Die Jungs und Mädels von Telltale Games haben während ihrer Zeit (2004-2018) einen ganzen Haufen Spiele veröffentlicht (was ihnen wohl zum Verhängnis wurde – hatten zu viel gleichzeitig auf der Platte). Anfangs seichte Point ‘n’ Click-Adventure wie die Sam & Max*-Spiele (2006-2010), später faktisch nur noch leicht interaktive Filme, die einem Entscheidungsfreiheit vorgaukelten wie Game of Thrones. Und ja, ich weiß, dass ich mir mit dieser Aussage gerade das halbe Internet auf den Hals gehetzt habe, schließlich sind genau diese Werke die beliebtesten der Kalifornier. Alle gemein hatten sie, dass sie auf mehr oder weniger bekannten Lizenzen wie Strong Bad, Jurassic Park oder The Walking Dead basierten und in Episoden aufgeteilt waren. Wobei gegen Ende der Lebenszeit von Telltale Game meist alle Episoden einer Staffel auf einmal veröffentlicht wurden. Der zeitversetzte Ansatz war wohl doch nicht so erfolgreich. Und Episoden-Titel an sich sind mittlerweile ebenfalls nicht mehr wirklich “Hip” – wenn sie es überhaupt jemals wirklich waren.
Meine persönliche Begeisterung über die Werke hielt sich damals in Grenzen und ich bin entsprechend früh ausgestiegen. Die drei Staffeln Sam & Max waren ganz nett (und eben noch mehr Adventure als interaktiver Film). Hauptsächlich aber, weil es endlich wieder neues Sam & Max-Futter war und Erfinder Steve Purcell mit im Boot saß – entsprechend konnte das fehlende “Spiel” im Spiel wenigstens durch den Humor ausgeglichen werden. Aber ihre wohl bekannteste und mehrfach ausgezeichnete Serie The Walking Dead? Ich glaub’, ich hab’ grad so die erste Episode von Staffel 1 geschafft, bevor ich es wieder weggelegt habe. Hat bei mir einfach kein “Klick” gemacht. Zu blöd war mir die Geschichte und zu sehr hat mir die veraltete Technik die Immersion zerstört. Und genau so geht es mir aktuell mit einem ihrer anderen Werke:
Tales from the Borderlands* (2014-2015; PC, PS3, PS4, X360, XONE, Mac, iOS, Android, NSWI) – Unterteilt in fünf Episoden, folgt die Serie den Abenteuern des Hyperion-Angestellten Rhys und einer pandorianischen Betrügerin namens Fiona. Durch diverse Umstände zu einem unfreiwilligen Team geworden, stoßen sie zusammen mit ihren Freunden auf Hinweise zum sagenumwobenen “Vault of the Traveler” und wollen ihn (selbstverständlich) finden und seine (vermeintlichen) Schätze haben. Angesiedelt einige Zeit nach dem Ende von Borderlands 2*, trefft ihr dabei auf den einen oder anderen bekannten Charakter der Serie und besucht ein paar Orte, die Spielern ebenfalls bekannt sein dürften. Insgesamt erwartet euch aber eine komplett neue Geschichte im Borderlands-Universum – die allerdings offiziell Kanon ist, womit sich der Grund erklärt, weshalb ich mich plötzlich dazu entschieden habe den Titel zu spielen: Ich möchte nämlich endlich Borderlands 2 hinter mir lassen.
Bin aktuell bei 62 Stunden Spielzeit – vermutlich hatte ich schon nach 30 eigentlich keinen Bock mehr. Hauptgrund ist der Schwierigkeitsgrad. Warum verdammt noch mal kann ich den nicht während eines Durchgangs erhöhen und müsste stattdessen nochmal von vorne anfangen?! Entsprechend ist die Herausforderung schon seit längerer Zeit kleiner gleich 0, da ich hoffnungslos überlevelt bin.
Egal, zurück zu Tales from the Borderlands: Der finale DLC für Borderlands 2, Commander Lilith & the Fight for Sanctuary, bereitet nicht nur die Ereignisse in Borderlands 3* vor. Er spielt auch nach Tales from the Borderlands und führt Charaktere daraus in die Hauptgeschichte ein. Das könnte mir freilich alles total egal sein. Aber ihr kennt mich doch. Ich muss alles in der richtigen Reihenfolge erleben. Ich kann doch nicht Command & Conquer 4: Tiberian Twilight* spielen, bevor ich die vorherigen Teile der Tiberium-Saga durchgespielt habe! Bitte? Genau das habe ich gemacht?! Okay, schlechtes Beispiel… aber es ist auf jeden Fall der Grund, warum ich den Epic Games Launcher aktuell starte und Tales from the Borderlands “spiele”. Ja, ich habe es dort bei irgendeinem Sale mal gekauft. Kommt vor .
Meh
Optisch fügt sich das Spiel nahtlos in die Welt von Borderlands ein, wenngleich es trotz Cel-Shading-Optik gefühlt nicht ganz so detailliert ist wie das große Vorbild. Und auch die Geschichte an sich von einem geplatzten Deal um einen Vault-Schlüssel bis hin zum Rennen um einen Vault ist nicht wirklich weit hergeholt und passt zum Rest. Wie von Telltale-Spielen wohnt, schaut ihr die meiste Zeit einfach nur zu und wartet auf das nächste Quick-Time-Event in dem ihr entweder einen Button drücken oder eine Dialogzeile auswählen müsst. Nur ab und zu dürft ihr euch beschränkt durch die Szene bewegen und mit Sachen interagieren. Je nach Situation gibt es “falsche” Entscheidungen, die tatsächlich zu einem Game Over führen, die meiste Zeit geht es aber einfach weiter – oft mit dem dämlichen “Charakter X wird sich daran erinnern” am Bildschirmrand. Im Ergebnis ändert sich entsprechend eurer Auswahl mal eine Dialogzeile, mal eine Zwischensequenz und ja, auch die ein oder andere Szene (Charakter A ist da oder nicht und entsprechend läuft die Sache ein wenig anders) sowie erwartungsgemäß ein bisschen das Ende. Aber trotz dieser Punkte: Im Großen und Ganzen hat euer Tastendruck keine wirkliche Bedeutung und wird an ein paar Stellen im Spiel schlimmstenfalls sogar von den Autoren einfach überschrieben. Den Großteil der Erzählung erlebt ihr nämlich als Rückblende. Entsprechend werdet ihr einfach korrigiert, wenn etwas nicht passt und zurück auf die Schienen gesetzt. Klang auf dem Papier sicherlich ganz lustig – schließlich sind Rhys und Fiona ja das typische “wir können uns nicht ausstehen, mögen uns aber am Ende doch irgendwie”-Duo. Aber wenn es mehrfach passiert, dann ist das nur noch dämlich.
Mein Hauptproblem mit dem Spiel ist jedoch ein anderes und zwar wie schon damals bei Jurassic Park – The Game das Pacing. Viele Szenen sind langatmig, die (aus meiner Sicht) unlustigen Dialoge lassen sich nicht beschleunigen und die Speicherpunkte liegen teils abartig weit auseinander. Definitiv das Spiel nur schließen, wenn ihr gerade das “Speichern”-Symbol gesehen habt, sonst müsst ihr mitunter die letzten 10 Minuten nochmal anschauen… Und dann wäre da noch die völlig veraltete Technik (die Engine war zu dem Zeitpunkt bereits 10 Jahre alt), die mit unsauberen und steifen Animationen und aussetzendem Sound glänzt. An allen Ecken und Enden wird deutlich, dass die Entwickler eigentlich mehr wollten aber es schlicht nicht konnten. Das Ergebnis wirkt im besten Fall unfreiwillig komisch und ist im schlechtesten Fall einfach nur nervtötend eben, weil Animationen nicht zum Text passen oder unrealistisch langsam/abgehackt ablaufen und Charaktere komisch kantig/leblos aussehen. Das verdirbt einem definitiv die Laune.
Fazit
Ich werde mir pflichtschuldig die letzte Episode noch antun aber mit Spaß hat das rund zehnstündige Abenteuer meiner Meinung nach nicht viel am Hut. Statt mich darüber zu freuen, dass ich ab und zu Entscheidungen treffen darf, die die weitere Geschichte (ein bisschen) beeinflussen und nicht einfach nur passiv eine Serie anschaue, wünsche ich mir die ganze Zeit genau das: Lass mich einfach in Ruhe die Geschichte erleben. Ich will keine blöden QTEs, kein sinnloses Rumgelaufe in seelenlosen Umgebungen, keine blöde Dialogauswahl ohne echten Mehrwert. Den Inhalt der fünf Episoden als zweistündigen Anime-Film wäre aus meiner Sicht besser gewesen.
Nein, ich kann die Begeisterung für die interaktiven Filme von Telltale Games selbst 12 Jahre später (Ende 2010 erschien Back to the Future: The Game) nicht nachvollziehen. Aber fairerweise muss ich natürlich sagen, dass ich sie zwar alle im Regal aber noch nicht alle gespielt habe. Vielleicht ist ja doch noch einer dabei, bei dem es bei mir endlich Klick macht. Bin ja nicht grundsätzlich solchen Spielen gegenüber abgeneigt. Es haperte für mich im Fall von Telltale Games bislang nur an der Umsetzung. Und ja, unser Azzkickr wird mir an dieser Stelle sicherlich erneut The Wolf Among Us ans Herz legen. Schauen wir mal, wann ich dazu komme .
Nicht nur, aber vor allem The Wolf Among Us!
Diese Telltale-Spiele sind genau für mich gemacht. Aber ich war ja schon immer ein großer Freund von interaktiven Filmen