagnose für einen Menschen, seine Familie und seine Freunde bedeuten kann, sondern auch andere Krankheiten oder sich plötzlich ändernde Lebensumstände. Das halte ich der Serie extrem zugute. Viel zu oft wird in den Medien beispielsweise ein Krebskranker bloß zu einem armen, traurigen Opfer degradiert und ihm damit seine Menschlichkeit genommen. Das passiert hier explizit nicht. Auch deshalb, weil die Autoren eben nicht alles nur als schwarz darstellen. Es gibt wie im realen Leben neben den schlechten ebenso einige heitere Momente, die sogar mal für einen Lacher sorgen – selbst in der letzten Staffel.

Drehen sich die ersten drei Staffeln vor allem um den Umgang mit der Krankheit, geht es in Staffel 4 faktisch nur noch um das Vorbereiten auf den Tod. Cathy ist am Ende ihrer Reise und es gibt kein Zurück mehr. Stattdessen heißt es die letzten Momente in Würde genießen, noch zu erledigen, was es vielleicht zu erledigen gibt und dann dem Leben seinen Lauf zu lassen. Das ist extrem heftig mit anzusehen, aber immerhin bekommt Cathys Weg einen gebührenden Abschluss. Da hätte so viel in die Hose gehen können. Aber nein, die Autoren haben alles richtig gemacht und einem großartigen Charakter einen würdigen Abschied gegeben.

Beim Christoph meint: Von mir gibt es 5 von 5 Sics. Die Serie ist eine Wucht – in positivem Sinne und das Finale (und die komplette letzte Staffel) wird mir noch lange nicht aus dem Kopf gehen. Mir kommen jetzt schon wieder die Tränen, wenn ich nur dran denke. Da haben die Macher wohl einen extrem wunden Punkt bei mir getroffen. Vermutlich auch deshalb, weil ich mit meiner Oma diese Reise – allerdings mit wesentlich weniger Chaos – vor vielen Jahren bereits selbst miterlebt habe (Krebsdiagnose, viele Monate Therapie, Hospiz, Tod).

Aber selbst ohne meine persönliche Erfahrung: Cathys Geschichte ist wirklich sehr gut und extrem mitreißend erzählt. Auch dank der vielen Charaktere, denen sie begegnet und mit denen man ebenfalls mitfühlen kann. Natürlich ist das ein oder andere völlig überzogen dargestellt. Wie gesagt tritt die Familie irgendwie ständig in jedes Fettnäpfchen, das sich bietet und vergrößert so das Chaos und den Tumult. Unterm Strich tut es der Serie aber keinen Abbruch. Sie bleibt durchweg glaubwürdig und realistisch und zeigt einen Haufen Menschen, die schlicht und einfach überfordert sind – wie wir vermutlich alle in so einer Situation. Unbedingt anschauen!

Vor fast genau einem Jahr habe ich euch an dieser Stelle vier Werke des britischen Autors John le Carré vorgestellt. Genauer gesagt die ersten vier “George Smiley”-Bücher. Insgesamt gibt es allerdings neun Stück, die entweder von Carré oder seinem Publisher als Teil dieser Serie angesehen werden (weil es mitunter gezwungen wirkt). Mittlerweile habe ich die nächsten vier Bände gelesen und möchte euch meine Meinung selbstverständlich nicht vorenthalten :smile: .

Stellt sich vielleicht vorab die Frage, warum es mit dem Lesen so lange gebraucht hat. Okay, sie sind etwas umfangreicher als die vorherigen Bücher. Aber 100 Seiten mehr sollten jetzt nicht unbedingt dazu führen, dass ich dafür wesentlich mehr Wochen brauche. Nein, die Antwort ist schlicht und einfach, dass die Werke nicht durchweg gelungen sind. Doch lest selbst:

(Cover)

Dame, König, As, Spion* (Tinker Tailor Solider Spy; 1974; 416 Seiten) – John le Carré wohl bekanntestes Werk und Auftakt der sogenannten Karla-Trilogie. Benannt nach dem furchteinflößenden Agenten Karla beim KGB, der schon einer halben Ewigkeit den britischen Geheimdienst vorführt. Im ersten Band spielt er aber noch eine untergeordnete Rolle und wird nur als die ständige Gefahr im Hintergrund dargestellt. Stattdessen steht die Enttarnung seines Doppelagenten im Fokus, den er ins obere Management des Circus eingeschleust hat. Smiley, nach einer misslungenen Operation zu Beginn des Buches eigentlich aus dem Geheimdienst entlassen, wird damit beauftragt diesen Maulwurf auszuräuchern. Das ist Auftakt zu einer intensiven und spannenden Detektivarbeit bei der Smiley sehr viele Hürden überspringen muss, um den Übeltäter zu identifizieren und zur Strecke zu bringen.

Beim Christoph meint: Von mir gibt es 4 von 5 Sics. Das ist, was ich von John le Carré erwartet hatte. Das Werk ist ein vorzüglicher Agententhriller mit vielen spannenden Momenten, interessanten Wendungen und einem George Smiley in absoluter Höchstform. Als Leser fiebere ich intensiv mit und stehe bei fast jeder Seite unter Strom. Abstriche von der Bestnote gibt es hauptsächlich, weil aus meiner Sicht das ein oder andere etwas zu sehr in die Länge gezogen ist. Speziell die Nebengeschichte rund um Jim Prideaux, einem ehemaligen Agenten. Ich verstehen, warum sie notwendig ist (Twist) aber so wirklich begeistert hat mich sein zurückgezogenes Lehrerleben nicht. Dennoch: Ganz klare Leseempfehlung. Und wer keinen Bock zum lesen hat, der greift zur BBC-Serie, die ist auch gut.

(Cover)

Eine Art Held* (The Honourable Schoolboy; 1977; 608 Seiten) – John le Carré hat eine Asienreise gemacht und daraus ist dieses Buch entstanden. Nach der Enttarnung des Maulwurfs ist der britische Geheimdienst am Boden und braucht dringend Erfolge. Das Ziel: Eine Geldwäsche-Operation der Russen in Hongkong in der Hoffnung eine Angriffslücke in Karlas Geschäften zu finden. Der Agent: Jerry Westerby, ein Frauenheld, der sich als Journalist tarnt. Nicht wirklich mit dabei: George Smiley, der wieder nur hin und wieder als fragwürdige Figur im Hintergrund auftritt. Stattdessen ist der Fokus voll und ganz auf Westerby, der sich in Asien auf die Suche nach den Russen und ihren Verbündeten macht. Relativ schnell fällt der Verdacht auf einen gewissen Drake Ko, ein reicher Geschäftsmann. Blöd nur, dass die Amerikaner ebenfalls ein Auge auf ihn geworfen haben. Es beginnt entsprechend ein Rennen um die Zeit. Wer schafft es den großen Fisch an Land zu ziehen und davon zu profitieren, ohne ihn zu verschrecken? Ja, Zusammenarbeit von Geheimdiensten war damals wie heute nicht so der Hit…

Beim Christoph meint: 3 von 5 Sics und zwar nicht nur, weil Smiley so gut wie nicht drin vorkommt. Nein, auch die Geschichte an sich finde ich nicht so prickelnd. Westerbys Reisen durch Asien mit fragwürdigen Stationen (Fahrt durch ein Kriegsgebiet, Besuch eines korrupten Gouverneurs und so Kram), sein pseudo-philosophisches Geschwafel dabei in dem er sein bisheriges Leben reflektiert zusammen mit den (vermutlich absichtlich) nutzlos und nervig dargestellten Journalisten-Freunden – es hat mich nicht wirklich angemacht und war stattdessen über weite Teile einfach nur langweilig. Erst gegen Ende, wenn klar wird wer Ko ist und besagtes Rennen um den Zugriff losgeht, nimmt die Sache an Fahrt auf und wird wieder richtig spannend und interessant. Entschädigt halt leider nur bedingt für die restlichen 500 Seiten…

Ich gehe davon aus, dass die Darstellung im Buch relativ realistisch ist und zu der Zeit passt aber wie ich schon zu Krieg im Spiegel* geschrieben hatte: Ein guter Roman/Krimi/Thriller sieht für mich anders aus. Realismus sollte nicht vor einer gut und spannend erzählten Geschichte stehen. Da sind meine Erwartungshaltungen einfach andere. Und die werden hier von John le Carré nur auf ein paar Seiten erfüllt. Stattdessen lese ich von Charakteren, die zwar durchaus dreidimensional sind aber für die ich abseits von “Gott, geht der mir auf den Keks” keine wirklichen Gefühle aufgebaut bekomme. Was bin ich froh, dass der Autor schon während der Recherche für dieses Buch selbst festgestellt hat, dass er doch keinen Bock hat die Jagd auf Karla über eine “zweistellige Anzahl an Büchern” zu verteilen.

(Cover)

Agent in eigener Sache* (Smiley’s People; 1979; 448 Seiten) – Der fulminante Abschluss der Karla-Trilogie mit George Smiley endlich wieder als Hauptcharakter. In England wird ein britischer Agent ermordet und das Innenministerium will es unter den Tisch kehren. Leider macht es den Fehler Smiley (Geheimagent im Ruhestand) mit dieser Aufgabe zu betreuen, der überhaupt keine Lust darauf hat Handlanger von irgendwelchen Politikern zu sein und stattdessen anfängt eigenständige Ermittlungen aufzunehmen. Okay, stimmt nicht ganz. Er nimmt die Ermittlungen auf, weil er ehemaliger Führer des getöteten Agenten war und dieser ihm vor seinem Tod unbedingt etwas mitteilen wollte in Bezug auf unseren lieben Karla.

Mit dem wenigen was Wladimir, so der Name des Agenten, ihm überlassen hat beginnt Smiley die Spur zurückzuverfolgen. Dabei stößt er auf eine alte Russin in Paris, einen verdächtigen Agenten in Norddeutschland und eine Spur in Österreich. Am Ende erwartet den Leser ein fulminantes Finale an der Berliner Mauer. Wie es sich nun einmal für einen Agentenroman gehört, der zur Zeit des Kalten Krieges spielt :smile: .

Beim Christoph meint: Ein absolutes Meisterwerk. Die Jagd nach Karla ist an Spannung nicht zu überbieten und mehr als ein würdiger Abschluss von George Smileys Reise. Volle 5 von 5 Sics von mir. Definitiv ein Buch, das ich ungern zur Seite gelegt habe. Ich wollte stattdessen immer wissen, wie es jetzt weiter geht. Welche neue Spur ergibt sich? Was verbirgt sich hinter der neusten Wendung? Das alles erzählt mit einer Handvoll interessanten und glaubwürdigen Charakteren, mit denen ich tatsächlich mitfühle und die die Geschichte vorantreiben statt nur da zu sein, weil es der Realismus erfordert. Allen voran natürlich Detektiv Smiley und sein Partner Guillam, die wir jetzt schon über einige Bücher hinweg intensiv kennengelernt haben. Und das Ende ist einfach nur famos und passt wie der Deckel auf den Topf, aber ich werde euch natürlich an dieser Stelle nichts verraten.

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Der heimliche Gefährte* (The Secret Pilgrim; 1990; 400 Seiten) – Smiley ist im Ruhestand aber man muss natürlich trotzdem so tun, als würde das Buch mit ihm zu tun haben. Also erfindet man fix einen Charakter namens Ned, der gerade am Ende seiner Laufbahn als Agentenausbilder steht. Dieser lauscht einer Rede von George Smiley an seine Abschlussklasse und nutzt die dadurch entstehenden Trigger, um über sein Leben und seine Missionen als Agent zu reminiszieren. Oder auf Deutsch: Das Buch ist im Prinzip eine Ansammlung von Kurzgeschichten, die lose durch den Charakter Ned und Smileys Rede zusammengehalten werden. Ihr erfahrt von seiner ersten Mission, von seinem fleißigen Fremdgehen und eben von ein paar mehr oder weniger eindrucksvollen Einsätzen. Ein Teil des Buches erlebt ihr sogar die Geschichte eines komplett anderen Charakters. Ned erzählt euch die Geschichte davon, wie ihm der andere Agent seine Geschichte erzählt hat und lest dann von den Erlebnissen des Agenten. Bitte hier einen Vergleich mit Inception* einfügen.

Beim Christoph meint: 2 von 5 Sics. Tatsächlich ist es der spannende Abschnitt gegen Ende des Buchs in dem der andere Agent über seine Mission in Korea und dem Zusammentreffen mit den Roten Khmer berichtet, der das Werk vor dem Totalabsturz rettet. Der Rest? Nun, Ned ist ein unsympathischer, unfähiger und gleichzeitig weinerlicher Depp mit dem ich absolut überhaupt nichts anfangen kann. Da war selbst Westerby in Band 6 um Längen besser und der ging mir schon häufig auf den Geist. Und wenn ich mit dem Hauptcharakter nichts anfangen kann, ist das nur bedingt gut. Dazu kommt, dass es eben gefühlt nur eine Ansammlung von mittelmäßigen Kurzgeschichten ist, die von einer mehr als dünnen Erzählung zusammengehalten wird. Es wirkt mitunter sehr stark als hätte John le Carré nicht gewusst, wie er jetzt eine Überleitung zur nächsten Geschichte hinbekommt so komisch sind die Sachen von Smiley, durch die Ned getriggert wird. Danke nein.

 

Es lag also an Band 6 und Band 8, warum ich ein Jahr gebraucht habe für die vier Bände. Die sind das klare Gegenteil von “so spannend, dass ich es gar nicht weglegen kann”. Keine Charaktere mit denen ich wirklich mitfühle, wenige mitreißende Momente, stattdessen seitenweise Belanglosigkeiten. Und Band 6 hat mich sogar noch mehr aufgeregt, weil er als Teil der Karla-Geschichte gilt. Dabei hat so gut wie nichts von dem, was dort passiert, wirklich relevante Auswirkungen auf Band 7 oder legt großartig Grundlagen dafür. Außerdem stört mich grundsätzlich, wenn zwar George Smiley draufsteht er aber einfach nur eine komische Randfigur ist mit wenig bis gar keinem Mehrwert. Bei Der Spion, der aus der Kälte kam*, in dem Smiley ebenfalls nur in Nebensätzen auftrat, bekam ich immerhin noch einen extrem guten Agententhriller zu lesen. Aber in den beiden Werken? Eh…

Mal schauen was der bislang letzte Band, Das Vermächtnis der Spione*, zu bieten hat. Inhaltlich geht es wieder um eine Rückblende aber immerhin zu einer Zeit in der Smiley noch aktiv war (1967 in Berlin). Vielleicht bekomme ich als Leser entsprechend wieder das, warum ich eigentlich hier bin: Einen spannenden Spionage-Roman mit einem tollen Hauptcharakter. Ich werde euch berichten, wenn ich es durchhabe – ob ihr es wollt, oder nicht :tongue: . Jetzt habe ich allerdings erstmal Shareware Heroes* von Richard Moss begonnen, um den schlechten Geschmack etwas aus dem Mund zu bekommen. Da hatte ich 2020 die Crowdfunding-Kampagne unterstützt.

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