„Ich kann dich das nicht tun lassen!“, sagt Helmut mit Nachdruck.

„Warum nicht? Sowas haben wir doch schon öfters gemacht?“ entgegnet Harald voller Unverständnis.

„Ich habe absolut kein Vertrauen mehr in dich. Jedes Mal, wenn ich dir die Zügel in die Hand gegeben habe, sind wir gescheitert und wer musste den Karren aus dem Dreck ziehen? Ich! Also setz dich auf deinen fetten Hintern und lass die Profis ran!“

„Das stimmt do…“ versucht Harald einzuwerfen, wird von Helmut aber rüde unterbrochen.

„London, Singapore, Waldbüttel – klingelts da bei dir?! Alles bis auf Kleinste durchgeplante Operationen und dank dir am Ende nur ein brennender Scheiterhaufen! Da brauchst du gar nicht erst versuchen dich zu rechtfertigen!“

Mit hochrotem Kopf starrt Helmut Harald an. Seine Blicke sind wie Dolchstöße, die ihn versuchen mit einer solchen barbarischen Wildheit zu durchbohren, wie sie Harald noch nie zuvor gesehen und gespürt hat. Aber Helmut tat ihm Unrecht. Harald muss nur irgendwie zu ihm durchdringen.

Er geht einen Schritt auf Helmut zu, legt seine Hand auf Helmuts rechte Schulter und blickt ihm tief in die Augen als er sagt: „Das waren alles deine Fehler, Helmut. Erinnerst du dich nicht mehr? Deswegen hat die Agentur doch mich an deine Seite gestellt!“

(handschriftlich verfasst im Rahmen des Bildungsurlaubs Autobiografisches Gestalten und Schreiben)

Es ist ja nicht so, als wäre es nicht von Anfang an klar gewesen, dass die Situation so eintreten würde, wie sie dann schlussendlich eingetreten ist. Schließlich hatten alle Beteiligten im Vorfeld Monate damit verbracht ausführlich den Plan zu schmieden. Zeichnungen waren angefertigt worden, deren Detailgrad jeden Stararchitekten vor Neid erblassen lassen würden. Die Berechnungen entsprachen einer Qualität höchster mathematischer Exzellenz. Und die Einsatzmittel waren speziell nur für diesen Augenblick von absoluten Meistern ihres Fachs angefertigt worden.

Egal ob es der Edelhanf aus der abgelegensten Ecke der mongolischen Steppe war oder das frische Croissant vom Bäcker die Straße runter – es waren keine Kosten und Mühen gescheut worden, um sicherzustellen, dass alles perfekt sein würde und der Plan vollumfänglich und ohne irgendeine Abweichung umgesetzt werden würde.

Und, lieber Leser, was soll ich sagen? Es kam am Ende wie es kommen musste! Die Ausführung gelang, jede Einzelheit und Eventualität war bedacht worden und der Einsatz somit am Ende ein voller Erfolg.

(handschriftlich verfasst im Rahmen des Bildungsurlaubs Autobiografisches Gestalten und Schreiben)

Die Luft in der Gasse brannte. Aufgeheizt durch die unerbittlich heißen Strahlen der Mittagssonne. Bewegungslos eingepfercht durch die Backsteinhäuser, welche die Straße beidseitig, Mauer an Mauer zierten.

Jonas war, als würde er gegen eine Wand aus Feuer stoßen als er in die Nebenstraße einbog. Es fühlte sich an, als würde er ersticken. Jeder Atemzug brachte die heiße Glut in seine Lungen. Doch es half nichts – sein Ziel lag auf der anderen Seite des Hochofens namens Ehrmanngasse. Keuchend windete er sich aus seinem Stillstand und begann die Straße entlang zu gehen. Das Pflaster brannte unter seinen Sohlen während die Häuser drohend auf ihn hinab blickten und ihrerseits ihre Hitze auf ihn schleuderten.

Über allem hing die alles vernichtende Sonne am „strahlend“ blauen Himmel, wie die Bewohner Eisenstadts es immer mit einer großen Portion Sarkasmus in der Stimme sagten.

(handschriftlich verfasst im Rahmen des Bildungsurlaubs Autobiografisches Gestalten und Schreiben)

Meine erste Station in Hessen

Es ist tatsächlich auch schon wieder fast zehn Jahre her, seit ich Bayern verlassen habe und zu einem Hessenbock wurde. Mein damaliger Mietvertrag startete am 16. August 2014 und am 1. Oktober trat ich meine neue Stelle in Darmstadt an – auf der ich immer noch sitze. Ich weiß: Viel zu lang! Schließlich soll man doch spätestens alle fünf Jahre wechseln oder so. Aber das ist heute nicht unser Thema. Stattdessen habe ich mit dem Wechsel des Bundeslandes zwar drei Feiertage verloren, dafür jedoch das Recht auf eine Woche Bildungsurlaub jedes Jahr “erworben”. An sich also gar kein schlechter Deal :wink: .

Allerdings habe ich meinen ersten Bildungsurlaub erst Ende 2016 angetreten, wie ich gerade feststellen musste. Meinen Anspruch für 2014 und 2015 habe ich scheinbar verfallen lassen. Fragt mich nicht warum. Vermutlich kannte ich das Konzept einfach noch nicht so richtig und/oder hatte (unbegründete) Vorbehalte. Das Thema ist ja selbst heute immer noch vergleichsweise unbekannt – und so mancher Arbeitgeber tut sein Übriges, um einen davon abzuhalten Bildungsurlaub zu nehmen. Ich kann es weiterhin absolut nur empfehlen für alle, die darauf Anspruch haben. Mehr Infos gibt es immer noch auf der Seite Bildungsurlaub.de oder euren lokalen Volkshochschulen.

Und der Vollständigkeit halber hier die Übersicht über meine bisherigen Bildungsurlaube. Soweit vorhanden, sind meine entsprechenden Einträge dazu verlinkt.

Und 2024? Nun, der fand just letzte Woche statt und hieß

Stressbewältigung durch Achtsamkeit in Gesellschaft und Beruf

Das Handout

Hinter dem sperrigen Titel versteckt sich die Methode Mindfulness-Based stress Reduction (MBSR). Sie wurde 1979 vom Verhaltensmediziner Jon Kabat-Zinn und seinen Kollegen der Stress-Reduktions-Klinik an der Universität von Massachusetts entwickelt. Die Wirksamkeit dieser Methode wurde über die Jahre wohl durch so einige wissenschaftliche Studien bestätigt. Ist also kein Esoterikkram, wie unsere Trainerin ebenfalls betonte. Allerdings ist es mal wieder so ein Fall, wo ich als Laie mich frage “Dafür brauchte es eine Studie?! Ist doch klar, dass sich durch stilles Rumsitzen mein Stresslevel senkt!” :smile: Und obwohl Herr Kabat-Zinn dem ganzen eine Struktur und einen Namen gegeben hat, ist das an sich alles nichts Neues, sondern wird vor allem in Religionen wie dem Buddhismus schon seit hunderten von Jahren praktiziert. Kabat-Zinn ist zudem nicht allein auf dem Gebiet unterwegs.

Ich sein

Nun, fangen wir von vorne an: Achtsamkeit bedeutet in diesem Zusammenhang einen bestimmten Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand einzunehmen. Also nicht die Achtsamkeit gegenüber anderen Menschen, sondern gegenüber sich selbst. Ziel ist es im Moment/der Gegenwart zu sein und euch ohne Urteil darauf zu konzentrieren, statt im gestern oder morgen festzuhängen oder sich auf andere Art und Weise ablenken zu lassen. Man könnte es auch als eine spezielle Art der Meditation beschreiben. Und ja, mit geschlossenen Augen einfach nur dasitzen ist eine der dazugehörigen Übungen. Sowieso gibt es viele Überschneidungen mit anderen Methoden, die hier allerdings etwas anderes eingesetzt werden. So gibt es Übungen aus dem Yoga und dem Thai Chi und der Bodyscan (jedes Körperteil wird erfühlt).

Den Großteil der Woche haben wir entsprechend in Stille verbracht – im Sitzen, im Liegen, im Gehen, beim Essen und bei den leichten “Sporteinlagen”. Und das dann alles sehr bewusst. Kein Gedankenkreiseln, keine Planung des Abendessens, kein Zurückdenken an frühere Bildungsurlaube. Stattdessen das alles ausgeblendet, indem wir uns z.B. auf die eigene Atmung konzentriert haben und darauf, wie bei jedem Schritt der Fuß auf den Boden aufkommt. Oder die Umgebung wahrnehmen (singende Vögel, das Grün am Wegesrand, etc.) und die Bewegung des Arms während der Thai-Chi-Runde. Weitere Möglichkeit: Beim Essen und Trinken so richtig seine Kost genießen. Sie mit allen Sinnen erfassen (Sehen, Tasten/Fühlen, Riechen, Hören, Schmecken) und den Akt auf seine Art quasi zu zelebrieren. Wenn ich Wein trinken würde, würde ich es vermutlich mit einer Weinprobe vergleichen. Alles in allem auf jeden Fall auf der einen Seite irgendwie ungewohnt aber gleichzeitig sehr erholsam und meditativ – zumindest, wenn man sich darauf einlassen kann. Für die hibbeligeren unter uns ist das wahrscheinlich nichts.

Die Grundhaltungen

Achtsam Zähneputzen (unnötiges Symbolbild)

Diese Übungen sind jedoch faktisch nur Hilfen zum Verständnis und zur Unterstützung der Umsetzung von Jon Kabat-Zinns Konzept. Am Ende des Tages geht es darum seine innere Haltung anzupassen und dadurch mit Stresssituationen besser umzugehen. Schließlich können wir uns vermutlich selten aus einem Streitgespräch mal kurz rausnehmen, um ein paar Yoga-Übungen zu machen. Wobei das vermutlich den Gegenüber vielleicht auch so überrumpeln würde, dass die Sache schon allein dadurch entschärft ist :smile: . Um das eigentliche Ziel “in der Gegenwart sein” zu erreichen, ist es entsprechend wichtig die sieben Grundhaltungen zu verinnerlichen:

  • Nicht werten/urteilsfrei (non-judging) – Das klingt im ersten Moment heftiger, als es tatsächlich ist. Und zwar geht es nicht darum Dinge nicht mehr zu bewerten. Das können wir als Menschen gar nicht. Stattdessen ist es das Ziel… nun ja, achtsam zu sein. Sich also bewusst zu sein, dass man gerade eine Bewertung macht und zu akzeptieren, dass es so ist. Das hilft aus der Situation heraus zu kommen und mit ihr besser umzugehen bzw. ggf. sogar neu zu bewerten.
  • Loslassen (letting go) – Im MBSR spricht man davon den Autopiloten auszuschalten. Freilich hält der uns auch am Leben. Schließlich wollen wir nicht jeden Moment daran denken ein- und auszuatmen. Aber unsere Lebenserfahrung hat dazu geführt, dass er mitunter in Momenten anspringt, wo es vielleicht sinnvoll wäre sich seinem Tun bewusst(er) zu sein. Es geht also darum diese Denkmuster mal loszulassen und neue Erfahrungen zuzulassen.
  • Akzeptanz (acceptance) – Auch hier ist die Überschrift im ersten Moment vielleicht etwas irreführend. Es bedeutet nicht einfach nur alles hinzunehmen. Stattdessen ist erneut ein bewusst werden gemeint. Anzuerkennen, dass gerade etwas so ist wie es ist und so eine Distanz aufzubauen. Dank dieser Distanz kann man dann gelassener mit der Situation umgehen.
  • Müheloses tun/Nicht-greifen (non-striving) – Mit Eindeutigkeit hatte es der Herr Kabat-Zinn echt nicht. Aber vielleicht gehört das mit zur Achtsamkeitsübung? Naja, auf jeden Fall ist hiermit gemeint nicht an die Zukunft zu denken, sondern die Gegenwart zu erkennen und zu nutzen. Sie ist schließlich das, was wir gerade verändern können. Oder anders ausgedrückt: Das tun, was gerade dran ist und nicht das, was man glaubt tun zu müssen.
  • Anfängergeist (beginner’s mind) – Vereinfacht gesagt die eigene Erfahrung vor der Tür lassen und stattdessen ohne Erwartungen und damit unvoreingenommen an eine bekannte oder neue Sache herangehen. So kann man beispielswiese jedes Mal wieder neu erleben, wie sich das Gras unter den nackten Füßen anfühlt. Oder eine Rosine neu entdecken. Ja, wir haben die Rosinenübung gemacht. War tatsächlich nicht so schlimm, wie ich gedacht habe als Nicht-Rosinen-Esser. Und wer von uns hätte jemals laufen gelernt, wenn wir nicht so oft gescheitert wären, bis es funktioniert hat?
  • Vertrauen (trust) – Diesen Punkt könnte man als “auf sich selbst hören” zusammenfassen. Es geht darum mehr Vertrauen in sich selbst zu haben. Auf die innere Stimme zu hören und die Meinungen anderer mal auszuschließen. Viel zu oft sind wir nämlich mehr damit beschäftigt uns zu fragen, was jemand anderes denkt. Dabei wäre es am Anfang wichtiger zu klären, was man eigentlich selbst möchte.
  • Geduld (patience) – Eine Tugend, die in der heutigen Zeit wichtiger denn je ist. Zu erkennen und zu verinnerlichen, dass schlicht alles im Leben seine Zeit braucht und es nichts bringt immer allem hinterher zu hetzen. Das hilft dann auch in Stresssituationen mit mehr Ruhe und Gelassenheit zu reagieren.

Klingt irgendwie alles sinnvoll, oder nicht? Ich kann mir ebenfalls vorstellen, dass es uns als Menschheit sicherlich ein bisschen besser ginge, wenn wir das alle verinnerlicht hätten. Aber auf dem Papier klingt das freilich immer einfacher als es in die Realität umzusetzen. Andererseits: Ein bisschen ist immer noch mehr als gar nichts. Also beim nächsten Mal die Karotte vielleicht mal ein wenig achtsamer schnippeln!

Meine Erfahrung

So viel also grob zum Konzept des MBSR. Das Original ist wohl ein achtwöchiger Kurs, in dem dann auch mal sechs Stunden lang einfach nur still dagesessen wird. Das haben wir im Bildungsurlaub dann doch nicht gemacht. Neben den Achtsamkeitsübungen haben wir viel Selbstreflexion mit anschließender Besprechung zu zweit und der Gruppe gemacht. Zugegeben: Da war ebenfalls Achtsamkeit mit im Spiel. Nämlich achtsames Zuhören. Es durfte in den Zweiergruppen nur jeweils einer für ein paar Minuten sprechen, der andere hörte nur achtsam zu. An sich ebenfalls nix Neues, aber einfach fällt das einem mitunter trotzdem nicht so ganz. Das Bedürfnis nachzufragen, einzuhaken, seine eigenen Erlebnisse mitzuteilen ist schon extrem groß. Diese Gedanken loszulassen und einfach nur für den anderen da zu sein, zählt zur Achtsamkeit. Das ist allerdings nur die extremste Form. Auch normale Gespräche lassen sich achtsam führen :smile: .

Unterm Strich habe ich durch den Bildungsurlaub nichts bahnbrechendes Neues über mich erfahren. Er hat mir jedoch so intensiv wie noch nie gezeigt, wie wichtig es für mich ist achtsames Verhalten wirklich zu leben. Ich bin definitiv mehr so der Typ “muss alles gleich machen”. Derjenige, der sein Mittagessen in sich reinschaufelt und dabei auf dem Handy rummacht/am Computer sitzt. Sprich: Viel von meinem Stress mache ich mir tatsächlich selbst. Dass das mir und meiner Umgebung nicht gut tut, erlebe ich immer wieder. Und im Gegensatz zu manch anderem Kurs ist MBSR definitiv alltagstauglich. Beim Zähne putzen sich einfach nur darauf zu konzentrieren, beim Essen das Handy weglegen und solche Dinge – das ist nicht wirklich kompliziert oder anspruchsvoll. Man muss es halt machen.

Für mich war der Bildungsurlaub Stressbewältigung durch Achtsamkeit in Gesellschaft und Beruf tatsächlich der bislang beste, den ich hatte. Das lag zum einen an der Methode, die scheinbar echt genau mein Ding ist (war früher Tagträumer und still rumsitzen kann ich). Aber auch an der fantastischen Gruppe (alles Frauen bis auf mich… leider immer noch ein Dauerzustand in Bildungsurlauben). Wir waren alle auf derselben Wellenlänge und haben uns voll auf das Thema eingelassen. Keine unruhigen Störenfriede, sondern einfach nur in Harmonie Achtsamkeit geübt. So gechillt, wie in dieser Woche, habe ich mich glaube ich schon lange nicht mehr gefühlt – wenn überhaupt jemals. Jetzt heißt es an diesem positiven Erlebnis festzuhalten und es zu verinnerlichen!

Sicarius

Rhetorische Bildung

Ich schiebe ja immer noch einen Bildungsurlaub vor mir her. Nachdem es 2021 überhaupt nicht geklappt und ich 2022 nur mit Ach und Krach noch einen fand. Entsprechend hatte ich schon frühzeitig für dieses Jahr zwei Anmeldungen getätigt. Und nun sollte es endlich soweit sein. Der eine war für letzte Woche angesetzt. Der andere für diese Woche. Und immerhin: Einer davon fand tatsächlich statt! Die Erfolgsquote liegt also immerhin bei 50%. Und der für diese Woche wurde zwar abgesagt, es gibt aber einen Alternativtermin im November. Es könnte also noch hinhauen, dass ich endlich mal mein “Defizit” aufgeholt bekomme *daumendrück*.

Das Thema

Ein paar Handouts aus dem Bildungsurlaub

Letzte Woche war ich also mal wieder vor Ort (!) bei der Kreisvolkshochschule Groß-Gerau. Besucht habe ich den Kurs Rhetorik und Kommunikation von Frank Winterstein für 300 EUR. Hr. Winterstein ist (Theater-)Schauspieler, Kommunikationstrainer und hat sogar mal Hörbücher vertont sowie mehrere Jahre die Zeitschrift “DER SPIEGEL” für schlecht Sehende eingesprochen. Eine gewisse Erfahrung mit dem Thema war also durchaus vorhanden :smile: . Er hielt den Bildungsurlaub zudem zum fünften Mal ab.

Grundsätzlich hatte ich schonmal vor vielen, vielen Jahren einen Rhetorik-Kurs über meinen Arbeitgeber besucht. Davon ist mir immerhin noch in Erinnerung, dass ich damals für meinem Übungs-Vortrag das Thema “Killerspiele” wählte. Zum Einstieg nahm ich ein Zitat des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und haute danach buchstäblich auf den Tisch. Ihr könnt euch sicher sein, dass ich ab da die volle Aufmerksamkeit meiner Mitschüler und des Trainers hatte. Die Qualität meines Vortrags nahm danach leider rapide ab… Aber bei Rhetorik und Kommunikation gibt es so viele Facetten, dass es mich definitiv gereizt hat mal wieder was zum Thema zu machen – und wenn es nur eine Auffrischung gewesen wäre. Nach Abschluss der Woche kann ich jedoch ganz klar sagen: Es war ganz anders, als erwartet – und entsprach technisch gesehen auch nicht so recht der Beschreibung. Letzteres hat den ein oder anderen Teilnehmer wenig begeistert. Ich gehe aber grundsätzlich in einen Bildungsurlaub erstmal mit “ich lass mich überraschen” rein. Insofern hat mich das nicht gestört und ich habe stattdessen viele interessante Sachen und Erkenntnisse mitgenommen.

Die Gestik

Vermutlich bekomme ich gar nicht mehr alles zusammen, was wir in den fünf Tagen so gemacht haben, aber ich versuche es mal: Angefangen hat es mit grundlegender Körpersprache. Also welche Bedeutung haben welche Bewegungen, wie wirkt es auf andere sowie das ganze Thema “Spiegeln”. Spiegeln heißt, dass ich (bewusst oder unbewusst) Bewegungen meines Gegenübers nachmache. Einfachstes Beispiel ist das, was wir alle kennen: Gähnt ein uns symphytischer Mensch, dann müssen wir ebenfalls gähnen. Und das eben erweitert auf alle möglichen Bewegungen. Vom “ein Bein über das andere schlagen” hin zum “Nase-Kratzen” lässt sich alles nachahmen (und wir tun es oft) und so in eine stärkere Verbindung mit dem Gegenüber und seiner Sicht der Dinge treten. Ihr müsst allerdings vorsichtig sein: Übertreibt ihr und/oder macht es zu offensichtlich, kommen wir ganz schnell ins “Verarscht du mich gerade?!”-Territorium.

Gestik (Symbolbild)

Außerdem haben wir die “acht vertikalen Ebenen der Körpersprache” gelernt. Bewegt ihr eure Arme beispielsweise über dem Kopf, dann hat es was “Spirituelles”, “unerreichbares” an sich. Auch “Freude” findet vor allem über dem Kopf statt. Während auf Brusthöhe eher Bewegungen in Bezug auf “geben” und “nehmen” passieren. Alles Dinge, die wir faktisch jeden Tag automatisch und völlig unbewusst tun. Entsprechend cool war es das mal gelernt zu haben und es nun genau bei anderen (und bei sich selbst) beobachten zu können. Die Idee ist, dass ihr dank des nun vorhandenen Bewusstseins nun selbst in der Lage seid z.B. in Vorträgen gezielter mit eurer Gestik zu spielen.

Übrigens ebenfalls ein dazugehöriges Thema, das besprochen wurde: Die grundsätzlichen Regeln der Körpersprache bei einem Vortrag. Also so Sachen wie “Blickkontakt suchen” und “nicht wie ein steifer Bock in der Gegend rumstehen”. Lernt man aber auch in jedem Präsentationstraining.

Die Sprache

Ein weiterer Schwerpunkt waren die rhetorischen Sprechregeln. Diese hat er uns anhand eines Gedichts von Heinrich Heine (“Sie saßen und tranken am Teetisch“) sowie einem Text von Karl Valentin (“Der Fisch und die Schiffsschraube”) erarbeiten lassen. Das war zugegebenermaßen ziemlich mühsam und langatmig (hat faktisch einen ganzen Schulungstag verschlungen) und hat entsprechend zu großem Unmut in der Gruppe geführt. Ich fand es zwar ziemlich spannend aber die Bearbeitung war mir ebenfalls viel zu langsam. Ich konnte das Gedicht am Ende auswendig aufsagen, weil ich es gefühlt 4 Millionen Mal durchgelesen hatte (und durfte nur zwei Zeilen tatsächlich vortragen…). Aber wie auch der Trainer sagte: Es ist ein Grundbaustein von allem, was danach kommt. Beispielsweise sind das die vier Betonungsarten, die man im Kopf haben sollte:

  • Melodie (Stimme nach unten sachlich, Stimme nach oben emotional)
  • Geschwindigkeit (inkl. der Kunst der Pause)
  • Lautstärke
  • Artikulation (Aussprechdeutlichkeit)

Mit diesen vier Methoden gilt es dann so Sachen wie Wichtigkeit oder Gegensätze sprachlich zu verdeutlichen. Wenn beispielsweise ein neuer Charakter eingeführt wird, dann wird sein Erscheinen anders betont, als wenn sein Name zum zweiten oder dritten Mal fällt. Um quasi dem Hörer klar zu machen, dass es was Neues ist, was er sich merken sollte. Vermutlich lernt man sowas auch im Deutschleistungskurs auf dem Gymnasium oder so, aber ich kannte das definitiv noch nicht.

Die Umsetzung

Tag vier und Tag fünf haben wir hingegen vor allem mit praktischen Übungen verbracht. Zuerst war ein eigener Vortrag dran. Das gewählte Format war die “5-Satz-Rede mit Appell”. Das heißt nicht, dass der Vortrag nur fünf Sätze haben darf. Er hat nur eine bestimmte Reihenfolge und bestimmte Inhalte:

  1. Ansprache Begrüßung
    1. Thema
    2. Standpunkt
  2. Begründung
  3. Beispiel
  4. Überleitung/Schlussfolgerung
  5. Appell (mit “!”)

Ich “durfte” ein Beispiel machen und da kam mir das folgende in den Sinn:

Ein paar Themen aus dem NLP kamen ebenfalls vor.

“Liebe ADAC-Mitglieder! (1) Ich möchte heute mit Ihnen über Autos sprechen. (1a) Ich persönlich finde sie ja total schrecklich. (1b) Sie verpesten die Luft, sind laut und verschwenden haufenweise Ressourcen. (2) Schauen sie sich beispielsweise mal um 8:30 Uhr in der Innenstadt von Groß-Gerau um. Blechlawinen soweit das Auge reicht! (3) Und so sieht es überall in unserem Land aus. (4) Deshalb meine eindringliche Bitte an sie: Steigen sie um aufs Fahrrad!” (5)

Als nächste Übung stand hingegen die “Präsenz” auf dem Plan. Auf dem Papier wesentlich simpler als der Vortrag, den es galt einfach nur neutral vor der Gruppe zu stehen. Also ohne irgendeinen Vorsatz oder Hintergedanken und ohne auch nur ein Wort zu sagen. Schlicht so wie man ist anwesend sein und zu schauen, was es mit einem macht und wie es auf die Gruppe wirkt. Als Tagträumer absolut mein Ding und sie meinten entsprechend, dass ich sehr beruhigend und gelassen auf sie gewirkt habe. Sagte dann scherzhaft, ob ich vielleicht mal einen VHS-Kurs “Schweigen mit dem Webmaster” anbieten sollte :smile: . Der ein oder tat sich hingegen (verständlicherweise) ziemlich schwer von zehn Leuten einfach nur angestarrt zu werden.

Zu guter Letzt haben wir noch kurz ein bisschen Telefontraining gemacht. Aber die Zeit war zu knapp, um da richtig einzusteigen. In Konsequenz habe ich da für mich nichts wirklich mitgenommen. Ich hatte zwar früher richtig Angst zu telefonieren aber das ist schon seit Jahren (arbeite ja schließlich bei der Deutschen Telekom) absolut kein Thema mehr.

Fazit

Wenn ich so an meine bisherigen Bildungsurlaube zurückdenke, war das glaube ich der kurzweiligste, den ich bislang hatte. Die Tage und die Woche waren super schnell rum und ich habe sehr viel gelernt, was ich auch tatsächlich im Alltag nutzen kann. Zur Kurzweil beigetragen haben sicherlich die lustigen Spielchen, die er hin und wieder eingestreut hat. Beispielsweise machte jemand eine kleine Bewegung und einen Laut/ein Wort dazu und der nächste in der Runde musste es verstärkt wiedergeben. Wobei “verstärkt” von unserer Gruppe und mir vor allem mit “möglichst aggressiv und laut” interpretiert wurde. Könnte euch sicherlich vorstellen, wie es da abging. Nach den meisten Spielchen lag ich am Boden, weil ich mich vor Lachen nicht mehr halten konnte. Einfach, weil so viel absurdes Chaos dabei entstanden war.

Zusammengefasst kann ich den Bildungsurlaub “Rhetorik und Kommunikation” von Frank Winterstein also absolut nur empfehlen. Ihr solltet euch nur bewusst sein, dass mindestens eine Textanalyse mit dabei ist und Hr. Winterstein gerne aus seinem (durchaus interessanten) Leben erzählt. Da gilt es ihn ab und zu bremsen und wieder auf Kurs zu bringen :smile: .

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