Neue Bands zu entdecken ist in der heutigen Zeit gefühlt gefährlich geworden. Entweder man geht irgendwelchem Generative-AI-Mist auf den Leim, der mittlerweile Spotify & Co. überschwemmt. Oder es stellt sich nach etwas Recherche heraus, dass der/die Künstler*in fragwürdige Ansichten/Angewohnheiten hat und der vermeintlich tiefgründige Text zum toll klingenden Beat nicht ganz so in Ordnung ist. Zugegeben: Letzteres kann auch im Nachhinein noch bei älteren Bands passieren. Aber die Wahrscheinlichkeit ist bei neuen, noch unbekannten Sachen halt doch höher.

Der Erstkontakt

Ganz aktuell ist Lysanda bei TikTok über ein Lied gestolpert, das ihr gefallen hat. Also kam schnell die Frage auf, wer dahintersteckt und ob es mehr gibt. Viel finden konnte ich zur fast schon brandneuen Band namens VikingEchoes allerdings nicht. Faktisch nur ihre diversen Social-Media-Kanäle mit den Liedern sowie eine Baukasten-Webseite. Viel Inhalt ist dort jedoch ebenfalls nicht hinterlegt – selbst ihr bislang einziges Album ist nicht gelistet.

Die Webseite von VikingEchoes

Ein paar Informationen gibt die Seite allerdings doch her. Und zwar handelt es sich um eine Solo-Künstlerin namens Stephanie Lenk-Feldmeth aus Karlsruhe. Was direkt auffällt: Sie greift für ihre Tätigkeit intensiv auf maschinelle Unterstützung zurück. Damit sind nicht nur die offensichtlich generierten Bilder von muskulösen Wikingern sowie die nach Chatbot klingenden Blogeinträge gemeint. Sondern tatsächlich ist die Stimme in den Liedern ebenfalls nicht die Ihre. Das gibt sie auch offen zu, was schon einmal ein großer Pluspunkt ist. Und wenn man den ganzen “KI”-Kram als Unterstützung (=Werkzeug) – statt Ersatz im künstlerischen Schaffungsprozess versteht, ist das für mich (noch) nicht ganz so schlimm. Schließlich bauen wir alle auf irgendeiner Weise auf dem auf, was vor uns war. Einfach alles zusammenklauen und dann daraus ohne eigene kreative Leistung ein Derivat zu erzeugen sehe ich allerdings auch nicht als okay an. Nur damit wir uns verstehen. Da ist es egal ob ich dafür Tools nutze oder es händisch mache.

Die andere Seite

Lysanda ist da definitiv deutlicher in ihrer Meinung. Für sie ist die KI-Nutzung ein Schlag ins Gesicht echter Künstler, die sich ihre Fähigkeiten hart erarbeitet haben. Zwar sieht sie den Nutzen einer solchen Technik, wenn man niemanden hat, der einen nicht oder nicht gut unterstützt. Aber es ist einfach nicht dasselbe. Vielleicht für den ahnungslosen Hörer, aber es ist im Schaffungsprozess etwas anders. Das gilt auch, wenn ich eine Software benutze um die Geige spielen zu lassen anstatt eines echten Geigenspielers. Der echte Geigenspieler wird immer noch irgendwas von eigener Energie mit reinbringen. Allerdings ist die Definition von “Kunst” an sich schon schwierig. Ist das Benutzen einer Tastatur Kunst? Das Benutzen einer Geige? Das Einstellen des Weckers? Oder ist das Ergebnis die eigentliche Kunst? Also der Text, die Geräusche der Tastatur, das Lied, das Weckerklingeln? Das ist genauso schwierig wie “Perfektion” oder “Schönheit” zu definieren.

Doch zurück zu VikingEchoes: Böse Zungen könnten jetzt sagen, dass der Name Programm ist. Von wegen “die Lieder sind ein Echo von etwas echtem” oder so. Für uns entscheidend war aber wie gesagt, dass bei der Stichprobe die Lieder zumindest ganz gut klangen. Zu wissen, dass sie mit Hilfe von KI erschaffen wurden, hat zumindest für uns auf den Genuss des Werkes keinen Einfluss. Die Emotion bringen wir ins Werk rein bzw. es ist wichtig wie es in einem widerklingt. Die Intention des Autors ist eher zweitrangig. Somit haben wir uns am Ende entschieden ihr Album zu kaufen:

(Cover)

Sturm und Schatten (2025)

Band: VikingEchoes
Umfang: 00:37:03 (10 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: Amazon* (9,99€)

Kommen wir gleich zum Wichtigsten: Nein, es ist für mich im ersten Moment tatsächlich nicht erkennbar, dass hier KI-Stimmen zum Einsatz kommen. Das Album hat zu keinem Zeitpunkt einen Roboter-Flair und es gibt keine unsinnige/falsche Aussprache, unmögliche Tonlagen oder komische Atempausen. Im Gegenteil: Es gibt sogar “Einatmen”-Geräusche! Und ja, es sind mehrere sogenannte Voice-Modelle. Mindestens zwei männliche und zwei weibliche kann ich identifizieren. In einem Lied sogar beide zusammen. Allerdings finde ich die männlichen Parts einfach nur schrecklich. Speziell die eine Stimme, die so nach typisch schreiendem 08/15-Metalhead klingen soll. Die stößt mir irgendwie sauer auf. Dass die Texte der dazugehörigen Lieder dann auch noch absolut nicht zu gebrauchen sind, macht es nicht besser. In Ein Schwur beispielsweise wird gefühlt vier Minuten lang nur “EIN SCHWUR!” in moderat unterschiedlichen Tonstufen “gesungen”“. Und der darauffolgende Track Scheiß auf dich… nun der Titel sagt schon alles. Dabei sind die Texte angeblich handgeschrieben.

Insgesamt sind fünf der zehn Lieder auf dem Album mit männlicher Stimme, die damit für mich bereits rausgefallen sind. Für Lysanda ebenfalls, weil sie grundsätzlich keine männlichen Sänger mag :smile: . Die weiblichen Stimmen sind hingegen soweit okay und auf dem Niveau einer mittelmäßigen Sängerin würde ich sagen. Das macht sich für mich vor allem darin bemerkbar, dass es an echter Dynamik und – ja, vielleicht tatsächlich Herz in der Stimme fehlt. Die Tonlage ändert sich nur marginal und es fehlt an echter, ungefilterter Intensität. So bleiben eigentlich intensive Passagen wie der Refrain in Freyja weint hinter ihrem eigentlichem “Fuck Yeah!”-Potential zurück. Gemischt mit der doch eher generischen und gleichförmigen Musikuntermalung ergibt sich im Gesamtbild ein balladenartiger, unauffälliger Singsang.

Allerdings habe ich diesen Singsang bereits häufiger gehört, als ich vielleicht zugeben sollte. Ich verbuche es einfach mal unter “Recherche” :wink: . Die Lieder mit weiblicher Stimme sind unterm Strich definitiv passabel und hörbar. Nichts, was in irgendeiner Form wirklich heraussticht. Also eher so 08/15-Kuschelrock mit etwas düsterem Inhalt. Aber doch gut und unterhaltsam genug für meine Ohren, um ins Viben zu kommen und auf “repeat” zu drücken. Dass das mittlerweile mit KI möglich ist, ist sowohl beeindruckend als auch irgendwie erschreckend.

Insofern bekommt das Album zwar keine Hörempfehlung von mir. Ich bin jedoch tatsächlich gespannt, was VikingEchoes in Zukunft noch produziert.

Persönliches Lieblingslied: Track 04 – Die Wölfe Heulen [03:25]

Scheinbar mag ich Lieder, in denen es um Wölfe geht? Bei Glasperlenspiel ist mein Lieblingslied ja auch Wölfe / Interlude Tag X. Spaß beiseite: Das Lied fühlt sich einfach stimmig an. Nach dem Intro entstanden in meinem Kopf quasi sofort die Bilder eines Rudels Wölfe, das in der Dämmerung durch eine schneebedeckte und mit Bäumen gesäumte Landschaft in Richtung eines Wikingerdorfs rennt. Es hat passend zum Text ein angenehm treibendes Tempo. Und zwar nicht nur in Bezug auf die Musik, sondern auch beim Gesang. Die nach dem Intro einsetzenden, harten Trommeln, die im völligen Kontrast zu den ruhigeren Versen stehen und dann der fast schon gehetzt klingende Refrain. Beim Anhören spüre ich das Lied als wohlige Anspannung in meinem Körper. Also das ist die Emotion, die ich da reininterpretiere bzw. die Resonanz, die es in mir hervorruft. Da ist es mir ziemlich egal, wie das Lied entstand oder wie inhaltlich oder technisch anspruchsvoll es ist.

PS: Meine Texte stammen weiterhin 100% aus meiner Hand – mit mehr oder weniger Unterstützung von Lysanda je nach Thema. ChatGPT lasse ich sie aber tatsächlich mittlerweile am Ende mal drüberlesen. Zum einen für Schreib- und Grammatikfehler. Ein Punkt, bei dem er überraschend schlecht ist. Da findet Lysanda mehr :smile: . Zum anderen auch durchaus als “ey, das wäre vielleicht noch interessant zu ergänzen”-Spielball, um den Eintrag noch einen Tick besser zu machen.

Es gibt einfach Sachen, da brauchts eine Weile. Auf die muss man sich erst einmal richtig einlassen, sie mehrfach/länger konsumieren, bevor man sie wirklich gut findet. FINAL FANTASY XIV: Online* würde (angeblich) erst nach rund 60-80 Spielstunden was taugen. Viele Werke von Regisseur David Lynch wie Mulholland Drive* brauchen gerne mal mehr als einen Durchgang, bevor sie richtig zünden. Und auch die ein oder andere Band wie TOOL* oder Florence + The Machine muss man ggf. erst einmal verinnerlichen und verarbeiten. Der heutige Spielesoundtrack gehört ebenfalls zu dieser Kategorie. Es dauerte einige Zeit, die er erst einmal in meinem Kopf marinieren musste, bevor ich bereit war ihn als wirklich hörenswert zu bezeichnen.

 

(Cover)

Warhammer 40,000: Mechanicus (2018)

Komponist: Guillaume David (IXION)
Umfang: 00:56:08 (11 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Amazon* (8,99€)

Wenn ich an einen Warhammer 40.000-Soundtrack denke, dann klingt dieser schwer, hat viele militaristische/imperialistische Motive und ist extrem episch mit einem Hauch Science-Fiction. Oder anders ausgedrückt: Klassisches Orchester mit vielen Trommeln und etwas Synth dazu. Guillaumes Erstlingswerk ist zwar definitiv episch, aber auf eine Art, wie ich es bislang noch nie gehört und gefühlt habe.

Im Spiel – zur Erläuterung – übernehmt ihr die Kontrolle über die Adeptus Mechanicus, also Maschinenseher-Techpriester oder auf Deutsch: Fanatisch-religiöse Ingenieure, die einen Maschinengott namens Omnissiah anbeten. Der Soundtrack macht sich dieses Motiv voll zu eigenen. Er ist auf eine beunruhigende Art zurückhaltend und so schwergängig, dass man es tief in der Magengrube spürt. Diese Schwergängigkeit ist dabei schon fast abartig mechanisch und massivst elektronisch dissonant. Das allein lässt mir als Hörer schon die Haare hochstehen. Dann kombiniert Guillaume David das Ganze aber auch noch mit einer großen Prise Kirchenklänge (mystischer/ebenfalls stark dissonanter Chor, vor allem aber sehr viel Orgel). Wie gesagt: Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, dass ich schon einmal einen vergleichbaren Soundtrack gehört habe.

Im ersten Moment – und das war es auch, was mich anfangs abgestoßen hatte – hört sich das alles auch eher nach rein atmosphärischer Musik an, die einfach nur im Hintergrund mitdudelt ohne irgendeine eigene Identität zu haben. Zu diesem Eindruck trägt bei, dass viele der Tracks längerer Natur sind und sich deshalb in sich häufig wiederholen. Aber dieser Ersteindruck täuscht und wird dem Werk aus meiner Sicht nicht gerecht. Deshalb: Von mir gibt es eine Hörempfehlung für dieses sakral-elektronische Klangexperiment! Und ja, ich gehörte mit zu denen, die sich wirklich gefreut haben im Ankündigungstrailer von Teil 2 wieder das bekannte Motiv des Maschinengottes wahrzunehmen. Freue mich sehr drauf zu hören, was Guillaume David dieses Mal aufs digitale Notenblatt bringt.

Persönliches Lieblingslied: Track 06 – Dance of the Cryptek [07:08]

Wenn ihr mich noch vor ein paar Wochen nach meinem Lieblingslied auf diesem Album gefragt hättet, wäre meine Antwort fast automatisch der wirklich geniale Einstiegstrack Children of Omnissiah gewesen. Gibt glaube ich wenige, die mir da widersprechen würden. Im Vergleich dazu fand ich das restliche Album anfangs tatsächlich irgendwie langweilig und fad. Entsprechend wusste ich erst gar nicht, wie ich dazu einen Eintrag verfassen soll. Meine Meinung hat sich aber offensichtlich geändert und damit auch mein Lieblingslied zu diesem mechanisch tatsächlich extrem simplen Lied. Technisch gesehen passiert in den sieben Minuten recht wenig. Aber das starke Leitmotiv verbunden mit dieser extremen Unterschwelligkeit, erzeugt bei mir paradoxerweise irgendwie innerliche eine angenehme Anspannung. Deswegen kehre ich zu ihm mittlerweile öfters zurück als zum eher klassischen Einstiegslied.

Hach ja – 1996. Meine erste Kur, über die ich wenig Gutes zu sagen habe. Eine überforderte Erdkundelehrerin, die mich zur Sau machte, weil ja erst später dazu kam (ich verpasste aufgrund der Kur exakt die 1. Erdkundestunde des neues Jahres – mehr nicht!). Der Kauf unseres ersten Intel-Pentium-Rechners, über den ich sehr viel Gutes zu sagen hätte. Und natürlich sehr viel fantastische Musik, die damals veröffentlicht wurde. Wer erinnert sich schließlich nicht an solch zeitlose Alben wie 40 More Reasons To Hate Us von Anal Cunt, Deana Carters tiefgreifende CD Did I Shave My Legs For This?* oder die harte Gesellschaftskritik von Kultrapper Mr. 3-2 auf seinem Album The Whicked Buddah Babby. Und ja, ich mache mich nur über die Namen lustig. Ich kenne keins dieser Alben. Aber dafür bin ich bei einem kleinen Nostalgie-Trip durch meine Sammlung mal wieder auf die folgende, definitiv absolute Kult-CD aus dem Jahr 1996 gestoßen und habe sie ein paar Tage lang in Dauerschleife gehört:

(Cover)

+eRa+ (1996)

Band: Eminential Rhythm of the Ancestors (=eRa)
Umfang: 00:42:29 (11 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: Amazon* (4,31€)

Gleich vorweg: Von diesem Album gibt es vier Versionen. Die verlinkte Fassung auf Amazon ist von 2002 und enthält größtenteils nur alternative Versionen/Mixes der Originalsongs des Albums. Ich hab’ hingegen damals die CD von Philipps/Mercury bekommen mit dem Song „Mother” drauf, den es ansonsten nur in der Limited Edition gab und über diese Fassung schreibe ich entsprechend heute.

Wusstet ihr, dass eRa bislang acht Alben rausgebracht hat? Ich tatsächlich nicht. Die 2. CD von 2000 hatte ich noch, aber darüber hinaus habe ich von Éric Lévis New-Age-Musikprojekt nichts mehr mitbekommen. Nachdem ich mittlerweile alle zumindest einmal durchgehört habe, muss ich aber auch klar sagen: Hatte nicht wirklich was verpasst. Der Franzose und seine Mitstreiter entfernten sich mit jeder neuen Veröffentlichung irgendwie immer weiter von dem, was für mich +eRa+ ausmacht: Eher gemächlichere, sphärische Songs, die trotzdem überraschend rockig/poppig rüberkommen. Die Texte sind von der unkomplizierten Sorte und kommen größtenteils in einer erfundenen, aber sehr nach Latein klingenden Sprache daher – oft in Form von gregorianischem Gesang. Und als Musik erwartet den Hörer ein Mix aus antiken Klängen viel Synthesizer und dem ein oder andere E-Gitarre-Solo.

Entsprechend ist für mich das erste Album immer noch das Beste. Mehr Vangelis als Enya (das ist dann eher die 2. CD), bieten die 11 Tracks ein interessantes Hörerlebnis mit klaren Gemeinsamkeiten und doch spürbar viel Abwechslung. Während einem bei Era das E-Gitarrenmotiv im Kopf bleibt, sind es bei Enae Volare Mezzo eher die synthetischen Klänge. Und selbst Ameno, die einzige Doppelung auf dieser Albumversion, hat in der Remix-Fassung einen klar erkennbar anderen Sound als das Original. Für mich ein absoluter Klassiker und auch immer noch eine dreiviertel Stunde, die ich immer wieder gerne anhöre. Wirklich schade, dass ich das über die restlichen Alben nicht sagen kann.

Persönliches Lieblingslied: Ameno [04:19]

Ich hab’ tatsächlich sehr lange drüber nachgedacht, ob nicht ein anderer Track des Albums mein Liebling ist. Cather Rhythm z.B. wegen seines Grundmotivs, Mother aufgrund des Texts oder vielleicht das sanfte Impera. Aber das wäre alles gelogen. Fakt ist: Würdet ihr mich nachts um drei Uhr wecken und mir befehlen ein Lied von diesem Album zu singen, dann fiele mir einzig und allein nur Ameno ein. Es ist damals wie heute einfach die Verkörperung von dem, was für mich Era ausmacht. Ein simples aber äußerst eingängiges Lied vollgepackt mit gregorianischem Gesang in einer fiktiven, nach Latein klingenden Sprache und etwas E-Gitarre. Und ja, mir gefällt das Original tatschlich einen Tick besser als der Remix, der Tag und Nacht im Radio lief (und im verlinkten, offiziellen Musikvideo).

Mit den meisten Stilrichtungen der elektronischen Musik wie RAW, Noizecore, Rave, Goa, Trap, Schranz (was wohl jetzt “Hardtechno” heißt), Speedcore oder Dubstep kann ich normalerweise nicht viel anfangen. Aber an und an gibt es mal einen Track oder sogar ein ganzes Album, das mir tatsächlich gefällt. Vermutlich fällt das meiste eher unter “seichter Mainstream-Scheiß” oder so. Aber am Ende des Tages muss ich mir den Kram ja anhören und da kann es mir doch egal sein, was andere darüber denken! *versteckt seine Joan Osborne-CD*

Naja, auf jeden Fall bin ich die Tage mal wieder durch meine äußerst umfangreiche Musiksammlung durchgegangen auf der Suche nach etwas, was ich bislang noch nicht gehört habe. Ja, es ist genauso wie mit meinen Spielen auf Steam & Co.. Zu viel Kram, den ich irgendwo aufgesammelt habe. In meinem “Abzuarbeiten”-Ordner warten auch immer noch mehrere Dutzend Spielsoundtracks allein aus meiner Steambibliothek darauf richtig getaggt und in meine Playlist aufgenommen zu werden. Schon irgendwie schlimm, dass viele Entwickler die einfach kostenlos zu ihren Spielen dazu packen :tongue: . Ich bin also auf dieses Album gestoßen:

(Cover)

Insanity

Komponist: Jesse Valentine (Im Cwazy/F-777)
Umfang: 00:32:15 (10 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: Bandcamp (kostenlos)

Spielern von Geometry Dash ist F-777 kein Unbekannter. Aber Spielesoundtracks sind tatsächlich nicht das Spezialgebiet des Kanadiers. Stattdessen erreichte er einfach nur durch seine zahlreichen Singles an Bekanntheit im Internet (und bei dem ein oder anderen Spieleentwickler), in denen er vor allem Orchestermusik mit Techno/Dance mixt. Unter dem Künstlernamen “Im Cwazy” veröffentlichte er hingegen ein paar Jahre lang (nach seinen eigenen Angaben) pure Dubstep- und Electro House-Tracks. Mit dem separaten Namen wollte er seine Musikstile trennen.

“Insanity” ist sein erstes und einziges volles Album (2013) unter diesem Pseudonym und ja, ich würde es auch eher in die „sanfte“ Elektro-Ecke stecken. Vermutlich gefällt es mir deswegen so gut :wink: . Der härteste Track, bei dem man auch wirklich Dubstep raushören kann, dürfte Hot Stuff sein und vielleicht noch der Rausschmeißer Flip It. Den Rest des Albums würde ich als Laie hingegen als klassische Elektro-Mugge bezeichnen – inkl. einigen bekannten Motiven, die gefühlt in jedem EDM-Track drin sind. Aber das ist absolut nicht Negativ gemeint. Es ist halt kein Album, das einem die Ohren zerfetzt, sondern einfach “nur” ein angenehmer, mit viel Bass durchtränkter und durchaus abwechslungsreicher Hörgenuss. Und manchmal reicht das.

Persönliches Lieblingslied: Fur Elise (Dubstep Remix) [03:27]

Von wegen “seine Musikstile trennen” – hier hat sich doch wieder ein klassisches Stück hergenommen und seinen ganz eigenen Touch gegeben. Und ehrlich gesagt ist es genau das, was mich zu diesem eigentlich ziemlich simplen Track hinzieht. Man kann nicht wirklich von einem Kontrast sprechen, denn das Klavier darf nur im Refrain ran. Viel mehr spielt er mit der Grundmelodie auf seine ganz elektronische Art und Weise. Und von allen Remixen, die ich bislang von diesem Klassiker gehört habe, gefällt mir der tatsächlich am besten – trotz der ungewohnten Wahl des Musikstils.

Ich bin nicht wirklich tief im Thema “Musik” drin. Entsprechend überrascht war ich, als vor einigen Wochen die Marketingkampagne für das neue Album der Punk-Rocker von The Offspring startete und mir vor allem auf YouTube erste Teaser eingespielt wurden. Schließlich sind “erst” drei Jahre seit ihrer letzten CD, Let the Bad Times Roll, vergangen. Aber dann habe ich mich wieder dran erinnert, dass die neun Jahre Pause davor (Days Go By kam 2012) definitiv sehr ungewöhnlich waren für die Band.

Hatte angesichts der nahenden Veröffentlichung dann mal den Fehler gemacht auf Reddit r/TheOffspring beizutreten. Bin sehr zügig wieder raus… “Echte” Fans sind echt nicht zu gebrauchen. Nur am Meckern, Schimpfen und Rumheulen (obwohl das Album noch nicht einmal erschienen war!). Anscheinend ist das Werk total “overproduced” und Dexters Stimme könnte man sich absolut nicht anhören. Und schuld ist natürlich Produzent Bob Rock – ungeachtet dessen, dass es jetzt schon sein 4. Album mit der Band ist. Möglicherweise haben sie ja auch recht und das Mixing der CD ist unter aller Sau. Aber als jemand, der immer noch 128kbit/s-MP3s hört, kann ich eh nicht mitreden. Und ja, das ist mein voller Ernst! Nein, ich geh’ mich nicht in die Ecke stellen und schämen. Reden wir stattdessen über das neuste Werk der Kalifornier, denn seit 11.10. ist es erhältlich und ich habe selbstverständlich sofort zum Geldbeutel gegriffen.

(Cover)

SUPERCHARGED

Band: The Offspring
Umfang: 00:32:15 (10 Lieder)
Mögliche Bezugsquellen: Amazon* oder die offizielle YouTube-Playlist

Der Titel des 11. Studioalbums ist Programm. Anders als Let the Bad Times Roll steckt es voller Energie und haut vom ersten bis zum letzten Takt richtig rein. Keine sinnlose Platzverschwendung wie das fragwürdige Cover von In the Hall of the Mountain King, sondern durch und durch der gewohnt abwechslungsreiche und rockige The Offspring-Sound. Teilweise vielleicht sogar “zu” gewohnt. Egal ob Light It Up, Get Some, oder Truth In Fiction – als Kenner der Band hört man in so einigen Lieder sehr viele musikalische Parallelen und (vermeintlich) identische Motive aus ihren älteren Werken. Das klingt aber negativer als es tatsächlich ist. Wir reden hier schließlich nicht von AC/DC, deren gesamte Diskographie exakt gleich klingt :wink: .

Nein, SUPERCHARGED ist stattdessen ganz klar eine gelungene Rückkehr zu alter Form. Es ist kein Lied dabei, das mich zur “Überspringen”-Taste schnellen lässt. Stattdessen vergehen die 32 Minuten wie im Fluge und ich fange sofort wieder von vorne an (mittlerweile mindestens schon ein Dutzend Mal von vorne bis hinten durchgehört). Harte, schnelle Tracks, die übliche Ballade (Ok, But This Is The Last Time) und der ein oder andere fröhlichere Song – es ist ein ausgewogener Mix aus allem, was die Band in den letzten 35 Jahren so rausgehauen hat, ohne aber in irgendwelche (aus meiner Sicht) nervige Extreme zu gehen. Selbst Come To Brazil, der vielleicht grenzwertigste Song auf der Platte, kann sich hören lassen. Definitiv ein sehr gelungenes Album und ein Werk, das verdient den Namen The Offspring trägt.

Persönliches Lieblingslied: You Can’t Get There From Here [03:54]

So sehr ich die richtig harten, punk-rockingen The Offspring-Songs verehre – irgendwie habe ich doch einen Softspot für Dexters etwas melodischeren und nachdenklicheren Werke wie diese. Also nicht ganz Ballade aber eben auch nicht richtig schredder-punkig. Und auf diesem Album ist es dieser Track, der es mir in dieser Hinsicht angetan hat. Es geht um die Stimme in unserem Kopf, die einem immer das Schlimmste vermittelt und so alle Träume und Hoffnungen zerstört. Der buchstäbliche Palast des Selbsthasses. Es ist kein fröhliches Lied. Kein Happy End, das am Ende wartet. Aber vielleicht nimmt es mich gerade deshalb so mit.

PS: Für alle, die es interessiert (also vermutlich nur Daiah :wink: ), hier mein aktuelles The Offspring-Ranking:

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