Entwickler von Sportspielen haben es schon schwer. Immer wieder stehen sie vor der Frage, was sie denn noch so an Features einbauen können, um den Besitzern des Vorgängers auch den Nachfolger schmackhaft zu machen. Natürlich ist bereits ein erhöhter Realismus durchaus ein Verkaufsfaktor. Vor allem eine sehr schickere Grafik kann den Neukauf von ein und demselben Spiel rechtfertigen. Sieht man ja an den Verkaufserfolgen der ganzen HD Collections. Aber wirklich substantielles? Da tun sich die Entwickler schwerer und schwerer. Was braucht man schließlich auch neben einem Online- und Legacymodus viel mehr?
Doch eine Sache gibt es tatsächlich, wo für Sportspiele noch realtiv unerforschtes Terrain vorhanden ist: Eine Kampagne mit einer mitreißenden und spannenden Hintergrundgeschichte. Das Problem: der Spieler. Wer von uns hat nicht schon einmal vor dem Ende eines Rennens fix neu gestartet, nur weil nicht der erste Platz winkte. Oder eine Partie von vorne anfangen, weil man hinten lag. Ich beende sogar absichtlich Pocket League Story (iOS, Android), wenn ich verliere, damit er nicht abspeichert und ich noch einmal von vorne anfangen kann! Sprich: Wenn der Spieler tatsächlich verlieren würde, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass er das in einem solchen Rahmen akzeptiert und normal weitermacht.
Ein positives Gegenbeispiel?
Nun habe ich gestern den Champion-Modus von Fight Night Champion gespielt. Darin schlüpft ihr in die Haut von Andre Bishop, der als Amateurmeister erfolgreich in die Pro-Klasse wechselt, jedoch von einem schmierigen Promoter ausgebootet wird und danach sein Comeback versuchen muss. Eben die typische Rocky-Geschichte mit den gleichen klischeebelasteten Charakteren. Aber dennoch ein sehr nettes Feature, das zumindest mich mehr motiviert hat als zum 100. Mal einen Kämpfer im Legacy-Modus von unten nach oben zu schaffen.
Nur lässt sich diese Geschichte vom Fall und Aufstieg eines Charakters so schlecht erzählen, wenn ich als Spieler jeden Kampf so lange neu starte, bis ich ihn gewinne. Da fehlt komplett die Spannung. Wie haben die Entwickler also das Problem “gelöst”? Auf zwei Arten: Einmal wären da die Zwischensequenzen, die euch in eine vorgegebene Situation zwingen. So setzt ihr bei einem Kampf beispielsweise die erste Runde aus, damit sich der Held ohne euer Gegensteuern die Hand brechen kann. Nicht ganz die feine Art, aber eine Lösung mit der ich als Spieler durchaus noch leben kann.
So nicht, meine Lieben!
Dann wäre da noch die zweite Variante: den Kampf so gestalten, dass der Sieg unmöglich wird — und zwar egal wie gut ich bin. Und das, meine Damen und Herren, ist einer der schlimmsten Faux Pax, den ein Designer in meinen Augen machen kann. Es ist schon schlimm genug, wenn ein Boss oder generell eine KI cheaten muss, um eine Herausforderung für den Spieler darzustellen. Aber wenn ich beim finalen Bosskampf in Fight Night Champion sieben der 12 Runden nur vor meinem Gegner weglaufe und alle Schläge blocke weil ich WEISS, dass ich ihn vor Runde 8 nicht besiegen kann, dann läuft etwas falsch. Da geht jedwede Verbindung zum Spiel verloren. Da ist es ein schwacher Trost, dass das Spiel in diesem Fall zumindest so fair ist und mir im Vorfeld eindeutig mitteilt, dass es keinen Wert hat ihn gleich von Anfang an richtig anzugehen. Leider greifen die Entwickler von Fight Night Champion nicht nur beim Endkampf auf dieses Mittel zurück. Auch schon auf dem Weg dahin gibt es einige Kämpfe, die ihr nicht gewinnen könnt, nur damit die Dramaturgie erhalten wird.
Mir ist zwar durchaus bewusst, dass dieses Mittel schon früher in unzähligen anderen Spielen in genauso unzähligen Genres zum Einsatz kam, kommt und auch weiterhin kmmen wird. In Ace Combat: Assault Horizion werdet ihr beispielsweise in der ersten Mission auf jeden Fall abgeschossen. Doch bei Fight Night Champion hat es mich wirklich extrem genervt. Der simple Grund: Es ist ein auf hohen Realismus bedachtes Sportspiel. Und unter diesen Voraussetzungen erwarte ich, dass allein mein Können den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeutet. Schon die Sache mit den Zwischensequenzen war gewöhnungsbedürftig, habe ich aber ohne viel Aufleben akzeptiert, weil es außerhalb meines Kontrollbereichs lag. Aber wenn ich in einem Sportspiel während einer Partie, Runde oder was auch immer verliere, dann bitteschön nur, weil ich zu schlecht bin (darunter fällt auch ein zu schwacher Charakter, der erst noch etwas trainieren muss) und nicht weil die Entwickler mir ein unmöglich zu überwindendes Hindernis in den Weg stellen!
Schlusswort
Jetzt höre ich natürlich die ersten aus den hinteren Reihen “Mach’s doch besser!” rufen. Aber wenn ich die ultimative Lösung für das Problem hätte, dann hätte ich schon längst ein Patent drauf angemeldet und wäre bei EA & Co. hausieren gegangen. Deshalb schließe ich zur Versöhnung mit ein paar positiven Worten über Fight Night Champion: Trotz der paar unfairen Bosskämpfe, ist der Champion-Modus eine wirklich sehr gute Idee. Schade nur, dass mit nur rund drei Stunden Spielzeit das Ganze äußerst kurz ausgefallen ist. Ein paar Kämpfe mehr in den einzelnen Akten hätten es gerne sein dürfen. Der Rest des Spiels ist wie schon bei Fight Night Round 4 auf sehr hohem technischen als auch spielerischen Niveau. Klare Kaufempfehlung!
Sorry, Sportspiele sind ja überhaupt nicht mein Ding. Boxen generell auch nicht. Kann dazu nur sagen: Hajime no Ippo ist toll :)
Mich – als Besitzer von FN:R4 – würde ja am meisten interssieren, ob es sich lohnt, den neuen Teil, zum Budgetpreis wohlgemerkt, zu kaufen. Denn abgesehen von der umstrittenen aber zweifellos sehr kurzen Kampagne, hat EA wohl auch die Steuerung verändert und das laut einigen Berichten nicht unbedingt zum Guten. Gerade das Blocken das deutlich anspruchsloser, verkasualisierter und actionbetonter geworden sein. Also eher ein Schritt weg vom Realismus.
Was meinst du dazu ?
Ich und blocken. Du weißt doch, dass ich mehr der Haudrauf bin . Aber jetzt wo du es sagst: Blocktaste gedrückt halten und der Rest geht automatisch. Sprich je nachdem wo der Gegner hinzielt, wird die Deckung einfach verlagert. In FNR4 musste man ja manuell bestimmen wo die Hände hin sollen, oder erinnere ich mich da falsch?
joa, genau. da musste man zumindest zwischen oberer deckung und unterer deckung unterscheiden