Sicarius

Einen Onlineshop aufbauen

Der neue Shop bei Neurolicht

Zum Verdruss meines Arbeitgebers hatte ich nicht nur vorletzte Woche Bildungsurlaub, sondern im Anschluss auch noch eine Woche regulären Urlaub. Man muss ja schließlich die Feiertage optimal nutzen :wink: . Allerdings haben wir die Woche nicht zur Erholung (oder gar zum Zocken) genutzt, sondern für Lysandas Nebengewerbe. Genauer gesagt für den Aufbau ihres Onlineshops. Die Grundlagen dafür hatte ich schon Anfang März während unseres letzten Urlaubs gelegt. Schließlich wussten wir vorher nicht, ob das überhaupt funktioniert. Da der damalige Test aber erfolgreich war, ging es jetzt ans Eingemachte. Und offensichtlich sind wir fertig geworden, denn ihr könnt schon 48 Artikel kaufen. Also nicht länger zögern und den Warenkorb schön voll machen! Unsere Katzen haben Hunger und wollen Spielzeug!

Hintergrund

Aber warum eigentlich ein eigener Onlineshop? Gibt doch so viele andere Seiten, die sich darauf spezialisiert haben. etsy, eBay, elopage, CopeCart, digistore24 und was es sonst noch alles gibt. Nun, mit etsy (für ihre Kunstwerke) und elopage (für ihre Coaching-Angebote) hatte sie es tatsächlich das letzte Jahr über versucht. Anfangs sogar mit CopeCart aber dort ließen sich nicht die eigenen AGBs einbinden, weshalb es rechtlich zu unsicher war und sie dann stattdessen zu elopage gewechselt ist. Problem sowohl von elopage als auch etsy ist jedoch, dass ihr zum einen erst einmal Geld vorstrecken und zum anderen beim Verkauf was abdrücken müsst.

Bei elopage ist es der Kauf eines Abos (39 EUR pro Monat im kleinsten Paket), welches euch überhaupt erst die Möglichkeit zum Einrichten eines Shops gibt. Und bei etsy kostet schon das Einstellen eines Artikels 0,20 EUR. Die Gebühren beim Verkauf kommen noch jeweils obendrauf. Für etsy gibt es diesen praktischen Rechner, falls ihr es euch mal selbst anschauen wollt. Aber ein kleines Beispiel: Verkauft ihr ein Produkt für 2 EUR mit kostenlosem Versand, bekommt ihr nach Abzug aller Gebühren nur 1,16 EUR – und davon müsst ihr auch noch das Porto bezahlen. Da bleibt definitiv nicht mehr viel übrig. Und ja, Lysanda macht das auch zum Geld verdienen und nicht nur zum Zeitvertreib wie scheinbar viele andere Hobbykünstler, die mehr als offensichtlich nicht einmal ihre Arbeitszeit mit im Preis berücksichtigen (und damit allen anderen schaden).

Gleichzeitig sind die Gegenleistungen der Plattformen begrenzt. Ja, sie stellen natürlich erst einmal überhaupt den Shop inkl. (hoffentlich) entsprechender Sicherheitsfunktionen bereit. Im Falle von elopage sogar noch einen Mitgliederbereich. Für jemanden ohne Webdesignaffinität daher trotzdem eine gute Möglichkeit. Ansonsten übernehmen sie zusätzlich noch den Zahlungsverkehr und die Erstellung der Rechnungen. Rechtliches, Marketing und dergleichen sind meist nicht im Preis mit inbegriffen. Da Lysanda aber z.B. keinen Mitgliederbereich braucht, war sie der Meinung, “Wenn ich eh die ganze Werbung selbst machen muss, dann kann ich auch noch die Rechnungen schreiben.”. Sie fragte also mich als ihren Webseitenadministrator, ob wir nicht einfach bei ihr einen eigenen – am Besten gebührenfreien – Onlineshop aufbauen könnten. Das spart nicht nur Geld, sondern bietet zudem mehr Flexibilität. Bei 0,20 EUR pro Artikel muss sie beispielsweise genauer überlegen, was sie wie einstellt, um diese Anfangskosten zu minimieren. Bei elopage ist es ähnlich: Im Grundpaket sind nur drei Produkte enthalten. Will man mehr anlegen, braucht man einen teureren Tarif. In ihrem eigenen Shop ist das hingegen jetzt kein Thema mehr.

Die Lösung

Praktischerweise basiert ihre Seite genauso wie Beim Christoph auf WordPress. Und der Vorteil von WordPress ist, dass es faktisch für alles ein Plugin gibt. Das hat auch seine Nachteile, wie wir weiter unten sehen werden, aber erst einmal ist es eine richtig geniale Sache. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es ebenfalls Shop-Plugins gibt. Das bekannteste und erfolgreichste dürfte WooCommerce sein – und genau das habe ich hergenommen.

WooCommerce ist in der Basisversion vollkommen kostenlos, faktisch vollkommen konfigurierbar und es gibt dafür ebenfalls sehr viele Plugins. Einige davon sind ihrerseits kostenpflichtig (meist mit Abo-Modell) bzw. operieren im Freemium-Modus (ein Teil kostenlos, Zusatzfunktionen nicht) – damit verdient unter anderem WooCommerce sein Geld -, aber es gibt auch vieles für Umme.

Aktuell habe ich explizit für den Neurolicht-Shop vier zusätzliche Plugins installiert:

  • WooCommerce (logischerweise)
  • StoreCustomizer – Macht es einfacher das Design des WooCommerce-Shops zu verändern. Ganz ohne manuelle Anpassungen geht es zwar trotzdem nicht mit der Basisversion dieses Plugins, aber es hilft schon ungemein.
  • Germanized für WooCommerce – Das Verbraucherrecht ist in Deutschland (und der EU) glücklicherweise ziemlich stark. Entsprechend gibt es aber auch einige Fallstricke, die man als Betreiber eines Onlineshops beachten muss. Darunter die Pflichtangaben auf den einzelnen Shopseiten. Dieses Plugin hilft dabei alles (hoffentlich) rechtssicher zu gestalten.
  • Complianz – Der DSGVO-konforme Cookie-Banner. Bislang erstellte Neurolicht überhaupt keine Cookies oder führte irgendwelches Tracking durch. Aber für einen Onlineshop braucht es dann doch ein paar, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Ein Warenkorb geht logischerweise nicht, wenn ich nicht irgendwo die Information temporär ablegen kann, was sich darin befindet. Entsprechend gibt es jetzt einen Cookie-Banner, um hier rechtlich sauber zu sein, obwohl es sich eben nur um funktionale Cookies handelt, die gemäß DSGVO immer gesetzt werden dürfen.

Ein Problem

Codeschnippsel aus default-constants.php

Vier zusätzliche Plugins klingt erst einmal nach gar nicht so viel, würde man denken. Allerdings bin ich dennoch sogleich auf ein Problem gestoßen. Und zwar bietet WordPress die Möglichkeit (Teile) des Designs der eigenen Webseite mit einem integrierten, visuellen Editor zu ändern. Blöd nur, dass der plötzlich einen fatalen PHP-Fehler ausspuckte. Deaktivierte ich eins der neuen Plugins, ging es wieder. Nach dem Anschalten des Debugmodus kam dann ein “Fatal error: Allowed memory size of 134217728 bytes exhausted (tried to allocate 868352 bytes)” zum Vorschein. Sprich das System versuchte 0,87 MB mehr Speicher zu belegen als zur Verfügung standen.

Gut, würde man sich denken: Gebe ich WordPress halt mehr Speicher. Dafür gibt es schließlich die Variable “WP_MEMORY_LIMIT” (fürs Frontend) bzw. “WP_MAX_MEMORY_LIMIT” (fürs Backend). Damit legt man fest, wie viel WordPress benutzen darf. Allerdings stand der fürs Backend bereits bei 256 MB – also eigentlich mehr als genug. Das Problem musste woanders liegen. Und siehe da: In der php.ini waren bei “memory_limit” nur “100M” eingetragen. Also flux ebenfalls auf “256M” erhöht – und trotzdem ging der Fatal error nicht weg. Mit Unterstützung von Rondrer bin ich dann darauf gestoßen, dass mein Webhoster das Problem ist. In meinem Tarif sind nämlich nur 128 MB RAM enthalten. Kein Wunder, dass es keinen Unterschied machte, was ich bei mir eintrug.

Jetzt hätte ich freilich einfach den Tarif wechseln können. Wären schließlich “nur” zwei Euro zusätzlich pro Monat für 256 MB. Aber die ganze Aktion diente ja gerade dazu Vorabkosten einzusparen. Also wollte das Lysanda gerne vermeiden. Zumal es (bislang) nur ein Problem bei dieser einen Funktion ist und nur 1 MB RAM fehlen. Die Lösung war entsprechend relativ simpel: Wenn ich den Customizer brauche, deaktiviere ich einfach eins der Plugins vorher und schon geht er auf. Blöd nur, dass natürlich fürs Design alle Plugins notwendig sind. Ist eins deaktiviert, sieht man nicht mehr das Komplettbild. Aber auch hier ist die Lösung einfach: Das bisschen mehr an RAM wird scheinbar nur zum Starten des Customizer benötigt. Ist er offen, kann man das Plugin wieder anschalten und ganz normal weiterarbeiten. Simpel und effektiv – so muss das sein.

Viel Fummelei!

Im nächsten Schritt ging es dann darum das Design und die Funktionalität zu finalisieren. War hier und da nicht ganz so einfach, da selbst innerhalb von WooCommerce das ein oder andere nicht einheitlich ist. Während beispielsweise der Warenkorb tatsächlich eine Seite ist, die man entsprechend als solche zumindest zum Teil anpassen kann bzw. auf das eigene Theme zugreift, werden die Produktseiten irgendwie anders erzeugt und haben somit ihr eigenes Design. Von irgendwelchen Messageboxen oder Links gar nicht erst zu reden, die von WooCommerce erzeugt werden.

Entsprechend häufig musste ich eine Suchmaschine belästigen (vor allem wie eine Funktion überhaupt heißt), ausprobieren und dann sowohl das Stylesheet als auch die Funktionsdatei meines Themes ergänzen. Für das ein oder andere gibt es zwar in der WooCommerce Dokumentation auch nochmal Erweiterungsplugins zum Herunterladen (warum sind die nicht schon Teil des Gesamtpakets?!). Aber das wollte ich aus naheliegenden Gründen so gut es geht vermeiden. Zumal ein paar Schnipsel Code zu ergänzen und anzupassen für mich jetzt definitiv kein Thema ist. Genauere Details erspare ich euch aber an dieser Stelle. Die Anpassungen sind viel zu spezifisch. Da macht es keinen Sinn den dazugehörigen Code hier zu posten.

Der letzte Rest

Ganz viele hübsche Steine!

Nachdem der Shop dann so weit fertig war und die Probebestellungen auch wie erwartet funktionierten bzw. die korrekten Texte und Mails ausspuckten, blieb nur noch die Anpassung der rechtlichen Dokumente übrig. Sprich AGB, Widerrufsbelehrung, Datenschutzerklärung und theoretisch die Cookie-Richtlinie. Letztere erzeugt Complianz aber dankenswerterweise automatisch. Den restlichen Kram hatten wir hingegen grundsätzlich schon. Brauchte Lysanda ja bereits für elopage, etsy & Co. Wir mussten entsprechend nur nochmal drüber gehen und kleinere Anpassungen machen. Und darin sind wir mittlerweile geübt, so oft wie wir die schon in den letzten Jahren aktualisieren mussten.

An dieser Stelle dahingehend ein kleiner Werbeeinschub für lawlikes. Die Rechtsanwältin Sabrina Keese-Haufs stellt dort richtig geniale Pakete mit Anleitungen und Templates zur Verfügung. Und das nicht im Abo, sondern mit einem Einmalpreis, der euch trotzdem Zugriff auf alle zukünftigen Aktualisierungen gibt. Ihr müsst daraus dann zwar manuell eure speziellen Unterlagen zusammenbauen, während andere Anbieter euch das für ein monatliches Abo abnehmen. Aber es ist tatsächlich weniger kompliziert, als es am Anfang aussieht. Auch, weil lawlikes dahingehend wirklich gut gemacht ist und einen richtig schön (virtuell) an die Hand nimmt. Frei nach dem Motto: “Nicht den Fisch verkaufen, sondern das Angeln beibringen.” Und nein, wir werden für diese Werbung nicht bezahlt. Wir finden die Produkte einfach nur richtig, richtig gut.

Fertig

Der letzte und immer noch andauernde Schritt ist nun logischerweise den Shop mit Lysandas Produkten zu füllen. Aber das ist in dem Sinne eine reine Fleißarbeit und wie oben geschrieben haben wir schon 48 Stück geschafft. Faktisch ist damit schon fast alles verfügbar, was bislang im etsy-Shop und bei elopage drin war.

Ach und natürlich müssen wir Werbung machen und Kunden anlocken. Bringt schließlich der beste Onlineshop nichts, wenn ihn keiner besucht und was kauft. Deswegen auch zum Schluss nochmal ein bisschen schamloses Crossmarketing: Schaut mal rein! Vielleicht findet ihr ja was Passendes. Am Sonntag ist übrigens Muttertag. Nur so als beiläufige Information, die selbstverständlich überhaupt nichts mit dem Neurolicht-Shop zu tun hat. Bei einer Bestellung und Zahlung (gibt nur Banküberweisung) bis inklusive Mittwoch sollte das mit der Lieferung bis Samstag theoretisch noch hinhauen :wink: .

Meine erste Station in Hessen

Es ist tatsächlich auch schon wieder fast zehn Jahre her, seit ich Bayern verlassen habe und zu einem Hessenbock wurde. Mein damaliger Mietvertrag startete am 16. August 2014 und am 1. Oktober trat ich meine neue Stelle in Darmstadt an – auf der ich immer noch sitze. Ich weiß: Viel zu lang! Schließlich soll man doch spätestens alle fünf Jahre wechseln oder so. Aber das ist heute nicht unser Thema. Stattdessen habe ich mit dem Wechsel des Bundeslandes zwar drei Feiertage verloren, dafür jedoch das Recht auf eine Woche Bildungsurlaub jedes Jahr “erworben”. An sich also gar kein schlechter Deal :wink: .

Allerdings habe ich meinen ersten Bildungsurlaub erst Ende 2016 angetreten, wie ich gerade feststellen musste. Meinen Anspruch für 2014 und 2015 habe ich scheinbar verfallen lassen. Fragt mich nicht warum. Vermutlich kannte ich das Konzept einfach noch nicht so richtig und/oder hatte (unbegründete) Vorbehalte. Das Thema ist ja selbst heute immer noch vergleichsweise unbekannt – und so mancher Arbeitgeber tut sein Übriges, um einen davon abzuhalten Bildungsurlaub zu nehmen. Ich kann es weiterhin absolut nur empfehlen für alle, die darauf Anspruch haben. Mehr Infos gibt es immer noch auf der Seite Bildungsurlaub.de oder euren lokalen Volkshochschulen.

Und der Vollständigkeit halber hier die Übersicht über meine bisherigen Bildungsurlaube. Soweit vorhanden, sind meine entsprechenden Einträge dazu verlinkt.

Und 2024? Nun, der fand just letzte Woche statt und hieß

Stressbewältigung durch Achtsamkeit in Gesellschaft und Beruf

Das Handout

Hinter dem sperrigen Titel versteckt sich die Methode Mindfulness-Based stress Reduction (MBSR). Sie wurde 1979 vom Verhaltensmediziner Jon Kabat-Zinn und seinen Kollegen der Stress-Reduktions-Klinik an der Universität von Massachusetts entwickelt. Die Wirksamkeit dieser Methode wurde über die Jahre wohl durch so einige wissenschaftliche Studien bestätigt. Ist also kein Esoterikkram, wie unsere Trainerin ebenfalls betonte. Allerdings ist es mal wieder so ein Fall, wo ich als Laie mich frage “Dafür brauchte es eine Studie?! Ist doch klar, dass sich durch stilles Rumsitzen mein Stresslevel senkt!” :smile: Und obwohl Herr Kabat-Zinn dem ganzen eine Struktur und einen Namen gegeben hat, ist das an sich alles nichts Neues, sondern wird vor allem in Religionen wie dem Buddhismus schon seit hunderten von Jahren praktiziert. Kabat-Zinn ist zudem nicht allein auf dem Gebiet unterwegs.

Ich sein

Nun, fangen wir von vorne an: Achtsamkeit bedeutet in diesem Zusammenhang einen bestimmten Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand einzunehmen. Also nicht die Achtsamkeit gegenüber anderen Menschen, sondern gegenüber sich selbst. Ziel ist es im Moment/der Gegenwart zu sein und euch ohne Urteil darauf zu konzentrieren, statt im gestern oder morgen festzuhängen oder sich auf andere Art und Weise ablenken zu lassen. Man könnte es auch als eine spezielle Art der Meditation beschreiben. Und ja, mit geschlossenen Augen einfach nur dasitzen ist eine der dazugehörigen Übungen. Sowieso gibt es viele Überschneidungen mit anderen Methoden, die hier allerdings etwas anderes eingesetzt werden. So gibt es Übungen aus dem Yoga und dem Thai Chi und der Bodyscan (jedes Körperteil wird erfühlt).

Den Großteil der Woche haben wir entsprechend in Stille verbracht – im Sitzen, im Liegen, im Gehen, beim Essen und bei den leichten “Sporteinlagen”. Und das dann alles sehr bewusst. Kein Gedankenkreiseln, keine Planung des Abendessens, kein Zurückdenken an frühere Bildungsurlaube. Stattdessen das alles ausgeblendet, indem wir uns z.B. auf die eigene Atmung konzentriert haben und darauf, wie bei jedem Schritt der Fuß auf den Boden aufkommt. Oder die Umgebung wahrnehmen (singende Vögel, das Grün am Wegesrand, etc.) und die Bewegung des Arms während der Thai-Chi-Runde. Weitere Möglichkeit: Beim Essen und Trinken so richtig seine Kost genießen. Sie mit allen Sinnen erfassen (Sehen, Tasten/Fühlen, Riechen, Hören, Schmecken) und den Akt auf seine Art quasi zu zelebrieren. Wenn ich Wein trinken würde, würde ich es vermutlich mit einer Weinprobe vergleichen. Alles in allem auf jeden Fall auf der einen Seite irgendwie ungewohnt aber gleichzeitig sehr erholsam und meditativ – zumindest, wenn man sich darauf einlassen kann. Für die hibbeligeren unter uns ist das wahrscheinlich nichts.

Die Grundhaltungen

Achtsam Zähneputzen (unnötiges Symbolbild)

Diese Übungen sind jedoch faktisch nur Hilfen zum Verständnis und zur Unterstützung der Umsetzung von Jon Kabat-Zinns Konzept. Am Ende des Tages geht es darum seine innere Haltung anzupassen und dadurch mit Stresssituationen besser umzugehen. Schließlich können wir uns vermutlich selten aus einem Streitgespräch mal kurz rausnehmen, um ein paar Yoga-Übungen zu machen. Wobei das vermutlich den Gegenüber vielleicht auch so überrumpeln würde, dass die Sache schon allein dadurch entschärft ist :smile: . Um das eigentliche Ziel “in der Gegenwart sein” zu erreichen, ist es entsprechend wichtig die sieben Grundhaltungen zu verinnerlichen:

  • Nicht werten/urteilsfrei (non-judging) – Das klingt im ersten Moment heftiger, als es tatsächlich ist. Und zwar geht es nicht darum Dinge nicht mehr zu bewerten. Das können wir als Menschen gar nicht. Stattdessen ist es das Ziel… nun ja, achtsam zu sein. Sich also bewusst zu sein, dass man gerade eine Bewertung macht und zu akzeptieren, dass es so ist. Das hilft aus der Situation heraus zu kommen und mit ihr besser umzugehen bzw. ggf. sogar neu zu bewerten.
  • Loslassen (letting go) – Im MBSR spricht man davon den Autopiloten auszuschalten. Freilich hält der uns auch am Leben. Schließlich wollen wir nicht jeden Moment daran denken ein- und auszuatmen. Aber unsere Lebenserfahrung hat dazu geführt, dass er mitunter in Momenten anspringt, wo es vielleicht sinnvoll wäre sich seinem Tun bewusst(er) zu sein. Es geht also darum diese Denkmuster mal loszulassen und neue Erfahrungen zuzulassen.
  • Akzeptanz (acceptance) – Auch hier ist die Überschrift im ersten Moment vielleicht etwas irreführend. Es bedeutet nicht einfach nur alles hinzunehmen. Stattdessen ist erneut ein bewusst werden gemeint. Anzuerkennen, dass gerade etwas so ist wie es ist und so eine Distanz aufzubauen. Dank dieser Distanz kann man dann gelassener mit der Situation umgehen.
  • Müheloses tun/Nicht-greifen (non-striving) – Mit Eindeutigkeit hatte es der Herr Kabat-Zinn echt nicht. Aber vielleicht gehört das mit zur Achtsamkeitsübung? Naja, auf jeden Fall ist hiermit gemeint nicht an die Zukunft zu denken, sondern die Gegenwart zu erkennen und zu nutzen. Sie ist schließlich das, was wir gerade verändern können. Oder anders ausgedrückt: Das tun, was gerade dran ist und nicht das, was man glaubt tun zu müssen.
  • Anfängergeist (beginner’s mind) – Vereinfacht gesagt die eigene Erfahrung vor der Tür lassen und stattdessen ohne Erwartungen und damit unvoreingenommen an eine bekannte oder neue Sache herangehen. So kann man beispielswiese jedes Mal wieder neu erleben, wie sich das Gras unter den nackten Füßen anfühlt. Oder eine Rosine neu entdecken. Ja, wir haben die Rosinenübung gemacht. War tatsächlich nicht so schlimm, wie ich gedacht habe als Nicht-Rosinen-Esser. Und wer von uns hätte jemals laufen gelernt, wenn wir nicht so oft gescheitert wären, bis es funktioniert hat?
  • Vertrauen (trust) – Diesen Punkt könnte man als “auf sich selbst hören” zusammenfassen. Es geht darum mehr Vertrauen in sich selbst zu haben. Auf die innere Stimme zu hören und die Meinungen anderer mal auszuschließen. Viel zu oft sind wir nämlich mehr damit beschäftigt uns zu fragen, was jemand anderes denkt. Dabei wäre es am Anfang wichtiger zu klären, was man eigentlich selbst möchte.
  • Geduld (patience) – Eine Tugend, die in der heutigen Zeit wichtiger denn je ist. Zu erkennen und zu verinnerlichen, dass schlicht alles im Leben seine Zeit braucht und es nichts bringt immer allem hinterher zu hetzen. Das hilft dann auch in Stresssituationen mit mehr Ruhe und Gelassenheit zu reagieren.

Klingt irgendwie alles sinnvoll, oder nicht? Ich kann mir ebenfalls vorstellen, dass es uns als Menschheit sicherlich ein bisschen besser ginge, wenn wir das alle verinnerlicht hätten. Aber auf dem Papier klingt das freilich immer einfacher als es in die Realität umzusetzen. Andererseits: Ein bisschen ist immer noch mehr als gar nichts. Also beim nächsten Mal die Karotte vielleicht mal ein wenig achtsamer schnippeln!

Meine Erfahrung

So viel also grob zum Konzept des MBSR. Das Original ist wohl ein achtwöchiger Kurs, in dem dann auch mal sechs Stunden lang einfach nur still dagesessen wird. Das haben wir im Bildungsurlaub dann doch nicht gemacht. Neben den Achtsamkeitsübungen haben wir viel Selbstreflexion mit anschließender Besprechung zu zweit und der Gruppe gemacht. Zugegeben: Da war ebenfalls Achtsamkeit mit im Spiel. Nämlich achtsames Zuhören. Es durfte in den Zweiergruppen nur jeweils einer für ein paar Minuten sprechen, der andere hörte nur achtsam zu. An sich ebenfalls nix Neues, aber einfach fällt das einem mitunter trotzdem nicht so ganz. Das Bedürfnis nachzufragen, einzuhaken, seine eigenen Erlebnisse mitzuteilen ist schon extrem groß. Diese Gedanken loszulassen und einfach nur für den anderen da zu sein, zählt zur Achtsamkeit. Das ist allerdings nur die extremste Form. Auch normale Gespräche lassen sich achtsam führen :smile: .

Unterm Strich habe ich durch den Bildungsurlaub nichts bahnbrechendes Neues über mich erfahren. Er hat mir jedoch so intensiv wie noch nie gezeigt, wie wichtig es für mich ist achtsames Verhalten wirklich zu leben. Ich bin definitiv mehr so der Typ “muss alles gleich machen”. Derjenige, der sein Mittagessen in sich reinschaufelt und dabei auf dem Handy rummacht/am Computer sitzt. Sprich: Viel von meinem Stress mache ich mir tatsächlich selbst. Dass das mir und meiner Umgebung nicht gut tut, erlebe ich immer wieder. Und im Gegensatz zu manch anderem Kurs ist MBSR definitiv alltagstauglich. Beim Zähne putzen sich einfach nur darauf zu konzentrieren, beim Essen das Handy weglegen und solche Dinge – das ist nicht wirklich kompliziert oder anspruchsvoll. Man muss es halt machen.

Für mich war der Bildungsurlaub Stressbewältigung durch Achtsamkeit in Gesellschaft und Beruf tatsächlich der bislang beste, den ich hatte. Das lag zum einen an der Methode, die scheinbar echt genau mein Ding ist (war früher Tagträumer und still rumsitzen kann ich). Aber auch an der fantastischen Gruppe (alles Frauen bis auf mich… leider immer noch ein Dauerzustand in Bildungsurlauben). Wir waren alle auf derselben Wellenlänge und haben uns voll auf das Thema eingelassen. Keine unruhigen Störenfriede, sondern einfach nur in Harmonie Achtsamkeit geübt. So gechillt, wie in dieser Woche, habe ich mich glaube ich schon lange nicht mehr gefühlt – wenn überhaupt jemals. Jetzt heißt es an diesem positiven Erlebnis festzuhalten und es zu verinnerlichen!

Warum sind “alle” (ich hab‘ erst ein paar gesehen) von diesen älteren, total abgefeierten “Kult”-Cyberpunk-Anime so unglaublich fragwürdig und komisch? Ghost in the Shell, Neon Genesis Evangelion und jetzt auch noch Akira*. Ich kann es nur bedingt nachvollziehen, warum der Kram selbst heute noch so hochgejubelt wird. Dabei stehe ich alten Werken ja per se aufgeschlossen gegenüber und versuche die Entstehungszeit mit zu berücksichtigen. Zeigt doch schon meine Film-Top 10 (die sich seitdem glaube ich nicht wirklich geändert hat).

Um mir aber gleich wieder den Wind aus den Segeln zu nehmen: Selbstverständlich verstehe ich es, wenn jemand heutzutage z.B. mit StarCraft (1998) nichts mehr anfangen kann. Das Echtzeitstrategiegenre hat sich gerade wegen dem Erfolg von Titeln wie diesem weiterentwickelt. Insofern ist es bei den Animes vermutlich einfach ein Fall von “man musste damals live dabei gewesen sein, um es zu verstehen”. Denn ja, alle drei waren definitiv sehr einflussreich. Sonst würde es nicht so viele Bezüge darauf geben und sie bis heute so gefeiert werden. Aber es ist trotzdem irgendwie demotivierend jetzt schon das dritte Kultobjekt endlich mal gesehen zu haben und es nicht einmal ansatzweise gut zu finden. Wie wird das erst, wenn wir zu den Studio Ghibli-Filmen kommen?

(Cover)

Akira* (1988; DV, 2023er Syncro) – Basierend auf dem Film könnte ich euch echt nicht so recht sagen, worum es eigentlich geht und vor allem, warum es mich als Zuschauer interessieren sollte. Aber mittlerweile habe ich den Wikipedia-Artikel gelesen. Also hier die Grobzusammenfassung:

1988 ist in Tokio irgendwas explodiert (das “was” wird immerhin beantwortet), was aussah wie eine Atombombe und den 3. Weltkrieg auslöste. Im Jahr 2018 ist die Stadt wieder aufgebaut aber in einem erbärmlichen Zustand. Bikergangs und Banden beherrschen die Straßen, es gibt Unruhen und Proteste und hier und da explodiert auch mal eine Bombe ausgelegt von Revolutionären. Unser Protagonist ist ein fragwürdiger, jugendlicher Charakter namens Shōtarō Kaneda. Er ist selbst Anführer einer Bikergang und fährt das ikonische rote Motorrad, das man häufig als Hommage an den Film sieht. Eines Nachts legen sie sich mal wieder mit einer feindlichen Gang an. Dabei überfährt Tetsuo Shima fast ein Kind, das aussieht wie ein alter Sack und wird verletzt. Die Regierung und/oder eine Geheimorganisation sackt ihn mitsamt dem Kind ein und schon werden Kaneda und seine Freunde in etwas größeres mit reingerissen. Und zwar geht es um Menschen, die mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet sind. Am Ende steht die gesamte Stadt erneut vor dem Untergang und nur Kanedas enge Freundschaft zu Tetsuo hilft das Schlimmste zu verhindern. Okay, von mir aus. Ich hätte gerne meine zwei Stunden Lebenszeit wieder oder wie die jungen Leute heute sagen.

Immerhin: Selbst Fans des Films sind sich wohl einig, dass die Erzählung nichts taugt. Es wäre die erste Hälfte des ersten und die letzte Hälfte des letzten (6.) Bandes des Mangas mehr schlecht als recht zusammengemixt. Entsprechend fehlt wohl extrem viel Kontext und Charakterentwicklung. Man muss also mal wieder den Manga lesen, um es zu verstehen. Wie ich sowas liebe :tongue: . Aber in technischer und visueller Hinsicht wäre der Anime wohl damals seiner Zeit weit voraus gewesen. So war nicht nur ein absolutes Dreamteam daran beteiligt. Er verzichtete auch auf die damals übliche Recycling-Technik. Sprich statt nur wenige Teile einer Szene zu animieren und diese dann zu wiederholen, wurde tatsächlich fast alles durchanimiert (inkl. Computerunterstützung). Das macht die Sache auf dem Papier wesentlich flüssiger und detaillierter, in der Realität fand ich so einige Stellen langatmig und komisch… schwammig? Quasi auf der einen Seite Stop-Motion aber dann halt doch nicht, was zu einer Art wabbeligen Effekt führt. Beispielsweise als Tetsuo im Krankenhausbett liegt und die Spielzeuge zu ihm hochklettern.

Dazu kommt, dass alle Charaktere wirken, als wären sie zu lange im Fitnessstudio gewesen. Vor lauter Muskeln können sie deshalb ihre Arme nicht mehr an den Körper anlegen. Vielleicht haben aber auch alle einfach nur breite Schultern oder die Kleidung ist so geschnitten. Egal warum: Es wirkt unfreiwillig komisch. Die Gesichtsausdrücke sind ebenfalls wenig überzeugend und beispielsweise Kaneda eher das buchstäbliche Schlappmaul in vielen Szenen. Wobei man das wiederum auf “typisch Anime” schieben könnte. Einzig Neo-Tokyo an sich macht durchaus was her und lässt verstehen, warum Akira mit zu den Begründern des Cyberpunk-Genres gezählt wird. Interessanterweise ist der Akira-Manga im gleichen Jahr wie Blade Runner* erschienen. Es kann also keiner voneinander abgekupfert haben.

Fazit

Wie ihr seht: Viel abgewinnen konnten Lysanda und ich dem Gezeigten weder in erzählerischer noch in optischer Hinsicht. Und leider fanden wir auch den vielgelobten Soundtrack ziemlich Banane. Vor allem dieses Geklappere mit Stöckchen (ja, ich weiß, dass es sich um ein traditionelles, japanisches Instrument handelt) während der Verfolgungsjagden passte so überhaupt nicht zum Geschehen. Somit bleibt mir am Ende nur zu sagen: 2 von 5 Sics. Ich habe es wie immer nicht bereut ihn mal gesehen zu haben, um mein Allgemeinwissen aufzufrischen. 2-3 Sachen waren außerdem durchaus cool wie z.B. ein Teil der Motorradszenen trotz des Soundtracks. Aber unterm Strich leider wieder einmal ein Werk, das ich irgendwie nicht wirklich zum Pflichtprogramm eines Anima-Neueinsteigers zählen würde. Und ja, ich bin mir bewusst, dass mich v138 dahingehend schon anno 2015 vorgewarnt hatte :smile: .

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